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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
SPG 1991 §64 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. August 2008, Zl. E1/127486/2008, betreffend erkennungsdienstliche Behandlung und Ladung, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Der Beschwerdeführer bekämpft mit seiner am 9. September 2008 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten und zur hg. Zl. 2008/17/0162 protokollierten Beschwerde die Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung vor der belangten Behörde für den 10. September 2008 zu einer näher angeführten Uhrzeit an einer näher angeführten Örtlichkeit.
Mit der Beschwerde ist der Antrag verbunden, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag damit, dass im bekämpften Bescheid die zwangsweise Vorführung des Beschwerdeführers angedroht werde, weshalb der angefochtene Bescheid für den Beschwerdeführer nachteilige Rechtswirkungen entfalte. Der Vollzug des angefochtenen Bescheides wäre für den Beschwerdeführer mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden, weil die erkennungsdienstliche Behandlung durch behördliche Befehls- und Zwangsgewalt durchgesetzt werden könne. Darüber hinaus seien die erkennungsdienstlichen Daten nach erfolgter Durchführung bereits polizeilich gespeichert und stünden dann den Behörden "widerrechtlich zur Verfügung"; sie könnten nur mehr auf "mühsamen Weg gelöscht werden". Dem gegenüber seien öffentliche Interessen an der sofortigen Vollstreckung des bekämpften Bescheides nicht erkennbar.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers der Beschwerde die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Dabei hat der Antragsteller in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, VwSlg. 10.381A/1981).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. Juli 2008, Zl. AW 2008/17/0018) liegt ein "Vollzug" gemäß § 30 Abs. 2 VwGG auch dann vor, wenn ein Bescheid ("lediglich") die Grundlage für weitere Bescheide darstellt; er ist in diesem Sinne einem Vollzug zugänglich, weil die Erlassung der weiteren Bescheide nicht zulässig wäre, wenn die aufschiebende Wirkung zuerkannt würde. Darüber hinaus erschöpft sich der normative Gehalt des hier angefochtenen Bescheides nicht darin, allenfalls Grundlage für weitere Bescheide oder Maßnahmen zu sein, er enthält vielmehr einen Auftrag an den Beschwerdeführer, wobei die Wirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Wegfall der sich aus dem Bescheid für einen konkreten Zeitpunkt ergebenden Handlungsverpflichtung wäre. Der angefochtene Bescheid ist daher insoweit einem Vollzug zugänglich.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat dieser im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluss vom 29. Juli 2008, Zl. AW 2008/17/0018, mit weiteren Nachweisen); dies gilt auch für Bescheide wie den hier angefochtenen.
Davon ausgehend kann aber das Vorliegen eines öffentlichen Interesses nicht von Vornherein ausgeschlossen werden, darf doch - worauf die Beschwerde selbst verweist - nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0341) die amtswegige Vornahme einer erkennungsdienstlichen Behandlung (unter sicherheitspolizeilichen Gesichtspunkten) nur unter zwei Voraussetzungen erfolgen:
Einerseits muss die betreffende Person im Verdacht stehen, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, wobei diese Voraussetzung gemäß § 64 Abs. 6 SPG auch nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der entsprechenden gerichtlich strafbaren Handlung bestehen bleibt. Andererseits muss die betreffende Person im Rahmen krimineller Verbindungen tätig geworden sein oder es muss die erkennungsdienstliche Behandlung zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe dieser Person erforderlich scheinen. Diesbezüglich ist auf die spezifische Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung zur Verhinderung weiterer gefährlicher Angriffe durch das Wissen um die Möglichkeit einer Wiedererkennung abzustellen.
Selbst aber dann, wenn das vorhandene öffentliche Interesse nicht als "zwingend" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG anzusehen sein sollte, ist ein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne der eben erwähnten Gesetzesbestimmung aufgrund des Vorbringens des Antragstellers (Beschwerdeführers) im Zusammenhang mit der durch § 30 Abs. 2 VwGG aufgegebenen Interessenabwägung nicht zu erkennen: Der Beschwerdeführer führt als konkreten Nachteil im Falle der Befolgung des vorliegenden Ladungsbescheides (nur) an, dass die (dann gewonnenen) erkennungsdienstlichen Daten polizeilich gespeichert und den Behörden (allenfalls) "widerrechtlich zur Verfügung" stünden, wobei sie nur mehr auf "mühsamen Weg gelöscht werden" könnten. Damit geht der Beschwerdeführer selbst davon aus, dass - im Falle senes Obsiegens im vorliegenden Beschwerdeverfahren - dies die Löschung der Daten zur Folge hätte, ein unwiederbringlicher Schaden daher nicht vorläge. Damit kann aber nicht von einem Interesse des Beschwerdeführers ausgegangen werden, das in Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Hintanhaltung möglicher (weiterer) Straftaten als höher zu veranschlagen wäre.
Dem Antrag des Beschwerdeführers war daher nicht stattzugeben. Wien, am 9. September 2008
Schlagworte
VollzugBegriff der aufschiebenden WirkungZwingende öffentliche InteressenUnverhältnismäßiger NachteilBesondere Rechtsgebiete PolizeirechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:AW2008170036.A00Im RIS seit
04.02.2009Zuletzt aktualisiert am
08.04.2011