TE Vfgh Beschluss 2003/9/23 V90/02

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Veröffentlicht am 23.09.2003
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6440 Tierkörperverwertung

Norm

Nö TierkörperbeseitigungsV idF LGBl 6440/1-11 §6 Abs5
VfGG §18
VfGG §57 Abs1 zweiter Satz

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags eines Gerichtes auf Aufhebung einer Verordnungsbestimmung mangels ausreichender Darlegung der Bedenken; kein bloßer Formmangel, keine Mängelbehebung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem auf Art89 Abs2 B-VG gestützten Antrag begehrt das Bezirksgericht Gänserndorf wörtlich

"folgende Bestimmung der NÖ-Tierkörperbeseitigungsverordnung i. d.F.der 10.Novelle vom 31.1.2002 (LGBl. 6440/1-11) des Landeshauptmanns von NÖ (Stammverordnung 67/87 v.15,7,1987 - LGBl. Nr. 6440/1-0) als gesetzwidrig (zu §6 Abs4 Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten, Stgbl. Nr. 241/1919 in der Fassung Bgbl. I Nr. 98/2001) aufzuheben:

In §6 Abs(5) (-früher Abs(4)) die Wortfolge am Beginn der zweiten Zeile:

'..von den Gemeinden..'"

2. Diesen Antrag begründet das Bezirksgericht wie folgt (wiederum wörtlich):

"In vorliegenden Fall begehrt die klagende Partei, als für die Verwertung und Beseitigung der im Bereich Niederösterreich anfallenden tierischen Abfälle zuständige Anstalt (§1 Abs1 NÖ TKPV), aufgrund dieser Verordnung (§6 Abs5) ein tarifmäßiges Entgelt, entsprechend dem Ergebnis der letzten allgemeinen Viehzählung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes.Es handle sich dabei um die Beseitigung von Schlachtabfällen, ohne das eine konkrete tatsächliche Leistung hiefür erforderlich wäre. Die Verordnung des NÖ Landeshauptmannes entspräche dem, diesen Bereich regelnden Gesetz (§61 Tierseuchengesetz RGBL.Nr.177/1909 und n i c h t Vollzugsanordnung).

Die beklagte Partei bestritt dieses Klagebegehren, wobei zwar nicht die ziffernmäßige Richtigkeit nach der obgenannten Statistik und die Angemessenheit der Forderung, gemäß dieser Verordnung, bekämpft wurde - es sei jedoch verfassungswidrig auf Grund einer veralteten nicht mehr zutreffenden Zählung (der Schweinebestand sei stark zurückgegangen) unverhältnismässige Abgaben vorzuschreiben und entspäche die NÖ TKBV nicht dem heranzuziehendem Gesetz (§6 Abs4 Vollzugsanweisung STGBl.241/1919 und n i c h t Tierseuchengesetz).

Die Stadtgemeinde Gänserndorf ist nicht Mitglied eines Gemeindeverbandes für Umweltschutz und können die an die klagende Partei zu bezahlenden Gebühren (weder rechtlich noch faktisch) n i c h t von irgendwelchen Dritten (Schlachthöfen, Tierhaltern oder dgl.) hereingebracht werden.

Das antragstellende Gericht hat die NÖ-TKBV (§6 (5))anzuwenden.Hiezu hat das BG Gänserndorf erwogen:

Die gegenständliche NÖ-Tierkörperbeseitigungsverordnung (Stand Novelle 31.1.02) beruft sich u.a. ausdrücklich als gesetzliche Grundlage auf die §§3-6 der Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten, Stgbl. Nr. 241/1919 in der Fassung BGBl. I Nr. 98/2001 sowie auf die §§14 und 61 des Tierseuchengesetzes RGBl. Nr. 177/1909 in der Fassung BGBl. I 98/2001.

Soweit diese Verordnung (NÖ-TKBV) das Tierseuchengesetz erwähnt, bezieht sich dieses allerdings nach Rechtsansicht des antragstellenden Gerichtes n i c h t auf die, der gegenständlichen Forderung zu Grunde liegenden, Bestimmung des §6 NÖ TKBV Abs(5) - früher (4). Aus der Entscheidung des VerfGh vom 22.10.75 (V18/75) ergibt sich hiezu eindeutig, dass das Tierseuchengesetz unter anderem die unschädliche Beseitigung der Kadaver von gefallenen sowie von seuchenkranken und seuchenverdächtigen Tieren zum Gegenstand hat, n i c h t aber die Beseitigung der Abfälle von geschlachteten seuchenunverdächtigen Tieren. Daher bezieht sich auch die Bestimmung des §61 Abs2 Tierseuchengesetz (die eine Kostentragungspflicht der Gemeinde vorsieht) nicht auf die Beseitigung von Abfällen, die sich bei der Schlachtung seuchenunverdächtiger Tiere ergeben.

Die Kostenregelung des §6 Abs1 der Vollzugsanweisung ist daher für die Beseitigung gewöhnlicher Schlachtungsabfälle anzuwenden, ohne dass dem eine (nach §7 der Vollzugsanweisung vorgehende) Bestimmung des Tierseuchengesetzes entgegenstünde.

Der maßgebliche §6 der, im Gesetzesrang stehenden, Vollzugsanweisung, sieht vor, dass der Landeshauptmann nähere Bestimmungen über die Zufuhr der abzuliefernden Gegenstände (Schlachtungsabfälle) zu treffen hat. Des weiteren hat er gem.Abs3 das Entgelt durch Verordnung festzulegen.

