TE Vwgh Erkenntnis 2008/7/3 2007/12/0193

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Veröffentlicht am 03.07.2008
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art140 Abs5;
B-VG Art140 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der M S in I, vertreten durch Dr. Harald Burmann, Dr. Peter Wallnöfer und Dr. Roman Bacher, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Meraner Straße 1, gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck vom 28. Februar 2006, Zl. GSB-3331/2006, betreffend Versagung eines Todesfallbeitrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des am 4. November 2005 verstorbenen S S, der im Zeitpunkt seines Todes in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Landeshauptstadt Innsbruck stand.

Mit Eingabe vom 2. Jänner 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die Auszahlung eines Todesfallbeitrages.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 51 "Abs. 1" des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 in Verbindung mit § 2 lit. d sublit. ff des (Tiroler) Landesbeamtengesetzes 1998 fest, dass für die Beschwerdeführerin kein Anspruch auf einen Todesfallbeitrag bestehe. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach den im Spruch des angefochtenen Bescheides zitierten Bestimmungen sei § 42 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000, nach wie vor in Geltung. Demnach könne ein Anspruch auf Todesfallbeitrag nur nach dem Ableben eines Beamten des Dienststandes entstehen. Da der Verstorbene bereits am 31. Jänner 1990 aus dem Dienststand ausgeschieden sei, könne kein Todesfallbeitrag ausbezahlt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, aus deren Anlass dieser beschloss, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung des § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 einzuleiten. Mit Erkenntnis vom 24. September 2007, G 25/07, hob der Verfassungsgerichtshof § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970, LGBl. Nr. 44, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 3/2003, als verfassungswidrig auf. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2008 in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmung traten nicht wieder in Kraft.

     In den Gründen dieses Erkenntnisses führte der

Verfassungsgerichtshof tragend aus:

     "Die Landesregierung ist in ihrer Äußerung dem Bedenken des

Verfassungsgerichtshofes, die in Prüfung gezogene Bestimmung sei

im Hinblick auf das Erkenntnis VfSlg. 17.306/2004

gleichheitswidrig, nicht entgegen getreten. Im

Gesetzesprüfungsverfahren ist auch sonst nichts hervorgekommen,

was dieses Bedenken zerstreut hätte. Damit verstößt die im Spruch

genannte Bestimmung gegen den auch den Gesetzgeber bindenden

Gleichheitssatz (Art. 7 B-VG).

Ein Ausspruch gemäß Art. 140 Abs. 4 B-VG - wie er von der Tiroler Landesregierung angeregt wird - kommt hier deshalb nicht in Betracht, weil § 51 GemeindebeamtenG nach wie vor in Geltung steht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass § 2 lit. d LandesbeamtenG im Hinblick auf die 32. Landesbeamtengesetz-Novelle mit Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft trat und § 51 GemeindebeamtenG mit 1. Jänner 2007 im hier maßgeblichen Zusammenhang iS einer Verweisung auf § 62 LandesbeamtenG zu verstehen ist.

..."

Mit Beschluss vom selben Tag, B 547/06, lehnte der Verfassungsgerichtshof die an ihn gerichtete Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Im Hinblick auf das Ergebnis des dazu durchgeführten Gesetzesprüfungsverfahrens, das zu einer Aufhebung des § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 geführt habe, sei es - so die Begründung dieses Beschlusses im Wesentlichen - ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin durch den Bescheid wegen Anwendung der als verfassungswidrig aufgehobenen Gesetzesbestimmung nachteilig betroffen sein könne. Die Sache sei auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Dem gemäß sei beschlossen worden, von der Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten, ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, "als Hinterbliebene eines städtischen Beamten im Ruhestand einen Todesfallbeitrag zu erhalten bzw. auf Grund eines gesetzlosen Bescheides - sofern die Aufhebung des § 51 "Abs. 1" des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 vollumfänglich greift - festgestellt erhalten zu haben, dass kein Anspruch auf Todesfallbeitrag besteht". Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sieht die Beschwerdeführerin zusammengefasst darin, der Verfassungsgerichtshof habe die Bestimmung des § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 vor dem Hintergrund des Umstandes aufgehoben, dass diese Bestimmung auf Grund ihrer Verweisung einen Todesfallbeitrag nur dann vorsehe, wenn ein Beamter im Dienststand verstorben sei. Materiell sei daher die Wortfolge "Beamter im Dienststand" für den Anlassfall beseitigt worden. Es sei daher für den Anlassfall im Lichte der Begründung des Verfassungsgerichtshofes insbesondere zu den Erwägungen im Beschluss auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens vom 14. März 2007 die Bestimmung des § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 so zu lesen und anzuwenden, als würde sie nicht auf eine Bestimmung verweisen, die den Todesfallbeitrag nach dem Tod eines Beamten nur dann vorsehe, wenn dieser im Dienststand versterbe, sondern auch, wenn er im Ruhestand sohin schlichtweg versterbe. Es werde daher dem Antrag auf Zuerkennung eines Todesfallbeitrages in diesem Anlassfall statt zu geben sein. Es wäre ein unerträgliches Verständnis der Aufhebung der betreffenden Gesetzesbestimmung, wenn in diesem Anlass die "Ergreiferprämie" darin bestehen sollte, dass auf Grund der Aufhebung der Verweisungsnorm des § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 der Beschwerdeführerin wegen Wegfalles des Grundtatbestandes überhaupt keine Ansprüche auf Todesfallbeitrag zustehen würden. Diesfalls wäre aber der angefochtene Bescheid zumindest deshalb zu beheben, weil er völlig rechtswidrig, nämlich gesetzlos, ergangen wäre, da der Spruch des Bescheides vom 28. Februar 2006 vor dem Hintergrund der Aufhebung der Bestimmung des § 51 Abs. 1 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 durch den Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Anlassfall ja dann überhaupt nicht mehr zur Anwendung käme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970, LGBl. Nr. 44, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 3/2003, lautete:

