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L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;Norm
BauO Tir 1998 §27 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des IR in W, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. Oktober 2005, Zl. Ve1-8-1/169-2, betreffend Beseitigungsauftrag und Antrag auf Genehmigung der Baufertigstellung gemäß der Tir. BauO 2001 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde trug dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. .156, 1231 und 1235, alle KG. S., mit Bescheid vom 12. Jänner 2004 die Beseitigung der nunmehr konsenslos bestehenden Bauteile des geplanten Wohnhauses mit Einliegerwohnung sowie die Versetzung des Bauplatzes in den ursprünglich bestehenden Zustand bis 30. April 2004 auf. Die Behörde führte dazu insbesondere aus, dass die Frist für die Vollendung des mit Bescheid vom 15. Juli 1991 genehmigten Bauvorhabens (Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Einliegerwohnung), jeweils abgeändert mit den Bescheiden vom 13. September 1993, vom 3. März 1994 und vom 13. April 1994 (Raumnutzungsänderung, Kellervergrößerung bzw. Abänderung der Dachneigung und Fenster) mit 1. März 2002 abgelaufen sei. Ein Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Frist sei nicht gestellt worden. Aus Anlass einer baupolizeilichen Überprüfung am 29. Jänner 2003 sei vom bautechnischen Sachverständigen der mitbeteiligten Marktgemeinde festgestellt worden, dass das Wohnhaus und die Einliegerwohnung noch nicht fertig gestellt worden seien. Das Objekt befinde sich noch im Rohzustand, Außen- und Innenwände seien noch nicht verputzt, es fehlten Türen und Fenster sowie sämtliche Installationen. In der Folge sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. August 2003 eine Frist zur Einbringung eines neuen Bauansuchens gemäß § 37 Abs. 1 Tir. Bauordnung 2001 (TBO 2001) eingeräumt worden. Diese Frist sei ungenützt verstrichen. Gemäß § 27 Abs. 1 lit. b TBO 2001 erlösche die Baubewilligung, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von vier Jahren vollendet werde. Der Inhaber der Baubewilligung habe nach deren Erlöschen gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung allfällige bereits errichtete Teile des Bauvorhabens wiederum zu beseitigen und den Bauplatz in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Komme er dieser Verpflichtung nicht nach, so habe ihm die Baubehörde mit Bescheid die Durchführung dieser Aufgaben aufzutragen. Die Behörde habe gemäß § 37 Abs. 1 TBO 2001 den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Baubewilligung errichtet und innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist kein Bauansuchen eingebracht werde.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 23. Juli 2004 als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Spruch wie folgt:
"I... R... (der Beschwerdeführer) wird gemäß § 27 Abs 5 der Tiroler Bauordnung 2001, ..., als Inhaber der Baubewilligung der bewilligungspflichtigen Anlage 'Wohnhaus mit Einliegerwohnung' auf den Gp. .156, 1231, 1235, und 5701, alle KG S..., die bereits erloschen ist, die Beseitigung der bereits errichteten baulichen Anlage und die Versetzung in den ursprünglichen Zustand, wie er vor dem 15. Juli 1991 bestanden hat, bis längstens 31. Oktober 2004 aufgetragen."
