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63/02 Gehaltsgesetz;Norm
BLVG 1965 §9 Abs3 idF 2004/176;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Mag. G O in St. G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, (nunmehr: Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur) vom 25. August 2005, GZ. BMBWK-5144.240962/0001-III/5/05, betreffend Einrechnung von Nebenleistungen in die Lehrverpflichtung gemäß § 9 Abs. 3 BLVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Professor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die BHAK/BHAS O.
Mit Eingabe vom 4. April 2002 stellte der Beschwerdeführer folgenden Antrag (Hervorhebungen im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"An das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Über den Landesschulrat für X.
Über die Direktorin der BHAK O.
Brandschutzbeauftragter - Einrechnung
Im Schuljahr 2000/2001 wurde ich durch einen schriftlichen Dienstauftrag zum Brandschutzbeauftragten gem. § 25 B-BSG bestellt.
Diese Tätigkeit verlangt:
-
den Besuch eines Seminars sowie die ständige Weiterbildung im Bereich Brandschutz,
-
die Einschulung der KollegenInnen sowie des Nichtlehrerpersonals in den Brandschutz sowie deren Weiterbildung,
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eine permanente Präsenz in Sachen Brandschutz,
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Absprachen und regelmäßige Verbindungsaufnahmen mit den örtlichen Einsatzorganisationen,
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die Durchführung von Übungen,
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sowie die Übernahme einer großen Verantwortung für alle Bediensteten und SchülerInnen unserer Schule.
Insbesondere die Frage der Verantwortung ersuche ich abzuklären.
Die oben angeführten Tätigkeiten bzw. Bereiche, die nicht zu meiner lehramtlichen Tätigkeit gehören, führen aber zu einer wesentlichen, zusätzlichen Belastung.
Ich ersuche daher, diese Tätigkeit gem. § 9 Abs. 3 in meine Lehrverpflichtung in entsprechender Höhe, beginnend mit September 2001, einzurechnen.
Mit freundlichen Grüßen
..."
Mit Schreiben vom 25. Mai 2004 an die belangte Behörde teilte der Beschwerdeführer mit, er habe mit Eingabe vom 4. April 2002 die Einrechnung der Tätigkeit des Brandschutzbeauftragten in die Lehrverpflichtung gemäß § 9 Abs. 3 BLVG beantragt. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2003 - also mehr als eineinhalb Jahre später - habe er ein weiteres Ersuchen an den Landesschulrat für S. gerichtet und um die bescheidmäßige Erledigung seines Ansuchens gebeten. Da bis zum heutigen Tag die beantragte Entscheidung gesetzwidriger Weise noch nicht erfolgt sei, beantrage er, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag auf Einrechnung der Nebenleistungen auf das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur gemäß § 73 Abs. 2 AVG übergehe.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde "im Devolutionsweg" wie folgt:
"Ihr Antrag auf bescheidmäßige Feststellung über die Einrechnung ihrer Tätigkeit als Brandschutzbeauftragter wird
1. für den Zeitraum beginnend mit dem Schuljahr 2000/2001 bis zum 31.12.2001 ebenso wie
2. für den Zeitraum ab 1.1.2002 zurückgewiesen."
Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei bis zu seiner Ernennung mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2002 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis Vertragslehrer an der BHAK/BHAS O. gewesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1. aus, der dort genannte Anspruchszeitraum beginnend mit dem Schuljahr 2000/2001 bis zum 31. Dezember 2001 beziehe sich auf das vertragliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers und sei somit keiner Absprache im Verwaltungsweg zugänglich. Der Antrag sei daher insoweit jedenfalls zurückzuweisen gewesen.
Zu Spruchpunkt 2. führte die belangte Behörde aus, nachdem sich das weitere Begehren des Beschwerdeführers klar und eindeutig auf einer Einrechnung einer Tätigkeit in die Lehrverpflichtung richte, sei festzuhalten, dass ein Antrag auf gesonderte Feststellung einer sich (unmittelbar) aus dem Gesetz (BLVG) bzw. einer Verordnung ergebenden Einrechung von Nebenleistungen unzulässig sei, weil ein anderes Verfahren zur Verfügung stehe, in dem diese Frage geklärt werden könne. Im konkreten Fall komme dafür das besoldungsrechtliche Verfahren betreffend die Feststellung der Gebührlichkeit der Mehrdienstleistung nach § 61 Abs. 1 GehG in Betracht. Nur ein darauf gerichteter Antrag wäre somit zulässig.
Dort wo die rechtlichen Grundlagen einen Leistungsanspruch vorsähen, sei dieser vorrangig vor einem Feststellungsantrag zu entscheiden. Nachdem sich der Antrag des Beschwerdeführers klar auf eine Einrechnung von Stunden nach § 9 Abs. 3 BLVG beziehe, sei auch keine Klarstellung oder Ergänzung zu veranlassen gewesen.
