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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §60 Abs1 lita idF 1976/018;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der
S Liegenschaftsverwertungs OEG in 1120 Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Riha, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 3, gegen den Spruchpunkt II/I des Bescheides der Bauoberbehörde für Wien vom 3. Dezember 2007, BOB-21 bis 28/07, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. H B, Wien, 2. H H, Wien, 3. C P, Wien, 4. P S, Wien, 5. J K, Wien, 6. M W, vertreten durch Pascher & Schostal, Rechtsanwälte OEG, 1010 Wien, Zedlitzgasse 1, 7. Dipl.-Kfm. H St, Wien, 8. G, Wien, 9. S G, Wien, 10. R F, Wien, 11. R N, Wien, 12. Dr. G K, Wien, 13. M E, Wien, 14. J F, Wien, 15. H F, Wien, 16. M Z, Wien, 17. I T, Wien,
18.
Ing. F P, Wien, 19. S P, Wien, 20. H W, Wien, 21. G S, Wien,
22.
C S, Wien, 23. F M, Wien, 24. G S, zHd. E S, Wien, 25. E H, Wien, 26. Dipl.-Kfm. H St, Wien, 27. U B, Wien, 28. S K, Wien, 29.
I S, Wien, 30. Mag. J, Wien, 31. M R, Wien, 32. U R, Wien, 33. V L, Wien, 34. C L, Wien, 35. A Sp, Wien, 36. J W, Wien, 37. C L, Wien, 38. H K, Wien, 39. H W, Wien, 40. H W, Wien, 41. Mag. C R, Wien, 42. M M, Wien, 43. S R, Wien, 44. E S, zHd. B H, PWien, 45.
G S, Wien, 46. M Ha, Wien, 47. M, Wien, 48. G S, Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheidteil wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 19. Dezember 2005 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baugenehmigung für den Abbruch eines Werkstättengebäudes und einer Einzelgarage sowie für die Errichtung eines Wohnhauses mit Tiefgarage und der Adaptierung bestehender Gebäude in 1120 Wien, Premlechnergasse 10. Nach Abtragen eines Teiles des rechten Flügeltraktes sollten ein an der Baulinie liegendes unterkellertes zweistöckiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss und ein daran anschließender, an der rechten Grundgrenze liegender einstöckiger Flügeltrakt, gleichfalls mit ausgebautem Dachgeschoss, errichtet werden. Der Neubau werde neun Wohnungen und eine Tiefgarage mit acht Stellplätzen enthalten. Beim linken Seitentrakt würden bauliche Änderungen (Änderung des Flachdaches zu einem Pultdach durch Reduktion der Gebäudehöhe, Zusammenlegung zweier Wohnungen durch Einbau einer internen Stiege und Änderung der Raumeinteilung) vorgenommen, sowie das Stiegenhaus im ersten Stock abgetragen.
Darüber fand am 4. August 2006 eine mündliche Verhandlung statt, in welcher von Anrainern (u.a. den mitbeteiligten Parteien) zahlreiche Einwendungen gegen das eingereichte Projekt erhoben wurden. Unter anderem wurde vorgebracht, das gegenständliche Projekt greife in das subjektiv öffentliche Recht der Nachbarn auf Immissionsschutz durch Lärm, Geruch sowie die in Aussicht genommene Beheizung ein und die beabsichtigten Bauführungen am linksseitigen Flügeltrakt seien auf Grund der dort bestehenden Widmung (gärtnerische Ausgestaltung) unzulässig.
Der Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk erklärte mit Bescheid vom 20. Oktober 2006 gemäß § 69 Abs. 1 lit. f und m der Bauordnung für Wien (BO) Abweichungen von den Bebauungsvorschriften (in Bezug auf die Gebäudehöhe bzw. auf den obersten Abschluss des Gebäudes) als zulässig.
