TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/5 2007/12/0159

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Veröffentlicht am 05.09.2008
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs3 idF 2006/I/090;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der J G in G, vertreten durch die Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft m.b.H. in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 20. August 2007, Zl. PRB/PEV-505557/07-A06, betreffend Versetzung in den Ruhestand nach § 14 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Jahr 1965 geborene Beschwerdeführerin stand bis zu der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. August 2007 in einem öffentlich-rechtlichen (Aktiv-)Dienstverhältnis zum Bund und war der Österreichischen Post Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen. Sie war zuletzt im Briefverteilzentrum G im dortigen Verteildienst für Inlandspostsendungen auf einem Arbeitsplatz mit dem Aufgabenbereich der Handsortierung verwendet worden, der im Schichtbetrieb mit zwei Schichtgruppen jeweils mit einem Nachtdienst geführt wurde.

Im Herbst 2005 veranlasste das Personalamt G als Dienstbehörde erster Instanz eine Untersuchung der Beschwerdeführerin durch die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark; der Landesstellenchefarzt gab am 21. Februar 2006 folgende "Stellungnahme" zum gesundheitlichen Zustand der Beschwerdeführerin ab:

"Diagnosen:

1.) Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit:

ICD-10: F43.2 ICD-10:

Reaktiver Verstimmungszustand bei mehrfachen exogenen Belastungsfaktoren, endogene Komponente nicht ausschließbar, gegenwärtig unter Therapie geringer Krankheitswert

Hals- und Lendenwirbelsäulenspondylarthrose ohne Wurzelreizzeichen und ohne Bewegungseinschränkung

2.) Weitere Leiden:

Reizleitungsstörung im Herzen (Präexcitationssyndrom - WPW-Syndrom) mit wiederholtem Herzrasen, normale Belastbarkeit

Eine leistungskalkülrelevante Besserung der unter Punkt 1 angeführten Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit ist nicht möglich.

Anmerkungen:

Der Beschwerdeführerin sind am allgemeinen Arbeitsmarkt mittelschwere Erwerbsarbeiten mit umseitigen Einschränkungen zumutbar."

Auf Nachfrage der Dienstbehörde erster Instanz, warum der Beschwerdeführerin regelmäßige Nachtarbeiten nicht mehr zugemutet werden könnten, führte der Landesstellenchefarzt in seiner Erledigung vom 7. September 2006 aus, der Ausschluss der Nachtarbeit gründe auf der psychiatrischen Diagnose der reaktiven Verstimmung. Das bei der Beschwerdeführerin vorliegende Krankheitsbild sei auf exogene Belastungsfaktoren zurückzuführen, wobei jedoch auch eine endogene Grundkomponente nicht auszuschließen sei. Schlafstörungen seien neben anderen ein Kardinalsymptom dieser Erkrankung und Ausdruck der zirkadianen Störung des Biorhythmus. Nachtarbeit stelle per se eine deutliche psychische Belastung dar, sodass dieser Stressfaktor bei disponierten Personen ausgeschlossen werde, um eine Verschlechterung des Krankheitsverlaufes hintan zu halten.

Mit Bescheid vom 10. Jänner 2007 versetzte die Dienstbehörde erster Instanz die Beschwerdeführerin mit Ablauf des 31. Jänner 2007 in den Ruhestand. Begründend hielt die Dienstbehörde erster Instanz nach Darlegung der gesetzlichen Grundlagen und Darstellung des Verwaltungsgeschehens Folgendes fest (Hervorhebungen im Original):

"Sie haben im Moment einen Arbeitsplatz im Bereich der Handsortierung (Verteildienst für Inlandspostsendungen, Code 0809) im Briefverteilzentrum G inne, welcher im Schichtbetrieb mit 2 Schichtgruppen geführt wird. Dabei hat jede Schichtgruppe jede Woche zu einem anderen Zeitpunkt ihre Schicht zu absolvieren, wobei es Schichten von 7 bis 15 Uhr, von 21 bis 5 Uhr, von 13 bis 21 Uhr und nochmals von 21 bis 5 Uhr in der Früh gibt. Der besagte Schichtdienst wurde in gesetzeskonformer Weise ursprünglich auf Basis der Schichtdienstvereinbarung von 2000 eingeführt und wird in weiterer Folge in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Personalvertretungsorgan jährlich an die betrieblichen Erfordernisse angepasst. Beiderseitiges Bestreben ist es einerseits den betrieblichen Interessen Rechnung zu tragen und andererseits die körperlichen und psychischen Belastungen für die Bediensteten möglichst gering zu halten.

