TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/9 2007/06/0002

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Veröffentlicht am 09.09.2008
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Index

L82005 Bauordnung Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauPolG Slbg 1997 §12 Abs1;
BauPolG Slbg 1997 §12 Abs2;
BauPolG Slbg 1997 §23 Abs1 Z1;
VStG §45 Abs1 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der KA in B, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 27. November 2006, Zl. UVS-17/10.178/11-2006, betreffend Übertretung des Sbg. BauPolG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit erstinstanzlichem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 1. Juni 2006 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe zumindest seit 27. Oktober 2005 auf dem näher angeführten Grundstück in der Gemeinde B. folgende bauliche Maßnahme ausgeführt bzw. begonnen, ohne im Besitz einer baubehördlichen Bewilligung zu sein: ein Bauwerk, nämlich ein hölzernes Nebengebäude (Flugdächer), seien auf dem angeführten Grundstück errichtet worden. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 und 2 Sbg. BauPolG 1997 in der geltenden Fassung begangen. Über die Beschwerdeführerin wurde eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 Sbg. BauPolG 1997 verhängt.

In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin insbesondere geltend, sie gebe im Hinblick auf den von der Behörde angenommenen Begehungszeitpunkt an, dass ihr Vater die in Fragen stehenden Objekte in den 70er Jahren errichtet bzw. in Auftrag gegeben habe.

Die belangte Behörde setzte mit dem angefochtenen Bescheid die verhängte Geldstrafe auf EUR 300,-- herab und bestätigte im Übrigen den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit folgenden Maßgaben:

"1. Der Tatvorwurf hat zu lauten:

- Sie haben als Grundeigentümerin zu verantworten, dass auf dem Grundstück Nr. 496/7, KG W..., westlich an die bestehende baubewilligte Garage folgende bauliche Maßnahme ohne baubehördliche Bewilligung ausgeführt ist (Dauerdelikt): Flugdach in Holzkonstruktion mit einem Flächenausmaß von 10,80 m x 2,80 m und einer Traufenhöhe von 1,90 m (nördlich) bzw. 2,30 m (südlich).

2. Die angewendete Strafbestimmung hat '§ 23 Abs. 1 erster Strafrahmen Sbg. BauPolG 1997 i.d.g.F.' zu lauten."

Die belangte Behörde führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Errichtung des in Frage stehenden Flugdaches mit den näher angegebenen Ausmaßen vom Vater der Beschwerdeführerin vermutlich Ende der 70er Jahre, jedenfalls nach dem 20. Juli 1978, errichtet worden sei. Eine baubehördliche Bewilligung sei dafür nicht erteilt und bis jetzt auch nicht beantragt worden. Das Grundstück Nr. 496/7, KG W., sei seit dem Jahr 2000 im gültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde B. größtenteils als Verkehrsfläche ausgewiesen. Der festgestellte Sachverhalt stütze sich auf die vorliegende Aktenlage und das Ergebnis des Lokalaugenscheins am 31. Oktober 2006.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Flugdachkonstruktion noch vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin (ihrem Vater H.H.) errichtet worden sei. Der genaue Zeitpunkt der Errichtung könne nicht mehr festgestellt werden. Im Zeitpunkt der Kollaudierungsverhandlung für die im Jahr 1975 baubehördlich bewilligte Garage, an deren Westseite das Flugdach angebaut worden sei, am 20. Juli 1978 sei dieses Flugdach noch nicht errichtet gewesen. Wäre es damals schon errichtet gewesen, wäre es vom Bausachverständigen in der Verhandlungsschrift wohl vermerkt worden. Das Flugdach weise allerdings augenscheinlich schon ein beträchtliches Alter auf. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, das Flugdach sei bereits Ende der 70er Jahre errichtet worden, könne somit nicht widerlegt werden. Damit könne die Beschwerdeführerin allerdings für ihren Standpunkt nichts gewinnen, da gemäß § 23 Abs. 3 Sbg. BauPolG der strafbare Tatbestand einer Übertretung des § 12 Abs. 1 (Ausführung einer baulichen Anlage ohne baubehördliche Bewilligung) hinsichtlich des unzulässig Hergestellten erst mit der Rechtskraft der erforderlichen Bewilligung oder mit der Beseitigung der hergestellten baulichen Anlage ende. Es liege somit ein Dauerdelikt vor, bei dem nicht nur die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes (die konsenslose Errichtung der baulichen Maßnahme an sich), sondern auch dessen Aufrechterhaltung den Tatbestand der strafbaren Handlung bilde.

