Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. des Ing. KQ, 2. der HQ, beide in V (beide nunmehr vertreten durch Dr. Werner Bachlechner, Rechtsanwalt in 8582 Rosental, Hauptstraße 86), 3. des BS, 4. der MS, beide in V, 5. des AH,
6. der GH, beide in V, 7. des FF, 8. der EF, beide in V, 9. der EL in V, 10. der RT in V, 11. der HS, 12. der WS, beide in V, 13. des GP, 14. der RP, beide in V, 15. des AK in V, 16. des JH, 17. der JH, beide in V, 18. des JR und 19. der ER, beide in V, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. Juni 2004, Zl. FA13B-12.10 V 9-04/134, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. W GmbH in G, vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Kalchberggasse 1, 2. Stadtgemeinde V, vertreten durch den Bürgermeister),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren (diese beiden Beschwerdeführer betreffend) eingestellt; im Übrigen
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
ad 1.: Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der erstmitbeteiligten Partei von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
ad 2.: Das Land Steiermark hat den 3.-19.-Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. April 2001 hatte die Steiermärkische Landesregierung der Erstmitbeteiligten gemäß §§ 21, 22 und 36 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes für den "Europaschießplatz Z" die veranstaltungsrechtliche Genehmigung als ortsfeste Betriebsstätte erteilt. Dieser Bescheid war mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2003, Zl. 2001/05/0212, aufgehoben worden, zusammengefasst mit der Begründung, dass im Verfahren nicht ausreichend und auf Grund eines erforderlichen medizinischen Gutachtens geklärt worden sei, ob durch die Anlage unzumutbare Belästigungen, die weder gesundheitsschädigend noch gesundheitsgefährdend sein dürften, hervorgerufen würden. Auf die spezifische Lärmart hinsichtlich Tonhaltigkeit, Impulshaftigkeit und Informationshaltigkeit und durch gehäufte kurze Lärmspitzen (nämlich: Schüsse) sei nicht ausreichend Bedacht genommen worden, wenn bei der Beurteilung des prognostizierten energieäquivalenten Dauerschallpegels für die spezifische Lärmart nur ein Zuschlag hinzugerechnet worden sei. Auf das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 23. Mai 2000 war die Baubewilligung für die Errichtung des gegenständlichen "Europaschießplatzes" erteilt und mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. Oktober 2000 die Berufung gegen diese Bewilligung abgewiesen worden. Der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung, mit welchem der dagegen gerichteten Vorstellung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben worden war, war jedoch mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 2005, Zl. 2001/06/0052, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben worden. Dies ganz ähnlich wie im Erkenntnis vom 16. Dezember 2003 mit der Begründung, dass es Sache des medizinischen Sachverständigen - und auf dessen Beurteilung aufbauend - der Baubehörden gewesen wäre, auf nachvollziehbare Weise darzulegen, weshalb die besondere Schallcharakteristik der Schüsse des gegenständlichen Schießplatzes voraussichtlich keine Gesundheitsgefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung herbeiführen werde und daher eine Vorschreibung eines größeren Abstandes im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk BauG nicht erforderlich sei. Es sei in diesem Fall nicht überzeugend, wenn der durch die Schüsse verursachte Lärm dem vom lärmtechnischen Gutachter ermittelten Dauerschallpegel in Form eines angenommenen Durchschnittslärms hinzugerechnet werde und angegeben werde, dass dieser zusätzliche Lärm 10 dB nicht überschreite, ohne dass auf die besondere Charakteristik des Schusslärms Bedacht genommen werde.
