TE Vfgh Erkenntnis 2003/9/22 B1211/01

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Veröffentlicht am 22.09.2003
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7200 Beschaffung, Vergabe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art133 Z4
Wr LandesvergabeG §45

Leitsatz

Keine willkürliche Abweisung des Antrags auf Nachprüfung eines Vergabeverfahrens hinsichtlich der Frage der Ausscheidung der Bestbieterin aufgrund eines nicht plausiblen Unterpreises im Angebot; denkmögliche Annahme der Plausibilität der Kalkulation hinsichtlich einzelner Preiskomponenten

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist schuldig, der mitbeteiligten Partei Wiener Linien GmbH & Co KG die mit € 1.635,-- sowie der mitbeteiligten Partei Österreichische Postbus AG die mit € 1.962,-- bezifferten Prozesskosten zu Handen ihrer Rechtsvertreter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Die Auftraggeberin Wiener Linien GmbH & Co KG hat ein - EU-weit bekannt gemachtes - Verhandlungsverfahren über die "Vergabe der Betriebsführung der Autobuslinie 80A" durchgeführt, dessen Auftragswert mit etwa 13 Mio. ATS beziffert wurde. Als Zuschlagskriterien wurden der Preis des Kilometergeldes (200 Punkte), die Geschwindigkeit zur Bereitstellung eines Reservebusses (2 Punkte), die Übererfüllung der Abgaswerte II (2 Punkte), die Zusatzausstattung "Kneeling" (2 Punkte), die Zusatzausstattung "Klapprampe" (2 Punkte), das Vorhandensein einer Haltestellenansage mittels Sprachspeicher (1 Punkt) sowie das Kriterium Fahrscheinentwerter (1 Punkt) festgelegt. Als diesen Kriterien bestentsprechendes Angebot wurde jenes der Österreichischen Postbus AG evaluiert; das Angebot der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde an die zweite Stelle gereiht.

b) Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2001 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft beim Vergabekontrollsenat Wien (VKS) die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens mit dem Begehren, u.a. die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären. Außerdem wurde die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2001 wurden die auf die Nichtigerklärung von Entscheidungen der Auftraggeberin abzielenden Anträge abgewiesen. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde zurückgewiesen.

2. a) Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der beschwerdeführenden Gesellschaft in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides seinem gesamten Umfang nach beantragt wird.

b) Der VKS hat die Verwaltungsakten vorgelegt sowie eine Gegenschrift erstattet, in der er den Beschwerdeausführungen entgegentritt und beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Die dem Verfahren beigezogenen mitbeteiligten Parteien (Auftraggeberin und evaluierte Bestbieterin) haben jeweils Äußerungen erstattet, in denen sie ebenfalls den Beschwerdebehauptungen entgegentreten und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehren.

Im Verfahrensverlauf wurde sowohl seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft als auch seitens der mitbeteiligten Österreichische Postbus AG wechselseitig auf Äußerungen repliziert.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat in ihrem Nachprüfungsantrag vorgebracht, dass das Angebot der Bestbieterin auszuscheiden gewesen wäre, da es einen nicht plausiblen Unterpreis enthalten habe. Dieser Behauptung ist der VKS im angefochtenen Bescheid nicht gefolgt. Er begründet dies wie folgt:

"Ausschlaggebendes Kriterium für die Zuschlagsentscheidung war der Preis des Kilometergeldes, der mit 200 Punkten bewertet wurde. Damit war gegenständlich vor allem zu prüfen, ob das für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Unternehmen einen plausiblen Gesamtpreis angeboten hat oder ob es sich dabei um einen unzulässigen Unterpreis handelt. Ein solcher wird von der Antragstellerin vor allem deshalb vermutet, weil die Postbus AG eine entsprechende Kalkulation der Kosten für Reservelenker, Ausbildungs- und Administrationskosten nicht [aus]gewiesen habe.