Nach dem vom chefärztlichen Dienst der Landesstelle Steiermark der Pensionsversicherungsanstalt erstellten Gesamtrestleistungskalkül sind Ihnen Nachtarbeiten, schwere Hebe- und Trageleistungen, schwere körperliche Beanspruchungen oder Arbeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck nicht mehr zumutbar.

Auf Ihrem jetzigen Arbeitsplatz mit dem Code (0809), ist Nachtarbeit unvermeidbar, da der Betrieb im Schichtdienst organisiert ist, bei welchem 50 % der Schichten in der Nacht stattfinden.

Aus unternehmerischer Sicht ist eine Abkehr vom Schichtbetrieb mit Tages- und Nachtschichten auf Grund eines damit verbundenen Effizienzverlustes nicht denkbar und kann darüber hinaus von Ihnen mangels Rechtsgrundlage auch nicht verlangt werden, zumal die Frage, wie Arbeit zeitmäßig im Unternehmen verteilt wird, ausschließlich vom Dienstgeber selbst zu beurteilen ist. Dies gilt noch viel mehr bei im Wettbewerb stehenden aus dem Bundesdienst ausgegliederten Unternehmen.

Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten ist auf die konkreten Erfordernisse eines Arbeitsplatzes abzustellen. Da der von Ihnen innegehabte Arbeitsplatz an seine Bediensteten das Erfordernis der Leistung von Nachtarbeit legt, erfüllen Bedienstete, die zur Ableistung dieser nicht in der Lage sind, die Kriterien des konkreten Arbeitsplatzes maximal zur Hälfte. Voraussetzung für die Dienstfähigkeit ist jedoch, dass die Erfordernisse eines Arbeitsplatzes vom Beamten vollständig und nicht bloß zum Teil erfüllt werden müssen.

...

Darüber hinaus würden bei Befolgung Ihres Vorschlages andere Bedienstete stärker mit Nachtarbeit belastet, da diese Ihre Nachtschichten übernehmen müssten. Demgegenüber besteht seitens der Dienstbehörde die Auffassung, dass dort wo es der Dienstplan zulässt, Tages- und Nachtarbeit innerhalb der einzelnen Organisationseinheiten gleichmäßig auf alle Bediensteten aufzuteilen ist, um nicht einzelne Bedienstete ausschließlich oder überwiegend mit Nachtarbeit zu belasten, da dies vermeidbare negative Auswirkungen auf den Organismus und die Teilnahme am sozialen Leben dieser Bediensteten hätte. Diese Rechtsauffassung der Dienstbehörde erfolgt jedoch nicht willkürlich oder unsubstantiiert, sondern deckt sich mit der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu Grunde liegenden Erwägungen des europäischen Gesetzgebers zur Nachtarbeit. Einer relativen Bevorzugung Ihrer Person anderen Personen gegenüber kann nicht Folge geleistet werden, da eine derartige Besserstellung Ihrer Person einem Abwägen der Gesundheit des einen Bediensteten gegenüber der Gesundheit des anderen Bediensteten gleichkäme und dies unter der Annahme gleicher Rechte der Bediensteten jedenfalls rechtswidrig wäre.

Weiters bestünde für die Dienstbehörde die Gefahr, dass ihr von einem Beamten in einem gleichgelagerten Ruhestandsversetzungsverfahren oder von einem Angestellten in einem Kündigungsverfahren wegen dauernder Dienstunfähigkeit ein mehr belasteter Bediensteter eben genau jene Mehrbelastung zum Vorwurf machen könnte.

Wesentlich in diesem Zusammenhang erscheint jedoch auch, dass durch den möglichst schonenden Einsatz der Bediensteten Krankenstände und damit auch Kosten der daraus resultierenden Entgeltfortzahlung für den Arbeitgeber vermieden werden können, weshalb auch unter betrieblichen Gesichtspunkten ein ausgewogener Einsatz von Arbeitskräften unbedingt erforderlich ist.

