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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BDG 1979 §74 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der B S in A, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 11. Oktober 2005, Zl. 20202-L/3741651/0021- 2005, betreffend Nichtgewährung eines Sonderurlaubes und Gewährung eines Karenzurlaubes (§§ 57 und 58 LDG 1984), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Volksschuloberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Salzburg. Ihre Dienststelle ist die Volksschule Adnet.
Mit Eingabe vom 18. September 2005 ersuchte die Beschwerdeführerin um Gewährung eines Sonderurlaubs vom 12. bis 14. September 2005. Zur Begründung führte sie aus, seit 17 Jahren verbringe sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn den Urlaub in der Türkei. Noch nie habe es irgendwelche Schwierigkeiten beim Hin- oder Rückflug gegeben, obwohl sie immer mit türkischen Fluglinien geflogen seien. Leider hätten sie heuer nicht zum geplanten Rückflug nach München fliegen können, da die O T-Fluglinie "Pleite gegangen sei". Sie habe vom österreichischen Reisebüro einen Telefonanruf erhalten, dass 4000 Reisende in der Türkei festsäßen. Nach mehreren Telefonaten habe man ihnen gesagt, dass sie frühestens am Dienstag, den 13. September 2005 von Istanbul aus nach W fliegen könnten. Also hätten sie sich auf den Weg nach Istanbul gemacht, was einen erheblichen Umweg bedeutet habe. Von W aus seien sie mit dem Orientexpress nach S gefahren. Nach dreiundzwanzigstündiger Reise seien sie am Mittwoch, den 14. September 2005 endlich zu Hause angekommen. Es tue ihr leid, dass sie ihren Dienst nicht am 12. September 2005 habe antreten können, aber es sei nicht ihr Verschulden und sie habe trotz intensiver Beschwerden daran nichts ändern können.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Gewährung eines Sonderurlaubes für die Zeit vom 12. bis zum 14. September 2005 könne nicht stattgegeben werden. Es werde der Beschwerdeführerin jedoch für diesen Zeitraum ein Urlaub gegen Entfall der Bezüge unter Nichtanrechnung dieser Urlaubszeit für die Bemessung des Ruhegenusses gewährt. Während dieser Zeit werde die Vorrückung in höhere Bezüge gehemmt. Dieser Hemmungszeitraum sei für den Lauf der Vorrückungsfrist nicht zu berücksichtigen.
Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 57 LDG 1984 könne dem Landeslehrer auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen, zur Fortbildung oder aus einem sonstigen besonderen Anlass ein Sonderurlaub gewährt werden. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung eines Sonderurlaubes bestehe nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Einleitend sei festgehalten, dass aus der Anfechtungserklärung, dem Aufhebungsantrag und den Beschwerdeausführungen ersichtlich ist, dass der Bescheid vom 11. Oktober 2005 zur Gänze angefochten wird.
Der angefochtene Bescheid enthält zwei Absprüche: die Versagung des beantragten Sonderurlaubes und die Gewährung eines Karenzurlaubes.
1. Zur Gewährung des Karenzurlaubes:
§ 58 Abs. 1 LDG 1984 in der Fassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 61/1997, lautet:
"§ 58. (1) Dem Landeslehrer kann auf Antrag ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen."
Zutreffend wird in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass dem Landeslehrer gemäß § 58 Abs. 1 LDG 1984 nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur auf Antrag ein Karenzurlaub gewährt werden kann. Wenn die belangte Behörde daher ohne Antrag der Beschwerdeführerin einen Karenzurlaub gewährte, belastete sie damit den angefochtenen Bescheid in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 24. März 1993, Zl. 92/12/0060, vom 22. März 1995, Zl. 94/12/0261, sowie vom 17. Dezember 2007, Zl. 2006/12/0044, die zur vergleichbaren Rechtslage gemäß § 75 BDG 1979 ergangen sind).
Soweit in der Gegenschrift nunmehr der Standpunkt vertreten wird, die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin über ihre Vorgesetzte mitteilen lassen, dass die Gewährung eines Karenzurlaubes (an Stelle des beantragten Sonderurlaubes) beabsichtigt sei und sie bei Nichtzustimmung mit der Dienstbehörde in Verbindung treten solle, ist eine derartige Aufforderung dem Akteninhalt nicht zu entnehmen und könnte jedenfalls eine Antragstellung durch die Beschwerdeführerin nicht ersetzen.
