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14/01 Verwaltungsorganisation;Norm
UVPG 2000 §23b Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Handstanger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Pfeifergasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 16. Februar 2007, Zl 220.164/0003-IV/SCH2/2007, betreffend Feststellung gemäß § 24 Abs 5 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Biberstraße 11), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalls wird auf das hg Erkenntnis vom 12. September 2006, Zl 2005/03/0131, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 18. März 2005, in dem festgestellt worden war, dass für das Vorhaben des zweigleisigen Ausbaues der Tauernbahn auf der ÖBB-Strecke Schwarzach/St. Veit - Spittal/M, Abschnitt Angerschluchtbrücke - Bf. Angertal, km 24,600 bis km 26,306 der mitbeteiligten Partei keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem
3. Abschnitt des UVP-G 2000 durchzuführen sei, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, da das verfahrensgegenständliche Vorhaben als zweigleisiger Ausbau einer Fernverkehrsstrecke gemäß § 23b Abs 1 Z 1 UVP-G 2000 idF BGBl I 89/2000 einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen wäre.
Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 24 Abs 5 UVP-G 2000 festgestellt, dass "für das der Behörde mit Schreiben vom 30.1.2007 vorgelegte geänderte Vorhaben des zweigleisigen Ausbaues der Tauernbahn auf der ÖBB-Strecke Schwarzach/St. Veit - Spittal/M, Abschnitt Angerschluchtbrücke - Bf. Angertal, km 24,600 bis km 26,306" der mitbeteiligten Partei keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 durchzuführen sei.
Begründend führt die belangte Behörde aus, dass sie nach Aufhebung des Bescheides vom 18. März 2005 durch den Verwaltungsgerichtshof an die mitbeteiligte Partei die Anfrage gestellt habe, ob bzw inwieweit sich die Sachlage zwischenzeitig geändert habe.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2006 habe die mitbeteiligte Partei vorgebracht, dass das gegenständliche Bauwerk nicht als zweigleisiger Ausbau eines Streckenabschnitts zu qualifizieren sei, lediglich der Ausläufer einer Spaltweiche des Bahnhofs Angertal befinde sich im Bereich des gegenständlichen Brückenbauwerks. Die bestehende Angerschluchtbrücke sei auf Grund ihres baulichen Zustandes für eine sichere Weiterführung des Betriebes nicht mehr geeignet und eine Sanierung mit betriebswirtschaftlich zu rechtfertigendem Aufwand sei nicht möglich. Die mitbeteiligte Partei werde ein Brückenbauwerk, welches den vom Verwaltungsgerichtshof formulierten Kriterien entspreche, bis zum tatsächlichen zweigleisigen Ausbau im gegenständlichen Bereich eisenbahnrechtlich genehmigungsfähig vorlegen.
Diese Äußerung sei den Verfahrensparteien sowie dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung zur Kenntnis gebracht worden.
Die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Stellungnahme das Vorbringen der mitbeteiligte Partei bestritten und zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes und der Rechtssicherheit die unverzügliche Nichtigerklärung des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheides gemäß § 24 Abs 10 UVP-G 2000 gefordert.
Die mitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 30. Jänner 2007 einen Antrag auf Abänderung der ihr mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. August 2006 erteilten eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung unter Vorlage eines entsprechenden Einreichoperates gestellt, wobei das nunmehrige Projekt keine Zulegung eines zweiten Streckengleises beinhalte. Im Zuge dieses Verfahrens habe der eisenbahnbautechnische Gutachter festgestellt, dass es zu einer Umtrassierung des Gleisprovisoriums P1 von km 24,602 bis km 25,355 mit einer Verschiebung der Spaltweiche 1-P1 von km 25,035 auf km 25,196 komme, die ursprünglich vorgesehene Verlängerung der Zweigleisigkeit von km 25,035 bis km 25,195 entfalle daher.
Im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. September 2006, Zl 2005/03/0131, komme es damit zu keinem Neubau im Zuge der Eisenbahnfernverkehrsstrecke Salzburg - Schwarzach/St. Veit - Villach - Staatsgrenze bei Rosenbach, sondern lediglich zu Ausbaumaßnahmen auf der bestehenden Eisenbahnstrecke. Die bestehende eingleisige Angerschluchtbrücke werde durch den Neubau der gleichfalls "eingleisigen Angerschluchtbrücke" bei Projektkilometer 25,059 ersetzt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei für das abgeänderte Projekt nicht erforderlich.
Die mitbeteiligte Partei habe darauf verwiesen, dass es grundsätzlich weiterhin beabsichtigt sei, die gegenständliche Eisenbahnstrecke in weiterer Zukunft zweigleisig auszubauen. Im Hinblick darauf sei es erforderlich, das Brückenbauwerk bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt entsprechend zu dimensionieren.
