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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
KFG 1967 §103 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des F D in S F, vertreten durch die Zauner & Mühlböck Rechtsanwälte KG in 4010 Linz, Graben 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 26. September 2007, Zl. uvs-2007/14/0895-5, 1794-5, betreffend Übertretungen des KFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer in zwei Fällen für schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ der H. GmbH zu verantworten, dass bei zwei näher genannten, auf die H. GmbH zugelassenen Sattelfahrzeugen die Summe der Achslast gemäß § 4 Abs. 7a KFG für Kraftwagen mit Anhänger von 40 Tonnen am 17. November 2006 um 1.650 kg (Spruchpunkt 1.) und am 28. Februar 2007 um 1.150 kg (Spruchpunkt 2.) überschritten worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch jeweils § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG iVm § 4 Abs. 7a KFG verletzt, wofür er zur Zahlung einer Geldstrafe von je EUR 120,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verpflichtet wurde.
In der Begründung des - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erlassenen - Bescheides stellte die belangte Behörde unter anderem fest, das im Spruchpunkt 1. genannte Sattelkraftfahrzeug "wurde einer Verwiegung mit der bei der Brennereinreise befindlichen geeichten Brückenwaage unterzogen und ergab sich ein Gesamtgewicht von 41.750 kg. Die dort befindliche Brückenwaage wurde am 18.01.2006 geeicht. Die Nacheichfrist läuft zum 31.12.2008 ab." Das zu Spruchpunkt 2. genannte Sattelfahrzeug sei "auf der bei der Brennerautobahn A 13, Fahrtrichtung Innsbruck befindlichen geeichten Waage, einer Verwiegung unterzogen (worden) und ergab sich nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze (nach der Aktenlage sind das 100 kg) ein Gewicht von 41.550 kg."
In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass der Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG jene Vorkehrungen zu treffen habe, die mit Grund erwarten ließen, dass Überladungen hintan gehalten würden. Die Gewichtsüberschreitungen hätten rund 4 % des zulässigen Gesamtgewichtes überschritten, wofür eine Geldstrafe von je 120 Euro schuld- und tatangemessen sei. Der Antrag des Beschwerdeführervertreters auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und auf Einvernahme eines informierten Vertreters des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen sei wegen geklärter Sachlage abzuweisen gewesen. Zum Zeitpunkt der Verwiegungen sei die Waage geeicht gewesen; für die Brennereinreisewaage liege der betreffende Eichschein vor.
Gegen diesen Bescheid erhob unter anderem der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der seine Beschwerde mit Beschluss vom 7. Dezember 2007, B 2257/07-3, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In der Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 7a KFG in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 117/2005 darf bei Kraftwagen mit Anhängern von hier nicht in Frage kommenden Ausnahmen abgesehen die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 40 000 kg nicht überschreiten.
Zunächst ist der Beschwerdeführer zu seinem Unzuständigkeitseinwand darauf zu verweisen, dass bei einer Übertretung im Sinne des § 103 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 7a KFG der Ort des Lenkens des (überladenen Fahrzeuges) als Tatort anzusehen ist (vgl. das Erkenntnis vom 19. November 2004, Zl. 2004/02/0181). Die erstinstanzliche Behörde war daher zur Führung der Verwaltungsstrafverfahren zuständig.
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerdeergänzung weiter vor, die in den Beschwerdefällen verwendete Waage habe laut Eichschein eine Messgenauigkeit von 95 %. Die gemessenen Gewichte lägen in beiden Fällen innerhalb der sich daraus ergebenden Toleranz von 5 %, weshalb eine Überladung nicht nachgewiesen sei. Die belangte Behörde sei auf dieses Vorbringen nicht eingegangen, weshalb ein relevanter Verfahrensfehler vorliege.
Mit diesem Argument ist der Beschwerdeführer im Recht:
Der Vertreter des Beschwerdeführers hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2007 darauf hingewiesen, dass nach dem von der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung beigeschafften Eichschein die Messgenauigkeit der verwendeten Waage 95 % betrage; die festgestellten Überladungen hätten jeweils nur 4 % betragen. Zu diesem Thema wurde einerseits die Einholung eines Sachverständigengutachtens und andererseits die Ladung eines informierten Vertreters des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen beantragt.
In der Gegenschrift weist die belangte Behörde zwar darauf hin, dass der Vertreter des Beschwerdeführers das wiedergegebene Vorbringen und die Beweisanträge nur auf das im Spruchpunkt 1. genannte Verfahren bezogen habe. Dies trifft zu, allerdings ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht, dass in dem zu Spruchpunkt 2. genannten Fall eine andere Waage verwendet wurde. So haben die beiden involvierten Beamten in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass am Brenner lediglich eine geeichte Waage in Betrieb sei und - wie in den Beschwerdefällen - bei der Einreise gewogen werde (Einvernahme des Zeugen Insp. M. und Insp. V.). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass es sich in beiden Verfahren um dieselbe Waage handelte.
Auf dem von der belangten Behörde selbst beigeschafften Eichschein, der unbestritten die in Rede stehende Waage betrifft, findet sich unter der Überschrift "Messunsicherheit" folgende Anmerkung:
"Die angegebene erweiterte Messunsicherheit U entspricht der zweifachen Standardunsicherheit (k=2) welche für eine Normalverteilung einen Grad des Vertrauens von etwa 95 % bedeutet."
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers bedeute dieser Vermerk, dass die Waage eine Messgenauigkeit von 95 % habe. Träfe dies zu, hätte die belangte Behörde die Messungen nicht als zuverlässig ansehen und darauf ihre Feststellungen gründen dürfen (vgl. das Erkenntnis vom 22. März 2001, Zl. 2000/03/0321; auch liegt hier, anders als im Erkenntnis vom 19. November 2004, Zl. 2004/02/0181, keine "beträchtliche" Überladung (dort 11 %) zu Grunde). Somit gälte bei einer Anzeige der Waage bis zu einem Gewicht von 2000 kg (5 %) über der Grenze von 40 000 kg eine Überladung nicht als nachgewiesen. Im Beschwerdefall wurden Überladungen von 1.650 kg und 1.150 kg gewogen, somit Werte, die innerhalb der genannten Grenze lägen, bei der eine Überladung (noch) nicht als nachgewiesen angesehen werden könnte.
Die belangte Behörde hat sich jedoch mit dem von ihr selbst beigeschafften Beweismittel des Eichscheins und mit dem darauf enthaltenen Text nicht auseinander gesetzt und ist auch den entsprechenden Beweisanträgen "wegen geklärter Sachlage" nicht nachgekommen. Es ist ihr deswegen ein Verfahrensfehler vorzuwerfen, der nach dem eben Gesagten auch wesentlich für den Ausgang des Verfahrens ist; sie hat nämlich Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 25. Juni 2008
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatortEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007020369.X00Im RIS seit
22.07.2008Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008