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L85006 Straßen Steiermark;Norm
LStVwG Stmk 1964 §47 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. der MF und 2. des Ing. HF, beide in H, beide vertreten durch Dr. Christian Strobl, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Ferd.-Leihs-Straße 9, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. Oktober 2006, Zl. FA18E-80.30 595/04-57, betreffend straßenbaurechtliche Bewilligung und Enteignung gemäß dem Stmk. Landes-StraßenverwaltungsG 1964 (mitbeteiligte Partei: Land Steiermark, Landesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Schriftsatz vom 8. März 2006 (eingelangt beim Amt der Stmk. Landesregierung am 13. März 2006) für das Projekt "Umfahrung H Nord" die Erteilung der straßenbaurechtlichen Bewilligung bzw. die lastenfreie Einlösung der benötigten Flächen. In der Folge wurden mündliche Verhandlungen am 11., 12., 18., 24. und 25. April bzw. 2. Mai 2006 durchgeführt.
Die Beschwerdeführer erhoben mit Schreiben vom 4. April 2006 (eingelangt beim Amt der Stmk. Landesregierung am 6. April 2006) jeweils Einwendungen. In diesen wurde geltend gemacht, dass die gewählte Trassierung in der vorliegenden Lage, Form und Art ihre persönlichen Lebensinteressen massiv und nachhaltig beeinträchtige und für sie unzumutbar sei. Weiters seien die aus der gegenständlichen Planung ersichtlichen Auswirkungen auf die in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften im Hinblick auf Lage und Art der Gebäude und Grundstücke wirtschaftlich massiv und stellten für sie einen empfindlichen, "unbotmäßigen" wirtschaftlichen Nachteil dar. Es könne daher dem kundgemachten Projekt in dieser Form keine Zustimmung erteilt werden.
In den von einem Rechtsvertreter für etliche Parteien (u.a. die Beschwerdeführer) erhobenen schriftlichen Einwendungen vom 10. April 2006 wurde u.a. geltend gemacht, dass keine großräumige Umfahrung geprüft worden sei, keines der Gutachten Aufschluss darüber gebe, ob die gewünschte Entlastung stattfinden werde. Es sei daher nicht sichergestellt, ob die gegenständliche Trasse den gelindesten Eingriff in ihr Eigentumsrecht darstelle. Die Trassenführung sei vollkommen unnachvollziehbar. Wenn schon eine Trasse, wie geplant, verwirklicht werden solle, so müsste diese möglichst knapp am P-Bach geführt werden, wie das vor ca. zwei Jahren errichtete Anfangsstück der nunmehr geplanten Trasse. Andernfalls käme es zu einer nicht gerechtfertigten Zerschneidung von Grundstücken, die Flächen stark entwerte. Durch die Zerschneidung der Grundstücke u.a. der Beschwerdeführer werde in ihr Eigentumsrecht massiv eingegriffen, da die zerstückelten Grundstücke auch auf Grund der Bebauungsvorschriften nicht mehr verwertbar seien. Das vorliegende Projekt stelle nicht das gelindeste Mittel dar, aus dem Gutachten des Dipl. Ing. W.J. vom 2. Mai 2005 sei nicht nachvollziehbar, warum gerade diese Trassenführung gewählt worden sei.
Die belangte Behörde erklärte in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides die Ausführung des Straßenbauvorhabens an der Landesstraße Nr. B 54, W Straße im Baulos "Umfahrung H Nord", wie im Projekt der Fachabteilung 18A vom 10. Februar 2006 (unter der weiteren Angabe des Planzeichens) bzw. in den Ergänzungsplänen vom 30. Mai 2006, Änderung A 05/2006, Begleitwege, Auffüllungen, Wellrohrdurchlass erstellt von Dipl. Ing. W.J., Zivilingenieur für WIW/Bauwesen, dargestellt, gemäß § 47 Stmk. Landes-StraßenverwaltungsG 1964 (LStVG 1964) vom Standpunkte des öffentlichen Interesses und der mit diesen nicht im Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten bei plan- und beschreibungsgemäßer Ausführung unter Berücksichtigung der im Befund beschriebenen Abweichungen bzw. Ergänzungen und Feststellungen, für zulässig.
In Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurden für die Ausführung des genannten Straßenbauvorhabens die im angeführten Projekt der Fachabteilung 18A vom 10. Februar 2006 bzw. den angeführten Ergänzungsplänen vom 30. Mai 2006, erstellt von Dipl. Ing. W.J., näher gekennzeichneten Teilflächen und sonstigen Anlagen gemäß §§ 48-50 LStVG 1964 dauernd und lastenfrei zu Gunsten der mitbeteiligten Partei abgelöst sowie in den Punkten 9 bis 31 enteignet und die Höhe der Entschädigung u.a. für die davon betroffenen Liegenschaftseigentümer (u.a. die Beschwerdeführer) in den Punkten 9 bis 31 bestimmt. In den Punkten 28 und 30 wurden für die Erstbeschwerdeführerin bzw. den Zweitbeschwerdeführer jeweils jene Flächen näher erfasst, die wegen des verfahrensgegenständlichen Projektes enteignet werden sollen, bzw. die jeweiligen Entschädigungssummen bestimmt.
In dem im Bescheid wiedergegebenen Gutachten des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. Dr. G.R. ist zum vorliegenden Bauvorhaben u. a. ausgeführt, dass nach einer bereits mehr als 10 Jahre dauernden Projektentwicklungs- und Planungsdauer die Landesstraßenverwaltung nunmehr um die Erteilung der straßenrechtlichen Genehmigung für die Errichtung der "Umfahrung H Nord" im Verlauf der Landesstraße B 54, W Straße, angesucht habe. Der Abschnitt weise eine Länge von ca. 1,7 km auf. Die eingereichte Trasse sei unter Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und des Wasserbaues sowie unter Ausnutzung bestehender Wegabschnitte und Grundstücksgrenzen gewählt worden. Es liege ein Feststellungsbescheid vor, wonach für das vorgelegte Projekt ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren nicht erforderlich sei.
Durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben, das mit Begleitwegen zur Aufschließung der angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke errichtet werden solle, solle der aus dem Norden von der Landesstraße B 54 und aus dem Osten von der Landesstraße B 50 kommende Verkehr so aufgeteilt werden, dass der Durchzugsverkehrsanteil um H herumgeleitet werde und dadurch insbesondere auch der Bereich der Einmündung der Landesstraße B 50 in die Landesstraße B 54 in H vom überörtlichen Verkehr entlastet werde.
Aus straßenverkehrstechnischer Sicht bestünden bei projektgemäßer und fachgerechter Herstellung keine Einwände gegen die Erteilung der straßenrechtlichen Genehmigung für die vorgesehene Errichtung der "Umfahrung H Nord". Die Trassenführung weise auf der freien Strecke einen gestreckt kurvigen Verlauf auf und die Bogenradien würden bei der Zufahrt zu den KVP (Kreisverkehrsplätzen) entsprechend enger. Damit sowie auch infolge der gewählten Nivelette sei eine zügige Verkehrsabwicklung auf eine Länge von etwa 1,5 km außerhalb der Bereiche der KVP gewährleistet und für eine Reduktion der Fahrgeschwindigkeit vor dem KVP gesorgt. Ebenfalls vorteilhaft aus der Sicht der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs sei die Erschließung der Einzelgrundstücke von Parallelwegen aus. Verbunden mit der Inbetriebnahme der Umfahrung H Nord sei eine Anhebung der Verkehrssicherheit für die auf dieser Straßenverbindung fahrenden Verkehrsteilnehmer, da dadurch der ausgewiesenen Unfallhäufungsstelle im Kreuzungsbereich der L B 50/L B 54 im Stadtgebiet von H ausgewichen werden könne. Zugleich komme es durch die Verkehrsumlegung auf die Umfahrung H Nord im prognostizierten Ausmaß von etwa 7.850 Kfz/Tag bezogen auf das Jahr 2015, insbesondere auch zu einem Gewinn an Verkehrssicherheit für die verbleibenden Verkehrsteilnehmer auf dem innerstädtischen Abschnitt der L B 50. Zu den Einwendungen von Anrainern stellte der Sachverständige aus seiner Sicht fest, dass das vorgelegte Straßenbauvorhaben zur sicheren und flüssigen Abwicklung des prognostizierten Verkehrs geeignet sei. Es bestehe daher aus verkehrstechnischer Sicht keine Notwendigkeit, den auf Grund verschiedener Gesichtspunkte schlussendlich gewählten Trassenverlauf zu verändern.
