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L37089 Dienstgeberabgabe Wien;Norm
ABGB §1002;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2007/13/0094 E 3. September 2008Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des G L in W, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 24, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 28. Juni 2007, Zl. ABK - 39/06, betreffend Haftung u.a. für Dienstgeberabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er über die Haftung für die Dienstgeberabgabe abspricht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war am 15. Jänner 2003 im Firmenbuch als Geschäftsführer der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH eingetragen worden.
Mit "Haftungsbescheid" vom 7. Juli 2005 sprach der Magistrat der Stadt Wien aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 7 und § 54 WAO für den Rückstand der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH in Liquidation für den Zeitraum März bis September 2003 an Kommunalsteuer in der Höhe von EUR 3.476,09 und an Dienstgeberabgabe in der Höhe von EUR 229,72 haftbar gemacht und aufgefordert werde, diesen Betrag gemäß § 171 WAO binnen einem Monat ab Zustellung zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst werde. Der Beschwerdeführer - so die Begründung im Wesentlichen - sei bis 20. Oktober 2003 im Firmenbuch als Geschäftsführer der angeführten Gesellschaft eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne. Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 18 WAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte. Das Vorbringen des im Herbst 2002 zum Geschäftsführer bestellten Beschwerdeführers, wonach er mit Schreiben vom 10. Dezember 2002 als Geschäftsführer zurückgetreten wäre, könne diesem jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, da gemäß § 16a GmbHG der Geschäftsführer seinen Rücktritt gegenüber der Generalversammlung oder gegenüber allen Gesellschaftern zu erklären habe. Die Rücktrittserklärung des Beschwerdeführers vom 10. Dezember 2002 sei jedoch an die Firma Alpha Betriebs- und Beteiligungs GmbH und nicht wie vom Gesetz gefordert an den Alleingesellschafter Mag. Walter H. erfolgt, weshalb auch nicht von einem ordnungsgemäßen Rücktritt des Geschäftsführers ausgegangen werden könne. Der Beschwerdeführer sei somit bis zum Erlöschen seiner Funktion im Firmenbuch am 20. Oktober 2003 als Geschäftsführer für die rechtzeitige Berechnung und Abfuhr der Abgaben verantwortlich gewesen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, das in Rede stehende Rücktrittsschreiben vom 10. Dezember 2002 sei von der Kanzlistin von Mag. Walter H. namens der Gesellschaft entgegengenommen worden. Kanzleiinhaber sei der als Alleingesellschafter eingetragene Mag. Walter H. Das Rücktrittsschreiben sei somit dem rechtmäßigen Adressaten zugegangen. Mit dem tatsächlichen Zugang seien aber allfällige Zustellmängel saniert, zumal das Schreiben die Rücktrittsabsicht des Beschwerdeführers klar zum Ausdruck gebracht habe. Der Beschwerdeführer sei niemals rechtswirksam Geschäftsführer der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH geworden und sei infolge "missbräuchlicher Vortäuschung einer Vollmacht" im Firmenbuch eingetragen worden. Der einschreitende Rechtsanwalt habe den Auftrag zum Einschreiten (vor dem Firmenbuch) von Mag. Walter H. und nicht vom Beschwerdeführer erhalten. Mag. Walter H. sei als verdeckter Treuhänder des wegen Betrugsdelikten vorbestraften Leonidas C. als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen worden. Offenbar sei C. der wahre "Geschäftsherr" der unter dem Namen Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH geführten Geschäfte. Den Aussagen der ehemals als vermeintliche Dienstnehmer der Gesellschaft tätigen Stephan M. und Silvia K. zufolge habe sich Leonidas C. als der Beschwerdeführer ausgegeben. Der Beschwerdeführer kenne weder Stephan M. noch Silvia K. Den weiteren Aussagen dieser zufolge habe Leonidas C. Schriftstücke mit dem Namenszug des Beschwerdeführers gezeichnet. Ausgehend davon, dass dritte Personen, insbesondere Leonidas C. namens der Gesellschaft aufgetreten seien, ohne diese vertreten zu dürfen, sei bei den betroffenen Geschäftsvorgängen von Eigengeschäften der handelnden Personen, vorrangig des Leonidas C. auszugehen, welche ihn als Person berechtigt und verpflichtet