Die Berufungsbehörde führte insbesondere aus, dass gemäß § 27 Abs. 1 lit. b TBO 2001 eine Baubewilligung erlösche, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von vier Jahren nach Baubeginn vollendet werde. Beginn der in Rede stehenden Arbeiten sei der 18. April 1994 gewesen, somit mehr als 10 Jahre zurückliegend. Durch die Übergangsbestimmung des § 59 Abs. 4 TBO 1998 habe sich diese Frist bis März 2002 verlängert. Dem Beschwerdeführer seien daher annähernd acht Jahre für die Bauvollendung zur Verfügung gestanden. Weiters sei die Frist nochmals bis Ende Juli 2003 erstreckt worden. Der vom Beschwerdeführer in den Raum gestellten ehebaldigsten bescheidgemäßen Fertigstellung sei nicht entsprochen worden, sondern habe er - knapp vor Ablauf der bereits erstreckten Bauvollendungsfrist - wiederum einen Antrag auf Fristerstreckung eingebracht. Festgehalten werde, dass die verfahrensgegenständlichen Baubewilligungen erloschen seien. Damit ergebe sich für den Inhaber der Baubewilligung die Verpflichtung, allfällige bereits errichtete Teile des Bauvorhabens unverzüglich zu beseitigen und den Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Wesentliche Voraussetzung eines baupolizeilichen Auftrages sei dessen Bestimmtheit. Im Bescheid des Gemeindevorstandes habe daher klargestellt werden müssen, dass vom baupolizeilichen Auftrag sämtliche, bereits errichteten Teile des Wohnhauses mit Einliegerwohnung auf den Grundstücken "Gp. .156, 1231, 1235 und 5701, alle KG S..." umfasst seien. Auch die Versetzung in den ursprünglichen Zustand sei dahingehend zu konkretisieren gewesen, dass damit auf den Zeitpunkt vor der erstmaligen Bewilligung (den 15. Juli 1991) abgestellt habe werden müssen.
Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 10. Jänner 2005 Folge, behob den bekämpften Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde. Aufhebungsgrund war, dass sich der erstinstanzliche Beseitigungsauftrag nur auf die Grundstücke ".156, 1231 und 1235, alle KG S..." bezogen habe, während der Spruch des Berufungsbescheides auch das Grundstück Nr. 5701 miterfasst habe. Die Berufungsbehörde sei damit über die durch das erstinstanzliche Verfahren gesetzten Grenzen hinausgegangen.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde behob in der Folge mit Bescheid vom 7. Februar 2005 den Berufungsbescheid vom 23. Juli 2004.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde trug dem Beschwerdeführer als Inhaber der Baubewilligung der bewilligungspflichtigen baulichen Anlage "Wohnhaus mit Einliegerwohnung" auf den Grundstücken .156, 1231, 1235 und 5701, alle KG S., welche erloschen sei, in Spruchpunkt I. des Bescheides vom 28. Februar 2005 gemäß § 27 Abs. 5 TBO 2001 die Beseitigung der bereits errichteten Teile der bezeichneten bewilligungspflichtigen baulichen Anlage und die Versetzung des Bauplatzes in seinen ursprünglichen Zustande, dies sei der Zustand, wie er am 15. Juli 1991 bestanden habe, bis längstens 30. Juni 2005 auf.
In Spruchpunkt II. dieses Bescheides wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag des Beschwerdeführers betreffend die "Baufertigstellungs-Genehmigung des Rohbaues lt. Baugenehmigung v. 15.07.1991, Zhl.: ..., mit den erteilten Änderungsbescheiden vom 13.09.1993, Zl. ..., v. 03.03.1994, Zl. ..., und 13.04.1994, Zl. ..." gemäß § 27 Abs. 3 TBO 2001 als unbegründet ab. Der Bürgermeister führte insbesondere aus, dass die verfahrensgegenständlichen Baubewilligungen am 1. März 2002 ex lege erloschen seien. Gemäß § 58 Abs. 4 Tir. Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15 (TBO 1998) gälte § 27 dieses Gesetzes auch für das Erlöschen von Baubewilligungen, "die auf Grund der bisherigen Tiroler Bauordnung erteilt wurden", das sei - wie im vorliegenden Fall - die Tir. Bauordnung 1989, LGBl. Nr. 33. In diesem Fall habe die Frist für die Bauvollendung nach § 27 Abs. 1 lit. b TBO 1998 frühestens mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (das sei der 1. März 1998) begonnen. Die Bauvollendungsfrist habe sich somit um weitere vier Jahre bis zum 1. März 2002 verlängert. Ab diesem Zeitpunkt seien die verfahrensgegenständlichen Baubewilligungen ex lege erloschen, da der Beschwerdeführer vor Ablauf dieser Frist kein Ansuchen um Erstreckung der Frist für die Bauvollendung gestellt habe. Eine neuerliche Fristerstreckung sei durch die im Jahre 2001 erfolgte Wiederverlautbarung der TBO 1998, in der die Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 4 TBO 1998 nunmehr in § 59 Abs. 4 TBO 2001 inhaltsgleich enthalten sei, nicht erfolgt. Der Beginn der in Rede stehenden bewilligten Arbeiten sei der 18. April 1994 gewesen.
