TE Vfgh Erkenntnis 2003/9/22 B452/03

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Veröffentlicht am 22.09.2003
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9430 Hubschrauberdienst, Krankenbeförderung, Rettung

Norm

B-VG Art116 Abs2
B-VG Art118 Abs2
B-VG Art118 Abs3 Z7
Sbg RettungsG §1 ff
Sbg RettungsG §3

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der Anerkennung eines auf dem Gebiet der Wasserrettung spezialisierten Vereins als Rettungsorganisation nach dem Sbg Rettungsgesetz; keine Bedenken gegen die Nichtanerkennung des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes; Sicherstellung des örtlichen besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich vorbehalten

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm noch in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Partei ist ein Zweigverein des Arbeiter-Samariter-Bundes Österreich, der sich als gemeinnütziger Verein auf dem Gebiet der Wasserrettung spezialisiert hat und im Gebiet Zell am See in den letzten Jahren tätig war.

Mit Schriftsatz vom 19. September 2002 beantragte die beschwerdeführende Partei die Anerkennung als Rettungsorganisation gemäß §3 Salzburger Rettungsgesetz. Im Rahmen der rechtlichen Ausführungen des Antrages räumte die beschwerdeführende Partei ein, dass sie zwar nicht im Bereich des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes tätig sei, es aber zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatz geboten sei, §3 Salzburger Rettungsgesetz dahingehend verfassungskonform zu interpretieren, dass auch juristische Personen, die Aufgaben des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes besorgen, bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen als Rettungsorganisationen anzuerkennen seien.

2. §3 Abs1 des Salzburger Rettungsgesetzes, LGBl. 78/1981, lautet samt Überschrift:

"Anerkennung einer Rettungsorganisation

§3

(1) Juristische Personen können auf Antrag von der Landesregierung durch Bescheid als Rettungsorganisation anerkannt werden, wenn sie eine ordnungsgemäße Besorgung des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes im Lande Salzburg oder in bestimmten Teilen des Landes, die jedoch zumindest den Verwaltungssprengel eines politischen Bezirkes umfassen müssen, erwarten lassen."

3. Der Antrag auf Anerkennung wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 7. Februar 2003 abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass zwischen allgemeinen und besonderen Hilfs- und Rettungsdienst zu unterscheiden sei und die Wahrnehmung von Aufgaben der Wasserrettung zu den Aufgaben des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes gehöre. Die Anerkennung einer juristischen Person, die Aufgaben des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes wahrnimmt, sei auf Grund des Wortlautes des Gesetzes nicht möglich, da dieser die Anerkennung nur für juristische Personen, die Aufgaben des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes besorgen, vorsehe. Die Voraussetzung für eine verfassungskonforme Interpretation des §3 Salzburger Rettungsgesetz sei nicht gegeben, da die Anerkennung einer juristischen Person, die ausschließlich Aufgaben der Wasserrettung verrichtet, klar außerhalb der äußersten Wortlautgrenze und daher außerhalb des Bereiches zulässiger Auslegung liege. Dabei sei neben dem klaren Wortlaut des Gesetzes auch auf den Willen des historischen Gesetzgebers zu verweisen: Mit der Anerkennung als Rettungsorganisation werde nur ein Status verliehen; die Rechtsfolge der Anerkennung bestehe neben dem in §3 Abs5 Salzburger Rettungsgesetz vorgesehenen Kontrahierungszwang zugunsten der Gemeinde im Anspruch auf den in §4 Salzburger Rettungsgesetz fixierten Rettungsbeitrag.

Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle des Salzburger Rettungsgesetzes 1999, LGBl. 15, (704 BlgLT 11. GP) gehe hervor, dass für örtliche Belange der Berg-, Höhlen- und Wasserrettung die Gemeinde Sorge zu tragen habe. Für ihre Beiträge an die genannten Organisationen werde aber keine nähere gesetzliche Regelung getroffen; dafür seien die örtlichen Verhältnisse zu unterschiedlich. Da der Anspruch auf den Rettungsbeitrag zwingende Folge der Anerkennung als Rettungsorganisation sei, sei auch die Anerkennung von juristischen Personen, die Aufgaben des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes wahrnehmen, nicht im Willen des Gesetzgebers gelegen. Ebenso könne von einer planwidrigen Rechtslücke nicht die Rede sein.

