TE Vwgh Beschluss 2008/7/30 AW 2008/21/0191

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Veröffentlicht am 30.07.2008
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E02100000;
E3L E05100000;
E3L E19100000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32004L0038 Unionsbürger-RL;
EURallg;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §54;
VwGG §14 Abs2;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §30 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des A (auch S und C), geboren 1983, vertreten durch Mag. N, Rechtsanwältin, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. November 2007, Zl. 149.869/2-III/4/07, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 und 3 VwGG wird dem Antrag mit der Wirkung stattgegeben, dass dem Beschwerdeführer das aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete Aufenthaltsrecht als Ehemann einer die Freizügigkeit in Anspruch nehmenden deutschen Staatsangehörigen, das er auch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte, weiterhin zukommt.

Begründung

Der Mitte März 2005 nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Libanon, ist seit 27. Oktober 2005 mit einer in Österreich unselbständig erwerbstätigen deutschen Staatsbürgerin verheiratet. Unter Berufung auf diese Ehe beantragte der Beschwerdeführer als Ehemann einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2006 die Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte (§ 54 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG). Im Hinblick auf einen noch nicht rechtskräftig erledigten Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz ist er seit 15. März 2007 im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 27. November 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NAG zurückgewiesen. Das begründete die belangte Behörde primär damit, dass das NAG nach der genannten Bestimmung auf den Beschwerdeführer als Asylwerber mit vorläufiger asylrechtlicher Aufenthaltsberechtigung nicht anwendbar sei. In einer Eventualbegründung vertrat die belangte Behörde noch die Auffassung, der Beschwerdeführer erfülle auch nicht die Voraussetzungen nach der RL 2004/38/EG, weil seine Ehefrau die Freizügigkeit erst in Anspruch genommen habe, als sich der Beschwerdeführer bereits in Österreich aufgehalten habe, sodass dem "Erfordernis des Begleitens oder Nachziehens" nicht entsprochen worden sei.

Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten (vom Verfassungsgerichtshof nach deren Ablehnung abgetretenen und nunmehr ergänzten) Beschwerde verband der Beschwerdeführer den Antrag, "eine auf das Gemeinschaftsrecht gestützte, in eventu mit einer Entscheidung gemäß § 30 Abs. 3 VwGG verbundene, einstweilige Anordnung zu erlassen, in welcher vorläufig festgehalten wird, dass sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers auf die unmittelbar anwendbare Richtlinie 2004/38/EG gründet". Begründend brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, mit dem angefochtenen Bescheid werde die unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete Rechtsposition des Beschwerdeführers als Familienangehöriger einer Unionsbürgerin - nach der in der Beschwerde näher begründeten Meinung: zu Unrecht - bestritten, sodass der Beschwerdeführer keinen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erhalte.

Die belangte Behörde ist dem Antrag - trotz einer hiezu ausdrücklich eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme, insbesondere zum Entgegenstehen zwingender öffentlicher Interessen - aus Anlass der Aktenvorlage nicht entgegengetreten.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag ist - auch wenn ihn der Beschwerdeführer als auf das Gemeinschaftsrecht gestützte "einstweilige Anordnung" bezeichnet und die Erlassung eines Feststellungsbeschlusses mit konkretem Inhalt vorschlägt - der Sache nach als Antrag nach § 30 Abs. 2 VwGG zu werten, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der genannten Bestimmung ist nämlich keine Umschreibung, Aufzählung oder Einschränkung von Sicherungsmitteln bzw. von im Einzelfall anzuordnenden Maßnahmen zu entnehmen, die der Verwaltungsgerichtshof in einem Beschluss, mit dem einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, anordnen dürfte. § 30 Abs. 2 VwGG ermächtigt nur nicht zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen oder zur Zuerkennung von vorläufigen Rechten, mit denen mehr als die Suspendierung der Umsetzung des angefochtenen Bescheides in die Wirklichkeit verfügt werden soll (siehe zum Ganzen den ausführlich begründeten hg. Beschluss vom 7. Februar 2002, Zl. AW 2001/09/0088). Demnach wurden in vergleichbaren Fällen wie dem vorliegenden auch Anträge, die unter Berufung auf das Gemeinschaftsrecht gestellt wurden, vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG - dem § 14 Abs. 2 VwGG zufolge durch den Berichter - behandelt und entschieden (vgl. dazu die Nachweise in dem zitierten Beschluss vom 7. Februar 2002).

Zum antragsbegründenden Vorbringen ist zunächst klarzustellen, dass mit dem angefochtenen Bescheid als Hauptfrage nicht über das Bestehen eines auf die genannte Richtlinie gegründeten Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers abgesprochen, sondern nur die Ausstellung einer zu dessen Dokumentation dienenden Daueraufenthaltskarte mit dem Hinweis auf die Nichtanwendbarkeit des NAG abgelehnt wurde. Die belangte Behörde brachte lediglich in einem - die spruchgemäße Antragszurückweisung nicht tragenden - Begründungsteil auch zum Ausdruck, dass sie die Voraussetzungen für ein solches auf das Gemeinschaftsrecht gegründetes Aufenthaltsrecht für nicht gegeben erachtet. Die diesbezüglichen Überlegungen der belangten Behörde zum "Erfordernis des Begleitens und Nachziehens" (vgl. insbesondere Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 7 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 der RL 2004/38/EG) erweisen sich zwar vor dem Hintergrund der Ausführungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 25. Juli 2008, C-127/08 (in der Rechtssache Metock u.a. gegen Irland) als unzutreffend und die belangte Behörde hat sonst keine anderen Gründe für das Nichtbestehen eines gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers dargetan. Das dem Beschwerdeführer davon ausgehend nach der RL 2004/38/EG zukommende Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger einer in Österreich unselbständig erwerbstätigen EWR-Bürgerin wurde aber durch den angefochtenen Bescheid in seiner Existenz nicht berührt.

Soweit jedoch - wie in der Beschwerde releviert - aus dem angefochtenen Bescheid für die Frage des Zugangs zum Arbeitsmarkt und der Anwendbarkeit des AuslBG auf den Beschwerdeführer von den hiefür zuständigen Behörden ein anderer Schluss gezogen werden könnte, ist der Beschwerde in der vorliegenden Konstellation die aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 und 3 VwGG insofern mit einem klarstellenden Hinweis zuzuerkennen, dass die (aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete) Rechtsstellung des Beschwerdeführers - trotz der mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommen Versagung der Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte -

unverändert aufrecht ist (vgl. in diesem Sinn etwa bereits den hg. Beschluss vom 6. Juni 2008, Zlen. 2008/21/0213, 214). Damit wird nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes dem mit dem vorliegenden Antrag verfolgten Anliegen des Beschwerdeführers ausreichend Rechnung getragen.

Wien, am 30. Juli 2008

Schlagworte

VollzugBegriff der aufschiebenden WirkungZwingende öffentliche InteressenGemeinschaftsrecht vorläufige Aussetzung der Vollziehung provisorischer Rechtsschutz EURallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:AW2008210191.A00

Im RIS seit

25.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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