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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §114;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Dr. Gernot H, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 22. Februar 2008, FSRV/0006-K/07, betreffend Einleitung des Strafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid vom 2. Februar 2007 leitete das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer, einen Rechtsanwalt, das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, er habe vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen für den Zeitraum 1-12/2004 eine Verkürzung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen in Höhe von EUR 12.737 bewirkt und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs 2 lit a FinStrG begangen.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Administrativbeschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, er sei erst ab Mai 2006 vom Finanzamt verpflichtet worden, Umsatzsteuer-Voranmeldungen einzureichen. Vorher sei er nicht zur Einreichung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet gewesen. Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen des Jahres 2004 hätten ihm die liquiden Mittel zur Abgabenentrichtung gefehlt. Am 13. Juli 2006 habe er daher um Ratenzahlung hinsichtlich des Steuerrückstandes von EUR 40.909,90 ersucht. Die Entrichtung in Raten sei ihm gewährt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Gemäß § 33 Abs 2 lit a FinStrG mache sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirke und dies nicht bloß für möglich, sondern für gewiss halte. Der Beschwerdeführer erziele Einnahmen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt. In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2004 weise er eine Umsatzsteuernachforderung in Höhe von EUR 12.737 aus. Die gesamte Umsatzsteuer des Jahres 2004 betrage EUR 33.557,79. In objektiver Hinsicht sei der Verdacht, dass der Beschwerdeführer als Täter des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung in Betracht komme, damit ausreichend begründet. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer nämlich im Jahre 2004 weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen eingereicht noch die entsprechenden Zahllasten in richtiger Höhe entrichtet.
Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG sei die besondere Vorsatzform der Wissentlichkeit für die Bewirkung der Verkürzung. Im vorliegenden Sachverhalt stehe fest, dass der Beschwerdeführer Umsatzsteuern nicht vollständig ermittelt und abgeführt habe. Es seien weder Voranmeldungen eingereicht noch vollständige Zahlungen geleistet worden. Der Beschwerdeführer sei als Rechtsanwalt selbständig unternehmerisch tätig. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Wissenstandes und seiner Erfahrung als Jurist und Unternehmer wisse, dass Umsatzsteuer-Vorauszahlungen monatlich in der entsprechenden Höhe zu ermitteln und zu entrichten seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer unterjährig die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen um "mehr als einem Drittel" verkürzt entrichtet habe. Es habe ihm als ordentlichen Unternehmer auffallen müssen, dass er Vorauszahlungen in zu geringer Höhe entrichte. Daraus leite sich auch der Verdacht ab, er habe die Umsatzsteuerzahllasten absichtlich verkürzt entrichtet. Das Beschwerdevorbringen, er habe Liquiditätsschwierigkeiten gehabt, stelle "eine Beschuldigtenrechtfertigung" dar.
Es lägen sohin begründete Verdachtsmomente für die Einleitung des Strafverfahrens vor. Zum Tatbild der Steuerhinterziehung gehöre keineswegs die endgültige Verkürzung von Abgaben; es genüge auch die vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils. Verkürzt werde eine Steuereinnahme auch dann, wenn sie, ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukomme, in dem er nach dem betreffenden Steuergesetz Anspruch darauf gehabt habe. Gerade beim Tatbestand nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG stelle die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils den Regelfall dar.
Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer dieses Vergehen tatsächlich begangen habe, bleibe dem Ergebnis des nachfolgenden Untersuchungsverfahrens vorbehalten.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Finanzstrafbehörde erster Instanz hat gemäß § 82 Abs 1 FinStrG die ihr gemäß § 80 und § 81 FinStrG zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz nach § 82 Abs 3 FinStrG das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung eines Strafverfahrens hat sie nur in den im § 82 Abs 3 lit. a bis e FinStrG genannten Fällen Abstand zu nehmen.
Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Verdächtige dieses Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt im Ergebnis dem Untersuchungsverfahren nach den § 114 ff FinStrG vorbehalten (vgl das hg Erkenntnis vom 19. März 2003, 2000/16/0064).
In der Begründung einer als Bescheid zu qualifizierenden Einleitungsverfügung nach § 83 Abs 2 FinStrG ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Im Straferkenntnis ist zu begründen, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, im Einleitungsbescheid muss lediglich begründet werden, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, 2000/14/0104).