In der Zwischenzeit hatte die Erstmitbeteiligte die baurechtliche Bewilligung von Änderungen des ihr mit der angeführten Baubewilligung genehmigten Schießplatzes (insbesondere die Verlängerung einer Lärmschutzwand, Verlängerung eines Daches, Errichtung von Mauern, Errichtung eines "Jungjägerausbildungsstandes") beantragt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. Oktober 2003 wurde ihr a) die Verlängerung der Lärmschutzwand zwischen Trap-Stand I und Trap-Stand II, b) die Errichtung einer Einhausung des Trap-Standes I, c) die Verlängerung des Daches des Abschusshauses und dessen Ausgestaltung mit lärmdämmendem Material, d) die Errichtung von Mauern zum gefahrlosen Scheibenwechsel und eines Pultdaches im Zielbereich des Schießstandes "Laufender Keiler", e) die Errichtung eines Jungjägerausbildungsstandes mit transportablem Abschusshaus und
f) die Errichtung einer Lärmschutzwand als Verbindung zweier bestehender Lärmschutzwände bewilligt; dies unter anderem unter der Auflage, als Übungsmunition beim Jägerausbildungsstand ausschließlich Patronen mit einer Mündungsgeschwindigkeit v0 von weniger als 330 m/s zu verwenden. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass die eingeholten Gutachten eines bautechnischen, eines lärmtechnischen und eines sicherheitstechnischen Gutachters, eine örtliche Begehung und die mündliche Verhandlung vom 28. Juli 2003 ergeben hätten, dass durch die geplanten baulichen Maßnahmen keine Erhöhung des zu erwartenden Lärms der über die vom medizinischen Amtssachverständigen im damaligen Bauverfahren festgestellten und der Baubewilligung vom 23. Mai 2000 zu Grunde gelegten Werte zu erwarten sei. Daher sei auch die Zuziehung eines medizinischen Amtssachverständigen nicht erforderlich gewesen. Zu dem - von den Beschwerdeführern vorgelegten - Gutachten des Dr. WW vom 19. August 2003, in welchem dieser ausgeführt hatte, dass die durch die gegenständliche Schießanlage hervorgerufene Lärmeinwirkung zu einer deutlichen Verminderung der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, aber auch der Regenerations- und Erholungsmöglichkeit sowie zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohlbefindens führe, und dass nicht nur eine konkrete Gesundheitsgefährdung vorliege, sondern in der Langzeitwirkung die Gesundheitsbeeinträchtigung vieler Nachbarn zu erwarten sei, führte die Baubehörde erster Instanz aus, dass dieses Gutachten dem lärmtechnischen Amtssachverständigen zur Stellungnahme übermittelt worden sei, der in seiner Stellungnahme vom 6. Oktober 2003 im Wesentlichen sein eigenes Gutachten bestätigt habe.
Die mit 25. Juli 2003 durch die Beschwerdeführer als Nachbarn erhobenen, bei der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2003 sowie in der schriftlichen Stellungnahme vom 21. August 2003 wiederholten Einwendungen gegen die Erteilung der Baubewilligung wurden als unbegründet abgewiesen bzw. zurückgewiesen. Die Beschwerdeführer hatten ausgeführt, dass eine Baubewilligung auf Grund der Lärmbelästigung und der zu geringen Abstände zu ihren Grundstücken zu versagen sei. Das Gutachten des schalltechnischen Amtsachverständigen weise mannigfaltige Mängel auf und sei daher als Entscheidungsgrundlage für die Behörde unbrauchbar. Es werde die Einholung eines medizinischen und eines meteorologischen Gutachtens gefordert. Des Weiteren führten sie aus, dass auf Grund von Hangrutschungen im Februar 1995 Geländeveränderungen eingetreten seien, wodurch die Identität der Anlage nicht mehr gegeben sei und daher keine Genehmigung für diese Schießplatzanlage mehr vorliege. Auch sei der der Bebauung zu Grunde liegende Flächenwidmungsplan verfassungswidrig.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde führte dazu aus, dass die Beiziehung eines meteorologischen Sachverständigen nicht erforderlich gewesen sei, weil sich der lärmschutztechnische Amtsachverständige mit diversen meteorologischen Gegebenheiten ausführlich auseinander gesetzt habe. Auch seien die Beschwerdeführer dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Das eingeholte schalltechnische Gutachten lege schlüssig und nachvollziehbar dar, dass durch die beantragten Änderungen der Schießanlage bei den Immissionspunkten 1 und 2 Verminderungen der Schallimmissionen möglich seien und beim Messpunkt 3 keine Veränderungen zu erwarten seien. Somit habe die Behörde davon ausgehen können, dass durch die geplanten baulichen Maßnahmen keine Erhöhung des zu erwartenden Lärmes über die vom medizinischen Amtsachverständigen im zu dem Bescheid vom 23.05.2000 führenden Verfahren zu erwarten sei. Daher sei auch die Zuziehung eines medizinischen Amtsachverständigen nicht erforderlich. Die Einwendungen, die sich gegen den Inhalt des rechtskräftigen, in Geltung stehenden Flächenwidmungsplanes richteten, seien im Bauverfahren nicht zu berücksichtigen. Bezüglich der festgestellten Hangrutschung werde festgestellt, dass diese laut bautechnischem Sachverständigen auf die beantragten baulichen Anlagen keine Auswirkung hätten.