hätten. Die Zuordnung der genannten Geschäftsvorfälle an die Gesellschaft scheitere an der fehlenden Vertretungsbefugnis des Leonidas C. Die Bescheidbegründung übersehe, dass der Beschwerdeführer niemals als Geschäftsführer der Gesellschaft aktiv geworden sei. Insbesondere habe er keine Dienstverträge abgeschlossen und keine Gehälter ausbezahlt. Soweit daher einerseits angenommen werde, dass der Beschwerdeführer rechtswirksam Geschäftsführer der genannten Gesellschaft geworden wäre, wären folgerichtig nur solche Rechtshandlungen für die Gesellschaft rechtswirksam zustande gekommen, die von ihm persönlich als Vertreter der Gesellschaft getätigt worden seien. Solche Geschäfte existierten mangels einer rechtsgeschäftlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers für die Gesellschaft nicht. Die Steuerpflicht könne aber nur an rechtswirksame Rechtsgeschäfte anknüpfen. Rechtsgeschäfte, die durch einen ohne Vertretungsvollmacht handelnden falsus procurator vermeintlich im Namen und für Rechnung der Gesellschaft abgeschlossen worden seien, seien nicht geeignet, für die Gesellschaft oder den Beschwerdeführer Rechtswirkungen zu entfalten. Diesen Sachverhalt dürfe der in Regress genommene Beschwerdeführer ungeachtet des Umstandes, dass möglicherweise Abgabenbescheide als gegenüber der Gesellschaft formell rechtskräftig betrachtet würden, jederzeit wirksam einwenden. Sofern, wie im vorliegenden Fall, die in Rede stehenden Rechtsgeschäfte, an die die Steuerpflicht anknüpfe, durch unbekannte dritte Personen als falsus procurator der Gesellschaft abgeschlossen worden seien, könnten die Rechtsfolgen dieser Sachverhalte dem Beschwerdeführer nicht zugerechnet werden. Letztlich sei die durch den Haftungsbescheid geltend gemachte Haftung eine Verschuldenshaftung. Ein Verschulden des Beschwerdeführers an einer Verkürzung von Abgaben könne auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes ausgeschlossen werden, zumal der Beschwerdeführer von durch unbefugte Vertreter eingegangenen Dienstverhältnissen unverschuldet keine Kenntnis gehabt habe, somit auch keine Lohnsumme habe ermitteln und die daraus errechnete Steuer nicht habe abführen können.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung, der Erstbescheid wurde gemäß § 224 Abs. 2 WAO dahingehend abgeändert, dass der Haftungsbetrag für die Dienstgeberabgabe auf EUR 16,58 eingeschränkt werde. Im Übrigen werde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Vorraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.
Nach der Aktenlage ergebe sich für den Zeitraum April 2003 bis September 2003 u.a. an Dienstgeberabgabe ein Betrag von EUR 5,02, ein Säumniszuschlag von EUR 4,36 und Pfändungsgebühren von EUR 7,20. Dieser Abgabenrückstand sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Jänner 2007 mitgeteilt und von ihm nicht bestritten worden. Strittig sei hingegen, ob der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei.
Unter näherer Wiedergabe der Verfahrensergebnisse führte die belangte Behörde hiezu aus, aus diesen Feststellungen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei. Unbestritten sei, dass er zum Geschäftsführer bestellt worden sei. Der Beschwerdeführer hätte seinen Rücktritt gegenüber dem Alleingesellschafter, Mag. Walter H. erklären müssen, was jedoch nicht erfolgt sei, vielmehr sei der Rücktritt gegenüber der Alpha Betriebs- und Beteiligungs GmbH erklärt worden. Unbeschadet des Umstandes, dass dies nicht die korrekte Bezeichnung des Primärschuldners sei, bleibe ein bloß der Gesellschaft gegenüber erklärter Rücktritt wirkungslos. Dies habe auch dann zu gelten, wenn der Rücktritt vor Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolge. Auch in diesem Fall sei ein bloß gegenüber der Gesellschaft erklärter Rücktritt wirkungslos. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers könne auch nicht geschlossen werden, dass Mag. Walter H. die Rücktrittserklärung dennoch rechtzeitig zugegangen wäre. Der Beschwerdeführer habe gegenüber dem Alleingesellschafter Mag. Walter H. keine (gültige) Rücktrittserklärung abgegeben und sei folglich auch im Haftungszeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen. Für die Wirksamkeit der Bestellung als Geschäftsführer sei die Anmeldung zum Firmenbuch und Eintragung nicht erforderlich. Die Eintragung im Firmenbuch habe lediglich deklarative Wirkung.