Mit Bescheid der MA 37 vom 6. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung gemäß § 70 BO in Verbindung mit § 69 Abs. 8 und § 83 Abs. 2 und 3 BO sowie in Anwendung des Wiener Garagengesetzes unter Bezugnahme auf die mit Bescheid vom 9. Dezember 2003 bekannt gegebenen Bebauungsstimmungen und auf Grund der mit Bescheid vom 20. Oktober 2006 erteilten Bewilligung für Abweichungen von den Bebauungsvorschriften erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die mitbeteiligten Parteien Berufung, in der sie ihre bereits im Verfahren erstatteten Einwände wiederholten.
Der Beschwerdeführerin wurden die Berufungen bzw. ergänzenden Stellungnahmen der mitbeteiligten Parteien zur Kenntnis gebracht, worauf sie das Projekt insoweit abänderte, als die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe reduziert wurde. Weitere inhaltliche Änderungen wurden an den Einreichunterlagen nicht vorgenommen.
Der bautechnische Amtssachverständige erstattete am 30. August 2007 eine fachliche Stellungnahme. Dazu gaben der Erst- und der Viertmitbeteiligte weitere Äußerungen ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2007 änderte die belangte Behörde den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk vom 20. Oktober 2006 insofern ab, als die zulässige Überschreitung der in der Bauklasse I vorgesehenen Gebäudehöhe bis zur projektsgemäß reduzierten Höhe gestattet wurde.
Weiters wurde der Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 6. Dezember 2006 auf Grund der eingebrachten Berufungen dahingehend abgeändert, dass das Ansuchen der Beschwerdeführerin in Bezug auf die geplante Bauführung im linken Seitentrakt (Änderung des Flachdaches zu einem Pultdach durch Reduktion der Gebäudehöhe, Zusammenlegung zweier Wohnungen durch Einbau einer internen Stiege und Änderung der Raumeinteilung) sowie dem Abtrag des Stiegenhauses im ersten Stock die Bewilligung versagt wurde. Die Bewilligung in Bezug auf den rechten Flügeltrakt wurde im Wesentlichen bestätigt.
Die belangte Behörde begründete dies damit, dass das gegenständliche Ansuchen auf Erwirkung einer baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines an der Baulinie befindlichen Wohnhauses, andererseits auf Durchführung baulicher Maßnahmen an einem an der linken Grundgrenze im Hof der von der Bauführung betroffenen Liegenschaft situierten Gebäudes gerichtet sei. Entsprechend den Darstellungen im Einreichplan handle es sich bei den beantragten Bauführungen um selbstständige, voneinander technisch trennbare Bestandteile des Bauvorhabens, die auch einer getrennten Beurteilung und Behandlung zugänglich seien. Zur Untersagung der Bauführungen, die das linksseitige Hofgebäude betreffen, sei auszuführen, dass sich dieses zur Gänze auf einem Liegenschaftsteil befinde, für welchen die gärtnerische Ausgestaltung festgesetzt sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich im Erkenntnis vom 21. Mai 2007, Zl. 2005/05/0088, mit der Frage der Zulässigkeit von Bauführungen in einem Altbestand auf derartigen Grundflächen befasst und ausgesprochen, dass es sich bei der Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung um eine Vorschreibung des Bebauungsplanes handle. Zwar müsse der vorhandene konsentierte Altbestand des Seitentraktes auf Grund seiner Situierung auch im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben nicht abgebrochen werden, damit den Bestimmungen des Bebauungsplanes Genüge getan werde. Zu beurteilen sei aber, ob die in diesem Seitentrakt geplanten Baumaßnahmen zulässig seien. Gemäß § 60 Abs. 3 BO sei dort, wo eine gärtnerisch ausgestaltete Fläche festgesetzt worden sei, zwar eine bauliche Änderung gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO, nicht aber ein Neu-, Zu- oder Umbau gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO zulässig. Es solle somit keine Bauführung erfolgen, der der Realisierung des Bebauungsplans auf weitere Zeit entgegen stehe. Auch aus der Sicht des Schutzes des Nachbarn sei es nicht gleichgültig, welches Bauvorhaben auf der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche realisiert werden solle, wenn entsprechend den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen nur bestimmte Bauvorhaben erlaubt seien.
