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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
StVO 1960 §43 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des G K B in V, L, vertreten durch Jelenik & Partner AG, Advokaturbüro in FL-9490 Vaduz, Landstraße 60, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 12. November 2007, Zl. UVS-1-618/E6-2007, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 2007 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 9. Februar 2006, 16.30 Uhr ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und in Mäder, Mäderer Straße, L 58, 178,5 m vor Straßen-km 6,15, Fahrtrichtung Schweiz, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 23 km/h überschritten.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 52 lit. a Z. 10a StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 114,20 (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 57 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt wie bereits im Verwaltungsverfahren, die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung sei weder ordnungsgemäß verordnet noch gültig kundgemacht worden.
Mit der ua. auf § 43 Abs. 1 lit. b StVO gestützten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (in der Folge: BH) vom 7. Mai 1979, Zl. III 3 - 14/79, wurde auf der Mäderer Straße L 58 ua folgende Verkehrsbeschränkung verordnet:
"4. Auf der Zufahrtsstraße (Mäderer Straße) zum Zollamt Mäder wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit in beiden Fahrtrichtungen von der Koblacher Straße bis vor die Kreuzung der 'Straße im Hau' mit 70 km/h und von dort bis zum Zollamt Mäder mit 50 km/h begrenzt."
Im angefochtenen Bescheid wird dazu ergänzt, dass die Straße "Im Hau" nunmehr "Exerzierplatz" heiße (siehe dazu die im Akt einliegende "Gemeindestraßenverordnung" der Gemeinde Mäder vom 30. September 1991). Nach dieser Verordnung verläuft die Gemeindestraße "Im Hau"
"von der Neuen Landstraße beim Haus Nr. 15 in nördlicher Richtung bis zum Koblacher Kanal und diesen entlang in südwestlicher Richtung bis zur Rheinstraße",
die Gemeindestraße "Exerzierplatz"
"von der Rheinstraße beim Haus Nr. 40 in nordöstlicher Richtung bis zur Umfahrungsstraße bei Gst.Nr. 1799".
Dies wird durch beiliegende Straßenpläne verdeutlicht. Damit steht fest, dass die Straße "Im Hau" nunmehr nicht (mehr) bis zur Mäderer Straße L 58 führt.
Der Verordnungsgeber ist verpflichtet, den örtlichen Geltungsbereich einer auf § 43 Abs. 1 lit. b StVO gestützten verkehrsbeschränkenden Maßnahme möglichst genau zu umschreiben. Den örtlichen Geltungsbereich nur in groben Zügen anzuführen, ist daher unzulässig (vgl. Dittrich/Stolzlechner, Österreichisches Straßenverkehrsrecht, II. Teil, Straßenverkehrsordnung3, § 43, Rz 16f). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen je vom 19. Oktober 1988, Zlen. 87/03/0196 und 88/03/0007, unter Bezugnahme auf § 51 Abs. 1 iVm § 52 lit. a Z. 10a und Z. 10b StVO ausgeführt, es sei erforderlich festzulegen, auf welcher Strecke, beginnend und endend mit bestimmten Punkten, die Verkehrsteilnehmer die vorgesehenen Höchstgeschwindigkeiten einzuhalten hätten.
Im gegenständlichen Fall lässt die Formulierung "von der Koblacherstraße bis vor die Kreuzung der 'Straße im Hau'" (zur mittlerweile offenbar erfolgten Änderung des Straßennamens siehe unten) "und von dort bis zum Zollamt" offen, an welchem bestimmten Punkt die Beschränkung auf 70 km/h enden und die Beschränkung auf 50 km/h beginnen sollte. Denn diese Formulierung lässt einen Spielraum zu, der von "unmittelbar vor der Kreuzung 'Im Hau'" bis zu der genannten Kreuzung "Koblacherstraße" reicht, die sich nach dem einliegenden Plan jedenfalls mehr als 200 m von der Kreuzung "Im Hau" entfernt befindet (der Planausschnitt endet nämlich etwas mehr als 200 m vor der Kreuzung "Im Hau", die "Koblacherstraße" ist darauf nicht mehr ersichtlich). Lässt aber eine Verordnung einen derart großen Spielraum zu, so entspricht sie nicht dem oben ausgeführten Bestimmtheitsgebot. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im gegenständlichen Punkt 4. der Verordnung vom 7. Mai 1979 daher nicht den für die Festlegung einer Geschwindigkeitsbeschränkung erforderlichen normativen Gehalt zu erkennen. Sohin kann nicht davon ausgegangen werden, dass der am Tatort vorhanden gewesenen Kundmachung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h ein entsprechender Verordnungsakt der Behörde zu Grunde lag, weshalb sich die Bestrafung des Beschwerdeführers als rechtswidrig erweist (vgl. die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1988).
Im gegenständlichen Fall kommt noch hinzu, dass es wegen der nach der Aktenlage anscheinend 1991 erfolgten Namensänderung der Straße "Im Hau" auf "Exerzierplatz" die in der Verordnung genannte Kreuzung de facto nicht mehr gibt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Mehrwertsteuer war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Mehrwertsteuer nicht zusteht.
Wien, am 5. September 2008
Schlagworte
Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008020011.X00Im RIS seit
07.10.2008Zuletzt aktualisiert am
09.11.2011