Index
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner sowie die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H D in W, vertreten durch Gheneff - Rami Rechtsanwälte KEG in 1040 Wien, Floragasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Dezember 2004, Zl SD 502/01, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) verhängt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei am 23. August 2000 vom Besitzer einer Katze Anzeige wegen des Verdachts der Tierquälerei und der versuchten Sachbeschädigung gegen unbekannte Täter erstattet worden. Er habe eine Quetschung im rechten Brustkorbbereich seines Katers bemerkt und sei von einem Zeugen informiert worden, dass mit einem Luftdruckgewehr aus einem Fenster in den Garten des Hauses W, Sgasse 38 geschossen worden sei. Das Schießen habe erst aufgehört, als die zu diesem Zeitpunkt im Garten befindliche Katze fluchtartig weggelaufen und nicht mehr zu sehen gewesen sei.
Der zu dem Vorfall befragte nunmehrige Beschwerdeführer gab an, eine Luftdruckpistole der Marke Diana zu besitzen, mit der er Katzen, die im Hof Vögel jagen würden, zu erschrecken versuche, indem er auf ein "Blechschaffel" (Blechdose) ziele, und die Katzen dadurch vertreibe. Er passe immer auf, dass sich keine Kinder oder sonstigen Personen im Hof befänden. Außerdem sei eine Druckluftwaffe eine "minderwirksame Schusswaffe" und als solche nicht tödlich. Zudem habe es sich bei der Katze um ein in niemandes Eigentum stehendes Tier gehandelt, welches er durch einen Schuss auf die Blechdose nur erschrecken habe wollen.
Die belangte Behörde stellte aufgrund von Erhebungen vor Ort fest, dass der Garten für alle Hausbewohner frei zugänglich sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Schüsse seien die im Garten vorhandenen Bäume und Sträucher belaubt gewesen und es sei jedenfalls im Sommer von einer eingeschränkten Einsicht des Beschwerdeführers in den Garten- bzw Hofbereich auszugehen. Bei der von ihm gewählten Vorgangsweise habe der Beschwerdeführer, der aus seinem Fenster im zweiten Stock in den frei zugänglichen Bereich Schüsse mit seiner Luftdruckpistole abgegeben habe, nicht ausschließen können, dass unvorhergesehen ein Kind in den Garten gelaufen komme oder eine andere Person den Garten aufsuchen würde. Obwohl er mehrfach angegeben habe, ungezielte Schüsse auf Katzen abgegeben bzw auf die Blechdose gezielt zu haben, habe er dennoch eine Katze verletzt, wodurch nicht von der Hand zu weisen sei, dass er die Gefährdung von Menschen und Tieren nicht von vornherein ausschließen bzw verhindern könne. Daher sei aufgrund seines "unangemessenen Gebrauches einer Waffe" anzunehmen, dass ihm auch künftig die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen sei. Es sei daher die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte, weshalb die Behörde gemäß § 12 Abs 1 WaffG ein Waffenverbot aussprechen habe müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
1. Gemäß § 12 Waffengesetz 1996 (WaffG) hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der in § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 6. September 2005, Zl 2005/03/0039, mwN).
Hat ein missbräuchlicher Gebrauch von Schusswaffen in der Vergangenheit bereits stattgefunden, so wird die Besorgnis, dass in der Zukunft von der Waffe ein die Interessen an den gesetzlichen Schutzgütern beeinträchtigender gesetz- oder zweckwidriger (missbräuchlicher) Gebrauch im Sinn des § 12 WaffG gemacht werden könnte, wesentlich verstärkt, wobei diese Verhaltensprognose sich durchaus auch bloß auf einen einzigen Vorfall stützen kann. Ob der Betroffene wegen des Vorfalls strafgerichtlich verfolgt oder verurteilt wurde, ist nicht ausschlaggebend (vgl das hg Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl 99/20/0209, mwN).
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei völlig unklar, welchen Sachverhalt die belangte Behörde als erwiesen angenommen habe, da sich im angefochtenen Bescheid "keine klaren Tatsachenfeststellungen" darüber fänden, ob der Beschwerdeführer auf eine Katze geschossen bzw diese getroffen habe, ob er eine Katze schuldhaft verletzt habe und ob die Katze herrenlos gewesen sei. Selbst bei Zugrundelegung des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes wäre aber kein Grund gegeben, "die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers zu verneinen".
Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt kommt es vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer auf die in der Anzeige vom 23. August 2000 genannte Katze (gezielt) geschossen oder diese allenfalls tatsächlich getroffen hat. Die belangte Behörde hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Luftdruckpistole aus seinem Fenster in einen Garten geschossen hat, der für die elf Bewohner des Hauses (darunter zwei Kinder) frei zugänglich ist, vom Fenster des Beschwerdeführers aber nur eingeschränkt eingesehen werden konnte. Diesen Feststellungen ist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht konkret entgegen getreten. Ausgehend von diesen Feststellungen konnte die belangte Behörde davon ausgehen, dass die vom Beschwerdeführer gewählte Vorgangsweise, mit einer Luftdruckpistole in einen für andere Hausbewohner zugänglichen, nicht zur Gänze einsichtigen Garten zu schießen, um Katzen zu verjagen, insofern eine unverhältnismäßige Handlung ist, als der Beschwerdeführer nicht ausschließen konnte, dass unvorhergesehen ein Kind in den Hof gelaufen komme bzw eine andere Person den Garten aufsuche.