Ausgehend von dieser Rechtssprechung sei zu beurteilen, ob es sich bei den am linksseitigen Hoftrakt projektierten Bauführungen um bauliche Änderungen im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO oder um einen bewilligungspflichtigen Umbau gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO handle. Nun sollten an dem bestehenden linken Seitentrakt insoweit Bauführungen vorgenommen werden, als durch weitgehende Änderungen der Raumeinteilung im Innenbereich und durch den Einbau einer Stiege zwei bestehende Wohnungen zu einer zusammengelegt würden, weiters solle durch Abtragung eines Gebäudeteiles ein Teil des ersten Obergeschosses zu einer Terrasse umgewidmet sowie das bestehende Dach in seiner Gesamtheit entfernt und durch ein Pultdach ersetzt werden. Diese Bauführungen stellten jedoch in ihrer Gesamtheit betrachtet und insbesondere auf Grund der projektierten Umwidmung eines Gebäudeteils eindeutig einen Umbau gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO dar, welcher auf Flächen, für welche die gärtnerische Ausgestaltung vorgeschrieben sei, nicht zulässig sei. Aus diesem Grund sei den Berufungen hinsichtlich dieses Bauvorhabens Folge zu geben und diesbezüglich die beantragte baubehördliche Bewilligung zu versagen gewesen.
Allein gegen diesen Teil des angefochtenen Bescheides (Versagung der Bauführung in Bezug auf den linken Seitentrakt) wendet sich die vorliegende Beschwerde. Sie macht in diesem Zusammenhang Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge einer Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die erstmitbeteiligte und die sechstmitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich am Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin vor, im Gegensatz zu dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 2007 läge im Gegenstand eine weniger weitreichende Änderung vor. Die Verbindung zweier (bestehender) Wohnungen durch Errichtung einer Stiege, die Änderung des Dachgeschosses durch Errichtung einer Terrasse und eines Pultdaches könne nicht als weitgehende Änderung der Raumeinteilung angesehen werden. Durch die Errichtung einer Terrasse und eines Pultdaches komme es zu einer Reduktion des Gebäudeumfanges, was der Widmung gärtnerische Ausgestaltung jedenfalls nicht widersprechen könne. Die Umwidmung beziehe sich einzig und allein auf die Terrasse. Diese flächenmäßig geringe Umwidmung reiche aber nicht aus, um von einem Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO ausgehen zu können.
Entscheidend sei weiters, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben um einen Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoss handle, was gemäß § 60 Abs. 1 lit. a letzter Satz BO jedenfalls nicht als Umbau zu werten sei. Die Terrasse sei jedenfalls als Teil einer Wohnung anzusehen. Auch die Bezeichnung als "erstes Obergeschoss" ändere nichts daran, dass es sich hiebei um die Einbeziehung eines Wohnungsteils in das Dachgeschoss handle.
Auch eine Ausnahmegenehmigung im Sinne des § 69 BO sei von der belangten Behörde nicht in Erwägung gezogen worden, obwohl die Anwendung des § 69 Abs. 1 lit. h BO nahegelegen wäre und dies für die Nachbarn keine negativen Auswirkungen hätte. Eine Vergrößerung der Nachteile oder Belästigungen gegenüber dem bisherigen Zustand sei nicht erkennbar. Unrichtig sei auch die Ansicht der belangten Behörde, wonach die beabsichtigte Bauführung der Realisierung des Bebauungsplans auf weitere Zeit entgegenstehe. Da Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden nach § 60 Abs. 3 BO den Bestimmungen des Bebauungsplans nicht entgegenstünden, sei nicht erkennbar, weshalb durch die beabsichtigte Bauführung eine Realisierung des Bebauungsplanes längere Zeit nicht möglich sein sollte. Zu Bedenken sei, dass der Begriff des Umbaus nach § 60 Abs. 1 lit. a BO in derselben Bestimmung wie die Begriffe Neu- und Zubau genannt werde. Ein Umbau liege jedoch im gegenständlichen Fall nicht vor, zumal die in Aussicht genommenen Änderungen auch in ihrer Gesamtheit nicht den Umfang erreichten, um von einem "anderen Gebäude" auszugehen. Im Ergebnis wäre daher auch für die Bauführung am linksseitigen Hoftrakt eine Baubewilligung zu erteilen gewesen.