Nicht übersehen werden darf überdies, dass die einseitige Änderung der Arbeitszeitverteilung anderer Bediensteter durch den Arbeitgeber rechtlich nicht möglich ist, da die einschlägigen Normen der Dienstverträge, des BDG, des ArbVG (z.B: § 101 ArbVG) und des PBVG einseitige Maßnahmen des Dienstgebers nicht zulassen.

Hinsichtlich allfälliger frei verfügbarer Verweisarbeitsplätze ist festzuhalten, dass im Bereich des Personalamtes G im Moment ausschließlich die Arbeitsplätze eines Gesamtzustellers Code (0802) und einer Vorverteilkraft Code (0812) dauerhaft frei sind bzw. in absehbarer Zeit frei werden. Hinsichtlich des Arbeitsplatzes einer Vorverteilkraft Code (0812) ist einerseits festzuhalten, dass freie Arbeitsplätze maximal im 15 Wochenstundenausmaß vorhanden sind, da in der Vorverteilung, als Vorbereitung einer effizienten Postzustellung, möglichst viele Personen zur gleichen Zeit, dafür jedoch mit geringerer Arbeitszeit beschäftigt werden müssen. Da Sie jedoch mit 40 Wochenstunden vollzeitbeschäftigt sind, stellt ein derartiger Arbeitsplatz keine Alternative für Sie dar.

Darüber hinaus sind Ihnen nach den vom chefärztlichen Dienst der Pensionsversicherungsanstalt erstellten Gesamtrestleistungskalkül unter anderem nicht einmal fallweise schwere Hebe- und Trageleistungen, schwere körperliche Beanspruchungen oder Arbeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck zumutbar, weshalb Sie weder die Anforderungen des PT 8 Arbeitsplatzes eines Vorverteilers Code (0812) noch eines Gesamtzustellers Code (0802) erfüllen können."

Zur Einholung eines Gutachtens aus dem Bereich der Berufskunde sei - so die weitere Begründung - festzuhalten, dass an Hand des vom chefärztlichen Dienst der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark, erstellten Gesamtrestleistungskalküls auf Basis der Standard-Anforderungsprofile eindeutig abgeklärt werden könne, welche Verweisarbeitsplätze im Bereich der Dienstbehörde überhaupt in Frage kämen, weshalb keinerlei Notwendigkeit bestehe, ein berufskundliches Sachverständigengutachten einzuholen. Keinesfalls obliege es dem Sachverständigen der Berufskunde, unternehmerische Entscheidungen, wie viele Arbeitsplätze in welchem zeitlichen Ausmaß benötigt würden bzw. wie Arbeit organisiert werde, festzulegen. Da auf Grund des gegebenen Arbeitsbedarfes im wöchentlichen Vollzeitausmaß von vierzig Stunden lediglich Arbeitsplätze eines Gesamtzustellers (Code 0802) unbesetzt seien, sei für die Dienstbehörde nicht erkennbar, inwieweit ein berufskundliches Gutachten die von ihr zu lösende Rechtsfrage der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin beeinflussen könnte, zumal die Beschwerdeführerin selbst der Auffassung sei, schwere Hebe- und Trageleistungen nicht verrichten zu können. Diese fielen jedoch im Rahmen der Tätigkeit des Gesamtzustellers an. Gleichfalls bringe die Verrichtung von Tätigkeiten eines Gesamtzustellers schwere körperliche Belastungen mit sich, welche nach dem Gesamtrestleistungskalkül der Beschwerdeführerin ebenso ausgeschlossen seien. Die von ihr (im Ruhestandsversetzungsverfahren) angesprochenen vielfachen Sortiertätigkeiten stellten darüber hinaus keinen eigenen eingerichteten Arbeitsplatz dar, was jedoch im Sinn des § 14 Abs. 3 BDG 1979 Voraussetzung für eine allfällige Verweisung auf einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Wirkungsbereich der Dienstbehörde wäre. Die bloße Behauptung, es gäbe die Möglichkeit, Sortiertätigkeiten auszuüben, ohne Nennung eines konkreten Arbeitsplatzes sei jedenfalls nicht geeignet, um die Beauftragung oder die Bezahlung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Berufskunde rechtfertigen zu können. Aus den oben angeführten Erwägungen seien der Beschwerdeführerin weder die Verrichtung der Tätigkeiten ihres bisherigen Arbeitsplatzes, Verteildienst für Inlandspostsendungen, noch Tätigkeiten eines freien Verweisarbeitsplatzes im Bereich der Dienstbehörde zumutbar, weshalb sie als dauernd dienstunfähig im Sinn des § 14 BDG 1979 anzusehen sei.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, wie aus den Feststellungen hervorgehe, gehe es lediglich um die Frage der Nachtarbeit. Die Arbeit im Verteildienst für Inlandspostsendungen selbst, soweit sie am Tag, also ohne massive Nachtarbeit, erbracht werden könnten, sei ihr aber durchaus zumutbar. Die dienstlichen Aufgaben könnten nämlich tagsüber erfüllt werden, nur nicht in der Nacht. Die Dienstbehörde erster Instanz verkenne, dass der Bund verpflichtet sei, auch die Bestimmungen des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes zu beachten. (Dies wird in der Folge näher ausgeführt).

Durch eine einfache andere Arbeitszeiteinteilung könne daher die Beschwerdeführerin weiterhin beschäftigt werden, Dienstunfähigkeit liege nicht vor. Sollte die Behörde die Ansicht vertreten, dass dieses Gesetz nicht zur Anwendung komme, weil ein auf Gewinn ausgerichteter Betrieb vorliege, was allerdings für die Aufgaben der Post nicht gelte, so würden die Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes zur Anwendung kommen. Die diesbezüglichen Regelungen seien sinngleich. (Auch dies wird in der Folge näher ausgeführt).

Im gegenständlichen Fall bedeute dies, dass die Beschwerdeführerin nicht im Nachtdienst, sehr wohl aber mit den bisherigen Arbeiten zu beschäftigen sei. Werde dies erkannt, liege "Dienstunfähigkeit im Sinn des § 14 Beamtendienstschutzgesetz" nicht vor.

Im bekämpften Bescheid werde ausgeführt, dass es sehr wohl die Möglichkeit der Beschäftigung als Vorverteilkraft (Code 0812) gäbe, weil solche Stellen frei wären. Die Beschwerdeführerin sei durchaus bereit, diese Arbeit auszuüben.

Darüber hinaus verweise sie darauf, dass es in ihrer bisherigen Tour drei Teilzeitkräfte namens S, M und I gebe, die nie in der Nacht arbeiten müssten. Es gebe einen Nachmittagsdienst, der zwischen 15.00 Uhr und 21.00 Uhr oder 15.00 Uhr und 23.00 Uhr dauere und dort seien eine Reihe von Personen beschäftigt, deren Tätigkeit die Beschwerdeführerin ausüben könne. Die Beschwerdeführerin sei auch bereit, als Vorverteilkraft tätig zu werden. In diesem Bereich gebe es zwanzig bis dreißig Personen, sodass es bei entsprechender Disposition durchaus möglich sei, der Beschwerdeführerin eine solche Arbeit zuzuteilen, dies auch unter dem Aspekt der Vermeidung von langer Nachtarbeit. Sie erkläre, sämtliche bisherigen Tätigkeiten weitermachen zu können und auch die Tätigkeit einer Vorverteilkraft jederzeit übernehmen zu wollen. Der Unwille des Dienstgebers entsprechend den Arbeitnehmerschutzvorschriften, eine Einteilung vorzunehmen, weil man lieber Leute pensioniere als sie entsprechend ihren gesundheitlichen Fähigkeiten einzuteilen, worauf das Verfahren hinauslaufe, sei jedenfalls kein Grund zur Pensionierung nach § 14 BDG 1979.

Hierauf veranlasste die belangte Behörde im Wege der Dienstbehörde erster Instanz Erhebungen darüber, ob Arbeitsplätze im Fachpostverteildienst (Code 0835) und Archiv- und Registraturdienst/Rechnungswesen (Code 0991) zur Verfügung stünden.