Nach §16 Abs1 WLVergG hat die Auftragsvergabe entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs an befugte Auftragnehmer zu angemessenen und auch der Marktlage entsprechenden Preisen zu erfolgen. Unstrittig hat ein freier und lauterer Wettbewerb stattgefunden. Bei Prüfung der Angebote ist gemäß §44 Abs5 WLVergG die Angemessenheit der Preise in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten und sonst vorliegenden Unterlagen auszugehen. Ergeben sich bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise Zweifel, ist Aufklärung zu verlangen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Angebot der Postbus AG um lediglich 6,7 % unterhalb des Angebotes der Antragstellerin liegt. Obwohl im Hinblick auf diese relativ geringfügige Differenz nicht von vornherein von einem 'unterpreisigen' Angebot ausgegangen werden konnte, hat die Antragsgegnerin zutreffend eine vertiefte Angebotsprüfung nach §45 WLVergG in die Wege geleitet. Im Zuge dieser vertieften Angebotsprüfung hat sie auch Aufklärung von der Postbus AG verlangt und erhalten. Insbesondere ist es dem für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmen gelungen nachvollziehbar und plausibel darzustellen, dass es sich bei ihrer Kostenkalkulation um eine Vollkostenkalkulation handelt, in der alle Kosten, wie zum Beispiel Steh- und Rüstzeiten, Kosten des Reservepersonals, der Reservebusse, Ausbildungskosten, Administrationskosten und Gewinn, enthalten sind. Auch der Hinweis darauf, dass es der Postbus AG möglich sei, Synergien, die mit dem Betrieb einer Vielzahl von Autobusregionallinien möglich sei[en], zu nutzen, ist nachvollziehbar, so insbesondere der Hinweis darauf, dass wegen der Nähe des Betriebsortes der Postbus AG zur ausgeschriebenen Regionallinie (700 m neben der Abfahrtsstätte der Linie 80 A) im Reservefall sowohl Reserven an Material als auch an Personal innerhalb kürzester Zeit gestellt werden können.

Letztlich kann der Ansicht der Antragstellerin nicht gefolgt werden, dass die in den Ausschreibungsunterlagen im Punkte 8.08 (Kalkulationsgrundlagen des angebotenen Wagenkilometerpreises) angeführte[n] Ansätze jeweils auch anzubieten gewesen wären, widrigenfalls es zu einer Ausscheidung des Angebotes kommen müsste. Derartiges kann aus den Ausschreibungsbedingungen jedoch nach Ansicht des Vergabekontrollsenates nicht herausgelesen werden. Nach Ansicht des Vergabekontrollsenates werden in dem von der Antragsstellerin angeführten Punkt 8.08 der Beilage (Kalkulationsgrundlagen des angebotenen Wagenkilometerpreises) lediglich Ansätze für jene Faktoren gegeben, die bei der Kalkulation berücksichtigt werden sollten, ohne dass [es] sich dabei um eine taxative Aufzählung handeln würde. Es sollte damit offenbar nur die Kalkulation der Bieter erleichtert und ihnen Anhaltspunkte dafür gegeben werden, welche Kostenfaktoren zu berücksichtigen wären.

Aus Punkt 7 der Leistungsbeschreibung, der Vertragsdauer und Entgelt regelt, setzt sich das Entgelt aus den Fahrerlohnkosten, laufleistungsabhängigen Kosten, Treibstoffkosten und Bereitstellungskosten für die eingesetzten Fahrzeuge zusammen. Diese Komponenten werden insoweit unterschiedlich behandelt, als etwa die Komponente Busbereitstellungskosten keiner Wertanpassung unterliegt. Wesentlich ist, dass nach Punkt 7 ein Entgelt ausschließlich in Form dieses Kilometersatzes geleistet wird. Eine Abgeltung von in diesen Komponenten nicht enthaltenen und nicht eingerechneten Kostenbestandteilen der Bieter erfolgt also nicht. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich klar und eindeutig, dass der hier relevante Satz keinen Zwang normiert, die genannten Kostenbestandteile in den Wagenkilometerpreis (in einer bestimmten Höhe oder überhaupt) einzurechnen. Dieser Satz bedeutet lediglich, dass Kostenbestandteile, die nicht in den Wagenkilometerpreis (bzw. einer seiner drei Komponenten) eingerechnet worden sind, im Falle der Auftragserteilung nicht gesondert [abge]golten werden. Damit ist in der Ausschreibung eindeutig festgelegt, dass keine gesonderten Ansätze zur Verrechnung gelangen können. Diese Formulierung hindert jedoch nicht, einige der genannten Kosten mit '0' anzusetzen, ohne dass deshalb eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises vorläge.