Gleichzeitig sei festzuhalten, der Anspruch wäre auch inhaltlich abzuweisen gewesen. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs. 3 BLVG (auch in alten Fassungen) gehe hervor, dass soweit eine solche Einrechnung nicht erfolge, weil die Nebenleistung keine ins Gewicht fallende zusätzliche Belastung des Lehrers bedeute, diese ohne besondere Vergütung zu erbringen sei, wie dies auch für eine zusätzliche Unterrichtserteilung zutreffe, die in Vertretung eines nicht länger als drei aufeinander folgende Kalendertage (Anm.: diese Aussage entspreche einer früher geltenden Rechtslage) an der Erfüllung seiner lehramtlichen Pflichten gehinderten Lehrers zu erbringen sei. So habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Zl. 99/12/0147 vom 17. Jänner 2001 eine zusätzliche Einrechnung verneint, wenn der Beschwerdeführer lediglich an zwei bis drei Tagen im Oktober bzw. November 1997 die Vertretung des Direktors wahrgenommen und daran anknüpfend die Einrechnung dieser Vertretungstätigkeit in seine Lehrverpflichtung beantragt habe. Als Vergleichsparameter wäre hierzu auch die Bestimmung des § 61 GehG idgF heranzuziehen. Wenn der Lehrer durch dauernde Unterrichtserteilung oder eine Einrechnung das zu erfüllende Lehrverpflichtungsausmaß von zwanzig Stunden überschreite, stehe eine Mehrdienstleistungsvergütung zu. Für Einzelvertretungsstunden normiere § 61 Abs. 8 GehG jedoch, dass eine Vergütung für eine Vertretungsstunde erst für jede Vertretungsstunde gebühre, die in der jeweiligen Woche über eine Vertretungsstunde hinausgehe. Damit sei davon auszugehen, dass Einzelvertretungsstunden erst ab der zweiten Stunde pro Kalenderwoche besoldungsmäßig schlagend würden und die erste Stunde von der grundsätzlichen Gehaltszahlung gedeckt sei. Für den konkreten Einzelfall, zu dem - vor allem auf Grund der allgemeinen Richtlinien des Landesschulrates für X. - festzustellen sei, dass sich die Tätigkeit als Brandschutzbeauftragter insbesondere auf den Schulanfang (Lehrerkonferenz) und die durchzuführenden Übungen beschränke. Es könne als Richtwert daher davon ausgegangen werden, dass eine zur bestehenden Unterrichtsverpflichtung zu erfüllende Tätigkeit im Ausmaß von einer Wochenstunde von der Grundbezahlung erfasst und daher keiner weiteren Einrechnung zugänglich sei. Die jährliche Schulung des Lehrpersonals werde offensichtlich im Anschluss an die jährliche Schulkonferenz durchgeführt und entfalle für den Zeitraum der Brandschutzübungen der Unterricht in der Schule. In einer rein mathematischen Berechnung würde - unter der Annahme, dass der Beschwerdeführer drei volle Werktage zu acht Stunden und in Summe sohin vierundzwanzig Stunden pro Schuljahr reine Arbeitszeit für die Tätigkeit als Brandschutzbeauftragter aufbringe - umgelegt auf dreiunddreißig Unterrichtswochen eine wöchentliche Belastung von ca. vierzig Minuten resultieren, was bei weitem unter einer Wochenstunde läge. Die Tätigkeit als Brandschutzbeauftragter setze jedoch weiters keine kontinuierliche Arbeitsleistung voraus, sondern erfordere einen (einmaligen) Arbeitseinsatz zu bestimmten "Spitzenzeiten". Auf Grund der Erhebungen sei davon auszugehen, dass die Tätigkeit als Brandschutzbeauftragter auch im Vergleich mit anderen Tätigkeiten im Sinne des § 9 BLVG (siehe z.B. Schulbibliotheken) kein so kontinuierliches Ausmaß und entsprechende Dichte erreiche, dass mit einem Ausmaß von ca. zehn "Jahresstunden", eine gesonderte Einrechnung über das Schuljahr gesehen gerechtfertigt oder zulässig wäre.
Für die Bestellung eines Lehrers zum Brandschutzbeauftragten sei zusätzlich anzumerken, dass mangels einer dem § 10 Abs. 7 Bundesbediensteten-Schutzgesetz vergleichbaren Bestimmung, die normiere, dass der Sicherheitsvertrauensperson die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Zeit unter Anrechnung auf die Dienstzeit zur Verfügung zu stellen sei, eine Einrechnung in die Lehrverpflichtung auch in diesem Zusammenhang nicht zulässig sei.
