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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §14 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2006/09/0229 E 16. Oktober 2008Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des T M in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 1/9, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 19. Mai 2006, Zl. 3/08115/142 7671, betreffend Verlängerung einer Arbeitserlaubnis, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchpunktes 2 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.
Im Übrigen, das heißt hinsichtlich des Spruchpunktes 1 des angefochtenen Bescheides, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 20. April 2006 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung seiner bis 23. April 2006 ausgestellten Arbeitserlaubnis.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 24. April 2006 wurde wie folgt entschieden:
"Der von Ihnen als Ausländer eingebrachte Antrag vom 20.4.2006 auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis wird gemäß § 14 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, abgelehnt."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerechte Berufung in der er unter anderem geltend machte, die Behörde erster Instanz habe über einen Antrag entschieden, den er nicht gestellt habe. Er habe die Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis gemäß § 14e AuslBG beantragt, dieser Antrag sei bisher nicht behandelt worden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos auf (Spruchpunkt 1) und gab der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14e Abs. 1 AuslBG keine Folge (Spruchpunkt 2).
Nach Darstellung des Verfahrensganges verwies die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1 darauf, der erstinstanzliche Bescheid sei infolge des Umstandes, dass er nicht über einen Antrag des Beschwerdeführers ergangen sei, ersatzlos aufzuheben gewesen.
Zu Spruchpunkt 2 führte die belangte Behörde begründend aus, § 14e AuslBG fordere für die Verlängerung der Arbeitserlaubnis eine rechtmäßige Niederlassung des Ausländers im Bundesgebiet. Diese Bedingung sei jedoch nur erfüllt, wenn der ausländische Staatsbürger über eine Niederlassungsbewilligung oder einen Aufenthaltstitel, der zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtige, nach dem NAG besitze. Ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 19 Asylgesetz, befristet bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, begründe jedoch nach den Bestimmungen des NAG sowie nach dem AuslBG keine Niederlassung. Daher stehe einem Asylwerber kein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis zu. Der Beschwerdeführer besitze aber nur ein Aufenthaltsrecht nach § 19 Asylgesetz 1997, er erfülle daher die Voraussetzung des § 14e Abs. 1 AuslBG nicht.
Gegen diesen Bescheid - ausgehend von der Anfechtungserklärung - seinem gesamten Umfange nach richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
"Sache" des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ist jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides gebildet hat (vgl. dazu die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 66 Abs. 4 AVG unter E 111 zitierte hg. Rechtsprechung). Die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache im Sinne dieser Bestimmung ist daher nicht durch den tatsächlichen Antrag, sondern durch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides erster Instanz begrenzt.
Im vorliegenden Fall erging der Abspruch der Behörde erster Instanz über den von ihr als Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gemäß § 14 Abs. 1 AuslBG gewerteten Antrag des Beschwerdeführers. Da der Beschwerdeführer ausdrücklich die Verlängerung seiner bis 23. April 2006 erteilten Arbeitserlaubnis im Sinne des § 14e AuslBG beantragt hatte, die erstinstanzliche Behörde aber nur über einen - nicht gestellten - Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit abgesprochen hatte, durfte die belangte Behörde als Berufungsbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch von Amts wegen wahrnehmen, dass dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides kein entsprechender Antrag zu Grunde lag. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn sie den über einen nicht existenten Antrag ergangenen Bescheid der Behörde erster Instanz von Amts wegen ersatzlos behob. Insoweit sich die Beschwerde gegen diesen Teil des angefochtenen Bescheides richtete, war sie daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Auch hinsichtlich des Spruchpunktes 2 des angefochtenen Bescheides ist zunächst auf § 66 Abs. 4 AVG und die obigen Ausführungen zu verweisen. Dadurch, dass die Behörde erster Instanz über einen Antrag nach § 14 Abs. 1 AuslBG abgesprochen hat, war auch nur dieser "Sache" und damit Gegenstand des Berufungsverfahrens. Durch die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides tritt das Verfahren in jenes Stadium zurück, in welchem es sich vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides befunden hat. Damit ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis nach § 14e AuslBG wieder offen. Zuständig für eine Entscheidung in dieser Sache ist (wieder) die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.
Der Berufungsbehörde kommt hingegen in Fragen, die nicht bereits Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz gewesen ist, keine Befugnis zu einer Sachentscheidung zu; entscheidet sie dennoch inhaltlich entzieht sie der Partei ihrem gesetzlichen Richter. Die belangte Behörde als Berufungsinstanz war somit zur inhaltlichen Entscheidung über den (tatsächlichen) Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis auch im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG funktionell nicht zuständig. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
Im Übrigen hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer betreffend Spruchpunkt 2 ihres Spruches auf die im Spruchpunkt 1 ausgesprochene ersatzlose Behebung der erstinstanzlichen Erledigung verweisen müssen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. September 2008
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung KassationBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006090179.X00Im RIS seit
30.10.2008Zuletzt aktualisiert am
27.02.2009