Die Ergebnisse der von der Antragsgegnerin durchgeführten vertieften Angebotsprüfung sind nachvollziehbar. Aus ihnen lässt sich die Zusammensetzung des Gesamtpreises plausibel erklären, sodass die Antragsgegnerin zutreffend zum Ergebnis gekommen ist, beim Angebot des für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmens handle es sich nicht um einen unzulässigen Gesamtpreis. Ein Grund für eine Ausscheidung des Angebotes der Postbus AG im Sinne des §47 Z3 (Angebote, die eine, gegebenenfalls durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte, nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweisen) liegt daher nicht vor. Der Nachweis der plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises sowie einer betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechenden Kalkulation wurde von der Postbus AG erbracht. Die von ihr gegebenen Erklärungen für das Fehlen einzelner Komponenten (Reservelenker, Administrationskosten) vermögen zu überzeugen."

Auch dem Argument der antragstellenden Gesellschaft, dass die Bestbieterin Subventionsempfängerin sei und dieser Umstand bei der vertieften Angebotsprüfung insofern Berücksichtigung hätte finden müssen, als im Falle der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Beihilfengewährung eine solche jederzeit zurückgezahlt hätte werden müssen und dies bei der Preisbewertung beachtlich gewesen wäre, ist der VKS nicht näher getreten: Die antragstellende Gesellschaft hätte es nicht nur unterlassen, substantiiert darzulegen, dass und aus welchem Titel die Bestbieterin Subventionen erhalten habe, auch in den Vergabeakten würden sich für eine solche Annahme keine Anhaltspunkte finden.

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft wirft dem VKS vor, im Nachprüfungsverfahren zahlreiche gravierende, in die Verfassungssphäre reichenden Fehler begangen zu haben, die in ihrer Gesamtheit jedenfalls den Vorwurf der Willkür begründen würden:

Der VKS habe bei der (entscheidungswesentlichen) Frage, ob die Bestbieterin ihr Angebot zu Vollkosten kalkuliert habe, jede Ermittlungstätigkeit unterlassen und sei leichtfertig vom Inhalt der Akten abgegangen. Die Behörde habe sich über das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinweg gesetzt, ohne auf das diesbezüglich substantiierte Vorbringen einzugehen. Beim von der evaluierten Bestbieterin gelegten Angebot habe es sich um ein unterpreisiges - und sohin unter Verletzung des dem Wiener Landesvergabegesetz (WLVergG) immanenten Wettbewerbsgrundsatzes gelegtes - Angebot gehandelt, was der VKS aber schlechthin ignoriert habe: Dem Wettbewerbsgrundsatz würde es widersprechen, wenn unwirtschaftlich geführte Betriebe mit einem hohen Fixkostenanteil, wie jener der Bestbieterin, regelmäßig einen bedeutenden Teil ihrer Kosten nicht ansetzen müssten, weil sie diesen unabhängig vom jeweiligen Auftrag ohnehin zu tragen hätten.

Ein Bieter, der "eine staatliche Beihilfe" empfangen habe, müsse den Beweis erbringen, ob die Beihilfe gemeinschaftsrechtlich notifiziert sei. Bieter, die ungewöhnlich niedrige Angebote aufgrund nicht notifizierter oder genehmigter staatlicher Beihilfen abgeben würden, seien auszuscheiden. Indem der VKS dies verkannt habe, habe er seinen Bescheid mit Gesetzlosigkeit und damit Verfassungswidrigkeit belastet.

