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41/02 Asylrecht;Norm
ASVG §293;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des B, geboren am 7. Oktober 1960, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Juni 2008, Zl. E1/102.917/2007, betreffend Ausweisung gemäß § 54 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Juni 2008 wurde der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Gegen den Beschwerdeführer sei bereits mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) vom 11. Dezember 1996 wegen Eingehens einer Scheinehe ein befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Nach zweimaliger Abschiebung in seine Heimat sei das Aufenthaltsverbot am 23. Juli 2002 aufgehoben worden. Auf seinen Antrag sei ihm am 7. Juli 2005 als Vater einer mit einem österreichischen Staatsbürger verheirateten Tochter eine Erstniederlassungsbewilligung erteilt worden. Nach einem Verlängerungsantrag habe die Aufenthaltsbehörde festgestellt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, weil sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Der zusammenführende österreichische Ehemann seiner Tochter habe - wie diese selbst - lediglich Notstandshilfe bezogen und sei nicht im Stande gewesen, dem Beschwerdeführer den erforderlichen Unterhalt in Höhe der Ausgleichszulagenrichtsätze im Sinn des § 293 ASVG zu gewährleisten. Dies umso weniger, als die genannte Tochter und ihr Mann für drei Kinder sorgepflichtig seien. Eine weitere Tochter des Beschwerdeführers, die mittlerweile österreichische Staatsbürgerin geworden sei, verdiene monatlich netto EUR 600,--. Auch diese Tochter sei für zwei Kinder sorgepflichtig und nicht im Stande, über das ihr zustehende Existenzminimum hinaus auch nur irgendeine Form von Unterhalt zu gewähren. Eine weitere Tochter des Beschwerdeführers, die wie dieser selbst serbische Staatsangehörige sei, habe einen Pensionsvorschuss von EUR 450,-- bzw. Notstandshilfe bezogen und komme als Zusammenführende nicht in Frage. Dies gelte auch für einen weiteren Sohn des Beschwerdeführers, der ebenfalls serbischer Staatsangehöriger sei.
Der in § 11 Abs. 4 (richtig: Abs. 5) NAG normierte Versagungsgrund sei verwirklicht. Die Voraussetzungen für die Erlassung der Ausweisung seien daher - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 55 und 66 FPG - im Grund des § 54 Abs. 1 FPG gegeben.
Der Beschwerdeführer sei geschieden und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen bestünden zu den genannten vier Kindern. Es sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dieser sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Die Ausweisung sei sohin im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Bei der gemäß § 66 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Er habe offenbar keinen Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Seine familiären Bindungen würden dadurch relativiert, dass seine Kinder längst volljährig seien und drei von ihnen mit ihren Familien im eigenen Haushalt leben würden. Bei dem vierten Kind, der 27- jährigen, zunächst Pflegegeld und Pensionsvorschuss bzw. seit dem 7. Juni 2005 Notstandshilfe beziehenden Tochter und deren beiden Kindern würde der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt leben. Diese Tochter leide an einer unheilbaren Krankheit, die sich jederzeit verschlechtern könne. Aus dem bereits der Aufenthaltsbehörde vorgelegten Krankenhausbericht vom 10. Oktober 2006 ergebe sich, dass diese Tochter seit 1992 an einer Mitralklappeninsuffizienz leide, weshalb sie im Jahr 2003 operiert worden sei. Bei der gegenständlichen Spitalsaufnahme sei lediglich eine (ungewollte) Schwangerschaft und Kopfschmerzen diagnostiziert worden. Andere "regelmäßige, längere Spitalsaufenthalte" seien zwar behauptet, jedoch nicht glaubhaft gemacht worden. Das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet sei zwar nicht unerheblich, jedoch nicht besonders ausgeprägt. Dem stehe das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessenlage gelange die belangte Behörde zur Ansicht, dass die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als das in der Verwirklichung des genannten Versagungsgrundes bewirkte hohe öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse. Die Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG als zulässig. Mangels sonstiger besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer verfügte bis zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100, am 1. Jänner 2006 über eine Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittstaat - Ö, § 49 Abs. 1 FrG". Gemäß § 81 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, gelten vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszwecks insoweit weiter, als sie nach dem Zweck des Aufenthalts den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Der Beschwerdeführer verfügte daher ab dem 1. Jänner 2006 gemäß § 11 Abs. 1 lit. A Z. 3 sublit. d der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung - NAG-DV, BGBl. II Nr. 451/2005, über einen Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger".
2.1. Da sich der Beschwerdeführer während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhält, kann er gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht. Gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen.
Der Fremde hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht nur über die Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0376 mwN).
2.2. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, ausreichende Unterhaltsmittel im Sinn des § 11 Abs. 5 NAG nachzuweisen. Auch in der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, dass er "seit mehreren Jahren in Österreich" lebe, "wobei mein Unterhalt durch meine Familie bis dato gesichert ist. Ich helfe meinen Töchtern im Haushalt, wodurch es diesen ermöglicht ist, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Mein Unterhalt erscheint daher schon unter Berücksichtigung des langen Aufenthalts gesichert." Dieses Vorbringen lässt konkrete Angaben über die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel vermissen. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG und damit der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG erfüllt sei, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Zur Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 FPG, deren Ergebnis von der Beschwerde nicht bekämpft wird, wird auf die oben wiedergegebene zutreffende Begründung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verwiesen.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. In Anbetracht dieser Erledigung erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 2. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008180576.X00Im RIS seit
25.09.2008Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009