2. Zur Versagung des Sonderurlaubes:
§ 57 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 - LDG 1984, BGBl. Nr. 302 (Abs. 1a eingefügt durch Art. 8 Z. 19a des Budgetbegleitgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 47/2001; Abs. 4 angefügt durch Art. 7 Z. 4 der Dienstrechts-Novelle 2002, BGBl. I Nr. 87; Abs. 1, 2 und 3 in der Stammfassung) lautet:
"Sonderurlaub
§ 57. (1) Dem Landeslehrer kann auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen, zur Fortbildung oder aus einem sonstigen besonderen Anlass ein Sonderurlaub gewährt werden.
(1a) Ein Sonderurlaub gemäß Abs. 1 kann zum Zwecke des Erwerbes zusätzlicher Kenntnisse im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien im Ausmaß von bis zu drei Monaten gewährt werden.
(2) Für die Zeit des Sonderurlaubes behält der Landeslehrer den Anspruch auf die vollen Bezüge.
(3) Der Sonderurlaub darf nur gewährt werden, wenn keine zwingenden dienstlichen Erfordernisse entgegenstehen, und darf die dem Anlass angemessene Dauer nicht übersteigen.
(4) Die Gesamtdauer der für ein Kalenderjahr gewährten Sonderurlaube darf das Ausmaß der auf zwölf Wochen entfallenden regelmäßigen Dienstzeit des Landeslehrers nicht übersteigen."
Aus § 57 Abs. 1 LDG 1984 folgt zunächst, dass eine der Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderurlaub im Wege einer Ermessensentscheidung das Vorliegen eines wichtigen persönlichen oder familiären Grundes oder eines sonstigen besonderen Anlasses darstellt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1994, Zl. 90/12/0223 zum inhaltsgleichen § 74 BDG 1979). Diese eben zitierten unbestimmten Gesetzesbegriffe sind striktrechtlich auszulegen. Die Prüfung, ob die in § 57 Abs. 1 LDG 1984 umschriebene Einstiegsvoraussetzung vorliegt, stellt somit selbst keine Ermessensentscheidung dar, sondern erfolgt im gebundenen Bereich. Gleiches gilt für die Beurteilung, ob die in § 57 Abs. 3 LDG 1984 umschriebenen Umstände einer Ermessensübung entgegen stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 2005, Zl. 2004/12/0162 zu § 74 BDG 1979).
Eine derartige Ermessensentscheidung hat sich - abgesehen von der "allgemeinen" Ermessensrichtlinie, wonach mit Rücksicht auf den Ausnahmecharakter des Sonderurlaubs ein strenger Maßstab anzulegen ist - von einer Abwägung aller im Einzelfall relevanten öffentlichen (insbesondere dienstlichen) und privaten Interessen leiten zu lassen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 15. April 2005). Eine derartige Interessenabwägung - samt den hiefür erforderlichen Feststellungen - enthält der angefochtene Bescheid aber nicht. Vielmehr hat die belangte Behörde diesen durch die unrichtige Rechtsansicht, die Gewährung von Sonderurlaub könne schon deshalb abgelehnt werden, weil ein Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin nicht bestehe, auch mit dieser Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
In der Beschwerde wird abschließend darauf hingewiesen, dass eine entschuldigte Abwesenheit vom Dienst vorliege. Zu Folge eines Umkehrschlusses aus § 12c Abs. 1 Z. 2 GehG wären der Beschwerdeführerin die Bezüge weiter zu zahlen gewesen, wobei auch sonst alle zeitabhängigen Anwartschaften gewahrt seien. Im Hinblick auf diese Ausführungen wird mit der Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren (zur zwischenzeitig eingetretenen Zuständigkeitsänderung s. § 1b des Salzburger Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes 1995 idF LGBl. Nr. 93/2007) zunächst zu klären sein, ob sie ihren Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub überhaupt noch aufrecht hält. Erst wenn die Beschwerdeführerin diese Frage bejaht hat, wird über den Antrag der Beschwerdeführerin ein neuerlicher Bescheid unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu erlassen sein.
Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 5. September 2008
Schlagworte
Ermessen besondere RechtsgebieteErmessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005120239.X00Im RIS seit
08.10.2008Zuletzt aktualisiert am
06.03.2009