II. 1. Gegen diesen letztinstanzlichen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gerügt und die Aufhebung der Ausdrücke "allgemein" in den §§2 Abs2 und 3 Abs1 sowie der Abs4 und 5 des §4 Salzburger Rettungsgesetz zur Gänze als verfassungswidrig angeregt wird. Die Beschwerde betont, dass durch die Nichtanerkennung der beschwerdeführenden Partei im Gegensatz zu allgemeinen Hilfs- und Rettungsorganisationen ihr das Recht genommen werde, Verträge mit Gemeinden gemäß §3 Abs5 Salzburger Rettungsgesetz abzuschließen und für die im Rahmen eines derartigen Vertrages erbrachten Leistungen einen jährlichen Rettungsbeitrag zu erhalten. Eine stichhaltige Begründung oder Anhaltspunkte für eine sachliche Rechtfertigung der im Salzburger Rettungsgesetz vorgesehenen unterschiedlichen Behandlung allgemeiner und besonderer Hilfs- und Rettungsdienste sei nicht erkennbar. Die vorgenommene Differenzierung sei vielmehr unsachlich und daher verfassungswidrig. Beide Arten von Rettungsdiensten erbringen gleichermaßen Hilfe- und Rettungsleistungen gegenüber der Bevölkerung im jeweiligen Gemeindegebiet. Der einzige (tatsächliche) Unterschied zwischen dem allgemeinen und dem besonderen Hilfs- und Rettungsdienst liege in der Spezialisierung des besonderen Rettungsdienstes auf bestimmte Gefahrensituationen, die eine über den allgemeinen Rettungsdienst hinausgehende Qualifizierung des Personals sowie besondere Rettungsmittel erfordere. Dieser Unterschied vermag aber nicht die daraus resultierenden voneinander divergierenden Rechtsfolgen zu rechtfertigen.

2. Die belangte Behörde wurde gemäß §83 Abs1 VfGG ersucht, den Verwaltungsakt dem Verfassungsgerichtshof vorzulegen. Dieser ist jedoch beim Verfassungsgerichtshof nie eingelangt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift in der sie beantragt, die Behandlung der Beschwerde abzuweisen und begründend ausführt, dass sich der vorliegende Bescheid ausschließlich auf §3 Abs1 Salzburger Rettungsgesetz stütze und die Bestimmungen der §§2 Abs2 und 4 Abs3 bis 5 Salzburger Rettungsgesetz nicht präjudiziell seien. Weiters legt die belangte Behörde dar, dass das Salzburger Rettungsgesetz im Bereich des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes im Interesse der Qualitätskontrolle eine starke Reglementierung vorsehe, indem den Gemeinden eine unbedingte Verpflichtung zur Sicherstellung der Leistungen des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes auferlegt werde, weiters stehe den Gemeinden als ausschließliches Mittel zu deren Sicherstellung die vertragliche Verpflichtung einer anerkannten Rettungsorganisation zur Verfügung, die Anerkennung als Rettungsorganisation sei an eine Eigentümerprüfung gebunden, anerkannten Rettungsorganisationen werde ein Kontrahierungszwang zugunsten der Gemeinde auferlegt und der Rettungsorganisation im Gegenzug Anspruch auf den gesetzlich fixierten Rettungsbeitrag eingeräumt.

Im Gegensatz dazu bestehe im Bereich des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes eine größere Gestaltungsfreiheit, da den Gemeinden nur eine bedingte Verpflichtung zur Sicherstellung der Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes für den Fall eines aus den örtlichen Gegebenheiten resultierenden Bedarfes und Fehlen ausreichender Vorsorge von anderer Seite auferlegt werde. Dabei werde offen gelassen, ob die Gemeinde die Sicherstellung in Eigenregie oder durch vertragliche Verpflichtung eines Dritten bewirke, es gebe auch keine Vorgaben über die Beschaffenheit eines zur Sicherstellung der Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes verpflichteten Vertragspartners. Der Abschluss eines Vertrages mit solchen Vertragspartnern und die finanzielle Abgeltung durch die Gemeinde werde in das privatautonome Ermessen der Gemeinde gestellt.

Das Absehen von einer gesetzlichen Regelung der Beiträge von Gemeinden für die Sicherstellung des (örtlichen) besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes beruhe auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung: Die bedingte Verpflichtung der Gemeinde zur Sicherstellung der Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes gemäß §2 Abs1 zweiter Satz Salzburger Rettungsgesetz sei erst mit der Novelle LGBl. 15/1999 eingeführt worden. In der Gegenschrift werden nochmals die Erläuternden Bemerkungen zur Novelle 1999 betont. Daraus sei erkennbar, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Beiträge der Gemeinden für die Sicherstellung des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes von einer so weitgehenden Einheitlichkeit der Verhältnisse ausgegangen sei, dass die für alle Gemeinden einheitliche Berechnung des Rettungsbeitrages und der Anknüpfung an die Einwohnerzahl sachlich angemessen sei. Diese Vorstellung des Gesetzgebers erscheine durch die Umstände gerechtfertigt, dass die in §1 Abs2 Salzburger Rettungsgesetz festgelegten Aufgaben des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes die Abhilfe gegen allgemeine Lebensrisken betreffen, die grundsätzlich bei allen in einer Gemeinde aufhältigen Personen gleichermaßen eintreten können oder Aufgaben umfassen, deren Umfang sich in aller Regel direkt proportional zur Anzahl der Einwohner der Gemeinde verhalten werde.

