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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §10;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2006/01/0927 2006/01/0929 2006/01/0928Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerden 1. des R R, geboren 1969, 2. der K R, geboren 1970, 3. des M R, geboren 1999, und 4. des I R, geboren 2003, alle in L und vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom 16. Oktober 2006, Zlen. 237.008/8- V/13/05 (zu 1.), 237.007/2-V/13/04 (zu 2.), 237.006/2-V/13/04 (zu 3.) und 251.186/0-V/13/04 (zu 4.), betreffend (zu 1.) Zurückweisung eines Asylantrages wegen entschiedener Sache bzw. (zu 2. bis 4.) §§ 10, 11 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Die zweit- bis viertangefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird abgelehnt.
Ein Aufwandersatz findet diesbezüglich nicht statt.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind mazedonische Staatsangehörige albanischer Volksgruppenzugehörigkeit, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und Eltern des Dritt- und Viertbeschwerdeführers. Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer gelangten am 6. Juni 2002 in das Bundesgebiet und stellten am 7. Juni 2002 (erstmals) Anträge auf Gewährung von Asyl (Erstbeschwerdeführer) bzw. auf Erstreckung von Asyl (Zweitbeschwerdeführerin und Drittbeschwerdeführer). Zur Begründung seines Antrages verwies der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen darauf, dass er Mazedonien aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage verlassen habe.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid vom 1. April 2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und stellte gemäß § 8 AsylG (in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101) die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Erstbeschwerdeführers nach Mazedonien fest. Die Asylerstreckungsanträge der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes ebenfalls vom 1. April 2003 gemäß §§ 10, 11 AsylG abgewiesen. Dagegen erhobene Berufungen wies die belangte Behörde mit Bescheiden vom 12. Mai 2003 ab. Mit hg. Beschluss vom 16. Juli 2003, Zlen. 2003/01/0367 bis 0369, wurde die Behandlung von dagegen erhobenen Beschwerden abgelehnt.
Mit Schreiben vom 29. März 2004 beantragte der Erstbeschwerdeführer neuerlich die Gewährung von Asyl; die Zweitbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer und der am 4. Oktober 2003 in Österreich geborene Viertbeschwerdeführer stellten gleichzeitig (auf den Erstbeschwerdeführer bezogene) Asylerstreckungsanträge. Der Erstbeschwerdeführer brachte nunmehr vor, er werde in Mazedonien von den Behörden gesucht, weil er während des Krieges für die UCK Waffen transportiert habe; in diesem Zusammenhang wurde vom Erstbeschwerdeführer eine (gerichtliche) Ladung vorgelegt.
Das Bundesasylamt wies den zweiten Asylantrag des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid vom 21. Juni 2004 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück; die Anträge der Zweitbeschwerdeführerin sowie des Dritt- und Viertbeschwerdeführers wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 21. Juni 2004 gemäß §§ 10, 11 Abs. 1 AsylG abgewiesen.
Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Berufung. Mit Bescheid vom 10. März 2005 behob die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Vorlage einer weiteren Ladung den den Erstbeschwerdeführer betreffenden Bescheid, dies unter Verweis darauf, dass die im Verfahren vorgelegten Ladungen einer näheren Prüfung zu unterziehen seien. Das Bundesasylamt holte daraufhin eine Stellungnahme der Österreichischen Botschaft Skopje ein, die unter Beiziehung eines mazedonischen Rechtsanwaltes zur Einschätzung gelangte, dass es sich bei den vorgelegten Ladungen um Fälschungen handle. Das Bundesasylamt wies sodann den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid vom 23. September 2005 abermals gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Erstbeschwerdeführer zog auch diesen Bescheid in Berufung.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. September 2005 gemäß § 68 Abs. 1 AVG ab; mit den zweit- bis viertangefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen der Zweitbeschwerdeführerin sowie des Dritt- und Viertbeschwerdeführers gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 21. Juni 2004 gemäß §§ 10, 11 AsylG abgewiesen.
Über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Zu I.:
Die belangte Behörde hat die mit Schreiben vom 29. März 2004 gestellten Asylerstreckungsanträge der Zweitbeschwerdeführerin sowie des Dritt- und Viertbeschwerdeführers im Hinblick auf § 44 Abs. 1 AsylG zunächst zutreffend auf Basis der §§ 10 und 11 leg. cit. in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003 beurteilt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2005, Zlen. 2005/20/0145 bis 0147). Sie hat allerdings nicht beachtet, dass die Zweitbeschwerdeführerin sowie der Dritt- und Viertbeschwerdeführer auf die in § 11 Abs. 2 zweiter Satz AsylG (in der genannten Fassung) angeordnete Umdeutung des Erstreckungsantrages in einen Asylantrag für den Fall der Zurückweisung des Asylantrages des Erstbeschwerdeführers (etwa - wie im gegenständlichen Fall - wegen entschiedener Sache; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zlen. 98/20/0581 bis 0583, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) nicht verzichtet haben. Mit der Zurückweisung des Asylantrages des Erstbeschwerdeführers lagen daher - mangels Vorliegens der erforderlichen Verzichtserklärungen - keine Asylerstreckungsanträge, sondern Asylanträge der Zweitbeschwerdeführerin sowie des Dritt- und Viertbeschwerdeführers vor, über die zu entscheiden gewesen wäre. Die Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidungen, mit denen demgegenüber Asylerstreckungsanträge abgewiesen worden waren, erweist sich damit als verfehlt, weshalb die zweit- bis viertangefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben waren (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 30. August 2005, Zl. 2005/01/0305, und vom 4. November 2004, Zl. 2003/20/0395).
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wirft keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid abzulehnen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 4. September 2008
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006010926.X00Im RIS seit
24.10.2008Zuletzt aktualisiert am
27.02.2009