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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der G W in Engen, Deutschland, vertreten durch Mag. Ulrich Bernhard, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Deuringstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 8. April 2008, Zl. UVS-1-543/E2-2007, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 2008 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe am 18. März 2007 um 20.15 Uhr an einem näher umschriebenen Ort ein Fahrzeug mit einem näher bezeichneten Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am Alkomaten habe einen Alkoholgehalt von 0,47 mg/l ergeben; sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses werde der Tatort mit "....in R., Höhe Zufahrt zum Haus W.-straße 79" umschrieben. "Höhe Zufahrt" bedeute nach allgemeinem Sprachgebrauch aber nicht "auf der Zufahrt". Aus dieser Angabe im Spruch sei nicht zu erkennen, auf welcher Verkehrsfläche die Tat begangen worden sei. Die belangte Behörde habe den Tatort nicht hinreichend umschrieben, bei einer Verurteilung nach § 5 Abs. 1 StVO müsse die befahrene Verkehrsfläche im Spruch genannt werden, um nachvollziehbar zu machen, dass es sich beim Tatort überhaupt um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle.
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu bezeichnen. Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davon zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 1521 unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1984, VwSlg. 11.466/A).
Im gegenständlichen Fall steht für den Tatort keine Ortsbezeichnung im eigentlichen Sinn zur Verfügung. Im Bescheidspruch hat die Behörde daher den Tatort "Höhe Zufahrt" noch durch Verwendung der Straßenbezeichnung und der Hausnummer des am Ende dieser Zufahrt gelegenen Hauses näher beschrieben. Da die Begründung eines Bescheides zur Auslegung des Bescheidspruches herangezogen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. April 1988, Zl. 87/07/0176), ergibt sich aus den insoweit als nähere Erklärung dienenden Feststellungen des angefochtenen Bescheides, dass der Ort, an dem die Beschwerdeführerin die Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen hat, zweifellos die Zufahrtsstraße zum Haus W.-Straße 79 war, die von jedermann bis zur Schranke bei dem genannten Haus - die Beschwerdeführerin wurde vor dieser Schranke polizeilich kontrolliert - benutzt werden kann.
Von einer unzureichenden "Konkretisierung" des Tatortes kann daher keine Rede sein: Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. November 1995, Zl. 95/02/0378, mwN, gleichfalls eine Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO betreffend), dass die Konkretisierung der Tat im Sinne des § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses dazu dient, den Bestraften davor zu schützen, wegen ein und derselben Tat mehrfach bestraft zu werden. Die Beschwerdeführerin vermag nicht darzutun, dass sie wegen der gegenständlichen Fassung des Spruches der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre, zumal die Konkretisierung des Tatortes in Verbindung mit der Tatzeitangabe zu betrachten ist (vgl. wiederum das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. November 1995 mwN). Insoweit ist die Tatortangabe im Zusammenhang mit der Tatzeitangabe durchaus ausreichend, die Beschwerdeführerin vor einer Doppelbestrafung zu schützen. Die Beschwerdeführerin wurde durch diese Tatort- und Tatzeitangaben auch nicht gehindert, im Verfahren Sachdienliches zu ihrer Verteidigung vorzubringen; dies wird in der Beschwerde - zu Recht -
auch nicht behauptet.
Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass die Rechtmäßigkeit ihrer Bestrafung zur Voraussetzung hatte, dass die ihr angelastete Tat auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO begangen wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 1985, Zl. 84/02/0296). Der Umstand, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides ein ausdrücklicher Hinweis darauf fehlt, dass es sich bei der angeführten Zufahrt um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, macht aber den angefochtenen Bescheid noch nicht rechtswidrig. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist dies kein Tatbestandsmerkmal des § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 1 StVO und daher zur Konkretisierung der Tat im Sinne des § 44a Z. 1 VStG nicht in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmen. Es genügte im gegebenen Zusammenhang bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z. 1 VStG die Bezeichnung des Tatortes, die eine rechtliche Wertung, ob dieser als eine Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen ist, ermöglicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1990, Zl. 89/02/0218).
Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benutzt werden können. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/03/0308) kann eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, d. h. also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht. Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind. Derartige Benützungseinschränkungen sind im Beschwerdefall nicht gegeben, sodass der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie in Ansehung des Tatortes vom Vorliegen einer Straße mit öffentlichem Verkehr ausgegangen ist.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 4. Juli 2008
Schlagworte
Straße mit öffentlichem Verkehr "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort Geltungsbereich des StVO §5 Abs1 "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008020131.X00Im RIS seit
23.07.2008Zuletzt aktualisiert am
05.11.2008