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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs4 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des G K in V, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Bahnhofstraße 20, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Jänner 2006, Zl. Gem(Stb)-425268/7-2006-Mah/Hs, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit beschwerdegegenständlich - das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 Abs. 1, 4 und 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung BGBl. Nr. 124/1998 (StbG), abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 28. Jänner 2005 einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für sich, seine Gattin und seine minderjährigen Kinder eingebracht. Das Ermittlungsverfahren habe im Wesentlichen ergeben, dass die Familie des Beschwerdeführers seit 22. Jänner 1999 in Österreich lebe, unbescholten sei und der Lebensunterhalt durch ein regelmäßiges Einkommen als gesichert anzusehen sei. Besonders berücksichtigungswürdige Gründe seien jedoch keine erhoben worden.
Im Rahmen des Parteiengehörs habe der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter eine Stellungnahme vom 4. November 2005 übermittelt, in welcher er ausgeführt habe, er hätte eigentlich als Flüchtling anerkannt werden müssen. Jedoch sei ihm und seiner Familie im Gegensatz zu anderen Kosovo-Albanern nur eine humanitäre Aufenthaltsbewilligung gewährt worden. Seine jüngste Tochter würde sogar den Tatbestand des § 10 Abs. 4 Z 1 StbG erfüllen. Seine größeren Kinder würden sich nur dunkel an das Heimatland erinnern, eine Rückkehr nach Kosovo käme für den Beschwerdeführer nicht in Frage. In einer weiteren Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ergänzend ausgeführt, sowohl er als auch seine Gattin würden bei der Firma H. arbeiten, bei dieser Firma würden etwa 15 Kosovo-Albaner arbeiten, seine Gattin sei eine geborene S. und ihre Familie würde fast zur Gänze in Vöcklamarkt wohnen und die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Der Beschwerdeführer selbst fungiere als Kassier beim FC Kosova in St. Georgen, das jüngste Kind des Beschwerdeführers würde ab Herbst die österreichische Schule besuchen. Aus diesen Umständen ergebe sich nach Auffassung des Beschwerdeführers eine besondere soziale und berufliche Integration.
Der Beschwerdeführer erfülle den 10-jährigen Wohnsitz in Österreich, der von § 10 Abs. 1 Z 1 StbG gefordert werde, nicht. Ob dem Beschwerdeführer im Asylverfahren die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen gewesen wäre bzw. ob beim Asylverfahren der Gleichheitssatz verletzt worden wäre, sei von der Staatsbürgerschaftsbehörde nicht zu prüfen. Dass die jüngste Tochter des Beschwerdeführers die Voraussetzungen des "§ 10 Abs. 1 Z 4" StbG erfülle, sei irrelevant, weil zunächst zu prüfen sei, ob der Beschwerdeführer als Hauptantragsteller die Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft erfülle. Auch die Tatsache, dass die größeren Kinder des Beschwerdeführers in Österreich aufgewachsen seien, käme als besonderes Integrationsmerkmal der ganzen Familie nicht in Frage. Das für den Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Kosovo nicht in Frage komme, sei zweifelsfrei ein auf seinen persönlichen Vorteil abzielender Gedanke, für einen positiven Ausgang dieses Verfahrens sei daraus nichts zu gewinnen. Auch die geltend gemachte langjährige Beschäftigung beim selben Arbeitnehmer sei kein berücksichtigungswürdiger Grund. Vielmehr sei die Tatsache, dass der Beschwerdeführer und seine Gattin in dieser Firma offensichtlich in erster Linie mit Landsleuten zusammen arbeiteten, zweifelsfrei einer Integration nicht zuträglich. Auch könne die Tatsache, dass der Beschwerdeführer Kassier beim FC Kosova sei, als Indiz gewertet werden, dass er sich nach wie vor im Kreise seiner Landsleute wohler fühle und den Kontakt mit Österreichern nicht suche. Dies sei nicht als Vorwurf zu werten, sondern es werde lediglich hervorgehoben, dass diese Umstände für den Nachweis einer nachhaltigen Integration völlig ungeeignet seien. Interessant sei, dass die Behörde die Tatsache, dass die Kreditbedingungen für österreichische Staatsbürger günstiger seien als für Ausländer, als berücksichtigungswürdig werten solle. Daraus gehe hervor, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht wegen der von ihm bereits erreichten Integration anstrebe, sondern schlicht den persönlichen finanziellen Vorteil im Auge habe. Schließlich sei bemerkt, dass in Österreich Schulpflicht bestehe und alle Kinder die Schule besuchen müssten, womit auch in der Tatsache des Schulbesuchs des jüngsten Kindes des Beschwerdeführers kein Integrationsmerkmal erblickt werden könne. Daher sei eine nachhaltige Integration im Sinne des StbG nicht nachgewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung eines mindestens 10- jährigen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet nach § 10 Abs. 1 Z 1 StbG nicht erfüllt.
