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L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;Norm
BAO §101;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des H in H, vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Am Hof 13, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. April 2005, Zl. Gem- 524449/4-2005-Ww/Shz, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Hagenberg im Mühlkreis in 4232 Hagenberg im Mühlkreis, Kirchenplatz 5a), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem an den Beschwerdeführer und dessen Ehefrau gerichteten Bescheid vom 15. September 1999 setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde aus Anlass des Neubaus eines Einfamilienhauses die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr mit S 22.250,-- (EUR 1.646,97) einschließlich Umsatzsteuer fest. Die Erledigung enthielt den Hinweis, dass mit der Zustellung an eine der im Bescheid genannten Personen die Zustellung gemäß § 77 Abs. 3 Oö LAO an alle als vollzogen gelte.
Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau erhoben dagegen Berufung.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde setzte mit der an den Beschwerdeführer und seine Ehefrau adressierten Berufungsentscheidung vom 14. Oktober 2004 die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr auf EUR 1.486,48 (einschließlich 10 % USt) herab.
Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau erhoben dagegen jeweils Vorstellung und führten darin aus, dass der Beschwerdeführer Alleineigentümer der gegenständlichen Liegenschaft sei. Überdies sei die Abgabenschuld verjährt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, nach § 77 Abs. 1 Oö LAO 1996 gelte mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen werde. Der Bescheid des Bürgermeisters vom 15. September 1999 habe einen Zustellhinweis nach § 77 Abs. 1 Oö LAO 1996 enthalten, nicht aber der Bescheid des Gemeinderates vom 14. Oktober 2004. Der letztgenannte Bescheid sei am 22. Oktober 2004 hinterlegt und von der Ehefrau des Beschwerdeführers behoben worden (die am Postamt unterfertigte Übernahmebestätigung weise ihre Unterschrift auf). Mangels Zustellhinweises sei daher der Bescheid des Gemeinderates nur ihr wirksam zugestellt worden. Der Bescheid habe dem Beschwerdeführer gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Da unstrittig sei, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers weder Alleineigentümerin noch Miteigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft sei, sei ihrer Vorstellung Folge gegeben und der ihr gegenüber wirksam zugestellte Bescheid des Gemeinderates aufgehoben worden. Der Gemeinderat werde sich daher neuerlich mit den Berufungen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau befassen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet, welche dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und haben diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekannt gegeben, gilt nach § 77 Abs. 1 Oö LAO mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.
Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustellG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist nach § 17 Abs. 1 ZustellG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 5/2008 das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Nach Abs. 2 leg. cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die hinterlegte Sendung ist nach Abs. 3 leg. cit. mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten - außer im Falle der Ortsabwesenheit - mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.
Aus dem Parteienvorbringen und den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass der an den Beschwerdeführer und dessen Ehefrau gerichtete Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. Oktober 2004 keinen Hinweis auf § 77 Abs. 1 Oö LAO aufwies. Zur wirksamen Erlassung dieses Bescheides durch Zustellung an den Beschwerdeführer und seine Ehefrau wäre es daher erforderlich gewesen, abweichend von seiner materiellen Adressierung an beide Ehegatten die Zustellung je einer Ausfertigung an jeden von ihnen zu verfügen und durchzuführen. Da eine einzige Ausfertigung eines Bescheides nicht für zwei Adressaten bestimmt sein kann, vermochte die formelle Adressierung der Erledigungen der Gemeindebehörde an beide Ehegatten allenfalls für einen von ihnen Wirksamkeit zu entfalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1996, Zl. 94/17/0320).
Die postalische Hinterlegung eines an zwei Adressaten gemeinsam gerichteten RSb-Briefes nach einem Zustellversuch an deren, wenn auch identer, Adresse bewirkt noch nicht, dass dieser gegenüber einem der beiden Adressaten im Sinne des § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustellG als zugestellt gilt. Eine Heilung dieses Zustellmangels nach § 7 ZustellG könnte gegenüber jenem der beiden Kuvertadressaten, dem das Schriftstück als erstem tatsächlich zukommt, erfolgen (vgl. wieder das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1996, Zl. 94/17/0320).
Der Beschwerdeführer behauptet aber vor dem Verwaltungsgerichtshof, eine ausschließlich auf seinen Namen lautende Hinterlegungsanzeige erhalten zu haben. Diesem Vorbringen entspricht auch die mit seiner Beschwerde vorgelegte Ablichtung einer diesbezüglichen Hinterlegungsanzeige. Damit erweist es sich aber nicht als ausgeschlossen, dass noch vor der Ausfolgung der Sendung an seine Ehefrau eine nach § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustellG (durch Hinterlegung) wirksame Zustellung an ihn erfolgt ist.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass ihr bei ihrer Entscheidung eine sowohl an den Beschwerdeführer als auch an dessen Ehefrau gerichtete Hinterlegungsanzeige vorgelegen ist, so hätte sie dies dem Beschwerdeführer bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis bringen müssen. Der Beschwerdeführer konnte somit erst in seiner Beschwerde sein Vorbringen hinsichtlich des Zustellvorganges erstatten. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens entsprechende Feststellungen über den Zustellvorgang zu treffen und ihrer Entscheidung zugrundezulegen haben.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 4. Juli 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005170170.X00Im RIS seit
19.11.2008Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009