Zu den Einwendungen u.a. der Beschwerdeführer in ihrer schriftlichen Eingabe vom 4. April 2006 wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass das eingereichte Projekt mit Beschluss vom 27. Februar 2006 von der belangten Behörde genehmigt worden sei. Aus den Einwendungen der Liegenschaftseigentümer sei nicht erkennbar und werde auch nicht weiter ausgeführt, warum das vorliegende Projekt in seiner Lage, Form und Art sie massiv beeinträchtige und die gewählte Trassierung ihre persönlichen Lebensinteressen nachhaltig unzumutbar erscheinen ließe. Es werde auch nicht dargetan, warum die Auswirkungen der vorliegenden Planung für die Liegenschaftseigentümer (u.a. die Beschwerdeführer) wirtschaftlich massiv in ihr Eigentum eingreife. Die vorliegende Trasse sei vom technischen Amtssachverständigen begutachtet und als geeignet qualifiziert worden.
Die Anträge auf Verlegung der Trasse in Richtung P-Bach und auf Ladung der Naturschutzbeauftragten Mag. P. seien abzuweisen, weil bezüglich der Trasse ein Beschluss der belangten Behörde vom 27. Februar 2006 vorliege und nicht ausgeführt worden sei, welche Vorteile sich durch die Verlegung ergeben sollten.
Die Beschwerdeführer hätten Folgendes eingewendet:
"a) Die Trassierung ist von Bau - km 0,00
(Kreisverkehr Ha/Ho) bis ca. Bau - km 0,45
2 m unter Geländeniveau Unterflur auszuführen.
b) Die unter Geländeniveau liegenden Teile der
westseitig geplanten Lärm u. Immissionsschutzwand sind statisch
tragend auszuführen, um Böschungswinkel und damit verbundenen
Flächen - Mehrbedarf in diesem Bereich zu vermeiden.
c) Die Gesamthöhe der westseitigen Lärm- u.
Immissionsschutzwand gemessen von der fertigen Fahrbahnoberfläche
darf 5 m nicht überschreiten.
d) Im Bereich des bestehenden Rückhaltebeckens
P...bach ist die Trasse am Wasserschutzdamm in Form eines
Anschnittes anzulegen und ist unter Nutzung des in diesem
Abschnitt westseitig geplanten Sichtschutzwalles in diesem Bereich
ein dauerhafter Übergang zu errichten.
e) Die am Sichtschutzwall gegen West anliegenden
Restgrundstücksteile sind in ihrem Geländeverlauf bis zur
Dammkrone anzugleichen. Hiebei ist ... Bedacht zu nehmen, dass
keine Oberflächenwässer entlang der Trasse aufgestaut werden und
keine temporären Gerinne entstehen.
Die geländeangeglichenen Flächen sind mit max. 10 % Gefälle
herzustellen und zu rehumusieren.
f) So wie das bereits errichtete Mittel-Teilstück der
Umfahrung H (Kreisverkehr H.../M...) ist auch das geplante
Teilstück mit der für Ortsgebiete geltenden Höchstgeschwindigkeit
von 50 km/h zu betreiben.
g) Mindestens eine permanente
Verkehrsüberwachungseinrichtung ist im Trassenverlauf zu errichten und zu betreiben.
h) Der aus der Trassenfläche der Gst. Nr. 229, 230, 233/1 und 233/2 KG U... vorhandene Humus ist vor Beginn der Aushubarbeiten westseitig der Trasse auf diesen Grundstücken als Damm zu lagern und nach Beendigung der Baumassnahmen uns unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
i) Der aus der Trassenfläche der Gst. Nr. 229, 230, 233/1 und 233/2 KG U... vorhandene Humus ist vor Beginn der Aushubarbeiten westseitig der Trasse auf diesen Grundstücken als Damm zu lagern und nach Beendigung der Baumassnahmen uns unentgeltlich zur Verfügung zu stellen."