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 18. Dezember 2003 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Zusammengefasst legte die Behörde dar, dass der Flächenwidmungsplan als rechtsverbindliche Verordnung nicht von der Baubehörde zu prüfen sei und daher die Berufungsausführungen in diesem Punkt zurückzuweisen seien. Zu den behaupteten gravierenden Mängeln bei der Beweiserhebung und der Gutachtenserstellung durch den schalltechnischen Sachverständigen führte sie aus, dass das Gutachten ein einwandfreies, logisch nachvollziehbares und schlüssiges Gutachten darstelle. Ein solches Gutachten könne in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden, was im gegenständlichen Verfahren nicht erfolgt sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass Gutachten, nur weil sie auf Basis der in Österreich geltenden einschlägigen ÖNORMEN und ÖAL-Richtlinien erstellt worden seien, falsch und fachlich nicht fundiert sein sollten, bzw. nicht dem Stand der Technik entsprächen. Zum Argument der mangelnden Berücksichtigung der Wetter- und Windsituation sei auszuführen, dass der lärmtechnische Amtssachverständige die für die Anrainer ungünstigste Witterungssituation seinem Gutachten zu Grunde gelegt habe. Die Forderung nach Beiziehung eines meteorologischen Sachverständigen sei abzuweisen, weil dieser lediglich Auskunft über die Witterungsverhältnisse geben könne. Zum Vorwurf, die Baubehörde habe es unterlassen, einen medizinischen Sachverständigen beizuziehen, sei auszuführen, dass die Schießanlage baubehördlich bewilligt worden sei und diesbezüglich eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Im Rahmen dieses Verfahrens habe sich die Baubehörde bereits mit der Frage der lärmtechnischen sowie gesundheitlichen Auswirkung der von der Schießanlage ausgehenden Immissionen auf die Nachbarschaft auseinander gesetzt. Im dortigen Verfahren habe sich an den drei Immissionsmesspunkten ein Grundgeräuschpegel an Wochentagen von 41- 44 dB und an Sonn- und Feiertagen von 35-41 dB ergeben. In diesem Verfahren sei die Frage, welche gesundheitlichen Auswirkungen diese festgestellten Immissionen auf die Nachbarschaft hätten, vom medizinischen Amtssachverständigen folgendermaßen beurteilt worden:
"Der medizinische Amtssachverständige begründet logisch nachvollziehbar und schlüssig, dass der Beurteilungspegel sich aus dem jeweiligen Grundgeräuschpegel an den Immissionspunkten (welche auch für die Grundgrenze repräsentativ sind) plus 10 dB ergibt. Es ist weder eine das ortsübliche Ausmaß überschreitende Lärmbelastung an den Grundgrenzen, noch eine Gesundheitsschädigung, Gesundheitsgefährdung oder erhebliche Belästigung der Nachbarn bei konsensgemäßem Betrieb zu erwarten. Zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sind sichergestellt."
Auf Grund dieser Bewertung habe der lärmtechnische Sachverständige im gegenständlichen Fall in seinem Gutachten dargelegt, dass sich durch die gegenständlichen Bauvorhaben eine Verringerung der Gesamtschallsituation ergebe, und dadurch auch gewährleistet sei, dass der vom medizinischen Sachverständigen vorgegebene Beurteilungspegel nicht überschritten werde. Daher sei die Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens nicht erfolgt.
Das von den Beschwerdeführern beigebrachte Privatgutachten des Distriktarztes Dr. W könne das Gutachten des medizinischen Amtsachverständigen nicht entkräften, da es sich einerseits in der Wiederholung der Kritik am lärmtechnischen Gutachten erschöpfe und andererseits keine dem Gutachten des Amtsachverständigen gleichwertige Aussage enthalte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Juni 2004 wies die belangte Behörde die gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer ab und führte aus, dass dieser mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer keine Berechtigung zukomme. Die Baubehörde habe jedenfalls zu Recht den zurzeit in Geltung stehenden Flächenwidmungsplan als Rechtsgrundlage für die Erteilung der Baubewilligung herangezogen, da das Vorbringen der Beschwerdeführer sich ausschließlich gegen den in Geltung stehenden Flächenwidmungsplan bzw. dessen Zustandekommen und Beschlussfassung richte. Dies sei aber nur im Rahmen einer Verordnungsprüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu überprüfen.