3. a) In seiner Gegenschrift tritt der VKS diesen Behauptungen entgegen:

"Prima facie bestand gegen [die] Beurteilung des Auftraggebers schon deshalb kein Einwand, da das Angebot der Österreichischen Postbus AG um lediglich 6,7 % (!) unterhalb des Angebotes der Beschwerdeführerin lag.

Daher sind die Beschwerdeausführungen [...] schon im Ansatz verfehlt, zumal ein zwingendes Ausscheiden wegen Preisen, die nicht unter Zugrundelegung einer Vollkostenkalkulation erstellt wurden, gemeinschaftsrechtswidrig wäre (vgl. Art37 Dienstleistungsrichtlinie).

Die Beschwerdeausführungen sind daher nicht geeignet, die Unrichtigkeit der Beurteilung der belangten Behörde darzutun, dass kein Ausscheidungstatbestand im Sinne des §47 Z3 leg. cit. gegeben war.

Unabhängig davon hat die belangte Behörde aus den auf S. 6 und 7 des angefochtenen Bescheides angeführten Gründen bejaht, dass die Österreichische Postbus AG eine plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises dargelegt hat. Wenn bei einer Vollkostenkalkulation bestimmte Positionen mit Null angeführt werden, ändert dies nichts daran, dass die mitbeteiligte Österreichische Postbus AG eine solche vorgelegt und der Auftraggeber sie geprüft hat.

Darüber hinaus lag im Nachprüfungsverfahren ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei [...] vom 25. Mai 2001 vor, aus de[m] die Kostenkalkulation detailliert ersichtlich war, sodass auch dadurch die Plausibilität des Gesamtpreises nachgewiesen war.

Der Verweis auf die angeblich unterlassene Trennungsrechnung des Mitbeteiligten geht ebenfalls ins Leere, da die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen hat, dass nach dem WLVergG bzw. de[n] Vergaberichtlinien der EU der Auftraggeber diese Frage zu prüfen hätte bzw. einen Ausscheidungsgrund darstellt. Nicht einmal in der Beschwerde wird ein solcher Nachweis geführt."

Im vorliegenden Fall hätte es sich - so die belangte Behörde weiter - nicht um einen ungewöhnlich niedrigen Preis gehandelt. Auch die Ausführungen der beschwerdeführenden Gesellschaft über eine angeblich zuerkannte Subvention an die Bestbieterin würden sich als ins Leere gehend erweisen.

b) Die auftraggebende Gesellschaft trat den Beschwerdebehauptungen ebenso eingehend entgegen wie die evaluierte Bestbieterin.

4. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.337/1985, 11.436/1987).

b) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof im Rahmen des von ihm wahrzunehmenden Prüfungsmaßstabs nicht zu beurteilen hat, ob die Entscheidung des VKS im Einzelnen rechtsrichtig ist; seine Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, zu untersuchen, ob der belangten Behörde bei ihrer rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Vergabesachverhalts ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler anzulasten ist.

