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25/04 Sonstiges Strafprozessrecht;Norm
ASVG §293;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des A B in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Mai 2008, Zl. IKD(Stb)-427.877/9-2008-Pri, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit dem angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Mai 2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Februar 2006 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 iVm § 10 Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, aus den vom Beschwerdeführer als Einkommensnachweis vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass sich sein Einkommen für den Zeitraum 2005 bis 2007 aus dem Bezug von Lohnzahlungen, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe zusammensetze. Auf Grund dieser (näher genannten) Unterlagen seien die Voraussetzungen für die Sicherung des Lebensunterhaltes für die letzten drei Jahre geprüft und berechnet worden. Dabei sei unter Zugrundelegung der Richtsätze gemäß § 293 ASVG für 2005 (EUR 662,99), 2006 (EUR 690,00) und 2007 (EUR 726,00) festgestellt worden, dass die Höhe der vorliegenden Einkünfte des Beschwerdeführers für den Zeitraum der letzten drei Jahre für die Jahre 2005 und 2006 nicht den jeweiligen jährlichen Richtsätzen gemäß § 293 ASVG entspreche. Der Beschwerdeführer sei von diesem Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt worden, habe dazu aber mitgeteilt, den genannten Hinderungsgrund für die Einbürgerung nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Da die Höhe der vorliegenden und überprüften Einkünfte des Beschwerdeführers der letzten drei zugrunde zu legenden Jahre 2005 bis 2007 bei den Jahren 2005 und 2006 die Höhe der jeweiligen Richtsätze nicht erreiche und lediglich für das Jahr 2007 die gesetzlich vorgegebene Einkommensgrenze erreicht werde, habe der Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 7 iVm § 10 Abs. 5 StbG nicht erfüllt
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 StbG in der eingangs genannten Fassung darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.
Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Soziahilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen.
Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1394, mwN).
Vorausgeschickt wird, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass der vom Beschwerdeführer nachgewiesene Bezug von Notstandshilfe und Arbeitslosengeld als Versicherungsleistungen gemäß § 10 Abs. 5 StbG zu berücksichtigen ist (vgl. zum Charakter der Notstandshilfe und des Arbeitslosengeldes als Versicherungsleistung etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2000, Zl. 95/08/0107, mwN sowie zu § 10 Abs. 5 StbG Fessler/Keller/Pommerening-Schober-Szymanski, Das neue österreichische Staatsbürgerschaftsrecht7 (2006), 106, und in diesem Sinne zu § 10 Abs. 1 Z 7 StbG vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2003, Zl. 2002/01/0019, mwN).
Zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft hat der Gesetzgeber die Höhe der nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG angeknüpft.
2. Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass ihm in den Jahren 2005 und 2006 ein Unterhaltsanspruch gegenüber seinen in Österreich lebenden Eltern zugestanden sei. Die Eltern des Beschwerdeführers lebten in Österreich und hätten dem Beschwerdeführer in dieser Zeit in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht auch tatsächlich unterstützt. Auf Grund der amtswegigen Ermittlungspflicht hätte die belangte Behörde entsprechende Feststellungen zu den Unterhaltszahlungen der Eltern in den Jahren 2005 und 2006 treffen müssen.
Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass eine entsprechende Behauptung nach dem Beschwerdevorbringen offenbar im Verwaltungsverfahren nicht erhoben wurde; wegen des Alters des 1985 geborenen Beschwerdeführers bestand für die belangte Behörde auch kein Grund zu einer derartigen Annahme. Im übrigen ergibt sich bereits aus § 10 Abs. 5 StbG, dass entsprechende Einkünfte vom Antragsteller nachzuweisen sind (vgl. hiezu bereits das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1408).
3. Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, bei der Entscheidung der belangten Behörde sei grundsätzlich auf die Sachlage im Entscheidungszeitpunkt abzustellen. Im Beschwerdefall sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides jedenfalls der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers durch eigene Erwerbseinkünfte ausreichend sichergestellt. Gleiches gelte auch nach den Feststellungen der belangten Behörde für das gesamte Jahr 2007. Vor diesem Hintergrund sei es widersinnig anzunehmen, der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers sei nicht hinreichend gesichert.
Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass § 10 Abs. 5 StbG klarstellt, es soll im Hinblick auf das Erfordernis des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts des Einbürgerungswerbers nicht nur auf sein Einkommen im Entscheidungszeitpunkt abgestellt werden. Vielmehr erfordert die Annahme eines "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung, die nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann gegeben ist, wenn vom Verleihungswerber zum Entscheidungszeitpunkt feste und regelmäßige eigene Einkünfte für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1394).
4. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde hätte nicht allein die Einkünfte des Beschwerdeführers für die Jahre 2005 bis 2007, sondern auch den bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichenen Zeitraum im Jahr 2008 berücksichtigen müssen.
Weiters wendet die Beschwerde ein, es sei nicht rechtens, die Einhaltung des "Sozialhilferichtsatzes" jährlich zu berechnen. Vielmehr müsse für den gesamten Beurteilungszeitraum von drei Jahren das Gesamteinkommen zusammengerechnet werden und aus diesem Gesamteinkommen ein Monatsdurchschnitt errechnet werden, welcher der Beurteilung zu Grunde zu legen sei. Diese Durchschnittsbetrachtung sei schon deshalb notwendig, um Einkommensunterschiede während des genannten Zeitraumes auszugleichen und so zu einem gerechten Ergebnis zu kommen.
Gemäß § 10 Abs. 5 StbG müssen die festen und regelmäßigen Einkünfte des Verleihungswerbers zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen, die einer jährlichen Anpassung unterliegen (§ 293 Abs. 2 ASVG).
In der Literatur wird dazu die - auch vom Beschwerdeführer geteilte - Auffassung vertreten, es sei der gesamte Zeitraum von drei Jahren zu betrachten, sodass eine Durchrechnung des Einkommens über 36 Monate, beispielsweise bei "schwankendem" Einkommen oder bei Saisonarbeiterinnen, zulässig sei, sofern während der gesamten Zeit keine Sozialhilfe in Anspruch genommen wurde (Fessler/Keller/Pommerening-Schober/Szymanski, Das neue österreichische Staatsbürgerschaftsrecht7, 105).
Diese Rechtsansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt.
Es wurde bereits ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit der Anordnung eines dreijährigen Beobachtungszeitraumes das Erfordernis einer nachhaltigen Einkommenssicherung in entsprechender Höhe postuliert hat. Dem könnte bei einer Durchrechnung des Einkommens über einen Zeitraum von drei Jahren vor allem dann nicht Rechnung getragen werden, wenn sich die Einkommensverhältnisse so gestalten würden, dass der Beschwerdeführer zwar zu Beginn der Beobachtung weit über den maßgeblichen Richtsätzen nach dem ASVG läge, diese in der Folgezeit bis zur Entscheidung über sein Verleihungsgesuch aber unterschreitet, wodurch er zwar bei einer Durchschnittsbetrachtung die Richtsätze nach dem ASVG noch erreichte, aufgrund der Entwicklung seines Einkommens aber zu befürchten ist, dass er in Zukunft seine Lebensführung nicht mehr ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe meistern können wird. Auch der ausdrückliche Verweis des Gesetzes auf die Notwendigkeit von "festen und regelmäßigen" Einkünften in entsprechender Höhe spricht dagegen, den Durchrechnungszeitraum in einer Dauer zuzulassen, der es ermöglichen würde, dass der Beschwerdeführer durch einen kurzfristigen (aber sehr hohen) Verdienst (und gar keine oder sehr niedrige Einkünfte in der restlichen Zeit) innerhalb der letzten drei Jahre die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 7 iVm Abs. 5 StbG erfüllen würde. Dem berechtigten Einwand, es müsse auch (etwa saisonbedingten) Einkommensschwankungen Rechnung getragen werden, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dadurch ausreichend Rechnung getragen werden, dass bei der Einkommensermittlung eine Durchrechnung über das Kalenderjahr stattfindet und das so errechnete monatliche Durchschnittseinkommen den für dieses Jahr maßgeblichen Richtsätzen nach § 293 ASVG gegenübergestellt wird.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer unter Beachtung der soeben dargestellten Rechtsgrundsätze jedenfalls im Jahr 2006 (also innerhalb des Beobachtungszeitraums von drei Jahren vor der Entscheidung) kein Einkommen in der gesetzlich geforderten Höhe erzielt, weshalb er schon deshalb die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 7 iVm Abs. 5 StbG nicht erfüllt hat. Auf die Einkünfte im Jahr 2008 kommt es daher nicht an.
5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008010494.X00Im RIS seit
08.10.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013