Demgegenüber hänge das Ausmaß des Bedarfes nach Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes von einer Mehrzahl von Faktoren ab, die nicht für alle gemäß §2 Abs1 zweiter Satz Salzburger Rettungsgesetz zu deren Sicherstellung verpflichteten Gemeinden des Landes gleichermaßen einheitlich angenommen werden können. Die für den konkreten Bedarf ausschlaggebenden Faktoren sind jedenfalls das Vorhandensein entsprechender topografischer Gegebenheiten und deren besondere Ausprägung, das Ausmaß der Inanspruchnahme dieser topografischen Gegebenheiten (Tourismus), die Erfahrenheit des jeweiligen touristischen Publikums und die jeweils kommerziell angebotenen Sportarten und deren spezifische Gefahrengeneigtheit. Die inhaltliche Verschiedenartigkeit dieser Faktoren und deren jeweilige Ausprägung belegen hinreichend, dass das Ausmaß des konkreten Bedarfes nach Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes mit der Einwohnerzahl einer bestimmten Gemeinde nicht in jenem hohen Maß korreliert sei wie im Bereich des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes, zumal sich ein großer, wenn nicht oft sogar der überwiegende Teil der potentiellen Nachfrage von Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes aus anderen Gemeinden, Bundesländern oder dem Ausland zureisenden Besuchern rekrutiert werde. Eine Bindung des von der Gemeinde zu entrichtenden Beitrages an deren Einwohnerzahl wäre daher für den Bereich des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes alles andere als sachgerecht. Es könne daher nicht als unsachliche Differenzierung angesehen werden, wenn der Salzburger Landesgesetzgeber für den Bereich des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes mangels vergleichbarer Einheitlichkeit in den Voraussetzungen von der Übernahme des für den allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienst angewandten Regelungsmodells Abstand genommen und mangels eines überzeugenden, alternativen Regelungsmodells von einer gesetzlichen Normierung der Beiträge der Gemeinden für die Sicherstellung der Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes zur Gänze abgesehen hat.

3. Die in diesem Zusammenhang neben §3 Abs1 in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des Salzburger Rettungsgesetzes, LGBl. 78/1981 idF LGBl. 118/2001, haben samt Überschrift folgenden Wortlaut:

"Hilfs- und Rettungswesen

§1

(1) Das Hilfs- und Rettungswesen im Sinne dieses Gesetzes umfaßt, soferne nicht anderes bestimmt ist, nur Aufgaben des allgemeinen und des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes in der Gemeinde (örtlicher Hilfs- und Rettungsdienst).

(2) Aufgabe des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes in der Gemeinde ist es,

a) Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung erlitten haben, Erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Verkehrsmitteln in eine Krankenanstalt u. dgl. zu befördern oder ärztlicher Versorgung zuzuführen;

b) Personen, die wegen ihres Gesundheitszustandes kein gewöhnliches Transportmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Verkehrsmitteln zu befördern;

c) bei Veranstaltungen in der Gemeinde die Leistung der nach der Art der Veranstaltung in Betracht kommenden Ersten Hilfe an Ort und Stelle bereitzustellen;

d) die Einwohner der Gemeinde in Erster Hilfe zu schulen.

(3) Aufgabe des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes in der Gemeinde ist es, Personen zu retten und außer Gefahr zu bringen, die insbesondere am Berg (Bergrettung), im Wasser (Wasserrettung) oder in Höhlen (Höhlenrettung) in eine ihr Leben oder ihre Gesundheit unmittelbar und erheblich bedrohende Gefahrensituation geraten sind. Hiezu gehört auch die Leistung Erster Hilfe an Ort und Stelle.

...

Aufgaben der Gemeinde

§2

(1) Die Gemeinde hat die Leistungen des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes für ihr Gemeindegebiet sicherzustellen. Dies gilt auch für die Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes, wenn und so weit auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nach diesen Leistungen eine örtliche Vorsorge bestehen muss und hiezu nicht von anderer Seite ausreichend gesorgt ist.