Mit Erledigung vom 23. März 2007 räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin Gehör zum - negativen - Ermittlungsergebnis hinsichtlich dieser Verweisungsarbeitsplätze ein. Auf dem von der Beschwerdeführerin zuletzt innegehabten Arbeitsplatz - Verteildienst für Inlandspostsendungen - sei Nachtarbeit unvermeidbar. Wenn ein Arbeitnehmer keine Nachtarbeit leiste, sei es unumgänglich, dass ein anderer dessen Teil übernehmen müsse und damit mehr belastet werde. Diese Vorgangsweise entbehre jeglicher gesetzlichen Grundlage. Bei den in der Berufung angeführten Bediensteten dürfte es sich um I P., M Z. und S S. handeln, die jede zweite Woche zwischen 00.00 Uhr und 05.00 Uhr ihren Nachtdienst versähen, weshalb das diesbezügliche Vorbringen nicht der Realität entspreche. Darüber hinaus handle es sich bei den gegenständlichen Personen um Teilzeitbeschäftigte, sodass ein Vergleich mit diesen als vollbeschäftigte Dienstnehmerin nicht gezogen werden könne. Zusammenfassend ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Gesundheitszustandes ihre bisherigen dienstlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen könne und ihr im Wirkungsbereich der Dienstbehörde kein freier, mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne. Sie sei daher dauernd dienstunfähig im Sinn des § 14 BDG 1979.

Hiezu erstattete die Beschwerdeführerin die Stellungnahme vom 10. April 2007, es sei keinesfalls richtig, dass sie ihrer dienstlichen Aufgaben im Verteildienst für Inlandspostsendungen nicht mehr erfüllen könne. Sie sei auch psychisch nunmehr durchaus in der Lage, diese Aufgaben zu erfüllen. Ein Gutachten vom Februar oder September 2006 könne den jetzigen Zustand der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Entscheidung nicht klären. Es werde daher beantragt, eine neuerliche Untersuchung vorzunehmen. Sie sei psychisch und körperlich nunmehr in der Lage, Tätigkeiten im Verteildienst auszuüben. Bei einer entsprechenden Einteilung sei es leicht möglich, die Beschwerdeführerin nur im Tagdienst einzuteilen. Nach dem von der Behörde gar nicht bezweifelten Arbeitnehmerschutzgesetz sei diese verpflichtet, die Arbeit derart einzuteilen, dass auf die körperliche Beanspruchung Rücksicht genommen werde. Eine leichte Rücksichtnahme würde die Durchführung der bisherigen Tätigkeiten am Tag leicht ermöglichen. Die Beschwerdeführerin habe sich vor Kurzem im Zuge der Feststellung der Invalideneigenschaft untersuchen lassen. Dabei habe sich ergeben, dass sie nicht invalid sei. Was für dieses Verfahren gelte, müsse auch für das Pensionsverfahren gelten.

Der Stellungnahme war die Ablichtung eines Bescheides des Bundessozialamtes, Landesstelle Steiermark, vom 10. Oktober 2005 angeschlossen, laut dem ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten abgewiesen werde. Der festgestellte Grad der Behinderung betrage 30 v.H. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens - so die conclusio der Begründung - betrage der Grad der Behinderung 30 v.H. Diesem Bescheid war wiederum ein Beiblatt betreffend die Beschwerdeführerin angeschlossen, laut dem nach dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 18. August 2005, das als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt werde, sich nach den gemäß § 27 Abs. 1 BEinstG anzuwendenden, mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150/1965, festgesetzten Richtsätzen folgende Einschätzung ihrer Gesundheitsschädigungen ergebe:

"Lfd.Nr.

Art der Gesundheitsschädigung

Position in den Richtsätzen

Grad der Behinderung

1

Manifestes WPW-Syndrom (GZ oberer RSW entsprechend der seltenen Häufigkeit, aber da der therapierte arterielle Bluthochdruck und der gering erweiterte linke Vorhof mit berücksichtigt wurden)

328 GZ

20 v.H.

2

Degenerative Wirbelsäulenver-
änderungen
(Unterer RSW entsprechend den
nur geringen radiologischen Ver-
änderungen, der angegebenen Osteopenie und den geringen Bewegungseinschränkungen)

190

20 v.H.

3

Leichtes Erschöpfungssyndrom (GZ zwei Stufen oberhalb des unteren RSW entsprechend des psychischen Zustandsbildes und
der medikamentösen Therapie)

585 GZ

20 v.H.

4

Neurodermitis
(GZ unterer RSW entsprechend den fehlenden Hauterscheinungen und des seltenen Befalles)

696 GZ

20 v.H."