Die Beschwerdeführer hätten eingewendet, dass das dem Verfahren zu Grunde liegende schalltechnische Gutachten in keiner Weise die tatsächlich wesentlich höheren Lärmbelästigungen der Beschwerdeführer aus der antragsgegenständlichen Schießanlage aufkläre. Das gegenständliche Gutachten des schalltechnischen Amtsachverständigen sei jedoch schlüssig und nachvollziehbar und dessen Beweiskraft hätte nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden können. Dies sei jedoch nicht erfolgt.
Auch der Einwand, das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. W sei nicht ausreichend gewürdigt worden und die Baubehörde habe es verabsäumt, ein ergänzendes medizinisches Gutachten einzuholen, sei unberechtigt. Der Gutachter Dr. W habe offensichtlich übersehen, dass bereits eine rechtskräftige Baubewilligung für Teile der gegenständlichen Anlage bestehe und daher sei eine Gesamtbeurteilung nicht möglich. Vor allem sei aber darauf hingewiesen, dass der schalltechnische Amtssachverständige ausgeführt habe, dass sich durch die beantragten Maßnahmen sogar eine Verringerung zur tatsächlich bewilligten Istsituation ergebe. Zumal der Istzustand bewilligt sei, könne eine Verringerung dieser Immissionsbelastung zu keiner Verschlechterung aus medizinischer Sicht führen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwere in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Aufhebung infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die Beschwerdeführer replizierten gegen beide Gegenschriften.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2006, eingelangt mit 9. Februar 2006, zogen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin durch ihren Vertreter ihre Beschwerde zurück.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
ad 1.: Auf Grund der Zurückziehung ihrer Beschwerde war das Verfahren hinsichtlich des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin einzustellen, diese Beschwerdeführer waren gemäß § 51 VwGG zum Kostenersatz zu verpflichten.
ad 2.: Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Stmk BauG, LGBl. Nr. 59/1995 i.d.F. LGBl. Nr. 33/2002, lauten:
"§ 4
Begriffsbestimmungen
Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende
Bedeutung:
...
49. Ortsübliche Belästigungen: die in den betroffenen Gebieten tatsächlich vorhandenen, zumindest jedoch die in Gebieten dieser Art üblicherweise auftretenden Immissionen;
...
§ 13
Abstände
...
(12) Lässt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben.
...
§ 26
Nachbarrechte
(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).
...
§ 43
Allgemeine Anforderungen
...
(2) Allgemeine Anforderungen an Bauwerke sind:
...
5. Schallschutz
Das Bauwerk muss derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.
..."
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (Stmk. ROG), LGBl. Nr. 127 i.d.F. LGBl. Nr. 20/2003, lauten:
"§ 25
Freiland
(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen festgelegten Grundflächen gehören zum Freiland.
(2) Im Freiland können Flächen als Sondernutzung festgelegt werden, soweit nicht eine Ersichtlichmachung auf Grund der überörtlichen Raumordnung (§ 6) zu erfolgen hat. Als Sondernutzungen gelten insbesondere:
1. Flächen für Erwerbsgärtnereien, Kur-, Erholungs-, Spiel- und Sportzwecke, öffentliche Parkanlagen, Kleingartenanlagen, Ablagerungsplätze (für Müll, Altmaterial und deren Behandlung), Aufschüttungsgebiete, Bodenentnahmeflächen, Schießstätten, Schieß und Sprengmittellager und ihre Gefährdungsbereiche, Energieerzeugungs und -versorgungsanlagen, Hochwasserrückhalteanlagen, Wasserversorgungsanlagen und Abwasserbeseitigungs- und -reinigungsanlagen;
..."
Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen für rechtswidrig, weil die zu Grunde liegenden Flächenwidmungspläne der mitbeteiligten Stadtgemeinde, nämlich der Flächenwidmungsplan 1.03 a-k vom 19. Juli 1990, der Flächenwidmungsplan 2.0 vom 30. Oktober 1995 und der Flächenwidmungsplan 3.0 vom 24. März 2003 gesetzwidrig und verfassungswidrig seien.
Da das Vorbringen hinsichtlich der Flächenwidmungspläne den selben Inhalt aufweist wie in der Beschwerde zum hg. Verfahren Zl. 2001/06/0052, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das in diesem Verfahren ergangene Erkenntnis vom 21. Juni 2005 verwiesen werden.
Wie auch schon im bereits zuvor genannten Verfahren wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Erteilung der Baubewilligung und bringen vor, dass diese gemäß § 26 Abs. 2 Z. 3 Stmk BauG zu versagen sei, weil das Vorhaben eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Beschwerdeführer durch Lärm darstelle. Auch seien gemäß § 13 Abs. 12 Stmk BauG größere Abstände vorzuschreiben gewesen.
