TE Vwgh Erkenntnis 2008/8/28 2008/22/0379

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Veröffentlicht am 28.08.2008
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
MRK Art3;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des G O in M, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. September 2005, Zl. 135.648/3-III/4/05, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 27. September 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck, § 13 Abs. 2 Fremdengesetz" gemäß § 10 Abs. 4 und § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei - so die Begründung des angefochtenen Bescheides - am 6. März 2001 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe am 7. März 2001 einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Februar 2002 negativ erledigt worden sei. Gegen diesen Bescheid sei eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden. Mit 9. Juli 2002 habe der Gerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Das Asylverfahren sei somit am 18. Februar 2002 rechtskräftig abgeschlossen worden. Am 2. September 2002 habe der Beschwerdeführer beim Bundesminister für Inneres ein Ansuchen auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG gestellt. Dieses Ansuchen sei am 18. September 2002 abgelehnt worden, da keine tatsächlich besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vorlägen. Am 25. Oktober 2002 habe der Beschwerdeführer erneut einen Asylantrag eingebracht, welcher wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. Mit Bescheid vom 10. März 2003 sei seitens der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn eine Ausweisung erlassen worden. Der dagegen eingebrachten Berufung sei keine Folge gegeben worden, die dagegen eingebrachte Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof als unbegründet abgewiesen. Der dritte Asylantrag vom 19. Jänner 2004 sei erneut wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen worden. Am 5. April 2004 habe der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Mattighofen einen Antrag auf Bewilligung einer Adoption durch die Wahlmutter, Frau S, gestellt, dem in zweiter Instanz durch Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 3. August 2004 nicht stattgegeben worden sei. Der dagegen erhobene Revisionsrekurs sei vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 21. Dezember 2004 zurückgewiesen worden. In der Folge habe der Beschwerdeführer am 20. Oktober 2004 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt. Bisher sei noch kein Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz erteilt worden.

Laut Beschwerdeführer gäbe es in Nigeria Folter und Steinigungen im öffentlichen und privaten Bereich sowie Konflikte um Erdöl. Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten hätte Warnhinweise betreffend Nigeria getätigt. Des Weiteren gäbe es ethnische, religiöse und soziale Konflikte, welche lebensbedrohliche Ausmaße annehmen würden. Auch gäbe es Lynchjustiz und zeitweise würde der Ausnahmezustand verhängt. Der Beschwerdeführer hätte persönlich auf Grund seiner Flucht aus dem Gefängnis und seiner ethno-religiösen Zugehörigkeit durch die Regierung in Nigeria bzw. durch ethnisch-religiöse fundamentalistische Organisationen mit einer Verfolgung, der Todesstrafe oder der Lynchjustiz zu rechnen. Die Behörde hätte es unterlassen, die politische Situation in Nigeria zu überprüfen und Feststellungen über die individuelle Bedrohungssituation zu treffen. Darüber hinaus wären die sozialen Bindungen in keinster Weise berücksichtigt worden.

Die belangte Behörde führte dazu aus, es stehe eindeutig fest, dass der Antrag "aus dem Inland" gestellt worden sei, gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG hätte er jedoch vor der Einreise vom Ausland aus gestellt werden müssen. Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe die Behörde einen im Inland gestellten Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung abzuweisen, wenn nach Ansicht der Behörde kein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" aus humanitären Gründen vorliege. Besonders berücksichtigungswürdige Fälle wären solche, in denen Fremde einer Gefahr gemäß § 57 Abs. 1 und 2 FrG ausgesetzt seien, sowie Fremde, die ihre Heimat als Opfer eines bewaffneten Konfliktes verlassen hätten sowie Opfer und Zeugen von Menschenhandel.

Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, seine Heimat auf Grund von Unruhen, im Zuge derer er zu Unrecht zu 25 Jahren Haft verurteilt worden wäre, verlassen zu haben. Diese Unruhen hätten ihren Grund darin gehabt, dass der König des Dorfes Einnahmen aus Ölvorkommen nicht an die Bewohner weiter gegeben hätte. Bei den Unruhen wären einige Personen getötet worden, der Beschwerdeführer wäre selbst jedoch nicht bewaffnet gewesen und hätte nach seiner Verurteilung am 10. November 2000 zu 25 Jahren Haft fliehen können. Er würde über eine Beschäftigungsbewilligung verfügen, hätte eine Anstellung und sein Unterhalt und seine Wohnung wären gesichert. Zudem wäre er bereits gut integriert und würde über Deutschkenntnisse verfügen. Der Beschwerdeführer hätte mit der Familie H. seine zweite Familie gefunden, mit welcher er die Freizeit verbringen würde. Bei einer Rückkehr nach Nigeria müsste er mit dem Tod rechnen, von einem effektiven Menschenrechtsschutz könnte nicht gesprochen werden. Seit Anfang 2000 wäre in Nigeria das islamische Strafrecht eingeführt worden, weshalb auch unmenschliche Strafen wie Steinigung, Amputation oder Auspeitschungen verhängt werden könnten. Sein Vater wäre getötet worden, es wäre zu befürchten, dass auch seine Mutter den Tod gefunden habe. Jedenfalls wäre seine gesamte Kernfamilie ums Leben gekommen. Nigerianische Staatsangehörige, von denen bekannt wäre, dass sie im Ausland um Asyl angesucht hätten, würden am Flughafen regelmäßig in Polizeigewahrsam genommen. In Nigeria wäre der Beschwerdeführer obdachlos und könnte nicht mehr auf die Hilfe seiner Eltern zurückgreifen. In Österreich hätte er sich voll und ganz integriert.

Zu den Fluchtgründen, dem Gefängnisaufenthalt und der individuellen Bedrohungssituation in Nigeria führte die belangte Behörde aus, diese Gründe seien bereits im Zuge des Asylverfahrens dargelegt und als nicht ausreichend beurteilt worden. Auch die Religionszugehörigkeit sei zum Zeitpunkt des Asylantrages bekannt gewesen. Eine Verfolgung auf Grund politischer bzw. ethnischer Zugehörigkeit durch staatliche Autoritäten könne nach Beurteilung des unabhängigen Bundesasylsenates unter den gegenwärtigen Verhältnissen ausgeschlossen werden. Hinweise, dass sich allein aus der Asylantragstellung eine wie immer geartete Verfolgung ergeben könnte, lägen nicht vor. Da beim unabhängigen Bundesasylsenat keine Bedrohungssituation oder Verfolgung glaubhaft habe gemacht werden können, sei eine Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof habe eine Beschwerde gegen den zitierten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates abgelehnt und damit die Wertung als ausreichend befunden. Zwei weitere Asylanträge vom 19. Mai 2003 und 19. März 2004 seien wegen entschiedener Sache in zweiter Instanz rechtskräftig zurückgewiesen worden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hätten auch ehemalige Asylwerber einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus dem Ausland zu stellen. Die Ausführungen über Bedrohungssituationen und über fehlenden Menschenrechtsschutz sowie die Befürchtung hinsichtlich einer Festnahme in Nigeria seien zu allgemein gehalten und könnten daher nur Mutmaßungen darstellen. Es seien keinerlei Beweismittel hinsichtlich persönlicher Gefährdungen, welche über das bereits abgeschlossene Asylverfahren hinausgingen, vorgelegt worden.

Hinsichtlich der privaten Bindungen zur Familie H. und der angestrebten Adoption, der durch das Landesgericht Ried im Innkreis nicht stattgegeben worden sei, da laut Gerichtsurteil der Verdacht nicht ausgeschlossen hätte werden können, dass die Wahlmutter durch die Adoption in erster Linie die Abschiebung des Beschwerdeführers hätte verhindern wollen, könne im gegenständlichen Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels nicht zum Tragen kommen. Weiterführende soziale Kontakte in Österreich seien nicht angeführt worden.

Die Angaben über das Ableben der Eltern und eine ausbleibende Hilfe bei einer Rückkehr in die Heimat seien für das gegenständliche Verfahren nicht relevant, da Eltern gemäß § 20 FrG nicht zur Kernfamilie zählten.

Zur drohenden Obdachlosigkeit wies die belangte Behörde darauf hin, dass bei Einreise nach Österreich als Asylwerber ebenfalls mit keiner gesicherten Wohnmöglichkeit zu rechnen gewesen sei. Der Aufenthalt als Asylwerber sei nur von vorübergehender Natur gewesen, der Beschwerdeführer habe über keinen Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz verfügt, von einer erfolgreichen oder vollständigen Integration könne auch deshalb nicht gesprochen werden. Das Einkommen und die Vertiefung der Deutschkenntnisse stellten ebenfalls keine besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Gründe dar.

Es sei somit kein ausreichender besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt vorgebracht worden, daher könne auch das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung für sich allein nicht berücksichtigt werden. Die materiellen Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 4 FrG lägen nicht vor, eine Inlandsantragstellung werde daher gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG von Amts wegen nicht zugelassen.

Der Beschwerdeführer hätte gemäß § 14 Abs. 2 FrG den Antrag vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen. Da der Gesetzgeber bereits bei Erlassung dieser Bestimmungen auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt habe, könne davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, entbehrlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen:

Den - unbestrittenen - Feststellungen zufolge ist der Beschwerdeführer am 6. April 2001 illegal nach Österreich eingereist, sein Asylantrag vom 7. März 2001 wurde rechtskräftig abgewiesen und es wurde eine Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Die beiden weiteren Asylanträge vom 25. Oktober 2002 und vom 19. Jänner 2004 wurden rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Einem Antrag auf Adoption durch die Wahlmutter S. wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 3. August 2004 rechtskräftig nicht stattgegeben. Weiters stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede, noch nie über einen Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz verfügt zu haben.

§ 14 Abs. 2 letzter Satz FrG eröffnet der Behörde die Möglichkeit, von Amts wegen in ganz bestimmten Ausnahmefällen (nämlich bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen) von der Abweisung eines im Inland gestellten Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung Abstand zu nehmen und eine solche Bewilligung zu erteilen - wobei die Erteilung der Zustimmung des Bundesministers für Inneres bedarf. Kommt die Behörde zum Ergebnis, dass ein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" im Sinne des § 10 Abs. 4 leg. cit. vorliegt, so schließt dies die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz leg. cit. aus. Ist hingegen nach Ansicht der Behörde das Vorliegen eines "besonders berücksichtigungswürdigen Falls" aus humanitären Gründen zu verneinen, dann hat sie den im Inland gestellten Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung nach dem "Grundsatz der Auslandsantragstellung" (§ 14 Abs. 2 erster Satz FrG) abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0308).

§ 10 Abs. 4 FrG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab. Weiters liegen "besonders berücksichtigungswürdige Fälle" auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch besteht.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde hätte von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch machen müssen, da mit der Eskalation der Gewalt in den vergangenen Monaten nunmehr konkrete Lebensgefahr für den Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung nach Nigeria bestehe. Zur aktuellen politischen Situation und zur Gefahrenlage von verfolgten Personen in Nigeria werde zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Flucht aus dem Gefängnis sowie seiner ethno-religiösen Zugehörigkeit und seiner politischen Ansichten in Nigeria jederzeit mit einer unmenschlichen Behandlung oder der Todesstrafe rechnen müsse, auf die Sicherheitshinweise des auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland vom 5. Februar 2004 mit folgendem Wortlaut hingewiesen:

" In Nigeria können gewaltsame und regionale, zum Teil auch religiös-ethnisch motivierte Konflikte jederzeit aufflammen. Es besteht eine erhöhte Gefahr schwerer Gewaltkriminalität (vor allem in städtischen Ballungsgebieten wie Abuja und Lagos sowie in den ölreichen Bundesstaaten des Nigerdeltas). In den Ölfördergebieten von Delta State und Rivers State ist es seit Frühjahr 2003 immer wieder zu Kämpfen zwischen paramilitärisch organisierten Jugendbanden untereinander und mit den Sicherheitskräften mit jeweils Dutzenden von Todesopfern gekommen. Im Delta State besteht von 18 Uhr bis 6 Uhr eine Ausgangssperre. Reisen nach Warri und Umgebung sollen nicht zuletzt wegen der Gefahr von Geiselnahmen vermieden werden. Wegen der Möglichkeit gewaltsamer Auseinandersetzungen wird vor Reisen auf die Bakassi-Halbinsel und in das Ogoni-Gebiet gewarnt. Im Frühjahr 2003 ist auch von Zusammenstößen aus den Bundesstaaten Bayelsa und Edo berichtet worden. In 12 nördlichen moslemischen Bundesstaaten, in denen Scharia-Strafrecht gilt, steht auf Mord, Vergewaltigung und außerehelichem Geschlechtsverkehr die Todesstrafe. Autofahrten sollen nur mit ortskundigen und zuverlässigen, möglichst persönlich bekannten und einheimischen Personen durchgeführt werden. Fahrten bei Dunkelheit sollen in jedem Fall unterlassen bzw. - wenn unvermeidlich - im Konvoi durchgeführt werden. Im Zweifel soll man trotz Reifenpanne weiterfahren, um einem möglichen Raubüberfall zu entgehen."

Dieses Zitat genüge, um festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung nach Nigeria nicht nur in seinem Leben bedroht sei, sondern mit Sicherheit gleich nach seinem Eintreffen in Nigeria getötet werde.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Auf Grund der rechtskräftigen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seine Heimat im Rahmen der Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Februar 2002 steht fest, dass er in seiner Heimat keiner Gefährdung oder Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG ausgesetzt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2006/18/0020), sofern nicht in den als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz für die Entscheidung über das Vorliegen eines humanitären Grundes in Form einer Gefährdung oder Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG zukommt. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, an den die für eine neuerliche Entscheidung positive Prognose anknüpfen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/18/0197). Im vorliegenden Fall erfordert die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mehrfach betonte Exzeptionalität der Umstände, die vorliegen müssten, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen, eine ganz besonders detaillierte Darstellung der Verhältnisse der betreffenden Person, und zwar sowohl im Zielstaat der Abschiebung als auch in Österreich (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 30. Juni 2005). Aus seinem Vorbringen bezüglich der Sicherheitshinweise des auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland, die sich auf die allgemeine (sicherheits)politische Lage beziehen und sich offenbar in erster Linie an Reisende richten, sind keine Anhaltspunkte zu erkennen, die eine aktuelle Bedrohungssituation durch konkrete, die Person des Beschwerdeführers betreffende und entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben dartun könnte. Darüber hinaus waren diese Sicherheitshinweise bereits Gegenstand des Asylverfahrens und sind daher nicht geeignet, eine Änderung der maßgeblichen Sachverhaltselemente nachzuweisen. Der Beschwerdeführer hat somit nicht aufgezeigt, inwieweit sich für ihn seit der Erlassung des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Februar 2002 die Lebenssituation in Nigeria und damit die für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles im Sinne des § 10 Abs. 4 FrG maßgeblichen Sachverhaltselemente wesentlich geändert hätten. Schon daher geht auch der Vorwurf, die belangte Behörde hätte ihrerseits eine Beurteilung der konkreten Verfolgungsgefahr und damit aktuelles Dokumentationsmaterial recherchieren müssen, ins Leere (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2005/18/0197).

Aus den dargestellten Gründen kann die Ansicht der belangten Behörde, es liege kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall gemäß § 10 Abs. 4 FrG vor, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Abweisung des gegenständlichen Antrages mangels Auslandsantragstellung gemäß § 14 Abs. 2 FrG begegnet daher keinen Bedenken.

Das Vorbringen, die belangte Behörde hätte freies Ermessen hinsichtlich der familiären Bindung des Beschwerdeführers üben müssen, sich nicht an die Entscheidung des Gerichtes, wonach der Adoptionsvertrag nicht genehmigt werden konnte, binden dürfen und das innige und familiäre Verhältnis zu der Wahlmutter und die anderen sozialen Bindungen berücksichtigen müssen, ist nicht zielführend, weil jedenfalls kein tauglicher Fall eines Familiennachzuges vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0195).

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. August 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008220379.X00

Im RIS seit

09.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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