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L40017 Anstandsverletzung Ehrenkränkung LärmerregungNorm
LPolG Tir 1976 §14 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des HP in I, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sparkassenplatz 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21. Dezember 2004, Zl. uvs-2003/K8/005-4, betreffend Bestrafung nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz, LGBl. Nr. 60/1976 i.d.F. LGBl. Nr. 110/2001 (TLPG), gemäß § 19 Abs. 1 TLPG zu einer Geldstrafe von EUR 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen) bestraft und ihm die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt. Er habe in der Zeit vom ca. 20. Dezember 2002 - 26. Februar 2003 in Innsbruck, X-Straße Nr. Y (Erotikmassageinstitut "Z"), ein Bordell ohne Bewilligung nach § 15 LPolizeiG betrieben, da er bis zu drei Frauen damit beschäftigt habe, an den Geschlechtsteilen von Männern "Erotikmassagen" bis zum Orgasmus durchzuführen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof).
Die belangte Behörde stellte in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass eine namentlich angeführte Frau (im Folgenden: YY) auf Grund eines Gewerbescheines berechtigt sei, am angeführten Standort das Gewerbe "Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit mittels Bachblüten, Biofeedback oder Bioresonanz, Auswahl von Farben, Düften, Lichtquellen, Aromastoffen, Edelsteinen, Musik, kinesiologischer Methoden, Aurainterpretation" auszuüben. Die Einrichtung werde u.a. durch Informationszettel an PKW-Windschutzscheiben unter Angabe der Adresse und einer Telefonnummer mit den Worten beworben: "Erotikmassage Studio XX sinnlich erotisch, attraktive Damen oder Herren verwöhnen sie in stilvollem Ambiente". Anrufe bei der angegebenen Telefonnummer würden von der Tochter des Beschwerdeführers entgegen genommen und beantwortet. Der Kunde werde auf eine näher dargestellte Weise stimuliert, die belangte Behörde stellte die Öffnungszeiten und den Preis für die angebotenen Leistungen fest. Durchgeführt würden die Massagen von bis zu drei Frauen, einer Brasilianerin, einer Mexikanerin und einer Österreicherin, der Beschwerdeführer selbst habe ebenfalls derartige Massagen an Kundinnen vorgenommen. YY habe das Studio in der Zeit vor der Eröffnung bis kurz vor Weihnachten betrieben; ab diesem Zeitpunkt - sie sei nicht mehr in Innsbruck aufhältig gewesen - habe ihr Geschäftspartner, der Beschwerdeführer, das Studio bis zum 26. Februar 2003 betrieben. Es bestehe dafür keine Bewilligung gemäß §§ 15 ff TLPG.
Unter dem Titel der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde u. a. aus, der Beschwerdeführer habe in einer Befragung beim Stadtmagistrat Innsbruck eingeräumt, selbst Erotikmassagen durchgeführt zu haben. Wenn der Beschwerdeführer behaupte, er habe nach der Abreise von Frau YY die Einrichtung nicht betrieben, sondern "lediglich das Geld abgeholt" und an Frau YY überwiesen, so erscheine diese Aussage absolut unglaubwürdig. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer schon vor dem angeführten Zeitpunkt Erotikmassagen durchgeführt habe, und es nicht nachvollziehbar sei, warum man nach der Abreise von Frau YY nicht mehr zur Verfügung stehen solle, und weil darüber hinaus sowohl auf Grund des beim Betreiben derartiger Einrichtungen doch immer wieder auftretenden Ärgers mit Kunden als auch aus Gründen der Überwachung der Zahlungseingänge eine ausreichende Anwesenheit und Kontrolle erforderlich sei. Die von YY mit Bezug auf den Beschwerdeführer gewählte Bezeichnung "Geschäftspartner" sei daher als zutreffender anzusehen gewesen als seine Verantwortung, er habe keine Einnahmen aus dem Betrieb für sich in Anspruch genommen. Daher sei erwiesen, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Landes-Polizeigesetzes (TLPG), LGBl. Nr. 60/1976, lauten:
"Prostitution
§ 14
Verbot
Verboten ist:
a) die gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an andere Personen zu deren sexueller Befriedigung (Prostitution) außerhalb behördlich bewilligter Bordelle (§ 15);
...
§ 15
Bordellbewilligung
(1) Ein Bordell darf nur mit behördlicher Bewilligung (Bordellbewilligung) betrieben werden.
...
§ 19
Strafbestimmung
(1) Wer einem Verbot nach § 14 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.630,- Euro oder, bei Vorliegen von besonderen Erschwerungsgründen, mit Arrest bis zu vier Wochen zu bestrafen.
(2) Wer ein Bordell ohne Bewilligung nach § 15 betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36.330,- Euro oder, bei Vorliegen von besonderen Erschwerungsgründen, mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen."
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid u. a. deswegen für rechtswidrig, weil dieser keine Feststellungen enthalte, inwieweit der Beschwerdeführer auf seine Rechnung und seine Gefahr hin das Studio tatsächlich betrieben habe.
Damit zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Nach § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines verurteilenden Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dabei genügt es für die Behörde nicht, sich bei der Umschreibung der Tat (abgesehen von der Angabe der Tatzeit und des Tatortes) auf den reinen Gesetzeswortlaut zu beschränken, weil dieses essenzielle Erfordernis durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden kann (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. September 2007, Zl. 2005/09/0177, und vom 22. November 2007, Zl. 2005/09/0181, zum Begriff "erwerbsmäßig"). Zwar hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfen, im angeführten Zeitraum "bis zu drei Frauen" mit der Durchführung von Erotikmassagen beschäftigt zu haben. Insoferne fehlt es aber an der konkreten Bezeichnung, welche Personen in welchen Zeiträumen beschäftigt worden sein sollen und inwiefern diese den eigenen Körper an andere Personen zu deren sexueller Befriedigung hingegeben hätten. Auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides ist keine ausreichende und einer Nachprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugängliche Darlegung enthalten, auf Grund welcher Beweismittel oder Erwägungen die belangte Behörde die Beschäftigung welcher Personen zu welchen Bedingungen angenommen hat, woraus zu erschließen wäre, der Beschwerdeführer habe die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen. Daraus, dass nach Annahme der belangten Behörde beim Betreiben von Einrichtungen wie der gegenständlichen doch immer wieder Ärger mit Kunden auftrete und eine ausreichende Anwesenheit und Kontrolle auch aus Gründen der Überwachung der Zahlungseingänge erforderlich sei, folgt nämlich noch nicht, dass er das Lokal in eigenem Namen und auf eigene Rechnung betrieben hätte.
Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. September 2008
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteMängel im Spruch Fehlen von wesentlichen TatbestandsmerkmalenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005090108.X00Im RIS seit
28.10.2008Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009