Obzwar die Errichtung des Flugdaches noch vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin und dem damaligen Grundeigentümer (ihrem Vater) veranlasst worden sei, sei die Beschwerdeführerin für die Aufrechterhaltung des konsenslosen Zustandes verantwortlich. Als nunmehriger Grundeigentümerin obliege es ihr, die konsenslose bauliche Anlage zu beseitigen oder dafür eine nachträgliche Baubewilligung zu erwirken.

Der Ausnahmetatbestand gemäß § 2 Abs. 2 Sbg. BauPolG in der Stammfassung, LGBl. Nr. 117/1973, könne nicht angenommen werden, da das in Frage stehende Flugdach nicht in größerer Entfernung von Bauten - wie dies diese Bestimmung vorschreibe - sondern unmittelbar im Anschluss an ein bewilligtes Bauwerk (nämlich die 1975 bewilligte Garage) in geringer Entfernung (von ca. 15 m) zum damals schon bestehenden Wohnhaus auf dem Grundstück errichtet worden sei. Das verfahrensgegenständliche Flugdach stelle auch auf Grund des Vorhandenseins von Seitenwänden einen Bau im Sinne des § 1 Abs. 1 Sbg. BauPolG dar. Da das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des unzulässig Hergestellten bzw. mit der nachträglichen Bewilligung ende, liege auch keine Verfolgungsverjährung vor. Die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin habe daher die vorliegende ohne baubehördliche Bewilligung vorgenommene Ausführung des Flugdaches jedenfalls im vorgeworfenen Tatzeitraum zu verantworten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Die Beschwerdeführerin replizierte darauf.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das für eine Errichtung nach dem 20. Juli 1978 bis zur Novelle LGBl. Nr. 48/1983 maßgebliche Sbg. BaupolizeiG, LGBl. Nr. 117/1973 in der Fassung LGBl. Nr. 76/1976 (im Folgenden: BauPolG 1973), sah in den § 12 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 lit. a Folgendes vor:

"§ 12

(1) Mit der Ausführung einer baulichen Maßnahme darf vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides bzw. vor Kenntnisnahme der Bauanzeige nicht begonnen werden."

"§ 23

(1) Wer

a) ohne Bewilligung eine bauliche Maßnahme ausführt (§ 12 Abs. 1 und 2), ..., sowie wer

b) ...

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür unbeschadet sonstiger Folgen (baupolizeilicher Auftrag, Vollstreckung, Schadenersatz u. dgl.) von der Bezirksverwaltungsbehörde im Falle der lit. a mit Geldstrafe bis 100.000 S oder mit Arrest bis zu zwei Wochen, im Falle der lit. b ... zu bestrafen. .... .

(2) ...

(4) Der strafbare Tatbestand einer Übertretung des § 12 Abs. 1 endet hinsichtlich des nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes unzulässig hergestellten, erst mit Rechtskraft der erforderlichen Bewilligung oder mit der Beseitigung der hergestellten baulichen Anlage. ..."

Das Sbg. BauPolG 1997, LGBl. Nr. 40, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 65/2004 (die beiden im Folgenden genannten Bestimmungen traten mit der angeführten Novelle am 1. September 2004 in Kraft), sieht in § 12 Abs.1 und § 23 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 Folgendes vor:

"§ 12

(1) Mit der Ausführung einer baulichen Maßnahme darf vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides nicht begonnen werden."

"§ 23

(1) Wer

1. ohne baubehördliche Bewilligung eine bauliche Maßnahme ausführt (§ 12 Abs. 1 und 2);

2.

...;

3.

...;

25.

...;

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür unbeschadet sonstiger Folgen (baupolizeilicher Auftrag, Vollstreckung, Schadenersatz udgl) in den Fällen der Z 1 bis 3, 5 bis 10, 14, 19a, 20a, 20b, 22, 22a und 25 mit Geldstrafe bis zu 25.000 EUR und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis sechs Wochen, in den Fällen der Z 4, 11 bis 13, 15 bis 17, 19 bis 21, 23 und 24 mit Geldstrafe bis zu 4.000 EUR zu bestrafen.

(3) Der strafbare Tatbestand einer Übertretung des § 12 Abs. 1 endet hinsichtlich des unzulässig Hergestellten erst mit der Rechtskraft der erforderlichen Bewilligung oder mit der

Beseitigung der hergestellten baulichen Anlage. ... ."