Nachdem die Baubewilligungen erloschen seien, trete die Rechtsfolge des § 27 Abs. 5 TBO 2001 ein. Danach habe der Inhaber der Baubewilligung nach deren Erlöschen allfällige bereits errichtete Teile des Bauvorhabens unverzüglich zu beseitigen und den Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand, das sei im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens, somit der 15. Juli 1991, zu versetzen.
Der Antrag des Beschwerdeführers vom 24. Jänner 2005 auf eine von ihm so bezeichnete "Baufertigstellungs-Genehmigung" sei gemäß § 27 Abs. 3 TBO 2001 als unbegründet abzuweisen gewesen (Spruchpunkt II.), da um die Erstreckung der Bauvollendungsfrist vor ihrem Ablauf (1. März 2002) anzusuchen sei. Der Vollständigkeit halber werde angemerkt, dass ein Auftrag gemäß § 37 Abs. 1 TBO 2001 (Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes) nicht in Betracht gekommen sei. Zum einen stelle § 27 Abs. 5 TBO 2001 gegenüber § 37 Abs. 1 leg. cit. die lex specialis dar, zum anderen wäre das Ansuchen schon auf Grund seines Widerspruches zum derzeit gültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde (Freiland) gemäß § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2001 ohne weiteres als unbegründet abzuweisen.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde wies mit Bescheid vom 18. April 2005 die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab (Spruchpunkt I.) und setzte als Leistungsfrist in Spruchpunkt II. gemäß § 59 Abs. 2 AVG die Frist mit 30. September 2005 fest. Die Berufungsbehörde folgte der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde. Ergänzend stellte sie fest, dass das ihrer Ansicht nach rechtswidrige Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. April 2003, mit welchem dem "Ansuchen um Fristverlängerung bis Ende Juli 2003 zugestimmt" werde, entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut (§ 27 Abs. 3 TBO 2001) keine Verlängerung der Bauvollendungsfrist nach sich ziehe. Abgesehen davon bedürfte eine derartige Entscheidung der Bescheidform. Eine normative Wirkung dieses Schreibens sei nicht gegeben. Warum sich die Bauvollendungsfrist nach Ansicht des Beschwerdeführers bis auf das Jahr 2007 verlängert habe, sei der Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar.
Dem Beschwerdeführer sei Recht zu geben, dass von einer Bauvollendung nicht erst dann gesprochen werden könne, wenn das Bauvorhaben "schlüsselfertig" hergestellt sei. Allerdings seien im vorliegenden Fall noch weit mehr als geringfügige Restarbeiten ausstehend. Die Lichtbilder des Lokalaugenscheines vom 22. März 2005 sprächen eine deutliche Sprache.
Wenn der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer in dem Schreiben vom 7. August 2003 eine Frist zur Einbringung eines Bauansuchens gemäß § 37 Abs. 1 TBO 2001 gesetzt habe, die der Beschwerdeführer als zu kurz erachte, könne auch dies der Berufung im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall § 37 Abs. 1 TBO 2001 nicht anwendbar gewesen sei, nicht zum Erfolg verhelfen.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie vertrat - wie die Baubehörden - die Ansicht, dass im Lichte der Übergangsbestimmung des § 59 Abs. 4 TBO 2001 die in Frage stehenden Baubewilligungen mit 1. März 2002 ex lege erloschen seien. Weiters sei die vom Bürgermeister gesetzte Frist zur Einbringung eines neuen Bauansuchens im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Auf Grund des Lokalaugenscheines vom 22. März 2005 ergebe sich weiters, dass sich das Gebäude des Beschwerdeführers noch im Rohbau befinde. Wie sich aus den im Akt beiliegenden Lichtbildern ergebe, wären noch wesentliche Bauausführungen für die Fertigstellung desselben notwendig gewesen, sodass von geringfügigen Restarbeiten oder einer erfolgten Fertigstellung, wie vom Beschwerdeführer vertreten, nicht gesprochen werden könne.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst bei ihm dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 27. Februar 2006, B 3411/05-4, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Diese Beschwerde wurde zur Zl. 2006/06/0127 protokolliert. Da der Beschwerdeführer der vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Beschwerdeverfahren aufgetragenen Verbesserung der Beschwerde nicht entsprechend nachgekommen war, stellte der Verwaltungsgerichtshof dieses Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 28. November 2006, Zl. 2006/06/0127-5, ein.
