Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §10 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak sowie die Hofrätin Dr. Pollak, die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hahnl, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres, 1014 Wien, Herrengasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Dezember 2006, Zl. 258.334/2-II/04/06, betreffend §§ 7 und 12 Asylgesetz 1997 (mitbeteiligte Partei: H, vertreten durch T), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die Mitbeteiligte ist Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Ihre Eltern (Mitbeteiligte zu hg. Zlen. 2006/20/0759 und 2007/20/0213) reisten am 30. März 2004 in das Bundesgebiet ein. Sie beantragten für die in Österreich geborene Mitbeteiligte am 29. September 2004 Asyl. Ihr würde in Russland Verfolgung drohen, weil sie Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe sei. Sie befürchte aus denselben Gründen wie ihr Vater Verfolgung. Darüber hinaus sei sie bei einer Rückkehr von "Gewalttaten, Erpressungen und Entführungen" bedroht, weil aufgrund des Auslandsaufenthaltes vermutet würde, ihre Familie sei "zu Geld gekommen".
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 10. Februar 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mitbeteiligten in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.), und wies sie gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt III.).
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung der Mitbeteiligten (im Familienverfahren, vgl. § 10 AsylG) Folge und gewährte ihr gemäß § 7 AsylG Asyl; weiters stellte die belangte Behörde gemäß § 12 AsylG fest, dass der Mitbeteiligten damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Die belangte Behörde führte aus, dem Vater der Mitbeteiligten sei mit Bescheid vom 20. Oktober 2006 gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt worden, sodass "die in § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG genannte tatbestandsmäßige Voraussetzung" vorliege. Da nicht ersichtlich sei, dass in Ansehung der Mitbeteiligten die in § 10 Abs. 2 AsylG genannte "Negativvoraussetzung einschlage", sei der Berufung Folge zu geben gewesen. Auf die individuelle Verfolgungsbehauptung der Mitbeteiligten geht die belangte Behörde nicht ein.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Amtsbeschwerde. Die Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2006/20/0759, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde der Bescheid der belangten Behörde, mit welchem dem Vater der Mitbeteiligten Asyl gewährt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Das Verwaltungsverfahren über den Asylantrag ihres Vaters ist daher mit Wirkung ex tunc wieder offen. Der angefochtene Bescheid, dessen Begründung ausschließlich auf § 10 AsylG gestützt wird, ist insofern vor Entscheidung über den Asylantrag jenes Familienangehörigen ergangen, dessen Asylberechtigung Voraussetzung für die Asylgewährung an die Mitbeteiligte ist (§ 10 Abs. 2 AsylG).
Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 26. Juni 2008
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007200171.X00Im RIS seit
08.08.2008Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008