Hierauf veranlasste die belangte Behörde eine "Nachuntersuchung" der Beschwerdeführerin durch die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark. Der "Gesamtgutachter", Dr. E S, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, erstellte folgendes, auszugsweise wiedergegebenes "ärztliches Gesamtgutachten" vom 30. Mai 2007:

"...

9. Zusammengefasste Diagnosen in deutscher Sprache:

a) Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit:

ICD-10: M51.1        ICD-10:

     Lendenwirbelsäulensyndrom mit zeitweiser Schmerzausstrahlung

in das linke Bein ohne Wurzelreizzeichen

     Lokalisiertes Halswirbelsäulensyndrom, ohne neurologische

Ausfälle

     Zustand nach reaktivem Verstimmungszustand, derzeit in

Remission, kein Krankheitswert

     Beginnende Schleimbeutelentzündung der rechten Schulter ohne

Funktions- und Bewegungseinschränkung

     Reizleitungsstörung am Herzen (WPW-Syndrom), Zustand nach

Ablation 2005, subjektiv normale Belastbarkeit

b) Weitere Leiden:

Übergewicht

Pollenallergie unter antiallergischer Therapie

10. Ärztliche Gesamtbeurteilung der Leistungsfähigkeit mit zusätzlicher Stellungnahme im Falle einer vorliegenden Leidenspotenzierung:

Gegenüber dem Vorgutachten ist es zu einer weiteren Stabilisierung des psychischen Zustandsbildes gekommen. Eine depressive Symptomatik ist nicht mehr feststellbar. Auch das Antriebsverhalten und die soziale Kontaktfähigkeit sind unbeeinträchtigt. Es werden lediglich zeitweise Einschlafstörungen angegeben, die noch zurückzuführen sind auf die Zeit der Nachtdienste. Eine Therapie mit einem Antidepressivum wir noch fortgeführt.

Der organneurologische Befund war unauffällig. Wurzelreizzeichen waren bei angegebener zeitweiser Ausstrahlung in das linke Bein nicht fassbar.

Orthopädischerseits bestehen keinerlei Einschränkungen. Die angegebenen Beschwerden sind nur gering ausgeprägt.

Internistischerseits zeigt sich im Vergleich zum Vorgutachten insoweit eine Besserung, als die Ablationstherapie offensichtlich doch wirksam war. Herzrhythmusstörungen werden nur mehr ca. 1 x im Monat beschrieben (zuvor 1 x pro Woche). Subjektiv ist die Untersuchte gut belastbar.

Zusammenfassend sind der Antragstellerin noch leichte, mittelschwere und überwiegend schwere Erwerbsarbeiten mit umseitigen Einschränkungen zumutbar.

...

17. Gesamtleistungskalkül

     Folgende Anforderungen sind zumutbar (ohne Berücksichtigung

von Alter und Beruf/Tätigkeit): vollschichtig

Arbeitshaltung

ständig

überwiegend

fallweise

 

körperliche Belastbarkeit

ständig

überwiegend

fallweise

Sitzen

x

¨

¨

 

leicht

x

¨

¨

Stehen

x

¨

¨

 

mittel

x

¨

¨

Gehen

x

¨

¨

 

schwer

¨

x

¨

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ständig

überwiegend

fallweise

 

 

ständig

überwiegend

fallweise

in geschlossenen Räumen

x

¨

¨

 

Lenken eines KFZ (berufsbedingt)

x

¨

¨

im Freien

¨

x

¨

 

höhenexponiert

¨

x

¨

unter starker Lärmeinwirkung

x

¨

¨

 

allgemein exponiert (z.B. offenlaufende Maschine)

x

¨

¨

Hebe-u. Trage- leistungen

über- wiegend

fallweise

 

Zwangs- haltungen

über- wiegend

fall- weise

 

Exposition von

über- wiegend

fallweise

 

 

 

 

überkopf

x

¨

 

 

 

 

leicht*

x

¨

 

vorgebeugt

x

¨

 

Kälte

¨

x

mittelschwer**

x

¨

 

gebückt

x

¨

 

Nässe

x

¨

schwer***

x

¨

 

kniend

x

¨

 

Hitze

x

¨

 

 

 

 

hockend

x

¨

 

Staub

x

¨

 

 

 

 

andere

¨

¨

 

 

 

 

 

rechts

links

 

xbildschirmunterstützter Arbeitsplatz

 