Der Verwaltungsgerichtshof bewilligte in der Folge die vom Beschwerdeführer beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Mängelbehebung im Beschwerdeverfahren Zl. 2006/06/0127 mit Beschluss vom 21. Februar 2007, Zl. 2006/06/0334-3. Nach der Bewilligung der Wiedereinsetzung wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde zur Zl. 2007/06/0063 protokolliert.
In der nach Auftrag ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 lit. b Tir. Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15 (TBO 1998), erlosch die Baubewilligung, wenn nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Eintritt der Rechtskraft oder der in der Baubewilligung festgelegten längeren Frist (Abs. 2) mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen wurde oder wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von vier Jahren nach Baubeginn vollendet wurde.
Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung konnte die Frist für den Baubeginn und die Frist für die Bauvollendung auf Antrag des Inhabers der Baubewilligung jeweils einmal um höchstens zwei Jahre erstreckt werden, wenn er glaubhaft machte, dass er am rechtzeitigen Baubeginn bzw. an der rechtzeitigen Bauvollendung ohne sein Verschulden gehindert gewesen war, und wenn sich in der Zwischenzeit die baurechtlichen und raumordnungsrechtlichen Vorschriften nicht derart geändert hatten, dass die Baubewilligung danach nicht mehr erteilt werden dürfte. Um die Erstreckung der Frist war vor ihrem Ablauf bei der Behörde schriftlich anzusuchen. Durch die rechtzeitige Einbringung des Ansuchens wurde der Ablauf der Frist bis zur Entscheidung der Behörde gehemmt.
Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung hatte der Inhaber der Baubewilligung nach deren Erlöschen allfällige bereits errichtete Teile des Bauvorhabens unverzüglich zu beseitigen und den Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Kam er dieser Verpflichtung nicht nach, so hatte ihm die Behörde mit Bescheid die Durchführung dieser Maßnahmen aufzutragen.
Gemäß § 58 Abs. 4 zweiter Satz TBO 1998 galt § 27 auch für das Erlöschen von Baubewilligungen, die auf Grund der bisherigen Tiroler Bauordnung erteilt wurden. In diesem Fall begann die Frist für die Bauvollendung nach § 27 Abs. 1 lit. b frühestens mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.
Gemäß § 59 Abs. 1 TBO 1998 trat dieses Gesetz mit 1. März 1998 in Kraft.
Die TBO 1998, zuletzt geändert mit Novelle LGBl. Nr. 74/2001, wurde im Jahr 2001 wiederverlautbart als Tir. Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94. § 27 TBO 2001 enthält die Regelung betreffend das Erlöschen der Baubewilligung wie in § 27 TBO 1998. Die Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 4 TBO 1998 findet sich nunmehr in § 59 Abs. 4 TBO 2001.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass das Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. April 2003 als Bescheid anzusehen sei, mit dem die Bauvollendungsfrist verlängert worden sei. Die Bezeichnung als Bescheid sei nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte nicht von Bedeutung. Wesentlich sei, ob die Erledigung nach ihrem Inhalt als Bescheid zu qualifizieren sei. Da mit dem Schreiben die Frist für die Vollendung des Bauvorhabens bis Ende Juli 2003 verlängert worden sei, handle es sich dabei um eine hoheitliche Erledigung. Dem gegenüber qualifiziere die belangte Behörde das Schreiben des Bürgermeisters vom 7. August 2003, mit dem das Ansuchen des Beschwerdeführers, die Frist für die Bauvollendung bis 31. Dezember 2003 zu verlängern, abgewiesen worden sei, als Bescheid.