Dazu sei festzuhalten, dass die Punkte a) bis e), h) und i), soweit es technisch möglich und finanziell vertretbar sei, in das Detailprojekt eingearbeitet worden seien und diese Ergänzungspläne Grundlage für die abschließende Verhandlung am 12. Juni und 10. Juli 2006 gewesen seien.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Teile der im vorliegenden Fall angewendeten §§ 47 und 48 Stmk. Landes-Straßenverwaltungsgesetz, LGBl. Nr. 154/1964, in der Fassung LGBl. Nr. 89/2002 (LStVG. 1964), lauten wie folgt:
"§ 47.
(1) Vor Neuanlage, Verlegung oder Umbau der im § 7 unter Z. 1, 2, 3 und 4 genannten Straßen hat die im Abs. 3 genannte Behörde den beabsichtigten Straßenbau in den in Betracht kommenden Gemeinden kundzumachen. Überdies sind hievon die bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten durch besondere Mitteilung zu verständigen. In diesen Verständigungen ist auch zugleich eine mündliche Verhandlung auf einen Zeitpunkt binnen zwei bis vier Wochen anzuberaumen. ...
(2) ...
(3) Auf Grund der Ergebnisse dieser mündlichen Verhandlung hat soweit es sich um die im § 7 unter Z. 1, 2 und 3 genannten Straßen handelt, die Landesregierung, sonst die Gemeinde mit Bescheid die Bedingungen festzusetzen, welche bei der Ausführung der beabsichtigten Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind. Der Bescheid hat sich auch auf die künftige Bestimmung und die Erhaltung jener Straßenteile zu erstrecken, welche durch den Straßenbau ihrer ursprünglichen Verkehrswidmung unmittelbar entzogen werden. ...
§ 48.
(1) Bei Neuanlage, Verlegung und Umbau von Straßen, die im § 7 unter Z. 1, 2, 3 und 4 genannt sind, sowie für die dazugehörigen baulichen Anlagen und für die Erhaltung solcher Straßen und Anlagen besteht ein Anspruch auf Enteignung auf Grund der nach § 47 vorgenommenen Feststellungen unter der Voraussetzung, daß deren Notwendigkeit für die Herstellung und Benützung der Straße für den öffentlichen Verkehr erwiesen ist. Ebenso besteht ein Anspruch auf Enteignung hinsichtlich jener Landesstraßen, die durch das Bundesstraßen-Übernahmegesetz 2002, LGBl. Nr. 89/2002, als Landesstraßen übernommen wurden und für die bereits vor der Übernahme durch das Land eine Verordnung gemäß § 4 des Bundesstraßengesetzes 1971 bestanden hat. Zu diesem Zweck kann das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen Rechten an solchen Liegenschaften durch Enteignung in Anspruch genommen werden. ...
(2) ..."
Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten einen entsprechenden Plan für eine andere Form der Trassierung vorgelegt, der jedoch, ohne weitere Begründung von der belangten Behörde abgelehnt worden sei, obwohl eine Verlegung der Trasse zu einer Schadensminderung auf Seiten der Beschwerdeführer wie auch anderer Grundstückseigentümer geführt hätte. Die Notwendigkeit der gegenständlichen Umfahrung hätte ausreichend geprüft werden müssen. Es wäre eine schonendere Situierung der Trassierung durchaus möglich gewesen. Auf die diesbezüglich vorgelegten Unterlagen, die die Beschwerdeführer am 3. April 2006 dem Projektkoordinator Dipl. Ing. R. in der Bezirkshauptmannschaft H abgegeben hätten, sei nicht eingegangen worden.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Die Notwendigkeit eines straßenbaurechtlichen Projektes ist im Verfahren betreffend die Erteilung der straßenbaurechtlichen Bewilligung gemäß § 47 Abs. 3 Stmk. LStVG zu prüfen. Im Enteignungsverfahren, das gleichfalls Gegenstand des angefochtenen Bescheides war, ist im Allgemeinen nicht mehr die Notwendigkeit des Straßenbaues, sondern nur die Notwendigkeit der Heranziehung der beantragten Grundflächen zu dem beabsichtigten und bewilligten Straßenbau zu prüfen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. August 1994, Zl. 93/06/0198).