Unter dem Aspekt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde schließlich vor, diese habe jede Ermittlungstätigkeit zur Frage, ob es sich um einen bewilligungspflichtigen Umbau oder bloß um eine Änderung nach § 60 Abs. 1 lit. c BO handle, unterlassen. Dies wäre, gegebenenfalls unter Heranziehung von Sachverständigen, auf Grund der Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit aber geboten gewesen.
§ 5 Abs. 4 lit. p BO lautet:
"Über die Festsetzungen nach Abs. 2 und 3 hinaus können die Bebauungspläne zusätzlich enthalten:
...
p) die Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung unbebauter Grundflächen;"
§ 60 Abs. 1 BO hat folgenden Wortlaut:
"§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:
a) Neu-, Zu- und Umbauten. ... Unter Umbau sind jene Änderungen des Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, dass nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoss betreffen. Der Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoss gilt nicht als Umbau.
b)
...
c)
Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbaren sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage; ...
(3) Bestimmungen des Bebauungsplanes stehen der Zulässigkeit von Bauführungen gemäß Abs. 1 lit. c nicht entgegen."
Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der linke Hoftrakt auf einer nach dem Bebauungsplan gärtnerisch auszugestaltenden Fläche liegt. Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass der vorhandene konsentierte Altbestand des Seitentraktes auch im Zusammenhang mit einem diesen Seitentrakt betreffenden Bauvorhaben nicht abgebrochen werden muss, um den Bestimmungen des Bebauungsplanes Genüge zu tun. Zu beurteilen ist aber, ob die diesen Seitentrakt betreffenden geplanten Baumaßnahmen zulässig sind. Dabei sind die Regelungen des § 60 Abs. 1 und 3 BO zu beachten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 21. Mai 2007, Zl. 2005/05/0088, unter Bezugnahme auf die Erläuterungen zu diesen Regelungen mit näherer Begründung ausgesprochen hat, ist nach § 60 Abs. 1 und 3 BO zwar dort, wo im Bebauungsplan eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche festgesetzt wurde, eine bauliche Änderung im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO, nicht aber ein Neu-, Zu- oder Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO zulässig. Es soll kein Bau erfolgen, der der Realisierung des Bebauungsplanes auf weitere Zeit entgegensteht. Auch aus der Sicht des Schutzes der Nachbarn erscheint es von Bedeutung, welches Bauvorhaben auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche realisiert werden soll, wenn ebendort eigentlich nur bestimmte Bauvorhaben erlaubt sind.
Im zitierten Erkenntnis vom 21. Mai 2007 bestanden diese als Umbau qualifizierten Änderungen darin, dass statt der bisher vorhandenen Räumlichkeiten (Putzraum, Werkstätten, einer Dreherei und ein Umkleide- und Waschraum) Wohnungen geschaffen werden sollten. Wand- und Raumeinteilungen sowie Zugänge sollten umfassend geändert werden. Während bisher ein Geschäft, ein Büro, ein Ausstellungsraum, eine Durchfahrt, Lager, ein Umkleide- und Waschraum bestanden hatten, sollten nun ein Geschäft, eine Garagenrampe, ein Eingangsbereich, eine Wohnung, ein Müllraum, eine Waschküche sowie ein Kinderwagen- und Fahrradraum errichtet werden. Außerdem wurden in diesem Bereich die Zugänge und Raumeinteilungen umfassend verändert. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat damals die Ansicht, dass das Erdgeschoss nach dem Bauvorhaben als ein anderes im Sinn § 60 Abs. 1 lit. a BO anzusehen und deshalb ein Umbau im Sinne dieser Bestimmung vorgelegen sei.