Eine weitere Voraussetzung für die Geltendmachung der Haftung liege in der erschwerten Einbringung der Abgabenforderung. Nach der Aktenlage sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 29. März 2004 "die Konkursabweisung mangels Vermögens der Primärschuldnerin" erfolgt. Die Abgabenrückstände seien daher bei dieser nicht oder zumindest nur erschwert einbringlich.
Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der angeführten Abgaben, wonach der Abgabepflichtige für jeden Monat längstens bis zum Fünfzehnten des darauf folgenden Monats den Abgabenbetrag an die Stadt Wien zu entrichten habe.
Der Beschwerdeführer bestreite sein Verschulden an der Pflichtverletzung. Wie bereits ausgeführt, sei er im Haftungszeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen. Hinsichtlich seiner Rücktrittserklärung wäre es ihm oblegen, sich rechtzeitig über die einschlägige Rechtslage, wonach der Rücktritt gegenüber dem Gesellschafter zu erklären sei, zu erkundigen. Dass er derartige Erkundigungen eingeholt hätte, sei von ihm nicht behauptet worden. Er habe somit selbst dann eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, wenn er davon ausgegangen sei, dass er seinen Rücktritt als Geschäftsführer gültig erklärt hätte und folglich nicht mehr für die Entrichtung der Abgaben verantwortlich gewesen wäre, da dies eine Folge des fahrlässigen Verhaltens, sich nicht über die Rechtsvorschriften hinsichtlich des Rücktrittes als Geschäftsführer zu informieren, sei.
Der Beschwerdeführer wende schließlich ein, er hätte keine Dienstverträge abgeschlossen und Rechtsgeschäfte, die von einem falsus procurator abgeschlossen worden wären, könnten für die Gesellschaft keine Rechtswirkungen entfalten. Gemäß § 1 des Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe habe der Dienstgeber für das Bestehen eines Dienstverhältnisses in Wien eine Abgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu entrichten. "Nach der Aktenlage" bestünden "keine Zweifel", dass Arbeitslöhne gewährt worden seien und Dienstverhältnisse bestanden hätten und folglich die Abgabenpflicht ausgelöst worden sei. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers könne nicht geschlossen werden, dass die Primärschuldnerin, mit der offenkundig die Dienstverhältnisse (im eigenen Namen) geschlossen worden seien, für geleistete Löhne bzw. bestehende Dienstverhältnisse nicht abgabepflichtig wäre. Im Sinne dieser Ausführungen sei die schuldhafte Pflichtverletzung durch den Beschwerdeführer erwiesen.
Abschließend begründete die belangte Behörde die Geltendmachung der Haftung des Beschwerdeführers, die Ausübung des Auswahlermessens und die Abstandnahme von der vom Beschwerdeführer zur Einvernahme beantragten Silvia K., weil dem Umstand, ob der Beschwerdeführer bei den Vertragsgesprächen nicht als Vertreter der Primärschuldnerin aufgetreten sei, für die hier zu beurteilenden Rechtsfragen keine Bedeutung zukomme.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer u.a. in seinem Recht auf Unterlassung der Inanspruchnahme als Haftender für Dienstgeberabgaben verletzt. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde moniert u.a., die belangte Behörde habe sich mit dem schlüssig vorgetragenen Umstand, dass sich infolge der Inaktivität des als einzigen Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragenen Beschwerdeführers in Ermangelung anderer vertretungsbefugter Personen gar kein Sachverhalt ergeben könne, an den eine Abgabenschuld der Gesellschaft anknüpfen könnte. Dies würde voraussetzen, dass vertretungsbefugte Organe für die Gesellschaft gehandelt hätten. Ein derartiges Handeln sei dem nach den Behauptungen der belangten Behörde alleine vertretungsbefugten Beschwerdeführer in dem Zeitraum nicht nachzuweisen, in dem er formell im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen gewesen sei. Es könne daher denklogisch nicht zum Abschluss von Dienstverhältnissen gekommen sein, die die Gesellschaft berechtigt oder verpflichtet hätten. Daher könne auch mangels rechtswirksamen Zustandekommens von Dienstverhältnissen auch keine daran anknüpfende Abgabenschuld entstanden sein. Die belangte Behörde bleibe jede Erklärung schuldig, wie die betreffenden "Dienstverhältnisse" rechtens zustande gekommen sein sollten.