Der Beschwerdeführer wendet ein, er sei für das Jahr 2004 gar nicht verpflichtet gewesen, Umsatzsteuer-Voranmeldungen einzureichen. Erst im Jahr 2006 habe ihn das Finanzamt zur Einreichung von Voranmeldungen verpflichtet. Zudem gebe es für die Differenz zwischen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die einzelnen Monate des Jahres 2004 und der Jahresumsatzsteuer 2004 folgende Erklärung: Das Kanzleikonto bei der X-Bank stelle ein Sammelkonto dar, auf welches neben den Honoraren auch Fremdgelder, Versicherungsgelder und Zahlungen von Schuldnern eingingen. Es sei im Jahr 2004 ein Versicherungsakt für einen Klienten erledigt worden, wobei noch nicht festgestanden sei, wie hoch der Honoraranspruch des Beschwerdeführers sei. In die Umsatzsteuer-Jahreserklärung habe der Beschwerdeführer den Umsatz aufgenommen und die Umsatzsteuer entrichtet. Es liege keine Abgabenhinterziehung vor, weil der Anspruch auf die Steuereinnahme erst mit tatsächlicher Zuerkennung der Honorareinnahme gegeben sei. Es fehle insbesondere auch an der Vorsatzform der Wissentlichkeit. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ratenzahlung stehe mit seinen Liquiditätsschwierigkeiten im Jahr 2007 in Zusammenhang und habe mit den Vorgängen des Jahres 2004 nichts zu tun. Der Beschwerdeführer verfüge derzeit über ein Guthaben an Umsatz- und Einkommensteuer.
Die (teilweise) Nichtentrichtung einer Vorauszahlung am Fälligkeitstag stellt eine Tathandlung des Finanzvergehens nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG dar. Gemäß § 33 Abs 3 lit b FinStrG ist die Hinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a leg. cit vollendet, wenn die Abgabe am Fälligkeitstag ganz oder teilweise nicht entrichtet wurde.
Die belangte Behörde stützt den Verdacht, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für 2004 teilweise nicht entrichtet worden sind, auf den Umstand, dass sich aus der vom Beschwerdeführer eingereichten Jahreserklärung eine Nachforderung von EUR 12.737 ergeben hat, und auf den - in der Beschwerde nicht bestrittenen - Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Administrativbeschwerde vorgebracht hat, im Zeitpunkt der Fälligkeit der Umsatzsteuer des Jahres 2004 hätten ihm die liquiden Mittel zur Abgabenentrichtung gefehlt.
Vor diesem Hintergrund werden mit dem bloßen Vorbringen, bei Eingang von Zahlungen auf dem Sammelkonto des Beschwerdeführers im Jahr 2004 sei noch nicht festgestanden, wie hoch sein Honoraranspruch gewesen sei, welcher Anteil der Zahlung sohin an einen Klienten herauszugeben gewesen seien, Zweifel an der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht geweckt, zumal in der Beschwerde nicht einmal aufgezeigt wird, durch welchen Vorgang und zu welchem Zeitpunkt die Höhe des Honoraranspruchs letztlich festgelegt worden sei und aus welchen Gründen der Beschwerdeführer Umsätze in die Jahreserklärung 2004 aufgenommen haben sollte, die gar nicht Umsätze dieses Jahres gewesen seien. Im Übrigen tritt die Beschwerde den Feststellungen des angefochtenen Bescheides, dass Umsatzsteuer-Vorauszahlungen des Jahres 2004 nicht vollständig entrichtet worden sind, gar nicht konkret entgegen.
Bei den gegebenen Umständen und der beim Beschwerdeführer zwangsläufig zu unterstellenden Rechtskenntnis kann der belangten Behörde auch nicht erfolgreich entgegen getreten werden, wenn sie das Vorliegen eines begründeten Verdachtes auf die in § 33 Abs 2 lit a FinStrG vorausgesetzte Vorsatzform angenommen hat. Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde insbesondere nicht vor, dass ein bei Entrichtung der Vorauszahlungen noch nicht bestandener Irrtum (erst) in Zusammenhang mit der Abfassung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung aufgetreten wäre.
Der Tatbestand des § 33 Abs 2 lit a FinStrG kann nur verwirklicht werden, wenn die Voranmeldungsverpflichtung gemäß § 21 Abs 1 UStG 1994 verletzt worden ist. Eine Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen (für das Jahr 2004) hat nicht bestanden, wenn die nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen errechneten Vorauszahlungen zur Gänze spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden sind und die Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr EUR 100.000 nicht überstiegen haben. (vgl § 21 Abs 1 UStG 1994 iVm der Verordnung BGBl II 2002/462). Kommt der Unternehmer allerdings seiner Vorauszahlungspflicht nicht vollständig nach, besteht die Voranmeldungspflicht (vgl Leitner/Toifl/Brandl, Finanzstrafrecht3, 385).
Im Hinblick auf die unbedenklichen Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen nicht vollständig entrichtet worden sind, zeigt damit auch das Beschwerdevorbringen, es habe keine Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen bestanden, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 25. Juni 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008150162.X00Im RIS seit
22.07.2008Zuletzt aktualisiert am
04.03.2009