Der Beschwerdeführer macht jedoch geltend, die belangte Behörde habe seine nachhaltige persönliche und berufliche Integration nicht gewürdigt.
2. Gemäß § 10 Abs. 4 Z 1 iVm Abs. 5 Z 3 StbG - in der hier maßgeblichen Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts- Novelle 2005, BGBl. I 37/2006, - kann die Verleihung der Staatsbürgerschaft auch ohne den in § 10 Abs. 1 Z 1 StbG vorausgesetzten 10-jährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet erfolgen, wenn der Verleihungswerber seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat und der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration erbracht ist.
Zur maßgeblichen Rechtslage und zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration ist gemäß § 43 Abs. 2 2. Satz VwGG vorweg insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 2000/01/0227, zu verweisen (vgl. hiezu zuletzt in Zusammenhang mit § 12 StbG das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2005/01/0114, mit Verweisen auf die Folgejudikatur, vgl. in Zusammenhang mit § 10 Abs. 4 und 5 StbG das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2007, Zl. 2005/01/0384, mwN).
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes orientiert sich in dieser Hinsicht an der in den Gesetzesmaterialien (RV 1283 BlgNR XX. GP, 8) ausdrücklich so formulierten Ansicht, der "Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration" werde "dann als erbracht gelten, wenn der Fremde sowohl beschäftigungsrechtlich (zB Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein) als auch fremdenrechtlich (zB unbefristete weitere Niederlassungsbewilligung) eine bis auf Weiteres gesicherte Position in Österreich hat und hier persönlich nachhaltig verankert ist (zB Familie lebt mit dem Fremden in Österreich, Kinder besuchen die Schule usw.)" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2003/01/0329, mit Verweis auf das obzitierte Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 2000/01/0227).
3. Diese solcherart zur Beurteilung des Tatbestandsmerkmals der nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration nach der hg. Rechtsprechung maßgeblichen Kriterien hat die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht ausreichend berücksichtigt.
So fehlen im angefochtenen Bescheid etwa Feststellungen zur beschäftigungsrechtlichen und fremdenrechtlich gesicherten Position des Beschwerdeführers in Österreich.
Aber auch im Hinblick auf die persönliche Integration des Beschwerdeführers ist die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ausreichend:
So ist der Schluss, alleine die Tätigkeit des Beschwerdeführers beim "FC Kosova" sei als Indiz zu werten, dass er sich nach wie vor "im Kreise seiner Landsleute wohler fühlt und den Kontakt mit Österreichern nicht sucht" nicht nachzuvollziehen. Die Auffassung der belangten Behörde, aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Kreditbedingungen seien bei österreichischen Staatsbürgern wesentlich günstiger als bei Fremden, sei zu schließen, dass dieser die österreichische Staatsbürgerschaft nicht wegen der von ihm bereits erreichten Integration anstrebe, sondern "schlicht den persönlichen finanziellen Vorteil im Auge hat", ist ebenso nicht haltbar.
4. Da die belangte Behörde solcherart den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründete, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. Nr. 333.
Wien, am 4. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006010074.X00Im RIS seit
03.10.2008Zuletzt aktualisiert am
19.02.2009