Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ArbIG 1993 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde 1. des M V und 2. der E GmbH, beide in Wien und vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. September 2007, Zlen. UVS-07/S/57/5498/2007-9 und UVS-07/SV/5571/2007, betreffend Übertretung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. September 2007 wurde der Erstbeschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der E.-GmbH (= zweitbeschwerdeführenden Partei) zu verantworten, dass es diese Gesellschaft am 12. Oktober 2006 als Bauherr im Sinne des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG), BGBl. I Nr. 37/1999 i. d.g.F., auf einer näher genannten Baustelle unterlassen habe, entgegen § 6 Abs. 3 BauKG die erforderliche und auch erstellte Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle aufzuhängen.
Der Erstbeschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 10 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 BauKG i.V.m. § 9 VStG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.400.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Woche und 3 Tage) verhängt wurde. Ferner wurde angeordnet, dass die Zweitbeschwerdeführerin für die verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, die als Zeugin einernommene Arbeitsinspektorin A. P. habe im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung ausgesagt, sie habe auf der Baustelle nach der Vorankündigung gesucht, diese aber nicht gefunden. Auch Sch., der dem Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten als Baustellenkoordinator bekannt gegeben worden sei, habe sich an der Suche nach der Vorankündigung beteiligt, diese aber nicht gefunden.
Dem Erstbeschwerdeführer sei im Rahmen der Parteieneinvernahme von der belangten Behörde die Vorankündigung (gemäß § 6 BauKG) aus dem erstinstanzlichen Akt sowie die von der Arbeitsinspektorin vorgelegte Vorankündigung vorgelegt worden. Beide Vorankündigungen seien mit dem 31. Juli 2006 datiert und vom Erstbeschwerdeführer unterschrieben worden. In der im erstinstanzlichen Verfahren vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten Vorankündigung sei DI M. B. als Baustellenkoordinator angeführt worden, in der anderen Vorankündigung, die auch dem Arbeitsinspektorat übermittelt und in der Verhandlung vor der belangten Behörde vorgelegt worden sei, sei die Bauunternehmung R. S. GmbH als Baustellenkoordinator genannt worden. Der Erstbeschwerdeführer habe dazu ausgeführt, er könne sich nicht erklären, wieso die Vorankündigung im erstinstanzlichen Akt und die Vorankündigung, die das Arbeitsinspektorat vorgelegt habe, unterschiedlich seien. Er habe es DI H. C. überlassen, diese Sachen für ihn zu erledigen; offenkundig habe er zwei verschiedene Vorankündigungen unterschrieben. Er habe DI H. C. beauftragt, alles für ihn in dieser Sache zu erledigen.
Der Erstbeschwerdeführer habe in der Berufung und bei seiner Einvernahme zwar ausgeführt, dass ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei, im Rahmen der Parteieneinvernahme sei jedoch dazu ausgeführt worden, dass eine Meldung darüber an das zuständige Arbeitsinspektorat nicht erfolgt sei. Da für eine Übertragung der Verantwortung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nach § 23 ArbIG eine Meldung an das zuständige Arbeitsinspektorat erforderlich und diese Meldung unstrittig nicht erfolgt sei, sei eine ordnungsgemäße Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht erfolgt. Es sei daher der Erstbeschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der E.- GmbH gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
Der Erstbeschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme angegeben, dass er DI H. C. für die örtliche Bauaufsicht beauftragt habe und daher davon ausgegangen sei, dass dieser auf die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen achte. Der Erstbeschwerdeführer habe keine Ausführungen darüber gemacht, ob und wenn ja, inwiefern er die Tätigkeit des DI H. C. überwacht bzw. kontrolliert habe. Da ein wirksames Kontrollsystem nicht dargelegt worden sei, sei auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Die Beschwerdeführer wenden u.a. ein, die belangte Behörde übersehe, dass der Erstbeschwerdeführer für die Durchführung der Arbeiten an der gegenständlichen Baustelle DI M. B. sowie DI H. C. als verantwortliche Professionisten bestellt habe, sowie dass diese sämtliche Rechtsvorschriften betreffend die Vorankündigung ordnungsgemäß erfüllt bzw. ordnungsgemäß beachtet hätten, sodass bereits die Tatsachenfeststellung der belangten Behörde, dass die Vorankündigung nicht aufgehängt worden sei, unzutreffend sei.