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass ihr im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfen werde, sie habe es als Grundeigentümerin zu verantworten, dass ein Flugdach in Holzkonstruktion auf dem bezeichneten Grundstück "ausgeführt ist". Demgegenüber lege ihr die Begründung des Erkenntnisses zur Last, dass sie für die Aufrechterhaltung des konsenslosen Zustandes für das von ihrem Rechtsvorgänger und damaligen Grundeigentümer errichtete Flugdach verantwortlich sei, zumal es ihr als Grundeigentümerin obliege, die konsenslose bauliche Anlage zu beseitigen oder dafür eine nachträgliche Baubewilligung zu erwirken. Zu Recht gehe die belangte Behörde davon aus, dass die Beschwerdeführerin Ende der 70er Jahre den Bau des Flugdaches weder selbst vorgenommen (ausgeführt) noch in Auftrag gegeben (veranlasst) habe. Im Sinne der Feststellungen der belangten Behörde habe ihr Vater (ihr Rechtsvorgänger im Eigentum an dem Grundstück) das Flugdach errichtet. Der Vorwurf, sie sei als Grundeigentümerin dafür verantwortlich, dass ein Flugdach als bauliche Maßnahme ohne baubehördliche Bewilligung "ausgeführt ist" bzw. für die Aufrechterhaltung des konsenslosen Zustandes deshalb verantwortlich zu sein, weil es ihr als nunmehriger Grundeigentümerin obliege, die konsenslose bauliche Anlage zu beseitigen oder dafür eine nachträgliche Baubewilligung zu erwirken, seien verschiedene Tatvorwürfe, weswegen der Bescheidspruch und seine Begründung zueinander in Widerspruch stünden.

Diesem Beschwerdevorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Gemäß § 23 Abs. 1 lit. a (erster Tatbestand) Sbg. BauPolG 1973 (wie auch gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 Sbg. BauPolG 1997 in der angeführten Fassung) machte sich strafbar, wer ohne baubehördliche Bewilligung eine bauliche Maßnahme ausführt (mit Verweis auf § 12 Abs. 1). § 23 Abs. 4 Sbg. BauPolG 1973 (wie jetzt auch § 23 Abs. 3 Sbg. BauPolG 1997) sah vor, dass der genannte strafbare Tatbestand einer Übertretung des § 12 Abs. 1 ein Dauerdelikt darstellte, das hinsichtlich des unzulässig Hergestellten erst mit der Rechtskraft der erforderlichen Bewilligung oder mit der Beseitigung der hergestellten baulichen Anlage endete. Die Anordnung eines Dauerdeliktes kann sich im vorliegenden Fall nur auf den strafbaren Tatbestand im Sinne des § 23 Abs. 1 lit. a Sbg. BauPolG 1973 beziehen, nach dem für die Tatbegehung maßgeblich ist, dass der Beschuldigte eine bauliche Maßnahme ohne baubehördliche Bewilligung "ausführt". Keiner der in § 23 Abs. 1 Z. 1 bis Z. 25 BauPolG enthaltenen Tatbestände enthält einen Straftatbestand des Belassens einer konsenslos errichteten baulichen Anlage. Die Ausführung des verfahrensgegenständlichen Flugdaches erfolgte nach den Feststellungen der belangten Behörde nicht durch die Beschwerdeführerin, sondern durch den Vater der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin vertritt in ihrer Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde zutreffend die Ansicht, dass bei einem derartigen Dauerdelikt die Strafbarkeit mit dem Tode desjenigen endet, der die verpönte Handlung gesetzt hat, im vorliegenden Fall also der, der das verfahrensgegenständliche Flugdach konsenslos errichtet hat (vgl. § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG betreffend Umstände, die die Strafbarkeit einer Tat aufheben und Anm. 8 dazu, nach der der Tod des Beschuldigten einen solchen Umstand darstellt). Ein gegenüber einem Beschuldigten gegebener Strafvorwurf stellt eine höchstpersönliche Angelegenheit des Beschuldigten dar. Ein Rechtsübergang eines solchen Strafanspruches des Staates auf die Erben des Täters kann nicht angenommen werden.

Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. I Nr. 333/2003. Wien, am 9. September 2008

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Diverses VwRallg6/7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007060002.X00

Im RIS seit

16.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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