Einen wesentlichen Einwand gegen die gegenständliche Baubewilligung gründen die Beschwerdeführer auf die von ihnen bereits im Verwaltungsverfahren unter Berufung auf ein Gutachten des Distriktarztes Dr. W beruhenden Überlegung, dass die Lärmeinwirkung auf sie als Nachbarn auf Grund der kurzen Schallpegelspitzen der einzelnen Schüsse nur durch die Beurteilung der Lärmsteigerung der tatsächlich vorkommenden Schallpegelspitzen LA,max in ihrer Differenz zu den sonst ruhigen Phasen (Basispegel) beurteilt werden könne, da nur dies der Realität und nicht der Fiktion entspreche. Der von den Baubehörden und der belangten Behörde - wenn auch in erhöhter Form - herangezogene äquivalente Dauerschallpegel sei nur für länger anhaltende, nahezu konstante Geräusche geeignet, eine Lärmcharakteristik wiederzugeben, daher für Schüsse vollkommen ungeeignet. Der Amtssachverständige Ing. Wn und - diesem folgend - die Baubehörde und die belangte Behörde hätten mit der Annahme von langfristigen Mittelwerten (dabei die Basispegel zu hoch, hingegen die gemittelten Schusspegel zu niedrig) den entstehenden Schusslärm unrichtig beurteilt, weil die tatsächliche Schusslärmstörung in der jeweils kurzzeitigen, vervielfachten Lautstärkenzunahme vom niedrigen Basispegel zu den Schießlärmpegelwerten bis 64,7 dB auf die Beschwerdeführer wirke.
Die belangte Behörde hat sich wesentlich auf das Gutachten des Amtssachverständigen Ing. Wn gestützt. Dieses bezieht sich auf den Baubewilligungsbescheid aus dem zu den Bescheiden vom 20. Oktober 2003 und 23. Juni 2004 führenden Verfahren, das wiederum auf einem schalltechnischen Gutachten des Ing. Wn und auf dem medizinischen Gutachten des Dr. P basiert. Ausgehend von den in diesem Bewilligungsverfahren erhobenen schalltechnischen Werten hatte der medizinischen Gutachter Dr. P weder eine das ortsübliche Ausmaß überschreitende Lärmbelästigung an den Grundgrenzen, noch eine Gesundheitsschädigung, Gesundheitsgefährdung oder erhebliche Belästigung der Nachbarn bei konsensgemäßem Betrieb festgestellt, sowie erklärt, dass zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt seien.
Ebenso wie in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 2003 zu 2001/05/0212, in dem sowohl im medizinischen als auch im schalltechnischen Gutachten Mängel erkannt und daher die Genehmigung nach dem Stmk. Veranstaltungsgesetz aufgehoben worden war, hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 21. Juni 2005, Zl. 2001/06/0052, eine Rechtswidrigkeit der im Baubewilligungsverfahren erteilten Bewilligung erkannt und ausgesprochen, dass zwar die im veranstaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren heranzuziehenden Beurteilungsmaßstäbe unterschiedlich sind, die Ausführungen hinsichtlich der beiden Gutachten jedoch grundsätzlich auch auf das baurechtliche Genehmigungsverfahren betreffend das Vorhaben für die Anwendung des § 13 Abs. 2 Stmk BauG bezogen werden können, weil es zunächst um die Methode zur Ermittlung und Berechnung des Lärmausmaßes geht.
Der Verwaltungsgerichtshof hielt fest, dass das Gutachten des medizinischen Sachverständigen keine ausreichende Antwort auf die von den Beschwerdeführern im Verfahren aufgeworfenen und durch die Vorlage eines Gutachtens untermauerte Frage enthielt, ob bei der Beurteilung der Schallimmissionen auf die besondere Charakteristik der Impulshaltigkeit der einzelnen Schüsse ausreichend Bedacht genommen worden sei. Ein bloßer Hinweis auf eine ÖAL-Richtlinie reiche hier deswegen nicht, weil die maßgebliche medizinische Beurteilung alleine dadurch nicht auf ihre Schlüssigkeit nachgeprüft werden kann. Vielmehr wäre es Sache des medizinischen Sachverständigen - und auf dessen Beurteilung aufbauend - der Behörde gewesen, auf nachvollziehbare Weise darzulegen, weshalb die besondere Schallcharakteristik der Schüsse des gegenständlichen Schießplatzes voraussichtlich keine Gesundheitsgefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung herbeiführen werde.
