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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. der Mag. B B und 2. des Dr. E K, beide in Wien, die Erstbeschwerdeführerin vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Februar 2008, Zl. BOB - 505/07, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381.90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem am 19. September 2006 bei der Behörde eingelangten Bauansuchen beantragten die Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Einfriedung auf ihrem Grundstück 1190 Wien, Delugstraße 12.
Der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, forderte hierauf die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. Mai 2007 gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, binnen 14 Tagen "nachzureichen:
"1.) die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen (Plan und Bescheid); nicht älter als 1 Jahr oder das Zurückziehen dieses Ansuchens mit anschließendem neuen Antrag, da seit der Novelle vom 18. Dezember 2006 die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen nicht mehr erforderlich ist;
..."
In dieser Aufforderung wurde auch darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichteinhaltung der Frist der Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden müsste.
Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2007 legten die Beschwerdeführer zwar sechs Baupläne, nicht jedoch die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vor.
Mit Bescheid vom 30. August 2007 wies der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, das Bauansuchen der Beschwerdeführer vom 19. September 2006 gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück, weil keine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vorgelegt worden sei.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, dass die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen seit der Bauordnungsnovelle vom 18. Dezember 2006 nicht mehr erforderlich sei. Die Novelle gelte für sämtliche Neuanträge. Der Normzweck dieser Novelle, nämlich eine Lockerung der Formvorschriften, gelte auch für die bereits anhängigen Anträge. Die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG lägen sohin nicht vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführer hätten die geforderten Unterlagen trotz Androhung der im § 13 Abs. 3 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen nicht nachgebracht. Gemäß Art. III Abs. 1 der Novelle zur Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 61/2006, trete dieses Gesetz mit dem seiner Kundmachung folgenden Tag, somit am 19. Dezember 2006, in Kraft. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gelten für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängigen Verfahren die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen. Die Zurückweisung mangels Vorlage vollständiger Unterlagen sei daher zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten auf Erteilung der behördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Einfriedungsmauer verletzt. Sie vertreten die Auffassung, dass sie dem Verbesserungsauftrag durch Vorlage sämtlicher Baupläne entsprochen hätten. Dies auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem Auftrag zur Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen nicht entsprochen worden sei, da eine solche Bekanntgabe seit der Bauordnungsnovelle vom 18. Dezember 2006 nicht mehr erforderlich sei. Diese Novelle habe die Lockerung der Formvorschriften verfolgt, weshalb sie insoweit auch auf bereits anhängige Anträge anzuwenden sei. Der Berufungsbescheid sei daher wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Anwendung der §§ 63 ff Bauordnung für Wien zur Gänze zu aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Mängel mit der Wirkung aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben im Sinne des § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften entnommen werden; das Fehlen von Beilagen, deren Beschaffung der Partei aus eigener Initiative möglich ist, stellt ein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar, wobei insbesondere das Fehlen von Beilagen darunter fällt, wenn die Partei auf Grund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2005/05/0328, mwN).
Nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung des hier zu beurteilenden Bauansuchens in Geltung gestandenen § 63 Abs. 1 lit. d Bauordnung für Wien hatte der Bauwerber für das Baubewilligungsverfahren als Einreichunterlagen "die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen bei Bauführungen, für die eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen erforderlich ist (§ 9 Abs. 1 lit. a)" vorzulegen.
Zu dieser Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof schon im hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1981, Zl. 81/05/0083, festgehalten, dass die Nichtvorlage dieser Einreichunterlagen einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 97/05/0213).
Mit der am 16. Dezember 2006 in Kraft getretenen Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 61/2006, wurde zwar § 9 Bauordnung für Wien (diese Bestimmung regelt die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen) geändert und angeordnet, dass § 63 Abs. 1 lit. d leg. cit. zu entfallen hat, Art. III dieser Novelle enthält jedoch folgende Übergangsbestimmung:
"Inkrafttreten und Übergangsbestimmung
(1) Dieses Gesetz tritt an dem seiner Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(2) Für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängige Verfahren gelten die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen, jedoch sind Verfahren gemäß § 9 der Bauordnung für Wien nach Maßgabe des Art. I Z. 5 dieses Gesetzes zu beenden."
Auf Grund dieser Übergangsbestimmung hatten daher die Baubehörden im Beschwerdefall (das Bauansuchen wurde am 19. September 2006 eingebracht, die Bauauordnungsnovelle LGBl. Nr. 61/2006 trat am 16. Dezember 2006 in Kraft) die Bauordnung für Wien in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 61/2006, anzuwenden.
Die belangte Behörde ging daher zutreffend davon aus, dass für den Baubewilligungsantrag der Beschwerdeführer die Vorlage der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen gemäß § 63 Abs. 1 lit. d Bauordnung für Wien erforderlich ist und deren Nichtvorlage einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt. Aus den vorliegenden Verwaltungsakten ergibt sich, dass die dem Bauansuchen zu Grunde liegende Herstellung einer fundierten Einfriedung im Bereich der Baulinie erfolgen soll. Für solche Bauvorhaben ist auch nach der neuen Rechtslage - wenn auch nicht mehr zwingend - eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vorgesehen (siehe § 10 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien in der Fassung LGBl. Nr. 61/2006).
Auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung im Art. III der Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 61/2006, können die Beschwerdeführer daher mit dem Hinweis darauf, dass der Normzweck dieser Novelle eine Lockerung der Formvorschriften verfolge, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzeigen.
§ 63 Abs. 1 lit. d Bauordnung für Wien in der Fassung vor dieser Novelle war nach dem eindeutigen Wortlaut der Übergangsbestimmung auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle bereits anhängige Verfahren anzuwenden.
Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass sie dem Auftrag der Behörde erster Instanz vom 29. Mai 2007 bezüglich der Vorlage der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen nicht Folge geleistet haben. Inwiefern das Verfahren vor der belangten Behörde mangelhaft gewesen sein soll, wird in der Beschwerde nicht konkret ausgeführt.
Auf Grund dieser Erwägungen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519 mwN). Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Wien, am 10. September 2008
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 spezielle Zuordnung offenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008050093.X00Im RIS seit
14.10.2008Zuletzt aktualisiert am
21.11.2008