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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, in der Beschwerdesache des F, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 15. Jänner 2007, Zl. E1/19957/2007, betreffend Verpflichtung zur erkennungsdienstlichen Behandlung und Ladung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Ladungsbescheid vom 15. Jänner 2007 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer, der bereits am 11. Dezember 2006 niederschriftlich befragt worden war und der einer (einfachen) Ladung für den 12. Jänner 2007 nicht Folge geleistet hatte, gemäß den §§ 77 Abs. 2 und 65 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz - SPG sowie § 19 AVG auf, am 31. Jänner 2007 zwischen 08.00 Uhr und 11.30 Uhr an einem näher bezeichneten Ort zu erscheinen, um an erkennungsdienstlichen Maßnahmen mitzuwirken. Er stehe im Verdacht, einen - näher beschriebenen - gewerbsmäßigen schweren Betrug begangen zu haben. Die konkret fallbezogene Prognose zur Person des Beschwerdeführers werde aus einer Verurteilung wegen der §§ 12, 15, 144 Abs. 1 und 145 Abs. 1 Z. 1 StGB im Jahr 1995 in Verbindung mit dem - näher dargestellten - nunmehrigen Tatvorwurf abgeleitet. Die Maßnahme der erkennungsdienstlichen Behandlung erscheine im Hinblick auf die Vorbeugungsaufgabe verhältnismäßig. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens sei von einer Wiederholungsgefahr, einschlägige gefährliche Angriffe zu begehen, auszugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Über Anfrage teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass die Anzeige im erwähnten Betrugsverfahren am 18. September 2007 gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt worden sei. Seitens der belangten Behörde sei die Löschung der erkennungsdienstlichen Daten des Beschwerdeführers bzw. des Eintrages im kriminalpolizeilichen Aktenindex erfolgt.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss nach Einvernahme des Beschwerdeführers als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass dieser klaglos gestellt ist.
Diese Bestimmung ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer durch eine Änderung maßgebender Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse an der Entscheidung verliert.
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - gegeben (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0194, und vom 22. November 2007, Zl. 2007/21/0276). Jedenfalls nach der unbestritten gebliebenen Löschung der erkennungsdienstlichen Daten des Beschwerdeführers und des Eintrages im kriminalpolizeilichen Aktenindex können aus dem bekämpften Bescheid nämlich keine Folgen - wie etwa die zwangsweise Vorführung des Beschwerdeführers - mehr abgeleitet werden.
Die Beschwerde war somit wegen nachträglicher materieller Klaglosstellung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 58 Abs. 2 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde - ohne die Tatumstände näher zu überprüfen - lediglich eine im Zeitpunkt der Bescheiderlassung mehr als elf Jahre zurückliegende Verurteilung des Beschwerdeführers sowie die -
nicht weiter hinterfragte - Anzeige wegen Betruges zum Anlass genommen, den Beschwerdeführer zur erkennungsdienstlichen Behandlung zu verpflichten, ohne ausreichend zu erläutern, aus welchen Gründen sie davon ausging, dass diese Maßnahme unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers notwendig erscheint, um gefährlichen Angriffen durch ihn in Zukunft vorzubeugen. Eine nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche konkrete fallbezogene Prognose (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2007, Zl. 2005/01/0803, und vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0341, jeweils mwN) kann darin nicht erblickt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerde im Fall ihrer meritorischen Erledigung Erfolg gehabt hätte.
Wien, am 17. Juli 2008
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007210020.X00Im RIS seit
17.11.2008Zuletzt aktualisiert am
18.11.2008