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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Mag. RH in Wien, bei Einbringung der Beschwerde vertreten durch Graf, Maxl & Pitkowitz, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. Jänner 2005, Zl. N-105033/51-2005-Mö/Gre, betreffend Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben vom 16. März 2001 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Forststraße ("Rückeweg") mit einer Gesamtlänge von 260 lfm, die als Erdweg in Form einer Neubautrasse mit einer Planumsbreite von 3 m im Anschluss an den Wendepunkt einer anderen Forststraße errichtet werden sollte.
Mit Schreiben vom 23. September 2001 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2 AVG die Entscheidung durch die belangte Behörde im Devolutionsweg.
1.2. Die belangte Behörde führte einen Lokalaugenschein durch, holte ein naturschutzfachliches Gutachten ein und übermittelte dem Beschwerdeführer die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens.
Der Beschwerdeführer nahm dazu Stellung und legte ein naturschutz- und forstfachliches Gutachten der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich vor.
1.3. Mit Schreiben vom 8. Juni 2004 schränkte der Beschwerdeführer seinen Antrag vom 16. März 2001 dahingehend ein, dass nunmehr die Bewilligung für die Errichtung des Rückeweges gemäß der beantragten Trasse bis zum südlichen Graben (bzw. Erdriese nach Durchlaufen der flachen Mulde), Länge ca. 130 lfm, in Anbindung an den kürzlich fertig gestellten, die mehrfache Länge des nunmehr gegenständlichen Vorhabens aufweisenden Rückeweg der S. Familienstiftung beantragt werde. Ausführungen zu einem Umkehrplatz enthält dieses Schreiben nicht.
Zu dem eingeschränkten Antrag erstattete der Amtssachverständige ein neuerliches Gutachten vom 24. Juni 2004, in dem er festhielt, dass der Erteilung der Bewilligung für die Errichtung des gegenständlichen Weges auf einer Länge von maximal 130 lfm beziehungsweise bis maximal zum Beginn der ersten Kuppe mit grobblockigem Bereich zugestimmt werden könne, wenn unter anderem die Auflage eingehalten werde, dass am nördlichen Ende des Stichweges kein Umkehrplatz errichtet werde.
In seiner Stellungnahme vom 18. Juli 2004 zum Gutachten des Amtssachverständigen vom 24. Juni 2004 führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, dass die bescheidmäßige Vorschreibung der vom Amtssachverständigen vorgeschlagenen Auflage, wonach am Ende des Rückewegs kein Umkehrplatz errichtet werden dürfe, aus verschiedenen Gründen abzulehnen sei. Es sei beispielsweise nicht ersichtlich, dass ein Umkehrplatz von einem Durchmesser von ca. 11 m (wie am Ende der von der Landesdirektion geplanten Forststraße "A-Tal"), nicht nach § 14 Oö. NatSchG bewilligungsfähig sein solle, da keine der genannten Schädigungen verursacht werde.
Ergänzend hielt der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 20. August 2004 fest, dass er sein Begehren im Schreiben vom 18. Juli 2004, welches auf Genehmigung eines Umkehrplatzes mit einem (ohnehin minimalen) Durchmesser von 11 m gerichtet gewesen sei, weiter einschränke (nämlich auf die Errichtung eines Umkehrplatzes mit einem Durchmesser von 9 m), sodass die vom Amtssachverständigen vermeinte Beeinträchtigung wegfalle beziehungsweise auf ein unbedeutendes Ausmaß reduziert werde.
In einem weiteren ergänzenden Gutachten vom 25. Oktober 2004 führte der Amtssachverständige aus, dass der nunmehr beantragte verkürzte Weg mit einer Länge von 130 lfm auf Grund der geringen Flächeninanspruchnahme als äußerster Kompromiss gerade noch bewilligungsfähig wäre.
Zusammenfassend werde festgestellt, dass die Errichtung des Rückeweges in der verkürzten Form als äußerstes Zugeständnis bei Einhalten der nachfolgenden Auflagen gerade noch bewilligungsfähig erscheine. Unter diesen Auflagen zählte der Sachverständige auch auf, dass am nördlichen Ende des Stichweges kein Umkehrplatz errichtet werden dürfe. Zum Wenden könne der Umkehrplatz auf der angrenzenden, im Eigentum der S. Forst- und Güterverwaltung befindlichen Parzelle benutzt werden.