"§ 51

Allgemeines

Für die Pensionsansprüche und die Ansprüche auf Nebengebührenzulagen der Beamten, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen gelten, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften für Landesbeamte sinngemäß mit der Maßgabe, dass die Erlassung der Verordnung hinsichtlich der Festsetzung des Anpassungsfaktors nach § 2 lit. d Z. 1 sublit. kk bzw. nach § 60 Abs. 4 lit. a des Landesbeamtengesetzes 1998 und des Wertausgleiches nach § 2 lit. d Z. 1 sublit. ll bzw. nach § 60 Abs. 4 lit. b des Landesbeamtengesetzes 1998 dem Gemeinderat obliegt."

Nach § 2 lit. d sublit. ff des Tiroler Landesbeamtengesetzes 1998, LGBl. Nr. 65, in der Fassung vor der 32. Landesbeamtengesetz-Novelle, LGBl. Nr. 4/2003, fand auf das Dienstverhältnis der Landesbeamten (des Landes Tirol) u.a. § 42 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung des Budgetbegleitgesetztes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, Anwendung (§ 2 lit. d des Tiroler Landesbeamtengesetzes 1998 galt - wie sich aus Art. III und Art. IX Abs. 8 der 32. LBG-Novelle ergibt - bis zum Ablauf des 31. Dezember 2006 und damit auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides).

§ 42 Abs. 1 leg. cit. sah in seinem Tatbestand als Vorraussetzung für einen Anspruch auf Todesfallbeitrag vor, dass ein Beamter des Dienststandes stirbt.

Die Aufhebung der Bestimmung des § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 durch den Verfassungsgerichtshof wurde vom Landeshauptmann von Tirol mit LGBl. Nr. 66/2007, kundgemacht.

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, so sind nach Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit der Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit der Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

Die "Begünstigung des Anlassfalles" kann dann zum unabwendbaren Nachteil werden, wenn die aufgehobene Regelung anspruchsbegründend war. Sie ist nach ihrer Aufhebung im Anlassfall nicht mehr anzuwenden, was zum Verlust eines Anspruches führen kann. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht befugt, die Anwendbarkeit auf den Anlassfall herbeizuführen (vgl. Mayer, B-VG4, Anm. V.6. zu Art. 140 B-VG mwN).

Zufolge Art. 140 Abs. 7 B-VG ist die Verweisungsnorm des § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 im Beschwerdefall nicht mehr anwendbar. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin beseitigte der Verfassungsgerichtshof in seinem genannten Erkenntnis vom 24. September 2007 nicht bloß eine - im § 51 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 gar nicht enthalten gewesene - Wortfolge "Beamter im Dienststand", sondern die genannte Bestimmung zur Gänze, sodass den in § 51 leg. cit. angesprochenen "entsprechenden gesetzlichen Vorschriften für Landesbeamte" (des Landes Tirol) im Beschwerdefall keine Geltung mehr zukommt.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage konnte der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführerin daher nicht mehr in einem Recht auf einen Todesfallbeitrag verletzen. In dem weiteren von ihr geltend gemachten Recht, festgestellt erhalten zu haben, dass kein Anspruch auf Todesfallbeitrag bestehe, konnte der Bescheid die Beschwerdeführerin schon deshalb nicht verletzen, weil der angefochtene Bescheid die begehrte Feststellung trifft. Das entspricht der im Beschwerdefall geltenden Rechtslage. Dass die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dem Gesetz entspricht, verletzt die Beschwerdeführerin nicht in einem zur Aufhebung führenden subjektiven Recht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 3. Juli 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007120193.X00

Im RIS seit

03.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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