Der Gebrauch einer Waffe zu dem vom Beschwerdeführer verfolgten Zweck stellt unter den festgestellten örtlichen Verhältnissen jedenfalls eine im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG qualifiziert missbräuchliche Verwendung einer Waffe dar, zumal der Beschwerdeführer den zum Vertreiben von Katzen für notwendig erachteten Lärm auch auf andere Weise als durch Schießen auf eine Blechdose hätte erzeugen können. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie ungeachtet des untadeligen Vorlebens des Beschwerdeführers aufgrund dieses unangemessenen Gebrauches einer Waffe das Vorliegen einer Gefährdung von Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdem Eigentum angenommen und aus diesem Vorfall die im Sinn des § 12 WaffG erforderliche Verhaltensprognose abgeleitet hat. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer die Katze tatsächlich durch einen Schuss verletzt hat, war angesichts der getroffenen Feststellungen über die örtliche Situation nicht notwendig.
Wenn der Beschwerdeführer aus dem in seiner Beschwerde zitierten hg Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl 99/20/0209, ableitet, dass selbst eine - bei ihm gar nicht vorliegende - "verhältnismäßig geringfügige strafrechtliche Verurteilung wegen Tierquälerei (§ 222 Abs 1 StGB) mit Hilfe einer Luftdruckwaffe ohne Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen nicht ausreichen würde, um die waffenrechtliche Verlässlichkeit zu verneinen", so ist darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zunächst auf § 8 Abs 3 Z 1 WaffG bezogen hat, wonach eine (unter anderem) wegen Tierquälerei erfolgte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen die waffenrechtliche Verlässlichkeit ex lege ausschließt. Der Gerichtshof hat in diesem Erkenntnis in Bezug auf die Verhängung eines Waffenverbotes gemäß § 12 WaffG aber weiter festgehalten, dass auch eine "verhältnismäßig geringfügige strafgerichtliche Verurteilung", die unter dem in § 8 Abs 3 Z 1 leg. cit genannten Strafmaß liegt und daher "nicht einmal ausreichen würde, um die waffenrechtliche Verlässlichkeit zu verneinen", im Fall eines waffenrechtlichen Bezuges und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände durchaus Anlass für die Verhängung eines Waffenverbotes geben kann. Eine strafrechtliche Verurteilung ist für die Begründung eines Waffenverbotes gemäß § 12 WaffG für sich allein daher weder ausreichend noch erforderlich. Es kommt vielmehr darauf an, ob aus einem bestimmten Sachverhalt die Annahme abgeleitet werden kann, dass der Betroffene durch missbräuchliches Verwenden von Waffen die in der genannten Gesetzesbestimmung angeführten Rechtsgüter gefährden könnte (vgl dazu das zuvor zitierte Erkenntnis mwN, insbesondere auch im Hinblick auf das Vorliegen eines "waffenrechtlichen Bezuges" des vom Adressaten des Waffenverbotes gesetzten Verhaltens).
Da das im vorliegenden Fall festgestellte unvorsichtige und unangemessene Verhalten des Beschwerdeführers eindeutig waffenrechtlichen Bezug (Gebrauch einer Luftdruckpistole) aufweist, kann der belangten Behörde somit im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Handlungsweise des Beschwerdeführers als konkreten Umstand gewertet hat, der die Besorgnis rechtfertigt, dass er durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
3. Als Verfahrensmangel macht der Beschwerdeführer geltend, dass er zur Anzeige des "Besitzers einer Katze" und zu den Ergebnissen der Beweisaufnahmen der Behörden nicht habe Stellung nehmen können, sodass er in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei.
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer zur Anzeige des Besitzers der verletzten Katze in erster Instanz niederschriftlich einvernommen und hatte schon im erstinstanzlichen Verfahren daran anschließend nochmals Gelegenheit, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, wobei er von dieser Möglichkeit mit Schreiben vom 10. April 2001 Gebrauch gemacht hat. Der Beschwerdeführer konnte in der Folge auch im Berufungsverfahren zu den Ergebnissen der Beweisaufnahmen Stellung nehmen, wobei er von dieser Möglichkeit mit Schreiben vom 5. Februar 2002 Gebrauch gemacht hat. Eine Verletzung des Parteiengehörs ist für den Verwaltungsgerichtshof daher nicht ersichtlich.
4. Auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Begründungsmängel liegen nicht vor.
In seiner Stellungnahme vom 5. Februar 2002 hat der Beschwerdeführer zu dem ihm zur Kenntnis gebrachten Ergebnis der an Ort und Stelle vorgenommenen Erhebungen zwar behauptet, er habe "den gesamten Hof- und Gartenbereich einsehen" können, er hat aber nicht bestritten, dass es sich bei dem Hof bzw Garten um einen für alle Hausbewohner zugänglichen Bereich handelt und dass zum Zeitpunkt der Abgabe der Schüsse die im Garten vorhandenen Bäume und Sträucher belaubt waren und damit eine Sichtbehinderung darstellten. Die Feststellung der belangten Behörde, es sei jedenfalls im Sommer von einer eingeschränkten Einsicht in den Hof bzw Garten auszugehen, ist daher nicht zu beanstanden und es ist der Beschwerdeführer dieser Feststellung in seiner Beschwerde auch nicht mehr entgegen getreten.
Darauf, dass der Beschwerdeführer tatsächlich eine Katze durch einen Schuss verletzt hätte und ob es sich bei dieser Katze um ein herrenloses Tier handelte oder nicht, kam es angesichts der getroffenen Feststellungen über die örtliche Situation und dem sich daraus ergebenden Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der Abgabe von Schüssen in den Garten tretende Hausbewohner (einschließlich der im Haus wohnenden Kinder) gefährden könnte, nicht an.
4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 3. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005030090.X00Im RIS seit
25.09.2008Zuletzt aktualisiert am
05.11.2008