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L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der Z Bergbahnen Ges.m.b.H. & Co KG in Z, vertreten durch Dr. Klaus Dengg, Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Talstraße 4a, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Februar 2007, Zl. U- 14.018/9, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: FK in Z, vertreten durch Mag. Michael Tinzl und Mag. Albert Franz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Museumstraße 21), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14. Juli 2006 wurde der beschwerdeführenden Partei u.a. die naturschutzrechtliche Bewilligung für das Projekt "Verbesserung der Sportabfahrt" gemäß den §§ 6, 29 Abs. 2 lit. a Z. 2 sowie 42 Abs. 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) erteilt.
Über Berufung der mitbeteiligten Partei wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Februar 2007 der erstbehördliche Bescheid im Umfang der erteilten naturschutzrechtlichen Bewilligung aufgehoben und der verfahrenseinleitende Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für das erwähnte Projekt als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Erstbehörde habe auf Grund des Antrages der beschwerdeführenden Partei eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der auch MK geladen worden sei. Bei der Verhandlung am 27. Februar 2006 sei die mitbeteiligte Partei als Rechtsnachfolger der MK anwesend gewesen. Der Mitbeteiligte habe die Verhandlung verlassen und die Unterfertigung der Verhandlungsschrift ohne Angabe von Gründen verweigert. Der Verhandlungsleiter habe in der Verhandlungsschrift vermerkt, dass die mitbeteiligte Partei auf Grund eines offensichtlich bestehenden Vertrages "ohnehin nicht mehr gefragt werden" müsse.
In der Berufung gegen die erstbehördliche Bewilligung habe der Mitbeteiligte ausgeführt, dass eine (zivilrechtliche) Berechtigung der beschwerdeführenden Partei, auf seinen Grundstücken Geländeveränderungen durchzuführen, im Ermittlungsverfahren nicht ausreichend überprüft worden sei. Der Mitbeteiligte sei mit der Durchführung der beantragten Maßnahmen jedenfalls nicht einverstanden.
Der Verwaltungsgerichtshof habe zur Parteistellung des vom Bewilligungswerber verschiedenen Grundeigentümers für das Kärntner Naturschutzgesetz ausgesprochen, diese ergebe sich aus dem Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers als materielle Bewilligungsvoraussetzung und aus den Bestimmungen über dessen Heranziehung im Wiederherstellungsfall bzw. zur Erfüllung der mit einer Bewilligung vorgeschriebenen Auflagen. Dem Grundeigentümer komme Parteistellung zu, die auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkt sei.
Auf Grund der vergleichbaren Ausgestaltung des Tir NatSchG sei im vorliegenden Fall ebenfalls von einer auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkten Parteistellung der mitbeteiligten Partei auszugehen.
Die mitbeteiligte Partei habe ihre Parteistellung auch nicht dadurch verloren, dass sie an der mündlichen Verhandlung (zum Teil) teilgenommen, aber keine Einwendungen erhoben habe, obwohl der Ladung zur Verhandlung zu entnehmen gewesen sei, dass Parteien, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der mündlichen Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben, ihre Parteistellung verlieren. Bei der Zustimmungserklärung handle es sich um "einen für die Vollständigkeit der Antragsunterlagen erforderlichen Bestandteil", dessen Mangel grundsätzlich von der Behörde von Amts wegen aufzugreifen sei. Insoweit es um Fragen der Zulässigkeit einer Sachentscheidung gehe, könne Präklusion nicht eintreten.