Die Beschwerde wendet sich damit vorerst einmal gegen die erste Haftungsvoraussetzung, dass gegen die Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH in Liquidation überhaupt eine Abgabenforderung u. a. an Dienstgeberabgabe für den Zeitraum März bis September 2003 entstanden sei.
Nach § 1 des (Wiener) Gesetzes vom 24. April 1970 über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17, hat der Dienstgeber für das Bestehen eines Dienstverhältnisses in Wien eine Abgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu entrichten.
Nach § 2 Abs. 4 leg. cit. liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Dienstnehmer dem Dienstgeber (öffentlich-rechtliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Dienstgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Dienstgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Wer Dienstgeber im Sinne dieses Gesetzes ist, bestimmt sich ausschließlich nach den in der Legaldefinition des Dienstverhältnisses in § 2 Abs. 4 leg. cit. enthaltenen Begriffsmerkmalen. Auf den Umstand der wirtschaftlichen Tragung des Arbeitslohnaufwandes kommt es nicht an. Unbeachtlich ist auch, ob ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis nach bundesrechtlichen Vorschriften als Dienstverhältnis zu qualifizieren ist oder nicht. Entscheidend ist die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Dienstgebers sowie dessen Weisungsbefugnis hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten, wobei mit dieser Weisungsbefugnis begriffswesentlich die Befugnis, weisungswidriges Verhalten zu sanktionieren, verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. November 1989, Zl. 84/17/0122 = Slg. 6451/F).
Der Beschwerdeführer hatte in seiner Berufung u.a. vorgebracht, dass die Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH keine Dienstverhältnisse eingegangen sei. In Ansehung der damit relevierten Frage einer Abgabenschuld der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH an Dienstgeberabgabe ist der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich zu entnehmen, "nach der Aktenlage" bestünden "keine Zweifel", dass Arbeitslöhne gewährt und Dienstverhältnisse bestanden hätten und folglich die Abgabenpflicht ausgelöst worden sei. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers könne nicht geschlossen werden, dass die Primärschuldnerin, mit der "offenkundig die Dienstverhältnisse (im eigenen Namen)" geschlossen worden seien, für die geleisteten Löhne bzw. bestehenden Dienstverhältnisse nicht abgabepflichtig wäre.
Ist der Begründung des angefochtenen Bescheides damit noch zu entnehmen, dass die belangte Behörde davon ausgeht, der Beschwerdeführer sei Geschäftsführer der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH gewesen, so ist der weiteren Begründung dieses Bescheides nicht zu entnehmen, dass die offenbar als Dienstnehmer ins Auge gefassten Stephan M. und Silvia K. im Sinne der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung in den geschäftlichen Organismus der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH eingegliedert und hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten der Weisung der Gesellschaft - vertreten durch deren Geschäftsführer - unterworfen worden wären.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kommt der Gewährung von Arbeitslöhnen im vorliegenden Zusammenhang keine Bedeutung zu.