Die im vorliegenden Fall geplante Umgestaltung des linken Hoftraktes ist aber keinesfalls so umfangreich oder weitreichend wie in dem zitierten Fall. Im gegenständlichen Fall werden Bauführungen insoweit vorgenommen, als Änderungen der Raumeinteilung im Innenbereich erfolgen, indem eine Stiege eingebaut und zwei bestehende Wohnungen zu einer Wohnung vereinigt werden. Eine Änderung der Raumwidmung geht damit insoweit nicht einher, als die Wohnnutzung bereits zuvor bestand. Schließlich soll durch Abtrag eines Gebäudeteiles (Stiegenhaus) ein Teil des ersten Obergeschosses zu einer Terrasse umgewidmet, das bestehende Dach in seiner Gesamtheit entfernt und durch ein Pultdach ersetzt werden. Auch mit diesen baulichen Maßnahmen geht keine Änderung der Raumwidmung einher, zumal die Terrasse nach den Plänen einen Teil der Wohnung Top 11 darstellt und ebenfalls der an dieser Stelle bereits zuvor vorhandenen Nutzung zu Wohnzwecken dient. Mit der Umgestaltung des Daches (statt Flachdach Pultdach und damit einhergehende andere Fenstergestaltung) wird nun weder eine andere Raumeinteilung noch eine andere Raumwidmung bewirkt, sodass auch dieser Aspekt die Qualifikation des Bauvorhabens als Umbau nicht zu rechtfertigen vermag.
Auch die von der Sechstmitbeteiligten zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung eines Umbaues zu einer bloßen baulichen Änderung führen zu keiner anderen Beurteilung. So steht die Aussage im zitierten Erkenntnis vom 12. Juni 1990, Zl. 89/05/0223, das zu einem baupolizeilichen Auftrag ergangen ist und keine Auseinandersetzung mit der Abgrenzung eines Umbaus zu einer bloß baulichen Änderung enthält, der hier vorgenommenen Qualifizierung nicht im Wege, ist doch dort lediglich davon die Rede, dass die Änderung der Raumeinteilung und die Ausgestaltung der vorgesehenen Terrasse nach § 60 Abs. 1 lit. a und c BO (in der damals geltenden Fassung) bewilligungspflichtig wäre. In dem in einer Baustrafsache ergangenen, von der genannten Mitbeteiligten ebenfalls zitierten hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2007, Zl. 2005/05/0295, wird im Erwägungsteil keine Aussage zur Qualifikation einer Baumaßnahme als Umbau getroffen; diese Frage war im Verfahren kein Thema. Das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zl. 93/05/0154, ist schließlich zur Oberösterreichischen Bauordnung ergangen, weshalb daraus für den Beschwerdefall nichts zu gewinnen ist.
Dem hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, 2002/05/0784, ist die weiters in der Gegenschrift der Sechstmitbeteiligten ins Treffen geführte Aussage, dass Gebäude auf gärtnerisch auszugestaltenden Flächen nur in gutem Zustand erhalten, nicht aber umgebaut werden dürften, nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof zitierte im genannten Erkenntnis die Bestimmung des § 79 Abs. 6 BO, wonach Vorgärten, Abstandsflächen und sonstige gärtnerisch auszugestaltende Flächen, soweit auf diesen Flächen zulässige Baulichkeiten, Gebäudeteile oder bauliche Anlagen nicht errichtet werden, gärtnerisch auszugestalten und in gutem Zustand zu erhalten seien. Der gute Erhaltungszustand bezog sich dabei auf die nicht bebauten, gärtnerisch auszugestaltenden Flächen. Das von der Sechstmitbeteiligten angenommene gänzliche Verbot der Umgestaltung bestehender Bauten lässt sich daraus nicht ableiten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun - zur Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 - bei der Abgrenzung eines Umbaues im Sinne des § 60 Abs. 1 lit a BO zu einer baulichen Änderung nach lit c dieser Bestimmung entscheidend darauf abgestellt, ob das Gebäude nach Durchführung der Maßnahmen entweder in seinem äußeren Erscheinungsbild oder in seiner Nutzung als ein anderes anzusehen war. Entscheidend für die Annahme eines "Umbaues" iSd § 60 Abs. 1 lit a BO idF LGBl. Nr. 18/1976 wurde der Umstand angesehen, dass es sich um so wesentliche Änderungen der Raumeinteilung oder der Raumwidmungen handeln muss, dass das Gebäude nach ihrer Durchführung "als ein anderes anzusehen ist" (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1997, Zl. 96/05/0192).
