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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GewO 1994 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch MMag. Peter Schweiger, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 88a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Dezember 2007, Zl. M63/05487/2007, betreffend Nachsicht von einem Gewerbeausschlussgrund, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 7. November 2005, Zlen. 2005/04/0206 bis 0210, verwiesen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Dezember 2007 wurde dem Beschwerdeführer im Instanzenzug gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 die Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung der Gewerbe "Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilenverwalter, Bauträger)", "gewerbliche Vermögensberatung" und "Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers" verweigert.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. Februar 2004 rechtskräftig für schuldig erkannt worden, das Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 2 zweiter Fall StGB begangen zu haben. Wegen dieser rechtskräftigen Verurteilung sei dem Beschwerdeführer im Instanzenzug mit Bescheiden der belangten Behörde vom 18. Juli 2005 die Gewerbeberechtigungen "Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers", "Immobilienmakler", "Bauträger", "Vermögensverwaltung" und "Gebäudeverwaltung" gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen worden. Mit hg. Erkenntnis vom 7. November 2005, Zlen. 2005/04/0206 bis 0210, sei den Beschwerden des Beschwerdeführers gegen diese Bescheide keine Folge gegeben worden.
Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2007 (präzisiert mit Eingabe vom 23. April 2007) habe der Beschwerdeführer die Nachsicht vom Ausschluss der im Spruch näher bezeichneten Gewerbe beantragt.
Bei der Erteilung der Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 sei ebenso wie bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen.
Im Hinblick auf den Bescheid der belangten Behörde vom 18. Juli 2005 und das zitierte hg. Erkenntnis vom 7. November 2005 sei im Beschwerdefall davon auszugehen, dass die gegenständlichen Gewerbe Gelegenheit zur Begehung einer Veruntreuung oder eines Vermögensdeliktes böten. Wenn der Beschwerdeführer dem entgegenhalte, damit würde man Personen auf Grund der de facto stets gegebenen Möglichkeit, bei Ausübung von Gewerben weitere Vermögensdelikte zu begehen, für immer eine Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung versagen, so verkenne er, dass neben der Eigenart der strafbaren Handlung auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen sei.
Insoweit habe sich der Beschwerdeführer darauf berufen, dass er sich seit 7 Jahren (seit Tatbegehung) wohl verhalten habe, er den Schaden wieder gut gemacht habe, die Probezeit abgelaufen sei, er während eines Zeitraumes von 1973 bis 1997 völlig unbescholten die gegenständlichen Gewerbe ausgeübt habe und daher ein Persönlichkeitsbild zu gewinnen sei, das die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung der Gewerbe nicht befürchten lasse. Dem sei entgegenzuhalten, dass gerade aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer trotz einer korrekten Gewerbeausübung über einen Zeitraum von 24 Jahren die Gewerbeausübung zur Begehung einer strafbaren Handlung genutzt habe, indem er ihm anvertrautes Gut durch dreieinhalb Jahre wegen Geldmangels veruntreut und insgesamt einen Schaden von EUR 312.916,98 verursacht habe, selbst bei einem nunmehrigen Wohlverhalten von 7 Jahren weiterhin ein Persönlichkeitsbild zu gewinnen sei, das die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes befürchten lasse. Daran vermöge auch der Umstand der Schadenswiedergutmachung nichts zu ändern.
Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweise, das Strafgericht habe eine positive Persönlichkeitsprognose getroffen, indem die Freiheitsstrafe nur bedingt ausgesprochen worden sei, übersehe er, dass das Strafgericht seinen bedingten Strafausspruch darauf gestützt habe, dass der Beschwerdeführer nur mehr eigene Liegenschaften verwalte. Die Ausübung von Gewerben habe daher das Gericht bei der Würdigung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
2. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid zunächst ein, die belangte Behörde hätte bei ihrer Entscheidung die Gewährung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB berücksichtigen müssen. Im Beschwerdefall lägen besondere Umstände vor, die einer näheren Erörterung durch die belangte Behörde bedurft hätten. So sei insbesondere die Tatsache der gänzlichen Schadenswiedergutmachung durch den Beschwerdeführer, die völlig unbescholtene Ausübung der gegenständlichen Gewerbe im Zeitraum von 1973 bis 1997 sowie die spezialpräventive Wirkung des Strafurteiles bei der Prognose nicht berücksichtigt worden.
Zu diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 7. November 2005, Zl. 2005/04/0206 bis 0210, verwiesen werden, in dem der Verwaltungsgerichtshof bereits im Hinblick auf gleichartige Argumente des Beschwerdeführers festgehalten hat, dass besondere Umstände im Sinne der (in diesem Erkenntnis wiedergegebenen) hg. Rechtsprechung schon im Hinblick auf die begangene Straftat nicht dargetan werden können.
3. Der Beschwerdeführer beruft sich aber auch auf den zwischenzeitlich vorliegenden Zeitraum von mehr als 7 Jahren seit Ende der Tathandlungen bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides, in dem sich der Beschwerdeführer wohlverhalten habe. Die belangte Behörde habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich der Beschwerdeführer keiner weiteren strafbaren Handlung schuldig gemacht habe und daher zu prognostizieren sei, dass er in einer ähnlichen Situation nicht wieder ein strafbares Verhalten setzen werde.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
So hat der Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde (in seiner Berufung vom 4. Juli 2007) näher ausgeführt, er könne zum Beweis einer günstigen Prognose doch nur seine jahrelange Unbescholtenheit vorbringen. Dass die Einstellung des Beschwerdeführers zu Vermögenswerten Dritter nicht "dermaßen" schlecht sein könne, beweise auch die Tatsache, dass er aus Eigenem den gesamten Schaden wieder gutgemacht habe, sodass durch die Tathandlungen kein Dritter in seinem Vermögen geschädigt worden sei. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer in einem langen Zeitraum von mehr als 7 Jahren seit Tatbegehung (und mehr als 3 ½ Jahren seit der strafgerichtlichen Verurteilung) wohlverhalten habe, zeige, dass es sich bei diesem Vorfall um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt habe und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Nachsicht gegeben seien.
Diesem Vorbringen kommt im Beschwerdefall Berechtigung zu:
Das zwischenzeitliche Wohlverhalten des Beschwerdeführers in der Dauer von 7 Jahren ab Tatbegehung verbunden mit dem unstrittigen Umstand der völligen Schadenswiedergutmachtung hätte die belangte Behörde dahingehend in ihrer Prognose berücksichtigen müssen, dass unter den Umständen des vorliegenden Beschwerdefalles nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht mehr zu befürchten ist.
4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 3. September 2008
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008040025.X00Im RIS seit
09.10.2008Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009