TE Vwgh Beschluss 2008/9/9 2008/06/0086

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Veröffentlicht am 09.09.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 impl;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über den Antrag des Mag. MF in A, vertreten durch Dr. Wolfgang Hofsteger, Dr. Dieter Perz, Dr. Georg Wallner und Dr. Markus Warga, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Salzgasse 2/Robertplatz, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gesetzte Frist in Ansehung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 19. November 2007, Zl. 5/07-39.893/9-2007, betreffend Beseitigungsauftrag und Versagung der Baubewilligung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte mit Schriftsatz vom 3. Jänner 2008 (beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 4. Jänner 2008) eine Beschwerde gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 19. November 2007 ein.

Mit Verfügung vom 23. Jänner 2008, Zl. 2008/06/0002-4, wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters ein Verbesserungsauftrag im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG dahingehend erteilt, dass das Recht, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behaupte, anzugeben und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für die mitbeteiligte Partei beizubringen sei. Weiters wurde mit dieser Verfügung die eingebrachte Beschwerde (in zweifacher Ausfertigung) mit dem als Beilage angefügten angefochtenen Bescheid zurückgestellt und in der Verfügung angeordnet, dass die zurückgestellte Beschwerde (einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen) auch dann wieder vorzulegen sei, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht werde.

Innerhalb der gesetzten Frist legte der Vertreter des Beschwerdeführers einen Schriftsatz vom 14. Februar 2008 in dreifacher Ausfertigung vor. In diesem Schriftsatz führte der Beschwerdeführer einerseits aus, in welchen Rechten er sich als verletzt erachte, andererseits wurde darauf hingewiesen, dass dieser Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorgelegt und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für die mitbeteiligte Partei beigelegt werde. Der ergänzende Schriftsatz langte beim Verwaltungsgerichtshof am 23. Jänner 2008 in dreifacher Ausfertigung samt der zurückgestellten Beschwerde (in 2-facher Ausfertigung) und dem angefochtenen Bescheid, aber ohne eine weitere Beschwerdeausfertigung ein.

Da auch ein nur teilweise befolgter Auftrag als Zurückziehung im Sinne dieser Gesetzesstelle gilt, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren gemäß § 34 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluss vom 1. April 2008, Zl. 2008/06/0002-7, ein.

Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2008 (eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am 15. Mai 2008) beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in die gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gesetzte Frist in Ansehung der Beschwerde gegen den angeführten Bescheid der Salzburger Landesregierung. In dem ergänzenden Schriftsatz ("Vorbringen") vom 14. Februar 2008 sei festgestellt worden, dass dieser Schriftsatz in 3-facher Ausfertigung vorgelegt und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für die mitbeteiligte Partei beigelegt werde. Der Rechtsanwalt der Kanzlei, Dr. M.W. habe der Mitarbeiterin B.S. die beizulegenden Unterlagen aus dem in der Kanzlei geführten Akt herausgesucht und die Mitarbeiterin angewiesen, den gegenständlichen Schriftsatz, bezeichnet als "Vorbringen", in dreifacher Ausfertigung vorzulegen, einen Nachweis über die entrichtete Gebühr von EUR 180,-- beizulegen und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde. Die angeführten Unterlagen seien von der Sekretärin sodann gemeinsam mit dem zu unterfertigenden "Vorbringen" in die Unterschriftenmappe eingelegt und dem angeführten Rechtsanwalt der Kanzlei zur Unterfertigung vorgelegt worden. Bei der Unterfertigung habe dieser Rechtsanwalt die Richtigkeit und die Vollständigkeit der zu übermittelnden Beilagen überprüft und sodann die Unterschriftenmappe der Sekretärin zum Einkuvertieren wieder übergeben. Bei der Übergabe dieser Unterschriftenmappe habe er die Sekretärin B.S. nochmals darauf aufmerksam gemacht, sämtliche in der Postmappe bei dem Vorbringen befindliche Beilagen mitzuübersenden. In der Folge habe sich der Rechtsanwalt auch noch davon vergewissert, dass der gegenständliche Schriftsatz auch an diesem Tag eingeschrieben zur Post gebracht werde. Diese Kontrolle sei durch Einsichtnahme in das Einschreibebuch, geführt von der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters, erfolgt und der betreffende Rechtsanwalt habe die Sekretärin nochmals angewiesen, das Vorbringen verlässlich zur Post zu bringen. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe sohin berechtigterweise davon ausgehen können, dass die gesamten Unterlagen dem fristgerecht erstatteten "Vorbringen" beilägen.