Dieses Kriterium ist - zumal § 60 Abs. 1 lit a BO ebenso wie lit c von "Änderungen der Raumeinteilung oder der Raumwidmung" als Voraussetzung spricht - auch nach der genannten Novelle unverändert entscheidend für die Abgrenzung zwischen beiden Bewilligungstatbeständen. Nur dann, wenn die Änderungen derart massiv sind, dass nach ihrer Durchführung das Gebäude als ein anderes anzusehen ist, liegt ein Umbau nach § 60 Abs. 1 lit a BO vor.
So wurde in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die Errichtung eines Flugdaches, einer Hofüberdeckung sowie die Herstellung einer Heurigenschank in einem bisherigen Stall die Identität eines Gebäudes derart änderten, dass die projektierte Bauführung im Bereich des Stallgebäudes als Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit a BO zu werten sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/05/0239). Auch die Umwidmung eines Einstellschuppens zu einer Werkstätte wurde als Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit a der BO qualifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Zl. 81/05/0086), ebenso die Umgestaltung eines früheren Schweizerhäuschens in eine Garage und die Umwandlung eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes in eine Garage mit Schmiergrube und Abstellraum (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Zl. 81/05/0092). Der Einbau einer rd. 2.400 m2 erfassenden Ladenstraße mit einer kaufhausähnlichen Konzentration von Teilgeschäften in das oberste Geschoß einer aus drei Etagen von je ca. 10.000 m2 bestehenden Tiefgarage wurde als Umbau betrachtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Dezember 1980, Zl. 2790/79).
Hingegen nahm der Verwaltungsgerichtshof eine auf die Bestimmung des § 60 Abs. 1 lit c BO gestützte Bewilligungspflicht in seiner Judikatur zum Beispiel in der Änderung der Ausgestaltung einer Terrasse (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1990, Zl. 89/05/0223), in der Anbringung einer großflächigen, zehn Zentimeter starken Verkleidung einer Fassade und in der Verschließung einer offenen Terrasse durch eine Dachkonstruktion (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2004/05/0205), in der Überdachung einer Terrasse (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0052), in der Schaffung von Maueröffnungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1994, Zl. 93/05/0289) und in der Überdeckung einer Pergola bzw. der Errichtung eines Flugdaches (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. März 2008, Zl. 2007/05/0102) an (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 4. März 2008, 2007/05/0092). Auch der Fall, in dem im Untergeschoß einer konsentierten Garage, für das bisher keine besondere Widmung festgesetzt war, durch Aufstellen von Mauern ein Heizraum und ein Lagerraum geschaffen wurden, wurde nicht als Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit a BO, sondern als eine gemäß § 60 Abs. 1 lit c BO bewilligungspflichtige Änderung der Raumwidmung qualifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 89/05/0216).
Es ergibt sich daher auch vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung, dass die baulichen Maßnahmen, die im gegenständlichen Fall getroffen werden, nicht als so weitgehend einzustufen sind, dass nach der Änderung das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist das Bauvorhaben in Bezug auf den linken Seitentrakt daher nicht als Umbau, sondern als bauliche Änderung im Sinne des § 60 Abs. 1 lit c BO zu bewerten. Die Ausweisung der gärtnerischen Ausgestaltung im Bebauungsplan steht dem Bauvorhaben daher nicht entgegen.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die geltend gemachte Umsatzsteuer, die im pauschalierten Kostenersatz bereits enthalten ist.
Wien, am 10. September 2008
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008050018.X00Im RIS seit
15.10.2008Zuletzt aktualisiert am
24.09.2012