(2) Die Sicherstellung des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes hat durch die vertragliche Verpflichtung einer anerkannten Rettungsorganisation (§3) zur Bereitstellung und Erbringung der Leistungen des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes zu erfolgen. Hiefür darf je Gemeinde jeweils nur eine Rettungsorganisation in Vertrag genommen werden.

...

Rettungsbeitrag

§4

(1) Die Gemeinde hat an die von ihr gemäß §2 Abs2 vertraglich verpflichtete Rettungsorganisation jährlich einen Rettungsbeitrag zu entrichten. Dieser beträgt ab 1. Jänner 2002 2,80 € und ab 1. Jänner 2003 2,94 € je Einwohner der Gemeinde. ...

(2)...

(3) Für die überörtlichen Belange der Rettungsorganisation gemäß Abs1 hat ihr das Land ab 1. Jänner 2002 2,50 € und ab 1. Jänner 2003 2,80 € je Einwohner des Landes zu leisten. Abs1 dritter bis letzter Satz gilt sinngemäß. Im Streitfall entscheidet über die Beiträge des Landes die Landesregierung mit Bescheid.

(4) Für die überörtlichen Belange der Berg-, Höhlen- und Wasserrettung hat das Land ab 1. Jänner 2002 einen Beitrag von 0,70 €

je Einwohner des Landes zu leisten. Dieser ist wie folgt aufzuteilen:

        1. Österreichischer Bergrettungsdienst,

           Landesstelle Salzburg ...................... 80 %

        2. Österreichische Wasserrettung,

           Landesverband Salzburg ..................... 16 %

        3. Österreichischer Höhlenrettungsdienst,

           Landesverband Salzburg .....................  4 %

Abs1 dritter bis letzter Satz findet Anwendung. Im Streitfall entscheidet die Landesregierung mit Bescheid.

..."

Gemäß §2 Salzburger Rettungsgesetz hat die Gemeinde auch die Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes bei Bedarf sicher zu stellen, sofern nicht von anderer Seite ausreichend vorgesorgt ist. Die Anerkennung einer Rettungsorganisation ist nur vorgesehen, wenn sie im Bereich des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes tätig ist, diese juristischen Personen sind dann verpflichtet gemäß §2 Abs2 Salzburger Rettungsgesetz mit der jeweiligen Gemeinde einen Vertrag zu schließen. Nur für solche Rettungsorganisationen ist in §4 Salzburger Rettungsgesetz die Entrichtung eines Rettungsbeitrages durch die Gemeinde vorgesehen. Eine nähere Regelung in welcher Form die Gemeinde die Leistungen eines besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes sicherzustellen hat, ist im Salzburger Rettungsgesetz nicht vorgesehen.

III. Die Beschwerde, deren meritorischer Erledigung Verfahrenshindernisse nicht entgegenstehen, erweist sich jedoch als nicht gerechtfertigt.

1. Angelegenheiten des Hilfs- und Rettungsdienstes im Sinne des §1 Salzburger Rettungsgesetz sind in Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art15 Abs1 B-VG Landessache (vgl. VfSlg. 12.320/1990). Der Gemeinde sind zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich gemäß Art118 Abs3 Z7 B-VG die behördlichen Aufgaben der örtlichen Gesundheitspolizei, insbesondere auch auf dem Gebiete des Hilfs- und Rettungswesens gewährleistet. Von dieser Kompetenz sind alle Maßnahmen zur Bekämpfung lokaler Gesundheitsgefahren umfasst (vgl. VfSlg. 2784/1955, 3650/1959, 6463/1971). Das Hilfs- und Rettungswesen beinhaltet die Regelung der Organisation von Erster Hilfe und Krankentransporten, ihre Finanzierung und die Anerkennung von Organisationen als Träger dieser Aufgaben [vgl. Weber, Art118 B-VG in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, RZ 20 (1999)].

2. Der Salzburger Landesgesetzgeber unterscheidet im Rettungsgesetz zwischen dem allgemeinen und dem besonderen Hilfs- und Rettungsdienst in den Gemeinden. Die Wasserrettung besorgt als Aufgabe des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes, Personen im Wasser zu retten und außer Gefahr zu bringen, die in eine ihr Leben oder ihre Gesundheit unmittelbar und erheblich bedrohende Gefahrensituation geraten sind (§1 Salzburger Rettungsgesetz). Die Gemeinden haben nicht nur die Leistungen des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes für ihr Gemeindegebiet sicherzustellen, sondern auch die Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes, wenn und soweit auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nach diesen Leistungen eine örtliche Vorsorge bestehen muss und hiezu nicht von anderer Seite ausreichend gesorgt ist (§2 Salzburger Rettungsgesetz). Nähere Regelungen, wie die Gemeinde den besonderen Hilfs- und Rettungsdienst gewährleisten soll, werden im Unterschied zum allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienst nicht getroffen.