1.4. Mit Bescheid vom 25. Jänner 2005 erteilte die belangte Behörde auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 16. März 2001 samt Projektsunterlagen, "eingeschränkt mit Antrag vom 8. Juni 2004", die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung der Forststraße (Rückeweg H) auf einer näher bezeichneten Parzelle ausgehend vom nördlichen Ende der Forststraße der S-Familienstiftung in einer Länge von 130 lfm beziehungsweise bis maximal zum Beginn der ersten Kuppe mit grobblockigem Bereich bei Einhaltung nachstehender Bedingungen, Befristungen und Auflagen:
"1. Die grobblockige Kuppe nördlich des beantragten Rückeweges im Anschluss an den südlichen Graben darf durch das Bauvorhaben nicht berührt werden.
2. Die Querung der Schutthalde ist mit größtmöglicher Sorgfalt und unter minimaler flächiger Beeinträchtigung dieses Lebensraumtyps zu bewerkstelligen.
3. Bei der Errichtung des Rückeweges sind die diesbezüglich geltenden Standards der Landesforstdirektion einzuhalten.
4. Am nördlichen Ende des Stichweges darf kein Umkehrplatz errichtet werden.
5. Der Zeitpunkt des Baubeginns ist der Bezirkshauptmannschaft Freistadt rechtzeitig, spätestens jedoch 14 Tage vor Baubeginn unaufgefordert anzuzeigen."
Die belangte Behörde führte dazu begründend aus, dass im Beschwerdefall die Bewilligungspflicht nach § 5 Z 2 Oö. NatSchG 2001 gegeben sei. Die Ausführung solle als Erdweg in Form einer Neubautrasse erfolgen. Die geplante Trasse verlaufe durch eine aus naturschutzfachlicher Sicht besonders schützenswerte Waldfläche. Die Hang-/Schluchtwälder stellten ein wesentliches Schutzgut des geplanten Europaschutzgebietes Waldaist-Naarn dar. Das durch den Amtssachverständigen festgestellte Kleinspechtvorkommen sei als deutlicher Hinweis auf die gute Eignung des Waldbestandes für Laubwald und Altholz bewohnende Tierarten gewertet worden. Auch die vorhandenen Blockströme seien als besonderes landschaftliches Charakteristikum gewertet worden. Neben der Beeinträchtigung des Naturhaushaltes sei auf Grund der Feststellungen im Gutachten für die Behörde bei Verwirklichung des Vorhabens auch mit zusätzlichen negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild zu rechnen.
Im Verlauf des Bewilligungsverfahrens (nach Fertigstellung des Gutachtens des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz vom 13. Juli 2002) sei das Europaschutzgebiet "Waldaist-Naarn" nominiert und als "PSCI" (Proposed Site of Community Interest) der Europäischen Kommission gemeldet worden.
Zur Interessenabwägung sei darauf hinzuweisen, dass der beantragte Rückeweg in einer sehr hochwertigen Waldparzelle in der G-Leiten, einem der bedeutendsten Vorkommensgebiete von Schlucht- und Hangmischwäldern in Oberösterreich, zu liegen komme. Die betroffene Grundstücksparzelle sei zu 80 % als Laubmischwald und Schlucht- und Hangmischwald entsprechend Anhang I der FFH-Richtlinie einzustufen. Der auf die Hälfte verkürzte Weg mit einer Länge von 130 lfm sei auf Grund der geringeren Flächeninanspruchnahme unter Vorschreibung von Bedingungen sowie Auflagen, die erforderlich seien, um Schädigungen, Beeinträchtigungen beziehungsweise Störungen der in § 14 Abs. 1 Z 1 Oö. NatSchG 2001 erwähnten Art auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken, gerade noch bewilligungsfähig. Durch Errichtung des Umkehrplatzes würden sich nicht nur ein zusätzlicher Flächenverlust sowie negative Auswirkungen an den Böschungen, sondern auch erhebliche negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild ergeben.
1.5. (Nur) gegen die oben wörtlich wieder gegebene Auflage 4. des Bescheids der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. Jänner 2005, Zl. N-105033/51-2005-Mö/Gre, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
1.6. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes über die Erhaltung und Pflege der Natur (Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 - Oö. NatSchG 2001), LGBl. Nr. 129/2001, lauten auszugsweise:
"§ 5
Bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland
Folgende Vorhaben bedürfen im Grünland (§ 3 Z. 6) unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde:
...
2. die Neuanlage, die Umlegung und die Verbreiterung von Forststraßen, sofern dafür eine Planung und Bauaufsicht durch befugte Fachkräfte gemäß § 61 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2001, erforderlich ist;
...
§ 14
Bewilligungen
(1) Eine Bewilligung gemäß den §§ 5, 11 oder 12 oder die in einer auf Grund einer dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, ist zu erteilen,
1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Weise schädigt noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft oder
2. wenn öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.
Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.
(2) Eine Bewilligung ist unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, wenn dies erforderlich ist, um Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen der im Abs. 1 Z. 1 erwähnten Art auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken. In diesem Rahmen kann auch die Vornahme von Rekultivierungsmaßnahmen vorgeschrieben werden."