Zusammenfassend hielt die belangte Behörde fest, dass die nunmehr gegenständliche Baumaßnahme keine Zulegung eines weiteren Streckengleises beinhalte. Die belangte Behörde verkenne aber nicht, dass im Falle einer Zulegung eines zweiten Streckengleises in irgend einem Abschnitt im Gasteinertal die Durchführung eines UVP-Verfahrens jedenfalls schon auf Grund bestehender europarechtlicher Normen sowie im Sinne der eindeutigen Judikatur jedenfalls erforderlich sein werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Mit Vorerkenntnis vom 12. September 2006, Zl 2005/03/0131, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Vorhaben der mitbeteiligten Partei betreffend den zweigleisigen Ausbau der mit Verordnung der Bundesregierung, BGBl Nr 370/1989, zur Hochleistungsstrecke erklärten Eisenbahnstrecke "Salzburg - Schwarzach/St. Veit - Villach - Staatsgrenze bei Rosenbach" in einem rund 1,7 km langen Abschnitt (Angerschluchtbrücke - Bf. Angertal, km 24,600 bis km 26,306), einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen wäre. Der Bescheid der belangten Behörde, der die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verneinte, wurde daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im fortgesetzten Verfahren, in dem die belangte Behörde gemäß § 63 VwGG verpflichtet war, mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, hat die mitbeteiligte Partei das Vorhaben mit Antrag vom 30. Jänner 2007 modifiziert. Die belangte Behörde gelangte daraufhin im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis, dass durch diesen Antrag auf Änderung der bereits erteilten eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung das Vorhaben der mitbeteiligten Partei so weit abgeändert worden sei, dass keine Verpflichtung zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung mehr bestehe.
2. Wie aus den - unvollständig vorgelegten - Verwaltungsakten hervorgeht, bezogen sich die Projektsänderungen auf Projektkm 24,602 bis Projekt-km 25,355. Im Wesentlichen - so wird dies auch im angefochtenen Bescheid wiedergegeben - kommt es zu einer "Umtrassierung des Gleisprovisoriums P1 von km 24,602 bis km 25,355 mit einer Verschiebung der Spaltweiche 1-P1 von km 25,035 auf km 25,196, die ursprünglich vorgesehene Verlängerung der Zweigleisigkeit von km 25,035 bis km 25,195 entfällt". Verfahrensgegenständlich ist aber, auch nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides, weiterhin das Ausbauvorhaben von km 24,600 bis km 26,306, in dem auch nach dem geänderten Projekt eine (teilweise) zweigleisige Streckenführung - mit Anschluss an das Gleisprovisorium mittels der in ihrer Lage verschobenen Spaltweiche - vorgesehen ist.
Die beschwerdeführende Partei weist zutreffend darauf hin, dass der Unterschied des geänderten Vorhabens im Vergleich zum ursprünglichen Vorhaben, wie es dem Vorerkenntnis zugrunde lag, im Wesentlichen darin liegt, dass die Einbindung des Neubaus der zweigleisigen Hochleistungsstrecke in den nördlich anschließenden eingleisigen Bereich nicht erst auf der Angerschluchtbrücke bei km 25,035, sondern bereits zuvor im Bereich zwischen der Haltestelle Angertal und der Angerschluchtbrücke (km 25,196) erfolgt. Da das zu beurteilende Vorhaben nicht nur das Brückenbauwerk der Angerschluchtbrücke, sondern auch den Bereich der Haltestelle Angertal umfasst und die von der belangten Behörde als Grundlage ihrer Entscheidung herangezogene "Änderung" nur rund 160 m des Vorhabens von 1,7 km betrifft, ist gegenüber der dem Vorerkenntnis vom 12. September 2006, Zl 2005/03/0131, zugrundeliegenden Sachlage keine entscheidungswesentliche Änderung eingetreten, sodass der angefochtene Bescheid schon aus den in diesem Erkenntnis genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
3. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das zu beurteilende Vorhaben nach den Einreichunterlagen darauf gerichtet ist, den zweigleisigen Ausbau der Tauernbahn weiterzuführen (der technische Bericht zum geänderten Einreichprojekt spricht etwa von der Vorgabe der "Weiterführung des zweigleisigen Ausbaus der Tauernbahn bzw Lückenschluss des zweigleisigen Ausbaus der Tauernbahn"). Auch die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angeführte Vorhabensbezeichnung ("zweigleisiger Ausbau der Tauernbahn Abschnitt Angerschluchtbrücke - Bf. Angertal") weist darauf hin, dass sich das Vorhaben nicht allein auf den Ersatz der (bislang eingleisigen) Angerschluchtbrücke beschränkt, sondern ein zweigleisiger Ausbau vorgesehen ist.
Im Hinblick auf die auch nach dem geänderten Einreichplan ausdrücklich vorgesehene Dimensionierung insbesondere des Brückenbauwerks für die Zulegung eines zweiten Gleises kann nicht zweifelhaft sein, dass das von der belangten Behörde zu beurteilende Vorhaben das - allenfalls auch erst stufenweise zu verwirklichende - gesamte Projekt des zweigleisigen Ausbaus des verfahrensgegenständlichen Streckenabschnitts umfasst. Daran ändert es auch nichts, wenn die Errichtung des zweiten Gleises auf der Brücke noch nicht Gegenstand des Antrags auf Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung war, da die Einreichplanung auf die nach den Projektsunterlagen auch vorgesehene spätere Zulegung des zweiten Gleises abgestellt ist (vgl zur Beurteilung eines Gesamtkonzepts aufgrund aktenkundiger Projektsgrundlagen das hg Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl 2003/05/0218; zur "Stückelung" zur Vermeidung eines Verfahrens nach dem UVP-G vgl das hg Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl 2000/03/0004).
4. Der angefochtenen Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 3. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007030068.X00Im RIS seit
08.10.2008Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009