Soweit die Begründung des angefochtenen Bescheides apodiktisch auf die "Aktenlage" verweist, auf Grund derer "keine Zweifel" bestünden, dass Dienstverhältnisse eingegangen worden wären, entzieht sich eine solche Begründung jeglicher Nachvollziehbarkeit und damit einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof. Vielmehr legt eine nähere Lektüre des vorgelegten Verwaltungsaktes Zweifel an der Hypothese der belangten Behörde nahe: der mit Stephan M. aufgenommenen Niederschrift vom 2. Februar 2006 ist u.a. zu entnehmen, dieser sei von April bis September 2003 bei der Firma Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH beschäftigt gewesen. Zu Beginn seiner Tätigkeit sei der Beschwerdeführer nicht als Geschäftsführer aufgetreten. Die Geschäftsleitung sei zu diesem Zeitpunkt von Herrn C. ausgeübt worden. Anweisungen an die Belegschaft des Unternehmens seien vom Beschwerdeführer nie getätigt worden. Man könne sagen, der Beschwerdeführer habe die theoretische, aber eigentlich nie die praktische Geschäftsführung gehabt. Der "Chef der Firma" sei Herr C. und nach seiner Inhaftierung dessen Frau bzw. Schwägerin gewesen. Auch als die Belegschaft an den Beschwerdeführer als offiziellen Geschäftsführer herangetreten sei, habe dieser keinerlei Handlungen für die Firma Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH unternommen. Man hätte den Eindruck gewonnen, als ob die ganze Firma den Beschwerdeführer nichts angegangen wäre.
Nach dem Inhalt dieses Aktenteiles waren daher Zweifel angebracht, ob und auf welche der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH zurechenbare Weise Stephan M. (und Silvia K.) in den geschäftlichen Organismus dieser Gesellschaft als Dienstgeber eingegliedert worden sein soll, wenn der nach Ansicht der belangten Behörde einzige Geschäftsführer dieser Gesellschaft hiebei nicht tätig wurde. Auch den weiteren wiedergegebenen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft und damit als Vertreter dieser Gesellschaft als Dienstgeber des Stephan M. aufgetreten wäre. Wohl spricht Stephan M. in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift auch davon, die Geschäftsleitung sei zu Beginn seiner Tätigkeit von (Leonidas) C. ausgeübt worden. Weshalb aber ein Handeln von Leonidas C. der Alpha Invest- und Beteiligungs GmbH zurechenbar gewesen sein sollte, ist der Begründung des angefochtenen Bescheides - oder dem Akteninhalt - nicht zu entnehmen, zumal ein Vertrauen darauf, dass Leonidas C. für die Gesellschaft vertretungsbefugt gewesen sei, wiederum im Verhalten des Vertretenen, konkret des Geschäftsführers der Gesellschaft (des Beschwerdeführers) seine Grundlage hätte finden müssen (zu den Voraussetzungen für ein Vertrauen auf den äußeren Tatbestand vgl. etwa Strasser in Rummel, Kommentar zum ABGB3, Rz. 44 ff zu § 1002, und Dittrich/Tades, MGA ABGB36, E 1 - 2a zu § 1029 ABGB; zum Begriff des "faktischen Geschäftsführers" vgl. etwa das Urteil des OGH vom 17. Dezember 2007, 8 Ob 124/07d, ecolex 2008, 439, mwN).
Weder die wiedergegebenen noch andere Aktenteile noch die Begründung des angefochtenen Bescheides sind geeignet, die Hypothese der belangten Behörde zu stützen, dass Dienstverhältnisse im Sinn des § 2 Abs. 4 leg. cit. in einer der Gesellschaft zurechenbaren Weise vorlagen.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist auch nicht entscheidend, ob aus dem bloßen Vorbringen des Beschwerdeführers der Schluss gezogen werden kann, dass die Primärschuldnerin für geleistete Löhne bzw. bestehende Dienstverhältnisse nicht abgabepflichtig wäre, sondern, ob an Hand der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nachvollziehbar begründet werden kann, dass Dienstverhältnisse im besagten Sinn vorlagen.
Da die belangte Behörde schon dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid insoweit, als er über eine Haftung des Beschwerdeführers für Dienstgeberabgabe über einen Betrag von EUR 16,58 absprach, mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 leg. cit., in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Die Abweisung des Mehrbegehrens von EUR 10,- für "Porti + Kopien" gründet sich darauf, dass der Ersatz eines solchen Aufwandes im Gesetz, insbesondere in § 48 Abs. 1 VwGG nicht vorgesehen ist.
Wien, am 10. Juli 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007160164.X00Im RIS seit
26.08.2008Zuletzt aktualisiert am
03.02.2009