Dazu ist auszuführen, dass die erwähnte Erledigung des Bürgermeisters vom 29. April 2003 in folgendem Zusammenhang behördlicher Schreiben, der über den Inhalt der Erledigung maßgeblich Aufschluss gibt, stand:
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Februar 2003 mit, dass die Frist zur Vollendung des Bauvorhabens mit 1. März 2002 abgelaufen sei. Ein Ansuchen um Verlängerung der Frist zur Bauvollendung sei vor deren Ablauf nicht gestellt worden. Anlässlich einer baupolizeilichen Überprüfung an Ort und Stelle am 29. Jänner 2003 sei festgestellt worden, dass das Wohnhaus und die Einliegerwohnung noch nicht fertig gestellt worden seien. Das Objekt befinde sich noch im Rohbauzustand, Außen- und Innenwände seien nicht verputzt, es fehlten Fenster und Türen etc. Gemäß § 27 Abs. 1 lit. b TBO 2001 erlösche eine Baubewilligung, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von vier Jahren nach Baubeginn vollendet werde. Die erstinstanzliche Baubehörde räumte dem Beschwerdeführer abschließend die Gelegenheit ein, zu dem angeführten Sachverhalt bis spätestens 14. März 2003 schriftlich Stellung zu nehmen.
Dazu stellte der Beschwerdeführer offensichtlich mit einem Schreiben vom 11. März 2003 (dieses liegt nicht im Akt, der Beschwerdeführer nimmt in seinem weiteren Schreiben vom 24. April 2003 darauf Bezug) einen Antrag auf Verlängerung der Frist für die Stellungnahme. Dieses Anliegen wiederholte er mit Schreiben vom 24. April 2003, in dem er um "Fristeinräumung bis Ende Juli 2003" ersuchte, um eine gesetzeskonforme Lösung zur Bauvollendung bzw. der notwendigen Schritte durchführen zu können.
Das dazu erfolgte Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. April 2003 lautete wie folgt:
"033/03-411
Ihr Ansuchen um Fristverlängerung:
Sehr geehrter Herr R...!
Bezugnehmend auf ihr Ansuchen um Fristverlängerung bis Ende
Juli 2003 wird zugestimmt.
Mit freundlichen Grüßen.
Für den Bürgermeister (es folgt die Unterschrift der Sachbearbeiterin)."
Es ging bei diesem Ansuchen um Fristverlängerung um die Verlängerung der Frist zur Vornahme einer Stellungnahme zu dem Schreiben des Bürgermeisters vom 26. Februar 2003. In diesem Sinne teilte der Bürgermeister auch dem Landesvolksanwalt mit Schreiben vom 3. Juni 2003 mit, dass dem Ersuchen des Beschwerdeführers (vom 11. März 2003) mit Erledigung vom 29. April 2003 stattgegeben worden sei und "die Frist zum Einbringen einer Stellungnahme (Parteiengehör v. 26.2.03) auf 31. Juli 2003 verlängert" wurde. Schon im Hinblick darauf muss nicht geklärt werden, ob das Schreiben des Bürgermeisters vom 29. April 2003 als Bescheid zu deuten sei oder nicht.
Das Schreiben des Bürgermeisters vom 7. August 2003, in dem gemäß § 37 Abs. 1 TBO 2001 eine Frist zur Einbringung eines Bauansuchens gesetzt wurde, spielte für die Entscheidung der belangten Behörde wie auch der Berufungsbehörde keine Rolle, weil zutreffend die Ansicht vertreten wurde, dass im vorliegenden Fall allein § 27 Abs. 5 TBO 2001 als lex specialis und nicht § 37 Abs. 1 TBO 2001 zur Anwendung kommt.
Wenn der Beschwerdeführer meint, es sei im erstinstanzlichen Bescheid von einer Nichteinhaltung der Frist für die Bauvollendung die Rede, woraus sich ergebe, dass dafür eine Frist gesetzt worden sein müsse, ist er darauf hinzuweisen, dass sich die im vorliegenden Fall einzuhaltende Bauvollendungsfrist unmittelbar aus § 58 Abs. 4 TBO 1998 bzw. § 59 Abs. 4 TBO 2001, also ex lege, ergab.
