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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Wolfgang Mekis, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorferstraße 5, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. Juli 2007, Zl. III-1168637/FrB/07, betreffend Aufenthaltsverbot und Versagung eines Durchsetzungsaufschubes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Versagung eines Durchsetzungsaufschubes) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot und sprach weiters aus, dass ihm gemäß § 86 Abs. 3 FPG von Amts wegen kein Durchsetzungsaufschub erteilt werde.
Die Versagung des Durchsetzungsaufschubes begründete sie damit, dass der Beschwerdeführer am 19. Mai 2004 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet habe, die ihr Freizügigkeitsrecht nicht in Anspruch genommen habe. Auf ihn als Familienangehörigen einer Österreicherin sei somit gemäß § 87 FPG die Bestimmung des § 86 Abs. 3 FPG anzuwenden, wonach u.a. bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen sei, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Nach Ansicht der Behörde würde der weitere Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf Grund seines strafbaren Verhaltens, das zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes geführt habe (Beitrag zur betrügerischen Krida und Fälschung besonders geschützter Urkunden durch Abhebung EUR 50.000,-- übersteigender Beträge von Gesellschaftskonten verschiedener Banken mittels Barscheck), in hohem Maße eine Störung der öffentlichen Ordnung hervorrufen. Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, was "diese Rechtsvorschriften" zum Ziel hätten, sei daher kein Durchsetzungsaufschub zu erteilen gewesen.
Gegen die Versagung des Durchsetzungsaufschubes richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 86 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Diese Bestimmung ist gemäß § 87 Satz 2 FPG auf den Beschwerdeführer als Ehemann und damit Familienangehörigen (§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG) einer Österreicherin anzuwenden.
Der angefochtene Bescheid enthält keine taugliche Begründung, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach § 86 Abs. 3 FPG geboten sein soll. Die wiedergegebenen - auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden - Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen. Dafür wäre vielmehr eine nachvollziehbare Prognose erforderlich, der Aufenthalt des Fremden für ein (weiteres) Monat gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2007/21/0034, und vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0149, mwN).
Wegen des Fehlens einer relevanten Begründung war der angefochtene Bescheid - im Umfang der Anfechtung - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 17. Juli 2008
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBegründung BegründungsmangelMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejahtIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007210354.X00Im RIS seit
15.08.2008Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009