Nach der Zustellung des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. April 2008 hätten die ausgewiesenen Vertreter erstmals davon Kenntnis erlangt, dass eine weitere Ausfertigung der Beschwerde anscheinend dem Schriftsatz vom 14. Februar 2008 nicht beigelegt gewesen sei.

Mit dem Antrag wurden eidesstättige Erklärungen der betreffenden Mitarbeiterin und aller Rechtsanwälte der mit der Beschwerde befassten Kanzlei vorgelegt, in denen insbesondere bestätigt wurde, dass es sich bei der Mitarbeiterin B.S. um eine äußerst zuverlässige und gewissenhafte Kanzleikraft handle, die bereits seit 1. September 1996 in der Kanzlei arbeite, der ein derartiges Versehen bisher noch nie unterlaufen ist. Die Mitarbeiterin bestätigte insbesondere, alle ihr von Dr. M.W. übergebenen Unterlagen mit dem Schriftsatz in das Kuvert gegeben und eingeschrieben abgesendet zu haben.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist der Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Das Versehen einer Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes stellt ein Ereignis gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dar, wenn der Anwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht jener Bediensteten gegenüber nachgekommen ist, wobei hinzuzufügen ist, dass mechanische Vorgänge, wie etwa das Kuvertieren oder die Postaufgabe, in einen Bereich fällt, der grundsätzlich der alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen werden kann (vgl. den hg. Beschluss vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/01/0995).

Am Deckblatt des ergänzenden Schriftsatzes vom 14. Februar 2008 wurde nicht angegeben, wie viele Beilagen oder welche Beilagen diesem Schriftsatz angeschlossen sind (sein sollen). Auf der Seite 2 dieses Schriftsatzes wird darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorgelegt und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde angeschlossen wird. Nach dem Verbesserungsauftrag war auch die zurückgestellte Beschwerde (in zweifacher Ausfertigung) samt dem angefochtenen Bescheid dem Verwaltungsgerichtshof wieder vorzulegen (von diesen dem Verbesserungsschriftsatz auch anzuschließenden Beilagen war in dem angeführten Schriftsatz vom 14. Februar 2008 keine Rede). Tatsächlich langten der ergänzende Schriftsatz vom 14. Februar 2008 in dreifacher Ausfertigung, die beiden bereits beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Ausfertigungen der Beschwerde und der angefochtene Bescheid ein, nicht aber die geforderte weitere Ausfertigung der eingebrachten Beschwerde.

Die Mitarbeiterin des Beschwerdevertreters hat gemäß ihrer eidesstättigen Erklärung im Beschwerdefall alle ihr vom Beschwerdevertreter übergebenen Unterlagen mit dem Schriftsatz in das Kuvert gegeben und dieses eingeschrieben bei der Post aufgegeben. Aus dieser Aussage der Mitarbeiterin ergibt sich, dass ihr beim Kuvertieren und Abfertigen gerade kein Versehen unterlaufen ist. Vielmehr kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdevertreter seiner Mitarbeiterin alle erforderlichen Beilagen, die dem Schriftsatz anzuschließen waren, übergeben bzw. allenfalls diese genau und unmissverständlich bezeichnet hat (zumal auch dem Schriftsatz Beilagen angeschlossen waren, die darin nicht erwähnt wurden). Im vorliegenden Fall kann daher nicht von einem bloß manipulativen Versehen einer verlässlichen Mitarbeiterin bzw. von einem bloß minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG ausgegangen werden.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in der mit Beschluss vom 23. Jänner 2008 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist ist daher nicht stattzugeben.

Wien, am 9. September 2008

Schlagworte

ZurückziehungMängelbehebungIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060086.X00

Im RIS seit

25.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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