Lediglich gegen Spruchpunkt 2. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Einrechnung einer Nebenleistung in die Lehrverpflichtung nach § 9 Abs. 3 BLVG durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie durch unrichtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 9 Abs. 3 Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz (BLVG) BGBl. Nr. 244/1965 idF BGBl. I Nr. 176/2004, lautet:
"§ 9. (3) Inwieweit Nebenleistungen, für die keine Vergütungen vorgesehen sind und die
1. vom Lehrer außerhalb der mit dem Unterricht verbundenen Pflichten erbracht werden und
2. durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erfasst sind,
in die Lehrverpflichtung eingerechnet werden, hat der zuständige Bundesminister entweder allgemein durch Verordnung oder im Einzelfall zu bestimmen. Maßgebend hiefür ist die aus der Nebenleistung erwachsende zusätzliche Belastung des Lehrers im Vergleich zu den in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes angeführten Leistungen."
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich die belangte Behörde zur Begründung der Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers als unzulässig stützte, besagt lediglich, dass ein Antrag auf gesonderte Feststellung der Einrechnung einer Nebenleistung unzulässig ist, wenn sich der Anspruch auf Einrechnung (unmittelbar) aus dem Gesetz (BLVG) bzw. einer Verordnung (Einrechnungsverordnung) ergibt, weil ein anderes Verfahren zur Verfügung steht, in dem diese Frage geklärt werden kann, nämlich das besoldungsrechtliche Verfahren betreffend die Feststellung der Gebührlichkeit der Mehrdienstleistung nach § 61 Abs. 1 GehG (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 2004, Zl. 2001/12/0135, oder vom 16. März 2005, Zl. 2001/12/0221).
Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Weder aus dem BLVG noch aus einer von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur als (nunmehr) zuständiger Bundesministerin erlassenen Verordnung ergibt sich für den Beschwerdeführer eine Einrechnung der Nebenleistung als Brandschutzbeauftragter in die Lehrverpflichtung (Anderes gilt für einen Lehrer an der Heeresversorgungsschule, vgl § 3 Abs. 3 der VO über die Lehrverpflichtung an der Heeresversorgungsschule, BGBl. II Nr. 591/2003). Der Beschwerdeführer hat auch keinen Feststellungsantrag gestellt, sondern vielmehr in seinem Antrag vom 4. April 2002 ersucht, die Tätigkeit als Brandschutzbeauftragter gemäß § 9 Abs. 3 BLVG in seine Lehrverpflichtung in entsprechender Höhe einzurechnen.
Im Beschwerdefall ist daher von der (nunmehr zuständigen) Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur für den hier vorliegenden Einzelfall zu bestimmen, inwieweit die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Brandschutzbeauftragter in die Lehrverpflichtung einzurechnen ist. Diese vom Beschwerdeführer zutreffend beantragte Einrechnung hätte mittels konstitutivem Bescheid erfolgen müssen. Erst bei Vorliegen eines solchen (positiven) Bescheides nach § 9 Abs. 3 BLVG könnte die Gebührlichkeit von Mehrdienstleistungen nach § 61 GehG abschließend beurteilt werden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 2004, Zl. 2001/12/0135, und das Erkenntnis vom 16. März 2005, Zl. 2004/12/0148).
Die belangte Behörde hätte daher unter Zurückweisung des Devolutionsantrages als erste und letzte Instanz konstitutiv über den Antrag des Beschwerdeführers auf Einrechnung seiner Tätigkeit als Brandschutzbeauftragter in die Lehrverpflichtung entscheiden müssen.
Dadurch dass die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers nicht inhaltlich behandelte, sondern mit Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers "im Devolutionsweg" vorging, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dass abweichend vom Spruch in der Begründung auch hypothetisch für eine inhaltliche Abweisung eine Begründung gefunden wurde, vermag nichts an den Umstand zu ändern, dass für den Beschwerdeführer verbindlich lediglich eine Zurückweisung erfolgte.
Zu der in der Folge zu treffenden inhaltlichen Entscheidung sei angemerkt, dass jede im Zusammenhang mit seiner schulischen Tätigkeit erbrachte Nebenleistung des Lehrers, die nicht schon nach den sonstigen Bestimmungen des BLVG erfasst ist, als solche im Sinne des § 9 Abs. 3 BLVG anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. März 1984, Zl. 82/09/0100). Für die Bestimmung, inwieweit Nebenleistungen in die Lehrverpflichtung einzurechnen sind, ist die aus der Nebenleistung erwachsende zusätzliche Belastung des Lehrers im Vergleich zu den in den Bestimmungen des BLVG angeführten Leistungen maßgebend (§ 9 Abs. 3 letzter Satz BLVG).
Damit hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, mit welchen Leistungen des Lehrers ein Vergleich anzustellen ist. Darunter fällt aber nicht die Vertretungstätigkeit im Sinne des § 61 Abs. 8 GehG.
Aus oben angeführten Erwägungen war der angefochtene Bescheid im Umfang seiner Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 3. Juli 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005120206.X00Im RIS seit
03.08.2008Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008