Der Absatz (4) lautet:

'(4) Die auf Grund des Entgelttarifes nach Abs3 zu entrichtenden Entgelte sind von den Besitzern der Gegenstände die dem Ablieferungszwang unterliegen zu leisten.'

In einem Anlassfall (Verordnung des LH der Steiermark),wo der VerfGh sich in der Entscheidung vom 12.6.1984 (V14,15/81) sich mit einem 'Besitzer' von Schlachtabfällen zu beschäftigen hatte (mehrere Fleischhauereibetriebe) hat er damals ausgesprochen, dass das Gesetz es dem Verordnungsgeber überlasse, auf welche Weise er die Umlegung der Kosten auf die Benützer vornimmt. Insbesondere wird die Entscheidung vom Verfassungsgerichtshof vom 12.12.1983 (G85/81,G61/83) zu §6 Abs3 der Vollzugsanordnung erwähnt, wo von der der Rechtsansicht ausgegangen wird, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber es überlassen hat, die Zahlungsmodalitäten festzulegen. Es stünde dem Verordnungsgeber hiezu ein weiter Spielraum offen, der nur dem Sachlichkeitsgebot dem Artikel 18 B-VG genügen müsse und hätten die Zahlungsmodalitäten dem üblichen Schema zu entsprechen. Hieraus ist aber für den Standpunkt der klagenden Partei nichts zu gewinnen, da die Zahlungspflichtigen bei diesen Anlaßfällen Schlachthofbetreiber waren und kein Zweifel daran bestand, dass diese auch tatsächlich 'Besitzer' der abzuliefernden Gegenstände waren.

Angesichts der klaren und eindeutigen Bestimmung des, der NÖKTV zugrunde liegenden Gesetzes (nämlich ausschließlich der oben genannten Vollzugsanweisung), wonach gem.§6 Abs(4) die Besitzer der Gegenstände (Schlachtabfälle) die Entgelte zu leisten haben - erscheint die Regelung des §6 Abs5 NÖ-TKBV insoweit sie die Gemeinden zur Tragung dieser Entgelte verpflichtet als gesetzwidrig."

3. Der Landeshauptmann von Niederösterreich legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er zunächst die Zurückweisung des Antrages mangels Präjudizialität, in eventu seine Abweisung begehrt. Die klagende Partei des beim Bezirksgericht Gänserndorf anhängigen Verfahrens gab ebenfalls eine Stellungnahme ab, in welcher sie gleichfalls die Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmung bezweifelt und die Zurückweisung bzw. die Abweisung des Antrages begehrt. Schließlich legte das antragstellende Gericht den Gerichtsakt vor.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art139 Abs1 iVm. Art89 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen über Antrag eines Gerichtes, wenn dieses gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grunde der Gesetzwidrigkeit Bedenken hat.

Von einem Gericht kann der Antrag auf Aufhebung einer Verordnung oder einer bestimmten Stelle einer solchen nur dann gestellt werden, wenn die Verordnung vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden oder wenn die Gesetzmäßigkeit der Verordnung eine Vorfrage für die Entscheidung der bei diesem Gericht anhängigen Rechtssache ist (§57 Abs2 VfGG).

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof die vom antragstellenden Gericht behauptete Präjudizialität der angefochtenen Normen auf ihre Denkmöglichkeit hin zu prüfen. Mit Blick auf die - wenngleich nur fragmentarische - Darlegung des Rechtsstreites geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass das antragstellende Gericht denkmöglich die im §6 Abs5 NÖ Tierkörperbeseitigungsverordnung angefochtene Wortfolge anzuwenden hätte.

2. Neben der gemäß §15 Abs2 VfGG notwendigen "Darstellung des Sachverhaltes, aus dem der Antrag hergeleitet wird", hat der Antrag auch die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Das Fehlen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht als bloßes Formgebrechen, sondern als inhaltlicher Mangel des Antrages zu beurteilen, der einer Verbesserung nach §18 VfGG nicht zugänglich ist (vgl. VfSlg. 11.243/1987, 11.354/1987, 11.611/1988, 12.925/1991).

Dass dem vorliegenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof grundsätzlich Rechtsfragen entnommen werden können, vermag die Darlegung der gegen die Gesetzmäßigkeit der in der Verordnung angefochtenen Wortfolge "von den Gemeinden" sprechenden Bedenken im Einzelnen - bezogen auf den dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalt - nicht zu ersetzen (s. VfSlg. 13.086/1992 mwH und VfSlg. 14.133/1995).

Im Antrag des Gerichtes wird nämlich nicht ausreichend konkretisiert, weshalb der bekämpften Wortfolge in §6 Abs5 der NÖ Tierkörperbeseitigungsverordnung, LGBl. Nr. 6440/1-0 in der Fassung der 10. Novelle, LGBl. Nr. 6440/1-11, Gesetzwidrigkeit anzulasten sei (im Übrigen bleibt unergründlich, weshalb die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom 12.6.1984, V14,15/81 und vom 12.12.1983, G85/81 und G61/83, verwiesen wird, wenn zugleich ausgeführt wird, dass "[h]ieraus ... für den Standpunkt der klagenden Partei nichts zu gewinnen ..." ist, "da die Zahlungspflichtigen bei diesen Anlaßfällen Schlachthofbetreiber waren und kein Zweifel daran bestand, dass diese auch tatsächlich 'Besitzer' der abzuliefernden Gegenstände waren").

3. Aus den dargelegten Gründen war der Antrag daher zurückzuweisen.

4. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Veterinärwesen, Tierkörperverwertung, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:V90.2002

Dokumentnummer

JFT_09969077_02V00090_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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