2.2. Die Beschwerde richtet sich zwar ausschließlich gegen die vierte Auflage des Bescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. Jänner 2005, Zl. N-105033/51-2005-Mö/Gre, wonach am nördlichen Ende des Stichweges kein Umkehrplatz errichtet werden dürfe. Insofern stellt sich die Frage der Zulässigkeit der Bekämpfung einer mit einer Bewilligung verbundenen Auflage.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst die Anfechtung von Nebenbestimmungen eines Bescheides vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn die Nebenbestimmungen mit dem Hauptinhalt des Spruches eine untrennbare Einheit bilden, den gesamten Bescheid, was zur Folge hat, dass die Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmungen bzw. selbst eines Teiles der Nebenbestimmungen auch die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides und dessen Aufhebung nach sich zieht (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 2003, Zl. 2003/10/0238, oder vom 28. April 2006, Zl. 2003/10/0274).
Es besteht im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt dafür, es könne die Auflage Nr. 4 vom übrigen Bescheidinhalt getrennt und abgesondert bekämpft werden.
Die Beschwerde erfasst daher im Sinne der angeführten Rechtsprechung den ganzen Bescheid vom 25. Jänner 2005.
Die Beschwerde ist auch berechtigt, weil der angefochtene Bescheid nicht erkennen lässt, worüber mit ihm abgesprochen wurde.
Die belangte Behörde nimmt lediglich Bezug auf den Antrag vom 16. März 2001 und eine Einschränkung "mit Antrag vom 8. Juni 2004", geht aber auf die weiteren, im Bewilligungsverfahren hinsichtlich des Antrags erfolgten Modifikationen vom Juli und August 2004 nicht ein. Sie weist auch nicht ausdrücklich den Antrag teilweise ab, sondern erteilte diesbezüglich lediglich eine "Auflage".
Die Bezugnahme auf einen Umkehrplatz lediglich in den Auflagen ließe darauf schließen, dass die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass ein Umkehrplatz nicht Gegenstand des Antrags sei (sonst wäre eine dezidierte Abweisung vorzunehmen gewesen). Eine Abweisung eines Antrags in der Form einer Auflage (die als Nebenbestimmung eines Bescheides nur für den Fall der Ausübung der mit dem Bescheid verliehenen Berechtigung schlagend würde) ist jedoch auch unzulässig.
Die Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht gegen das Projekt als Ganzes wurden einerseits mit dem "instabilen geomorphologischen Untergrund und der Geomorphologie der Fläche", auf Grund derer mit "Flächen- und Qualitätsverlusten des hochwertigen Waldes" zu rechnen sei, begründet (und die Bewilligungsfähigkeit letztlich wegen der Einschränkung des Weges auf 130 m als gegeben angesehen), andererseits wurde die als Auflage formulierte Untersagung der Errichtung eines Umkehrplatzes ua mit Hinweis auf "negative Veränderungen der Wuchsbedingungen für die Vegetation des genannten Lebensraumtyps (unterhalb der Rinne)" vorgenommen, "da entsprechende Hangbewegungen und Abfluss nicht mehr im bisherigen Ausmaß ermöglicht würden." Diese Begründungsteile, die die Genehmigungsfähigkeit eines Umkehrplatzes betreffen, könnten auch dahin gehend verstanden werden, dass die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung einen Antrag in Ansehung des Umkehrplatzes abweisen wollte.
Der Bescheid lässt somit auch im Zusammenhalt von Spruch und Begründung nicht erkennen, worüber die belangte Behörde absprechen wollte. Die normative Bedeutung des Bescheids bleibt damit unklar.
Er lässt nicht erkennen, ob ein Antrag auf Errichtung eines Umkehrplatzes nach der vorliegenden Entscheidung der belangten Behörde noch offen ist.
Da der unklare Spruch somit auch im Zusammenhalt mit der Begründung nicht so ausgelegt werden kann, dass der Gegenstand des Abspruches präzise erkennbar wäre (vgl. zur Zulässigkeit der Heranziehung der Begründung des Bescheides zur Auslegung eines unklaren Spruches etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2007, Zl. 2006/10/0240), entspricht der angefochtene Bescheid nicht den Anforderungen der §§ 59 Abs. 1 und § 60 AVG (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 2003, Zl. 2001/01/0325, und vom 27. Dezember 2007, Zl. 2003/03/0181, mit Hinweis auf die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, 984 ff, wiedergegebene Rechtsprechung).
2.3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf die Frage, ob einem Antrag auf Errichtung des Umkehrplatzes stattzugeben wäre oder nicht, einzugehen war.
2.4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 3. Oktober 2008
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchSpruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005100047.X00Im RIS seit
06.11.2008Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009