Eine Anerkennung von Rettungsorganisationen ist in §3 Salzburger Rettungsgesetz nur für solche juristische Personen vorgesehen, die eine ordnungsgemäße Besorgung des allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienstes erwarten lassen. Für solche anerkannten Rettungsorganisationen besteht die vertragliche Verpflichtung gegenüber der Gemeinde, den allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienst sicherzustellen. Die Gemeinde hat als Gegenleistung an diese vertraglich verpflichteten Rettungsorganisationen einen Rettungsbeitrag gemäß §4 Abs1 Salzburger Rettungsgesetz zu entrichten. Für juristische Personen, die den örtlichen besonderen Hilfs- und Rettungsdienst sicherstellen, sieht das Gesetz weder eine Anerkennung noch eine Entschädigung vor.

In der Regierungsvorlage 704 BlgLT 11. GP zur Novelle des Salzburger Rettungsgesetzes 1999, LGBl. 15, wird ausgeführt:

"Bei der Formulierung des §4 Abs4 wurde davon ausgegangen, daß für örtliche Belange der Berg-, Höhlen- und Wasserrettung die Gemeinden Sorge zu tragen haben. Für ihre Beiträge an die genannten Organisationen wird aber keine nähere gesetzliche Regelung getroffen. Dafür sind die örtlichen Verhältnisse zu unterschiedlich."

3. Der Verfassungsgerichtshof erkennt sowohl in der Unterscheidung zwischen allgemeinen und besonderen Hilfs- und Rettungsdiensten als auch in der Nichtanerkennung des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes (§3 Abs1 Salzburger Rettungsgesetz) und den damit verbundenen Konsequenzen keine verfassungsrechtlichen Bedenken und folgt in Bezug auf die sachliche Rechtfertigung der Regelung dem Vorbringen der belangten Behörde.

Der Landesgesetzgeber überlässt es den einzelnen Gemeinden auf Grund der unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten den besonderen Hilfs- und Rettungsdienst je nach Bedarf sicher zu stellen, ohne sie für die Inanspruchnahme solcher Dienste und deren Abgeltung an einheitliche Regeln zu binden.

Das im Gesetz vorgesehene Modell der Anerkennung und der Kostentragung nach der Einwohnerzahl scheint zwar für den allgemeinen Hilfs- und Rettungsdienst adäquat zu sein. Dem Gesetzgeber kann jedoch nicht entgegengehalten werden, wenn er ein solches System für den besonderen Hilfs- und Rettungsdienst für ungeeignet hält. Die Notwendigkeit dieses Rettungsdienstes ist viel mehr von anderen Umständen wie topografischen Verhältnissen oder touristischer Erschlossenheit abhängig und nur in geringerem Maße von der Einwohnerzahl. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, die Sicherstellung des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes den Gemeinden vorzubehalten, denen es obliegt, individuelle Verträge mit Rettungsorganisationen abzuschließen, bei denen die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde berücksichtigt werden können. Daraus resultiert aber, dass auch besondere Hilfs- und Rettungsdienste, wenn sie für den örtlichen Bereich auf Grund einer Vereinbarung mit der Gemeinde tätig werden, eine Entschädigung der Gemeinde erwarten können.

4. Da die Besorgung des örtlichen besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt (Art118 Abs2 B-VG), hegt der Verfassungsgerichtshof auch keine Bedenken dagegen, es den jeweiligen Gemeinden zu überlassen, die Leistungen des besonderen Hilfs- und Rettungsdienstes für den örtlichen Bereich - sofern dafür überhaupt eine Notwendigkeit besteht - sicherzustellen. Den Gemeinden steht es im Hinblick auf Art116 Abs2 B-VG auch frei, privatrechtliche Verträge zur Besorgung dieser Aufgaben mit gemeinnützigen Vereinen, wie zB die beschwerdeführende Partei, zu schließen (vgl. VfSlg. 8844/1980).

5. Die Beschwerde war sohin, da der angefochtene Bescheid weder auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruht noch eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte stattgefunden hat, abzuweisen.

IV. Dieses Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.

Schlagworte

Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Gesundheitspolizei örtliche, Rettung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B452.2003

Dokumentnummer

JFT_09969078_03B00452_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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