überwiegend

fallweise

überwiegend

fallweise

 

xreine Bildschirmarbeit

Feinarbeiten

x

¨

x

¨

 

 

Grobarbeiten

x

¨

x

¨

 

¨ Nachtarbeit

Fingerfertigkeit

x

¨

x

¨

 

x Schichtarbeit

Gebrauchhand

x

¨

¨

¨

 

x Kundenkontakt

Arbeitstempo

 

psychische Belastbarkeit

 

geistiges Leistungsvermögen

x geringer Zeitdruck

 

x gering

 

x sehr einfach

x durchschnittlicher Zeitdruck

 

x durchschnittlich

 

x einfach

x fallweise besonderer Zeitdruck

 

¨ überdurchschnittlich

 

x mäßig schwierig

x besond.Zeitdr.(bedingt steuerbar)

 

¨ außergewöhnlich

 

¨ schwierig

¨ dauernder besonderer Zeitdruck

 

 

 

¨ sehr schwierig

     a) weitere Beurteilung:

     Anmarschweg von mindestens 500 m ohne Pause möglich    Ja

     übliche Arbeitspausen ausreichend    Ja

     ..."

Darauf aufbauend gab der chefärztliche Dienst der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark, unter Übernahme des wiedergegebenen Gesamtleistungskalküls folgende Stellungnahme ab:

"Diagnosen:

1.) Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit:

ICD-10: M51.1        ICD-10:

     Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne lokale

Bewegungseinschränkung

     Beginnende Schleimbeutelentzündung an der rechten Schulter

ohne objektivierbare Funktionsstörung

     Ausreichende cardiale Belastbarkeit bei bekannter

Reizleitungstörung (WPW-Syndrom)

     Stabile psychische Verfassung nach Abklingen einer reaktiven

Verstimmung

2.) Weitere Leiden:

Übergewicht

Pollenallergie unter antiallergischer Therapie

Eine leistungskalkülrelevante Besserung der unter Punkt 1 angeführten Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit ist nicht möglich.

Anmerkungen:

Gegenüber dem VGA lässt sich sowohl aus psychiatrischer als auch aus internistischer Sicht eine deutliche Besserung feststellen. Im orthopädischen Gutachten fand sich, wie schon beim letzten Mal, keine krankheitswertige Störung.

Das nunmehr kaum eingeschränkte Leistungskalkül kann durch medikamentöse und ambulante physiko- bzw. psychotherapeutische Maßnahmen aufrecht erhalten, nicht jedoch signifikant gebessert werden."

Zum Ergebnis der Nachuntersuchung nahm die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 2. Juli 2007 dahingehend Stellung, entgegen der Ansicht der belangten Behörde liege eine Dienstunfähigkeit nicht vor, zumal die psychische Belastung sowie das geistige Leistungsvermögen nur kurzfristig eingeschränkt gewesen sei. Für die Verrichtung der Tätigkeit Code 0809 Verteildienst, Inlandspostsendungen, sei eine durchschnittliche Auffassungsgabe und sehr gute Konzentrationsfähigkeit notwendig. Dr. E S gehe in ihrem ärztlichen Gesamtgutachten davon aus, dass es zu einer Stabilisierung des psychischen Zustandsbildes gekommen wäre, eine depressive Symptomatik wäre nicht mehr feststellbar. Das geistige Leistungsvermögen der Beschwerdeführerin sei auch während der Zeit ihrer Erkrankung nicht eingeschränkt gewesen, lediglich die psychische Belastbarkeit sei auf Grund des ihrer Ansicht nach bestehenden Mobbings nicht erhöht gegeben gewesen. Auf Grund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin bereits seit zweiundzwanzig Jahren bei der Post tätig sei und Verteildienst für Inlandspostsendungen durchführe, sei sie entgegen der Ansicht der belangten Behörde den erforderlichen Tätigkeiten sehr wohl geistig gewachsen. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit, die Beschwerdeführerin nur für den Tagdienst einzuteilen. Sollte die belangte Behörde nicht auf dem Standpunkt stehen, dass die Beschwerdeführerin die bisher ausgeübte Tätigkeit weiterhin ausüben könne, so wäre sie noch auf weitere gleichwertige Tätigkeiten verweisbar. Um nur Beispiele zu nennen, wären dies folgende:

1.

Zustelldienst: Allgemein/Paket

2.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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