Die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage der Notwendigkeit des projektgegenständlichen Straßenbauvorhabens war daher von der belangten Behörde im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren zu prüfen. Die Behörde hat bei der Festlegung der Bedingungen, die bei Ausführung eines beabsichtigten Straßenbaues vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesen nicht im Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten im Sinne des § 47 Abs. 3 LStVG 1964 zu erfüllen sind, eine Überprüfung der Interessenlage in der Weise vorzunehmen, dass sie das öffentliche Interesse den Interessen der Beteiligten gegenüberstellt. Die Beteiligten besitzen dabei auch ein Mitspracherecht in Ansehung der Gestaltung des Straßenbauvorhabens insoweit, als sie verlangen können, dass ihre Interessen nur in dem durch das öffentliche Interesse zwingend gebotenen Umfang beeinträchtigt werden. Der Grundsatz, dass von mehreren denkbaren Varianten der Trassenführung jene gewählt werden muss, für welche keine Enteignung (oder eine Enteignung geringeren Umfanges) erforderlich ist, kann dabei nur soweit gehen, als es sich um straßenbautechnisch, verkehrstechnisch und wirtschaftlich gleichwertige Alternativen handelt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 11. August 1994).
Wie eingangs dargelegt, haben die Beschwerdeführer im Verfahren auch vorgetragen, dass die Trassenführung nicht nachvollziehbar sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum gerade diese Trassenführung gewählt worden sei, wenn schon eine Trasse wie die geplante verwirklicht werden solle, so müsste diese möglichst knapp am P-Bach geführt werden, wie schon das zwei Jahre vorher errichtete Anfangsstück der nunmehr geplanten Trasse. In der Begründung des angefochtenen Bescheides findet sich dazu nur, dass der Antrag auf Verlegung der Trasse in Richtung P-Bach abzuweisen gewesen sei, da bezüglich der Trasse ein Beschluss der Landesregierung vom 27. Februar 2006 vorliege und nicht ausgeführt worden sei, welche Vorteile sich durch die Verlegung ergeben sollten.
Weder aus dieser Begründung noch sonst aus dem Akt ist für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar, dass die gewählte Trasse von den mehreren denkbaren Varianten der Trassenführung jene ist, die bei Erreichung des angestrebten öffentlichen Interesses den geringst möglichen Eingriff in Rechte; insbesondere in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer an dem Grundstück, vorsieht. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, sie hätte dem Argument einer anderen Trassenführung nur dann nachgehen müssen, wenn die Beschwerdeführer ein Projekt auf gleicher fachlicher Ebene vorgelegt hätten, kann nicht gefolgt werden. Bei der Auseinandersetzung mit der Frage der Notwendigkeit eines Straßenbauvorhabens muss sich die Behörde insbesondere im Lichte des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums immer auch mit der Frage auseinander setzen, mit welcher Trassenführung das angestrebte öffentliche Interesse (hier: die Umfahrung im Norden von H) bei einem gleichzeitig geringst möglichen Eingriff in Rechte betroffener Grundstückseigentümer erreicht werden kann. Eine in diesem Sinne nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dieser von den Beschwerdeführern bereits im Verwaltungsverfahren ausreichend aufgeworfenen Frage findet sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Auch die Verwaltungsakten enthalten dazu keine Feststellungen. Diese Verfahrensmängel sind schon deshalb wesentlich, weil sie den Verwaltungsgerichtshof daran hindern, den angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht überprüfen zu können.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Auf das übrige Vorbringen brauchte nicht mehr eingegangen zu werden. Angemerkt wird lediglich, dass die Beschwerdeführer als Parteien u.a. des straßenbaurechtlichen Verfahrens in diesem jeweils eigene Interessen (auch wirtschaftliche) geltend machen können (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 96/06/0217). Soweit die Beschwerdeführer rügen, es sei keine entsprechende wasserrechtliche Bewilligung eingeholt worden, handelte es sich dabei jedenfalls nicht um eigene Interessen der Beschwerdeführer. Diesbezüglich stand ihnen im straßenbaurechtlichen Verfahren kein Mitspracherecht zu.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. Juni 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006060327.X00Im RIS seit
13.08.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013