TE Vwgh Erkenntnis 2008/7/3 2005/18/0116

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2008
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde 1. der V Z, geboren am 1. Juli 1980, und 2. des mj. L Z, geboren am 2. April 2003, beide in Linz, und vertreten durch Mag. Alexander Loidl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hauptplatz 21, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 15. Dezember 2004, Zlen. St 264 a/04 und St 264 b/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 15. Dezember 2004 wurden die Beschwerdeführer, Staatsangehörige von Serbien und Montenegro, gemäß §§ 31, 33 (Abs. 1) und 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin sei am 18. Juni 2002 illegal, unter Umgehung der Grenzkontrolle, mit Hilfe eines Schleppers in Österreich eingereist. Am 2. April 2003 habe sie den Zweitbeschwerdeführer zur Welt gebracht und am 24. Mai 2003 Enver Z., den Vater des Zweitbeschwerdeführers, geheiratet.

Der Asylantrag der Erstbeschwerdeführerin sei seit 17. Juli 2003 und der des Zweitbeschwerdeführers seit 18. August 2003 rechtskräftig negativ entschieden. Die Erstbeschwerdeführerin sei nicht im Besitz von Reisepässen oder fremdenrechtlichen Bewilligungen, die sie oder den Zweitbeschwerdeführer zum Aufenthalt in Österreich berechtigen würden, und die Beschwerdeführer hielten sich demnach nicht rechtmäßig in Österreich auf.

Mit Schreiben vom 2. September 2003 habe die Erstbeschwerdeführerin die Erteilung von humanitären Aufenthaltsbewilligungen angeregt, dem sei jedoch vom Bundesminister für Inneres keine Zustimmung erteilt worden. Der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Eferding, das Bundesgebiet zu verlassen, seien die Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

In ihrer Stellungnahme vom 7. September 2004 habe die Erstbeschwerdeführerin vorgebracht, dass ihr Ehegatte Enver Z. seit vielen Jahren in Österreich lebte und berufstätig wäre, sodass ihr Lebensunterhalt gesichert wäre.

In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid hätten die Beschwerdeführer vorgebracht, dass der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin alle Voraussetzungen für eine weitere Niederlassungsbewilligung erfüllte. Diese hielte sich nunmehr seit zwei Jahren in Österreich auf. Ihr Ehegatte lebte mit Unterbrechung (von 1998 bis 2001) bereits seit 1995 in Österreich. Er wäre berufstätig, und es bestünde durch ihn auch Versicherungsschutz. Der Zweitbeschwerdeführer wäre in Österreich geboren, und es befände sich der Lebensmittelpunkt der Familie in Österreich. Die Erstbeschwerdeführerin und ihr Ehegatte wären unbescholten. Ihre Familienstruktur im Kosovo wäre durch die Kriegswirren und die nach wie vor vorhandenen Unruhen völlig zerstört, und es hätten die Beschwerdeführer im Kosovo weder Unterkunft noch eine familiäre Unterstützung. Die Erstbeschwerdeführerin und ihr Mann hätten in Österreich eine neue Existenz gegründet, wären soziale Bindungen eingegangen und hätten ein Netz von Bekanntschaften und Freundschaften geknüpft, sodass mit der Erlassung einer Ausweisung ein Verstoß gemäß Art. 8 EMRK gegeben wäre.

Nach Hinweis auf die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter begründend aus, dass sich die Beschwerdeführer seit dem rechtskräftig negativen Abschluss ihrer Asylverfahren (seit 7. Juli 2003 bzw. 18. August 2003) rechtswidrig im Bundesgebiet aufhielten, weil ihnen seither weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei.

Angesichts der von den Beschwerdeführern in ihrer Berufung ins Treffen geführten Integration werde durch die Ausweisung in nicht unbedeutender Form in ihr Privat- und Familienleben eingegriffen, zumal die Erstbeschwerdeführerin am 24. Mai 2003 Enver Z. geheiratet habe, dieser mit einer Unterbrechung (von 1998 bis 2001) bereits seit 1995 in Österreich aufhältig sei sowie durch sein Einkommen der Lebensunterhalt der Beschwerdeführer und deren Versicherungsschutz gedeckt seien. Diesen privaten und familiären Interessen sei jedoch das massive öffentliche Interesse an der Einhaltung der einreise- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen entgegenzustellen. Die Beschwerdeführer hielten sich seit mehreren Monaten illegal in Österreich auf, und bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Die Ausweisung sei demnach gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begäben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen, oder wenn Fremde nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache habe auch von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht werden müssen.

Das Vergehen der Schlepperei gehöre zu den schwerwiegendsten Verwaltungsübertretungen (bzw. gerichtlich strafbaren Handlungen), und es würde demnach geradezu einer Förderung des Schlepperunwissens gleichkommen, würde man der Erstbeschwerdeführerin den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet gestatten.

Da die Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin als wahr unterstellt würden, habe keine Veranlassung bestanden, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen bzw. den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin und Gernot G. einzuvernehmen. Von der Aufnahme weiterer Beweise sei Abstand genommen worden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausreichend ermittelt worden sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen, dass die Asylanträge der Beschwerdeführer rechtskräftig negativ entschieden seien und diese über keinen Einreisetitel oder Aufenthaltstitel verfügten, begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. In den Erkenntnissen vom 18. Mai 2006, Zlen. 2006/18/0034 bis 0036, und 22. April 2008, Zlen. 2005/18/0153, 0154, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit von derselben belangten Behörde getroffenen Ermessensentscheidungen befasst, die Begründungen aufweisen, die der Begründung des vorliegend bekämpften Bescheides im Wesentlichen gleichen, und hat diese Begründungen als unzureichend qualifiziert. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse verwiesen.

3. Demzufolge war auch der vorliegend angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordndung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. Juli 2008

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Ermessen Ermessen VwRallg8 Ermessen Begründung von Ermessensentscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005180116.X00

Im RIS seit

05.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten