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41/02 Asylrecht;Norm
FrG 1997 §33 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2008/22/0533 2008/22/0535 2008/22/0534Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden
1. des H, 2. der E, 3. der M, und 4. der N, sämtliche in L, vertreten durch Stenitzer & Stenitzer, Rechtsanwälte OEG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 32-34, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 30. Juli 2005, Zlen. Fr 764/1-2004, Fr 765/1-2004, Fr 766/1-2004 und Fr 1085/1-2004, jeweils betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Beschwerdeführer (Mutter und Kinder), sämtliche türkische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 37 Abs. 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG aus.
Zur Begründung verwies sie auf die erstinstanzlichen Bescheide und darauf, dass die Beschwerdeführer das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukomme, durch den unerlaubten Aufenthalt seit dem rechtskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens in der Dauer von nahezu einem Jahr und zehn Monaten gravierend beeinträchtigt hätten. Die Ausweisung sei demnach zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens nach § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten. Weiters seien die Beschwerdeführer nach Österreich geschleppt worden; an der Bekämpfung des "Schlepperunwesens" bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse. Dass die Beschwerdeführer noch nie gegen österreichische Gesetze verstoßen hätten, könne nicht zu ihren Gunsten ausschlagen, weil Derartiges weder eine Stärkung des persönlichen Interesses noch eine Schwächung des die Ausweisung gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge habe. Der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer halte sich auf Grund seines Asylverfahrens legal in Österreich auf und gehe einer erlaubten Erwerbstätigkeit nach und könne die (nach Ausreise oder Abschiebung dort befindlichen) Beschwerdeführer im Ausland bis zur Legalisierung der Einreise finanziell unterstützen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden, die wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden wurden, nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen:
Die Beschwerden gestehen zu, dass sich die im Dezember 2002 eingereisten Beschwerdeführer, deren Asylanträge rechtskräftig abgewiesen wurden, unrechtmäßig in Österreich aufhalten. Der Gerichtshof hegt somit keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass der Ausweisungstatbestand des § 33 Abs. 1 FrG - auf die in den Beschwerden relevierte Bestimmung des § 33 Abs. 2 FrG wurde die Ausweisung nicht gestützt - erfüllt sei.
Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist, würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, eine solche Maßnahme nur zulässig, wenn sie zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
In Bezug auf die Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG bringen die Beschwerdeführer vor, dass sie beim Vater bzw. Ehemann lebten, der über eine Niederlassungsbewilligung und eine aufrechte Arbeitserlaubnis verfüge; weiters habe die Viertbeschwerdeführerin am 2. Oktober 2003 in Österreich ein weiteres Mädchen zur Welt gebracht und sei derzeit schwanger. Die beiden älteren Kinder würden die Volksschule besuchen, das drittgeborene Kind den Kindergarten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt in ähnlichen Fällen eines illegalen "Familiennachzuges" unter Ausnützung letztlich unberechtigter Asylanträge ausgesprochen, dass aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 31. August 2006, Zl. 2004/21/0140). In derartigen Fällen ist - ungeachtet der Frage, ob die Einreise mit Hilfe von Schleppern erfolgt ist - trotz des Aufenthaltes einer hier integrierten "Ankerperson" die Ausweisung als dringend geboten zu werten.
In den Beschwerden wird nicht behauptet, dass sich das hier geborene Kind rechtmäßig im Sinn des § 28 Abs. 2 FrG im Inland aufhält; die übrigen Kinder sind unbestritten unrechtmäßig in Österreich und wurden nunmehr gemeinsam mit der Mutter ausgewiesen. Soweit die Beschwerden die Schwangerschaft der Viertbeschwerdeführerin relevieren, ist dieser Umstand zwar - wie in den Beschwerden auch angesprochen wird - im Sinn des § 56 Abs. 2 iVm § 57 Abs. 1 FrG (bzw. nunmehr § 46 Abs. 3 iVm § 50 FPG) im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung einer Abschiebung zu beurteilen, steht der verfügten Ausweisung jedoch nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 2004, Zl. 2004/18/0027).
Die Beschwerden zeigen zwar auf, dass seit Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide ein relativ langer Zeitraum verstrichen ist, und werfen der belangten Behörde vor, diese hätte entsprechende Ermittlungen durchzuführen und Tatsachenfeststellungen zu treffen gehabt. Damit wird aber die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan, weil - wie dargelegt - auch eine zwischenzeitig erfolgte Geburt eines weiteren Kindes und eine gegenwärtige Schwangerschaft die Ausweisungen nicht als unrechtmäßig werten lassen können. Der angesprochene Umstand, dass die Beschwerdeführer außer gegen fremdengesetzliche Bestimmungen nicht gegen österreichische Gesetze verstoßen hätten, ist bei Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG als neutral zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2004, Zlen. 2001/21/0052 bis 0055). Der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Inland ist noch zu kurz, als dass wegen einer mit einem längeren Aufenthalt allenfalls erreichten Integration die Ausweisungen trotz des genannten maßgeblichen öffentlichen Interesses nicht als dringend geboten zu beurteilen wären.
Eine allfällige Unzumutbarkeit der Rückkehr des Vaters bzw. Ehemanns der Beschwerdeführer in den gemeinsamen Heimatstaat aus asylrelevanten Gründen kann wegen der Möglichkeit von Asylerstreckungsanträgen im Familienverfahren (§ 16 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 bzw. § 34 Asylgesetz 2005) dahinstehen. Sonstige der Wiederaufnahme des gemeinsamen Familienlebens in der Türkei entgegenstehende Gründe wurden nicht vorgebracht.
Angesichts dieser Überlegungen erweist sich die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig, dass die Ausweisung der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten sei. Den Beschwerdeführern ist die Einhaltung des gesetzmäßig vorgegebenen Weges zur Erreichung einer allfälligen Familienzusammenführung zuzumuten, zumal sie auch in der Türkei bereits getrennt vom Ehemann bzw. Vater gelebt haben.
Letztlich wurden keine Anhaltspunkte aufgezeigt, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführer Gebrauch zu machen.
Da somit den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht - im Umfang des Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. August 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008220532.X00Im RIS seit
03.10.2008Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009