Die beschwerdeführenden Parteien hätten anlässlich der Berufung nachvollziehbar dargelegt, dass sie die beiden beauftragten Zeugen DI H. C. und DI M. B. laufend kontrolliert hätten, ob die in Frage stehende Vorankündigung auch tatsächlich vor Ort vorhanden sei. Diesbezüglich sei auch ausgeführt worden, es sei immer wieder vorgekommen, dass diese Vorankündigung beschädigt bzw. verunreinigt oder gar entfernt worden sei, woraufhin sie von den beiden Beauftragten jeweils ausgewechselt bzw. erneuert worden sei. Bloß weil die Zeugin P.
(= Arbeitsinspektorin) die Vorankündigung nicht aufgefunden habe, könne mit Sicherheit nicht darauf geschlossen werden, dass eine solche grundsätzlich nicht vorhanden gewesen sei.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr u.a. die Verpflichtung nach § 6 dieses Bundesgesetzes verletzt.
Nach § 6 Abs. 1 BauKG hat der Bauherr eine Vorankündigung zu erstellen für Baustellen, bei denen voraussichtlich
1. die Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf denen mehr als 20 Arbeitnehmer gleichzeitig beschäftigt werden, oder
2. deren Umfang 500 Personentage übersteigt.
Gemäß § 6 Abs. 3 BauKG ist die Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle auszuhängen.
Die belangte Behörde bezieht sich hinsichtlich des Fehlens der sichtbar auszuhängenden Vorankündigung am Tag der Kontrolle auf die Aussage der als Zeugin einvernommenen Arbeitsinspektorin, die sich ihrerseits nicht nur auf eine Suche der Vorankündigung durch sie selbst, sondern auch auf eine erfolglose Suche durch Sch. sowie durch einen weiteren Vorarbeiter der Fa. Sch. berief. Die in diesem Zusammenhang vorgenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet beim Verwaltungsgerichtshof keinen Bedenken. Mit der allgemeinen Behauptung der Beschwerde, es könne nicht darauf geschlossen werden, dass eine solche Vorankündigung "grundsätzlich nicht vorhanden" gewesen sei, wird der Vorwurf, dass zum Tatzeitpunkt die Vorankündigung nicht ausgehängt war, nicht widerlegt.
Insoweit sich die Beschwerde auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Zusammenhang mit der gegenständlichen Baustelle beruft, wird auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/02/0338, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, die die Übertretung einer anderen Bestimmung des BauKG am Tattag auf derselben Baustelle betreffen.
Entgegen den Beschwerdeausführungen liegt auch keine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes durch die belangte Behörde vor, zumal es an den beschwerdeführenden Parteien gelegen gewesen wäre, das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems bezüglich der Einhaltung der Vorschriften des BauKG darzutun, was jedoch nicht der Fall war.
Wenn in der Beschwerde gerügt wird, die belangte Behörde habe sich mit dem Vorgang der Anbringung der Vorankündigung nicht auseinandergesetzt, weil sie die einvernommenen Zeugen diesbezüglich gar nicht ausdrücklich befragt habe, wird gleichfalls keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt, zumal es nicht auf die Anbringung der Vorankündigung zu einem früheren Zeitpunkt, sondern auf das Fehlen der Vorankündigung zum Kontrollzeitpunkt ankam. Es bedurfte daher auch keiner ergänzenden Einvernahme des Zeugen DI M. B. oder des Erstbeschwerdeführers zu der Frage, wie oft es vorgekommen sei, dass die genannte Vorankündigung erneuert bzw. ausgewechselt werden habe müssen, und ob die genannte Vorankündigung auch tatsächlich gut sichtbar auf der Baustelle angebracht gewesen sei.
Insofern in der Beschwerde gerügt wird, die verhängte Strafe sei bei weitem überhöht, weil der Erstbeschwerdeführer für die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen eigens dafür engagierte Personen betraut habe, wird gleichfalls keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt, zumal es - wie von der belangten Behörde schlüssig dargelegt wurde - an einer wirksamen Kontrolle der Einhaltung dieser Vorschriften fehlte.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der von den beschwerdeführenden Parteien beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2005, Zl. 2004/02/0347, m.w.N.).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 26. September 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007020342.X00Im RIS seit
23.10.2008Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009