Das Erfordernis der Zustimmung der mitbeteiligten Partei als Grundeigentümer sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt, zumal kein liquider Zustimmungsnachweis vorgelegt worden sei. Der erstbehördliche Bescheid sei daher im Umfang der erteilten naturschutzrechtlichen Bewilligung zu beheben und der Bewilligungsantrag spruchgemäß zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 29 Abs. 2 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) darf eine naturschutzrechtliche Bewilligung für die hier aufgezählten Vorhaben nur dann erteilt werden,
1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt, oder
2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
Zu dieser bzw. den im Wesentlichen gleich lautenden Vorgängerbestimmungen (§ 27 Abs. 2 des Tiroler Naturschutzgesetz 1997 und 1991, § 13 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetz (1975)) hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Bewilligungsverfahren ausschließlich dem Schutz der öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz dient, wobei die Behörde - im Falle einer Interessenabwägung - die mit diesem konkurrierenden, an der Erteilung der Bewilligung bestehenden öffentlichen Interessen zu berücksichtigen hat. Demnach haben private Interessen Dritter, weil außerhalb des gesetzlichen Schutzzweckes gelegen, für die Frage, ob für ein naturschutzrechtlich bewilligungsbedürftiges Projekt eine Bewilligung zu erteilen ist, außer Betracht zu bleiben. Es führt daher auch das Eigentum an einem Teil der vom bewilligungsbedürftigen Vorhaben erfassten Grundfläche weder zu einem vom Tir NatSchG anerkannten rechtlichen Interesse noch zu einem Rechtsanspruch des Grundeigentümers auf Versagung der beantragten Bewilligung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1996, Zl. 96/10/0238, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Dem Grundeigentümer erwächst in Ansehung der Ausführung des Vorhabens aus der dem Antragsteller erteilten naturschutzrechtlichen Bewilligung keine öffentlich-rechtliche Duldungspflicht. Die Möglichkeit zivilrechtlicher Gegenwehr - etwa auch zur Verhinderung des Entstehens von allfälligen Verpflichtungen gemäß § 29 Abs. 8 und 9 Tir NatSchG - wird durch die öffentlich-rechtliche Bewilligung in keiner Weise berührt oder gar ausgeschlossen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1995, Zl. 95/10/0125, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Auch unter den Gesichtspunkten des Beschwerdefalles besteht kein Anlass, von dieser Auffassung abzugehen. Soweit im angefochtenen Bescheid auf § 43 Abs. 2 Tir NatSchG verwiesen wird - nach dieser Bestimmung ist einem Antrag auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers anzuschließen, wenn der Antragsteller nicht Grundeigentümer ist, es sei denn, dass auf Grund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten zu Gunsten des Vorhabens möglich ist -, so bezweckt auch diese Vorschrift nicht den Schutz von Eigentümerrechten. Vielmehr handelt es sich dabei, wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls bereits mehrmals ausgesprochen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/10/0163, den Beschluss vom 22. Dezember 1997, Zl. 97/10/0153, und die jeweils zit. Vorjudikatur), lediglich um eine im Dienste der Verwaltungsökonomie stehende Vorschrift: Ein Bewilligungsverfahren soll nur in solchen Fällen durchgeführt werden müssen, in denen sichergestellt erscheint, dass das Vorhaben nicht allein schon wegen der fehlenden Zustimmung des Grundeigentümers zum Scheitern verurteilt ist. Aus der genannten Vorschrift kann - anders als nach der anders gelagerten Vorschrift des Kärntner Naturschutzgesetzes - eine Parteistellung des vom Antragsteller verschiedenen Grundeigentümers nicht abgeleitet werden.
Der mitbeteiligten Partei kam somit im Verfahren über den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für das erwähnte Projekt die Stellung als Partei nicht zu. Sie war daher auch nicht berechtigt, gegen den erstbehördlichen Bewilligungsbescheid Berufung zu erheben.
Auf Grund der Berufung der mitbeteiligten Partei war die belangte Behörde daher nicht ermächtigt, iSd § 66 Abs. 4 AVG in der Sache zu entscheiden. Indem sie dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im zuerkannten Pauschalbetrag bereits enthalten ist.
Wien, am 2. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007100079.X00Im RIS seit
06.10.2008Zuletzt aktualisiert am
09.06.2015