Hat aber die Bauvollendungsfrist, wie dies die belangte Behörde auf Grundlage der Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 4 TBO 1998 bzw. § 59 Abs. 4 TBO 2001 zutreffend angenommen hat, im vorliegenden Fall mit 1. März 2002 geendet, waren die vorgelegten Urkunden vom 4. Juli 2003 (Vereinbarung, Leistungsbeschreibung) und vom 15. Jänner 2004 (Schreiben der Ingenieurkonsulenten Dipl. Ing. L. und Dipl. Ing. Dr. O.) betreffend offenbar mittlerweile vorgenommene Bauarbeiten an dem Vorhaben für das vorliegende Verfahren nicht mehr von Relevanz.
Wenn der Beschwerdeführer weiters meint, es sei ihm im Juli 2003 die Gelegenheit genommen worden, das Bauvorhaben tatsächlich fertig zu stellen, obwohl er dazu bereit gewesen wäre, kommt diesem Vorbringen angesichts dessen, dass die in Frage stehenden Baubewilligungen bereits mit 1. März 2002 ex lege erloschen waren, im verfahrensgegenständlichen Verwaltungsverfahren keine Bedeutung zu.
Zur Rüge, die (mit Schreiben vom 7. August 2003) gesetzte Frist zur Einreichung eines neuen Bauansuchens bis 1. September 2003 sei zu kurz gewesen, genügt es darauf zu verweisen, dass im vorliegenden Fall allein § 27 Abs. 5 TBO 2001 zur Anwendung kam, der maßgeblich auf den Tatbestand des Erlöschens einer Baubewilligung wegen Zeitablaufes abstellt und eine allfällige Fristsetzung zur Einreichung eines neuen Bauansuchens nicht vorsieht.
Weiters hätte sich nach Ansicht des Beschwerdeführers die belangte Behörde mit dem Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, auseinander setzen müssen. § 3 dieses Gesetzes sei zwar vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. November 1996, G 189- 193/96 u.a., als verfassungswidrig aufgehoben worden, das Gesetz stehe aber immer noch in Geltung. Gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes habe der Bürgermeister mit Bescheid festzustellen, ob das Vorliegen einer Baubewilligung zu vermuten sei oder nicht. Wenn nach diesem Gesetz Bauten im Freiland zulässig sein sollen, für welche das Vorliegen einer Baubewilligung nur vermutet werden könne, so sei nicht nachvollziehbar, warum das Gebäude des Beschwerdeführers, das sich gleichermaßen im Freiland befinde, deshalb unzulässig sei, weil die bereits erteilte Baubewilligung erloschen sei. Faktum sei, dass das Gebäude einmal eine Baubewilligung habe aufweisen können. Dies stelle nach Ansicht des Beschwerdeführers eine unsachliche Differenzierung dar.
Dem ist zu entgegnen, dass gemäß § 27 Abs. 5 TBO 2001 allein maßgeblich ist, ob die in Frage stehende Baubewilligung für ein im Bau befindliches Gebäude erloschen ist oder nicht. Die vom Beschwerdeführer angesprochene allfällige gleichheitsrechtliche Problematik betrifft nicht § 27 Abs. 5 TBO 2001, sondern den im vorliegenden Fall nicht angewendeten § 2 Tir. Freilandbautengesetz. Im Unterschied zu den vorliegenden Umständen betrifft § 2 dieses Gesetzes Fälle, in denen auf Grund des Alters des betreffenden Gebäudes oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber bei der Baubehörde nicht mehr vorhanden sind. Diese Bestimmung bezieht sich also auf schon lange Zeit bestehende Gebäude. Ein Fall wie der vorliegende, in dem die erteilte und vorhandene Baubewilligung vor Vollendung der baulichen Anlage gemäß § 27 Abs. 5 TBO 2001 wegen Ablaufes einer bestimmten Zeit nach Baubeginn erlischt, ist damit nicht vergleichbar.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 9. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007060063.X00Im RIS seit
16.10.2008Zuletzt aktualisiert am
26.11.2008