TE Vfgh Beschluss 2003/9/22 B407/03

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Veröffentlicht am 22.09.2003
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §34
ZPO §530 Abs1 Z7
ZPO §538 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrags und eines Wiedereinsetzungsantrags nach Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den VfGH

Spruch

I. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Schriftsatz vom 5. März 2003 begehrt der Einschreiter die Wiederaufnahme des durch den hg. Beschluß B1787/00 vom 26. Februar 2001 abgeschlossenen Verfahrens.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem genannten Beschluß die Behandlung der Bescheidbeschwerde des Einschreiters wegen Aussichtslosigkeit und mangels Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage abgelehnt.

2. Der Einschreiter begründet seinen Antrag im wesentlichen folgendermaßen: In seiner zu B1787/00 protokollierten Beschwerde habe er gerügt, daß die belangte Behörde die geltend gemachten Aufwendungen und Vorsteuern für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer nicht anerkannt habe. Nunmehr habe der Verwaltungsgerichtshof - nach Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof - mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, Zl. 2001/15/0093, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Entscheidung über die Umsatzsteuer aufgehoben, im übrigen aber abgewiesen. Mithin stehe nunmehr fest, daß das Arbeitszimmer des Einschreiters tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich unternehmerisch genutzt werde und die vom Einschreiter ausgeübte Tätigkeit ein solches Arbeitszimmer notwendig gemacht habe. Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes basiere vorwiegend auf der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 8. Jänner 2002, Rs. C-409/99 [Metropol Treuhand und Michael Stadler].

Aufgrund der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ergäben sich "neue Konturen" des verfassungsgerichtlichen Normprüfungsgegenstandes. Es stelle sich nämlich nunmehr die Frage, ob es mit dem Sachlichkeitsgebot vereinbar sei, tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich unternehmerisch genutzte Betriebsräumlichkeiten, die für die Ausübung der Tätigkeit notwendig seien, umsatzsteuerrechtlich aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben als betriebsausgabenrelevant anzuerkennen, die unmittelbar konnexen betrieblichen Ausgaben aber einkommensteuerrechtlich nicht als betrieblich bedingt anzuerkennen. Diese Frage stelle sich nicht nur vor dem Hintergrund des Sachlichkeitsgebotes, sondern auch vor dem Hintergrund der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Mehrwertsteuersystem nicht zu behindern.

3. Gemäß §530 Abs1 Z7 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Wiederaufnahmsklage das Hervorkommen von neuen Tatsachen oder Beweismitteln, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren für die Partei eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Diese müssen darüber hinaus gemäß §530 Abs2 ZPO ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht worden sein. Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Entscheidung über den vorliegenden Antrag auch die Bestimmung des §538 Abs1 ZPO über das Vorprüfungsverfahren anzuwenden, wonach eine (Wiederaufnahms-)Klage insbesondere dann zurückzuweisen ist, wenn sie nicht auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt ist (VfSlg. 11.313/1987, 12.993/1992).

4. Dies trifft auf den vorliegenden Wiederaufnahmeantrag zu:

Hinsichtlich des Wiederaufnahmegrundes des §530 Abs1 Z7 ZPO kommen für eine Wiederaufnahme nur neue Tatsachen und Beweismittel in Betracht. Eine Wiederaufnahme aus rein rechtlichen Gründen, wie es etwa eine gerichtliche Entscheidung, die - wie der Einschreiter vermeint - Auswirkungen auf den verfassungsgerichtlichen Prüfungsgegenstand hat, darstellt, ist ausgeschlossen (vgl. den hg. Beschluß vom 24. September 2002, B2767/97 u.a. Zlen. mwN).

Da im Wiederaufnahmeantrag somit keine tauglichen Tatsachen im Sinne des §530 Abs1 Z7 ZPO geltend gemacht werden, ist er zurückzuweisen.

II. 1. In eventu begehrt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

2. Da das VfGG 1953 in §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der ZPO sinngemäß anzuwenden. Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte (§146 Abs1 ZPO). Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

3. Da es sich im vorliegenden Fall nicht um die Versäumung einer befristeten Prozeßhandlung, sondern um den Antrag zur nochmaligen Behandlung der zu B1787/00 protokollierten Beschwerde handelt, ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zulässig.

4. Der Wiedereinsetzungsantrag war sohin zurückzuweisen.

III. Diese Beschlüsse konnten gemäß §34 VfGG, §538 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG und §33 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Wiederaufnahme, VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B407.2003

Dokumentnummer

JFT_09969078_03B00407_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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