Im vorliegenden Fall kommen diese Überlegungen in gleicher Weise zum Tragen, weil die Sachverständigen und diesen folgend die Baubehörden und die belangte Behörde ihren Beurteilungen der durch den Schießplatz in der beantragten Form hervorgerufenen Lärms auf die Beurteilungen in dem damaligen Baubewilligungsverfahren und den diesbezüglichen Bescheiden aufbauten und auf diese verwiesen. Im gegenständlichen Verfahren errechnete der Amtssachverständige Ing. Wn den zu erwartenden, spezifischen Gesamtbeurteilungspegel der Schießstätte nach Durchführung der geplanten Änderungen und Erweiterungen unter Zugrundelegung des Gesamtbeurteilungspegels gemäß dem Bescheid vom 23. Mai 2000 des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde. Von diesem zog er den Teilbeurteilungspegel der wegfallenden bzw. geänderten Schießstände ab und addierte die Teilbeurteilungspegel der neuen bzw. geänderten Schießstände gemäß der ermittelten mittleren Einzelschusspegel der neuen bzw. geänderten Schießstände an den gewählten Messpunkten. Eine neuerliche Beurteilung der Schallpegelspitzen durch Schießgeräusche wurde unterlassen, weil diese bereits erfolgt sei. Da sich die Höhe der Einzelschussergebnisse nicht geändert hätten, könne die seinerzeitige Aussage unverändert aufrecht erhalten bleiben. Dem Gutachten folgend hielt die Behörde die Zuziehung eines medizinischen Amtsachverständigen für nicht erforderlich, weil die vom medizinischen Amtsachverständigen festgelegten Werte bereits im früheren Verfahren als nicht überschritten festgestellt worden seien. Wie oben dargestellt, wies das medizinische Gutachten jedoch Mängel auf und wurde der Bescheid aus diesem Grund behoben.
Verweigert die Behörde die neuerliche Einholung eines medizinischen Gutachtes in einem Verfahren unter Verweis auf ein medizinisches Gutachten aus einem vorherigen Verfahren und stützt sich ein schalltechnisches Gutachten und die Entscheidung im wesentlichen Kern auf dieses, so wiederholt sie die Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die Mangelhaftigkeit des medizinischen Gutachtens zur Aufhebung des Bescheides aus dem vorausgegangenen Verfahren geführt hat bzw. zu führen hatte.
Trotz Vorlage eines medizinischen Gutachtens durch die Beschwerdeführer hat es die Behörde auch in diesem Verfahren unterlassen, darzulegen, weshalb die besondere Schallcharakteristik der Schüsse des gegenständlichen Schießplatzes voraussichtlich keine Gesundheitsgefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung herbeiführen werde. Damit hat sie das Verfahren mit einem Mangel belastet und der Bescheid war aufzuheben. Auch ein durch die erstmitbeteiligte Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegtes Gutachten aus dem, nach Erlassung des bekämpften Bescheides, parallel geführten Bewilligungsverfahren nach dem Veranstaltungsgesetz vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
Im Übrigen haben sich die Baubehörden und die belangte Behörde auch nicht auf schlüssige Weise mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer hinsichtlich der Tatsache, dass der projektierte Jungjägerstand mobil ausgeführt sei sowie mit der von den Beschwerdeführern behaupteten Änderung des Beurteilungsgebietes durch Hangrutschungen befasst.
Hinsichtlich der übrigen Vorbringen kann, da diese im Wesentlichen gleich lautend im Verfahren 2001/06/0052 erstattet wurden, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom 21. Juni 2005 verwiesen werden.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG. Gemäß § 53 VwGG ist die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz, wenn mehrere Beschwerdeführer einen Bescheid gemeinsam in einer Beschwerde angefochten haben, so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde nur von dem in der Beschwerde erstangeführten Beschwerdeführer eingebracht worden wäre. Die belangte Behörde kann in diesem Fall mit befreiender Wirkung an den in der Beschwerde erstangeführten Beschwerdeführer zahlen. Welche Ansprüche die Beschwerdeführer untereinander haben, ist nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Da im gegenständlichen Fall sowohl der Erstbeschwerdeführer, als auch die Zweitbeschwerdeführer die Zurückziehung der Beschwerde mit 7. Februar 2007 erklärt haben, rückt der Drittbeschwerdeführer BS an deren Stelle nach.
Wien, am 26. Juni 2008
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer Sachverständiger Beweismittel Sachverständigenbeweis Technischer Sachverständiger Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2004060122.X00Im RIS seit
08.08.2008Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008