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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
EheG §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der D J W, geboren am 4. Februar 1957, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Türkenstraße 25/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. Juni 2008, Zl. E1/105.554/2007, betreffend die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 10. Juni 2008 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Die Beschwerdeführerin sei mit einem vom 24. Februar bis zum 3. März 2001 gültigen Visum C in das Bundesgebiet eingereist. Ob und gegebenenfalls wann sie das Bundesgebiet danach verlassen habe, sei nicht aktenkundig. Am 11. Februar 2004 sei sie zur "Anmeldung" gelangt und am 11. Mai 2004 habe sie einen österreichischen Staatsbürger geheiratet und darauf gestützt die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt. Ihr Ehemann sei seit dem 14. Juni 2004 an einer Adresse in V gemeldet und halte sich meist in Kärnten auf, weil er dort als Geschäftsführer eines Animierlokales arbeite.
Zu den weiteren Feststellungen der belangten Behörde (wonach die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann nicht in der angegebenen ehelichen Wohnung leben, dass sie kaum deutsch spricht und sich mit ihrem Ehemann nicht unterhalten kann, dass ihr die Adresse ihres Ehemannes in V nicht bekannt ist sowie zu Aussagen mit teils übereinstimmenden, teils widersprechenden Details betreffend die angeblich gemeinsam verbrachte Freizeit und sonstige biographische Details) wird auf den in Beschwerde gezogenen Bescheid verwiesen.
In der Berufung habe die Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde weiter - geltend gemacht, dass sie "gerne ein täglich gemeinsames Eheleben führen wolle, dies jedoch bedauerlicherweise nicht möglich sei". Das Ermittlungsverfahren habe keinen Hinweis darauf geliefert, dass jemals ein gemeinsames Wohnen oder sonst ein Umstand gegeben gewesen sei, der auf ein gemeinsames Ehe- und Familienleben schließen ließe. Die Behauptung, die Ehepartner hätten zumindest ein Jahr in W gemeinsam gewohnt, sei nicht erwiesen, weil dem der Wohnungshauptmieter und befragte Hausparteien widersprochen hätten. Die Beschwerdeführerin sei eine Scheinehe zur Legalisierung ihres Aufenthaltes eingegangen. Der in § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG normierte Sachverhalt sei verwirklicht. Das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin gefährde öffentliche Interessen auch gegenwärtig, tatsächlich und erheblich und berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft, weshalb die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der §§ 61 und 66 FPG - im Grund des § 87 FPG gegeben seien.
Die Beschwerdeführerin sei verheiratet. Sorgepflichten und sonstige familiäre Bindungen zum Bundesgebiet bestünden nicht. Ihr Sohn lebe in ihrer Heimat mit ihrer Familie. Es sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, zur Verhinderung von Scheinehen - dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei.
Bei der gemäß § 66 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessenabwägung sei auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration der Beschwerdeführerin Bedacht zu nehmen. Dieser Aufenthalt sei zu einem Gutteil unrechtmäßig und stütze sich zum anderen Teil auf die genannte Scheinehe. Eine unselbständige Beschäftigung sei der Beschwerdeführerin lediglich auf Grund der Scheinehe möglich gewesen. Mangels jeglicher familiärer Bindung zu Österreich sei das der Beschwerdeführerin insgesamt zuzusprechende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet kaum ausgeprägt. Dem stehe das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und an der Verhinderung von Scheinehen gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessenlagen wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin keinesfalls schwerer als das in ihrem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse daran, dass sie das Bundesgebiet verlasse und diesem fernbleibe.
Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände habe die Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Ein Wegfall der von der Beschwerdeführerin ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit könne nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde wendet sich gegen die Feststellungen der belangten Behörde zum Vorliegen einer Scheinehe (Aufenthaltsehe) und meint, die Behörde hätte "zu den Vorbringen des ursprünglich tatsächlich bestandenen Familienlebens Ermittlungsschritte setzen müssen". Die belangte Behörde habe es unterlassen, "auf das Vorbringen der (Beschwerdeführerin) einzugehen und unterlässt jegliche Feststellungen und Ermittlungsschritte, ob tatsächlich ein Familienleben ursprünglich stattgefunden habe". Die belangte Behörde habe "auf das diesbezügliche Vorbringen in der Berufung überhaupt nicht Bezug" genommen. "Bei Durchführung der notwendigen Ermittlungsschritte sowie Auseinandersetzen mit dem Vorbringen" sei es nicht auszuschließen, "dass tatsächlich nach Eheschließung vorübergehend ein Familienleben ... bestanden hat".
1.2. Mit diesem Vorbringen werden keine konkreten Umstände bezeichnet, die die belangte Behörde hätte ermitteln können und aus denen sich die Führung eines gemeinsamen Familienlebens ableiten lassen würde. Somit unterlässt es die Beschwerde, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen. Die bloße Verweisung auf ein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen oder auf den Inhalt eines in einem anderen Verfahren erstatteten Schriftsatzes stellt keine gesetzmäßige Ausführung von Beschwerdegründen dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0024).
1.3. Im Übrigen vermag der Hinweis, die Aussagen der Eheleute hätten in gewissen Punkten übereingestimmt (zB betreffend die Mehlallergie des Ehegatten "und viele andere verblüffende Übereinstimmungen"), keine Bedenken gegen die beweiswürdigenden Überlegungen der belangten Behörde zu erwecken, zumal die Beschwerdeführerin einräumt, "dass aufgrund der auswärtigen Erwerbstätigkeit des Ehegatten eine Wohngemeinschaft nicht bestehe". Die Beweiswürdigung der belangten Behörde kann im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als unschlüssig erkannt werden.
2. Auf dem Boden dieser Feststellungen bestehen gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsehe (Scheinehe) eingegangen sei, um sich aufenthaltsrechtliche Vorteile zu sichern, und dass das rechtsmissbräuchliche Verhalten der Beschwerdeführerin eine Gefährdung im Sinn des - im Beschwerdefall gemäß § 87 FPG anzuwenden - § 86 Abs. 1 (erster und zweiter Satz) leg. cit. darstelle, keine Bedenken. Weiters begegnet auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen - unbekämpften - Interessenabwägung keinem Einwand und es genügt insoweit, auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Bescheides zu verweisen.
3. Auch soweit die Beschwerde die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes bekämpft, kommt ihr keine Berechtigung zu. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG darf ein Aufenthaltsverbot in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1, 5 und 12 bis 14 leg. cit. unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Nach der hg. Judikatur ist ein Aufenthaltsverbot, das nicht unbefristet erlassen werden kann, für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0231, mwN). In Anbetracht des Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Auffassung vertreten hat, dass ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes nicht vor Verstreichen der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Gültigkeitsdauer erwartet werden könne.
4. Schließlich ist dem Beschwerdevorbringen, die Eheschließung würde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits mehr als fünf Jahre zurückliegen, zu erwidern, dass die Eheschließung erst am 11. Mai 2004 erfolgt ist und im Übrigen die zum Fremdengesetz 1997 ergangene Rechtsprechung, dass eine allein aus dem Rechtsmissbrauch durch Eingehen einer "Scheinehe" resultierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung als weggefallen zu betrachten sei, wenn - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbots - die erstmalige Erfüllung des in § 36 Abs. 2 Z. 9 leg. cit. normierten Tatbestandes bereits mehr als fünf Jahre zurück lag, für den Anwendungsbereich des FPG nicht übernommen worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0228, mwN).
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 2. September 2008
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008180587.X00Im RIS seit
24.09.2008Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009