TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/26 2008/06/0045

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Veröffentlicht am 26.06.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §93 Abs1;
StVG §93 Abs2;
StVG §94 Abs1 Satz4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §43 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des C W in S, vertreten durch Dr. Josef Cudlin, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 22. Oktober 2007, 2 Vk 141/07, betreffend eine Angelegenheit nach dem Strafvollzugsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt S eine Freiheitsstrafe.

Unstrittig ist, dass mit einer dem Beschwerdeführer am 4. September 2007 verkündeten Entscheidung des Anstaltsleiters seinem Ansuchen um Gewährung eines "Familienbesuches" nicht stattgegeben wurde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 6. September 2007 Beschwerde, in welcher er darlegte, in der Justizanstalt sei die räumliche Möglichkeit für Familienbesuche geschaffen worden, weshalb er einen entsprechenden Besuchskontakt mit seiner langjährigen Lebensgefährtin anstrebe, mit welcher er auch ein zehnjähriges Kind habe. Die ablehnende Entscheidung sei nicht gerechtfertigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Beschwerde keine Folge gegeben. In der Begründung heißt es insbesondere, der Beschwerdeführer moniere, dass seinem Ansuchen um Besuchsempfang seiner Lebensgefährtin in der sogenannten "Kuschelzelle" vom Anstaltsleiter mit der Begründung "infolge des Deliktes SMG" nicht stattgegeben worden sei; er habe ausgeführt, dass er eine dreijährige Haftstrafe verbüße, nichts Nachteiliges hinsichtlich seiner Führung in der Anstalt vorliege, er ein angepasster und ordentlicher Gefangener im Substitutionsprogramm sei und keine aktuelle Drogenproblematik gegeben sei. Nach Darstellung verschiedener gesetzlicher Bestimmungen (§ 93 Abs. 1 und 2 und § 94 Abs. 1 vierter Satz StVG) führte die belangte Behörde weiter aus, grundsätzlich seien dem Strafgefangenen hinsichtlich des Besuches subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt, jedoch beträfen diese die Häufigkeit und die Mindestlänge des Besuches. Bezüglich der Ausgestaltung des Besuches, dessen Nichtüberwachung sowie der Möglichkeit eines Körperkontaktes beim Besuch bestehe kein subjektiv-öffentliches Recht. Der Strafgefangene wäre erst in seinen subjektiven Rechten verletzt, wenn die im Gesetz vorgesehene Mindestlänge oder Mindesthäufigkeit von Besuchen verwehrt würde. Damit sei aber im vorliegenden Fall der Beschwerde ein Erfolg zu versagen gewesen.

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer entgegen seiner Behauptung eine mehr als dreijährige Freiheitsstrafe verbüße, in diesem Jahr (gemeint: 2007) bereits zweimal disziplinär, davon einmal wegen Suchtmittelkonsums, zur Verantwortung habe gezogen werden müssen und somit auch keine Rede davon sein könne, dass es sich bei ihm um einen angepassten und ordentlichen Insassen handle.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, aber auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Beantragt wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, angesprochen wird der Vorlageaufwand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die tragende Begründung des angefochtenen Bescheides, Strafgefangene hätten (von vornherein) keinen Anspruch auf Besuchskontakte der angestrebten Art, ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 2005, Zl. 2005/06/0034, näher dargelegt hat und worauf gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, unzutreffend. In Verkennung der Rechtslage hat es daher die belangte Behörde unterlassen, sich inhaltlich näher mit dem Begehren des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, womit sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren (gerichtet auf Zuspruch von Umsatzsteuer) war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthält (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 697 angeführte hg. Judikatur).

Wien, am 26. Juni 2008

Schlagworte

Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060045.X00

Im RIS seit

11.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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