Ein solcher Vorwurf kann auf Basis des Beschwerdevorbringens aber nicht erhoben werden. Im zugrunde liegenden Vergabe- und anschließenden Nachprüfungsverfahren war strittig, ob das Angebot der evaluierten Bestbieterin wegen nicht plausibler Preisgestaltung auszuscheiden gewesen wäre; diesbezüglich ist auf §45 WLVergG zu verweisen, der die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung dann verlangt, wenn ein für den Zuschlag in Frage kommendes Angebot einen auf Grund von Erfahrungswerten zu hohen oder zu niedrigen Gesamtpreis oder zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in den wesentlichen Positionen aufweist. Ein Ausscheiden des Angebots eines solchen Bieters hat zu erfolgen, wenn sich bei dieser Prüfung die Kalkulation des Angebots als betriebswirtschaftlich nicht erklärbar ("nicht plausibel") erweist. Die wesentlichen Entscheidungsgründe des angefochtenen Bescheides erweisen im Zusammenhalt mit den Bezug habenden Verwaltungs- und Vergabeverfahrensakten, dass der belangten Behörde der Vorwurf der Willkür nicht gemacht werden kann, (nur) weil sie das Ergebnis der durchgeführten vertieften Angebotsprüfung als rechtskonform gewertet hat: Die Entscheidung des VKS, das Begehren der beschwerdeführenden Gesellschaft abzuweisen, ist vielmehr im Hinblick auf den dokumentierten Vergabeverfahrensablauf und die maßgeblichen Bestimmungen des WLVergG plausibel und in Willkür vermeidender Weise begründet: Die Vergabeakten erweisen, dass sich der Auftraggeber der Problematik der Frage der (Vollkosten-)Kalkulation des Angebots der evaluierten Bestbieterin bewusst war, wovon nicht zuletzt zahlreiche im Vergabeakt erliegende Schriftstücke bzw. Schriftwechsel (auch Einholung rechtlicher Expertisen seitens der Auftraggeberin) zur Aufklärung einzelner Positionsansätze in der Preiskalkulation zeugen. Der Vorwurf, die Auftraggeberin hätte die Frage der Plausibilität der Zusammensetzung des Angebotspreises der Bestbieterin nicht einer eingehenden kritischen Beurteilung unterzogen, kann angesichts dessen und in Anbetracht des Umstandes, dass das erfolgreiche Angebot bloß um 6,7 % vom Angebotspreis des zweitgereihten Bieters abweicht (- die Auftraggeberin zur Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung also nicht einmal zwingend verpflichtet war - vgl. Gölles, Preisangemessenheit bei öffentlichen Aufträgen, wbl 2000, 399), nicht erhoben werden. Auf Basis des Prüfungsergebnisses und den von der Bestbieterin abgegebenen Erläuterungen kann verfassungsrechtlich unbedenklich die Auffassung vertreten werden, dass sich einzelne Preiskomponenten auf spezifische innerbetriebliche Gegebenheiten (hoher Fixkostenanteil, Nähe des Betriebsstandortes zum Ort der Leistungserbringung etc.) zurückführen und somit plausibel erklären lassen.

Die Frage, ob die Entscheidung des Auftraggebers, die geleistete Aufklärung der Preisgestaltung durch den Bieter zu akzeptieren, und ob deren anschließende Beurteilung durch den VKS im Nachprüfungsverfahren allen materiell-vergaberechtlichen Anforderungen Rechnung trägt, obliegt dem Verfassungsgerichtshof auch dann nicht zur Beantwortung, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10.565/1985, 10.659/1985, 12.697/1991). Lediglich einfachgesetzliche Fragen wirft auch der - sowohl im Nachprüfungs- als auch im Beschwerdeverfahren unsubstantiiert gebliebene, von der Bestbieterin aber bestrittene - Vorwurf auf, die Bestbieterin habe eine gemeinschaftsrechtlich nicht notifizierte - und sohin gemeinschaftsrechtswidrige - Beihilfe erhalten. (Vgl. im Übrigen aber erst jüngst EuGH 24.7.2003, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, wonach öffentliche Zuschüsse im sog. Personennahverkehr keiner Notifikationspflicht unterliegen, wenn Leistungen auf Grund "gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen" erfolgen; zur Frage der Behandlung von Subventionsempfängern im Vergaberecht vgl. ferner EuGH 7.12.2000, Rs. C-94/99, ARGE Gewässerschutz.)

Eine Verletzung der beschwerdeführenden Gesellschaft in von ihr geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten hat daher nicht stattgefunden. Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, dass die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen.

5. Der Kostenzuspruch an die beteiligten Parteien beruht auf §88 VfGG. In den an die Österreichische Postbus AG zugesprochenen Kosten ist die zum Ersatz begehrte Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,-- enthalten.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

EU-Recht, Vergabewesen, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B1211.2001

Dokumentnummer

JFT_09969078_01B01211_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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