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19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 2005 §53 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des A B, geboren am 24. März 1977, vertreten durch Mag. Johann Galanda und Dr. Anja Oberkofler, Rechtsanwälte in 1120 Wien, Arndtstraße 87/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 23. März 2007, Zl. SD 2273/05, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien (der belangten Behörde) vom 23. März 2007 wurde der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei laut seinen Angaben am 26. Juli 2000 illegal in Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, der vom Bundesasylamt am 17. Juni 2003 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Während seines Asylverfahrens habe er über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. Sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen sei vom Landeshauptmann von Wien am 21. Februar 2006 abgewiesen worden. Wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet sei er mit Strafverfügung der Erstbehörde (der Bundespolizeidirektion Wien) am 25. Jänner 2006 rechtskräftig bestraft worden.
Der Beschwerdeführer, der unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, sei weder im Besitz eines Aufenthaltstitels noch auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt und nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens im Bundesgebiet verblieben. Er halte sich somit unrechtmäßig hier auf, sodass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen. In einem solchen Fall könnten Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn dem nicht die Bestimmung des § 66 Abs. 1 leg. cit. entgegenstehe.
Der Beschwerdeführer sei seit mehr als sechseinhalb Jahren in Österreich aufhältig und verfüge im Inland über familiäre Bindungen zu zwei Brüdern und einer Lebensgefährtin. Außerdem gehe er seit 1. Jänner 2004 einer Beschäftigung als Arbeiter nach. Es sei daher von einem mit der vorliegenden Maßnahme verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen, welcher sich jedoch als dringend geboten erweise. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme nämlich aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die vom Beschwerdeführer geäußerte Absicht, in Österreich bleiben und seinen Aufenthalt legalisieren zu wollen, könne nicht zu seinen Gunsten ausschlagen, weil gemäß § 21 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ein Aufenthaltstitel nur vom Ausland aus erwirkt werden könne. Gegen diese Regelung habe der Beschwerdeführer, der seinen unrechtmäßigen Aufenthalt trotz diesbezüglicher rechtskräftiger Bestrafung fortgesetzt habe, in gravierender Weise verstoßen. Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Fehlen besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne sein weiterer Aufenthalt auch unter Berücksichtigung seiner familiären Situation im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens nicht in Kauf genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer nach rechtskräftigem Abschluss des ihn betreffenden Asylverfahrens im Bundesgebiet verblieben sei und weder im Besitz eines Aufenthaltstitels sei noch über eine Bewilligung auf Grund einer Verordnung für Vertriebene für seinen Aufenthalt verfüge, begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit dem 26. Juli 2000, seine Berufstätigkeit als Arbeiter seit 1. Jänner 2004 und seine Bindungen zu seinen zwei Brüdern und seiner Lebensgefährtin berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Die aus der Dauer seines inländischen Aufenthaltes resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt bis zum 17. Juli 2003 nur auf Grund eines Asylantrages, der sich als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt war und seit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Asylverfahrens zur Gänze unrechtmäßig war. Da der Beschwerdeführer nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages über keinen Aufenthaltstitel verfügte, der ihn zur Ausübung einer unselbstständigen Beschäftigung berechtigt hätte, kommt auch seiner ab 1. Jänner 2004 ausgeübten Beschäftigung als Arbeiter für die vorliegende Beurteilung keine wesentliche Bedeutung zu.
Diesen nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich seit rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages am 17. Jänner 2003 unrechtmäßig in Österreich aufhält und diesen unrechtmäßigen Aufenthalt trotz seiner (rechtskräftigen) Bestrafung am 25. Jänner 2006 fortgesetzt hat, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt. In Anbetracht dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand - und zwar auch dann, wenn man dieser Beurteilung die Beschwerdebehauptung zugrunde legte, dass der Beschwerdeführer nicht erst seit 1. Jänner 2004, sondern bereits seit August 2002 aufrecht beschäftigt sei und seit Jänner 2002 im Besitz von Arbeitserlaubnissen sei.
Wenn die Beschwerde vorbringt, dass der Beschwerdeführer seine Lebensgefährtin, die dem Studium der Psychologie nachgehe, finanziell unterstütze und für deren Lebensunterhalt aufkomme, so führt dies zu keiner hier den Ausschlag gebenden Verstärkung seiner persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet, zumal kein Grund ersichtlich ist, dass er Unterstützungszahlungen an sie nicht auch vom Ausland her leisten könnte. Auch der behauptete Umstand, dass er über ausgezeichnete Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge und hier seinen Führerschein erworben habe, bewirkt weder eine relevante Verstärkung seiner persönlichen Interessen noch eine Schwächung des gegenläufigen öffentlichen Interesses.
Wenn die Beschwerde weiters vorbringt, dass der Beschwerdeführer gegen den seinen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen abweisenden Bescheid Berufung erhoben habe und das Berufungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, so ist mit diesem Vorbringen für ihren Standpunkt nichts gewonnen, weil die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens nach dem Fremdenrechtspaket 2005 zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung führt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0189, mwN). Im Übrigen lassen die in der Beschwerde dargestellten privaten und beruflichen Bindungen des Beschwerdeführers keine besonderen Umstände erkennen, die es ihm mit Blick auf Art. 8 EMRK unzumutbar machen würden, auch nur für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahren in sein Heimatland zurückzukehren (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2008, Zl. 2008/18/0363, mwN).
Von daher ist die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge nicht zielführend, dass die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen betreffend das anhängige Verfahren des Beschwerdeführers zum Erhalt eines Aufenthaltstitels durchgeführt habe und ihm zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens kein Parteiengehör eingeräumt habe.
3. Schließlich bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von dem ihr gemäß § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die eine derartige Ermessensübung geboten hätten.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 2. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007180261.X00Im RIS seit
09.10.2008Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009