TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/22 2008/06/0103

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Veröffentlicht am 22.10.2008
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Umgebungslärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauG Vlbg 2001 §26 Abs1 lita;
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1;
BauG Vlbg 2001 §4 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §6 Abs3;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §35 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der EC in K, vertreten durch Dr. Christian Konzett Rechtsanwalt GmbH in 6700 Bludenz, Fohrenburgstraße 4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 2. Mai 2008, Zl. BHFK-II-4151- 2006/0015, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. BP, 2. Mag. YS, 3. Ing. SW,

4. Ing. AW, alle in K, alle vertreten durch Dr. Julia Hagen und Mag. Martin Künz, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Goethestraße 5,

5. Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am 19. Juni 2006 eingebrachten Eingabe vom 16. Juni 2006 kamen die erst- bis viertmitbeteiligten Parteien (kurz: Bauwerber) um die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung zur Errichtung eines Doppelwohnhauses auf einem (annähernd rechteckigen) Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin dreier Grundstücke, die an die nördliche Schmalseite und an die westliche Längsseite des Baugrundstückes angrenzen. Sie erhob in der Bauverhandlung vom 11. September 2006 Einwendungen gegen das Vorhaben. (Im Beschwerdeverfahren geht es um Fragen der Standsicherheit im Sinne des § 4 Abs. 3 BauG einerseits und um behauptete Abstandsverletzungen andererseits).

Die Bauwerber legten der Behörde eine für sie erstellte "generelle geotechnische Stellungnahme" vom 11. Oktober 2006 (Privatgutachten) des Ing. S. der X-GmbH vor, in deren Einleitung ("Grundlagen und Randbedingungen") darauf verwiesen wird, die dargelegten Rückschlüsse basierten auf den durchgeführten geotechnischen Untersuchungen, die den Voruntersuchungen des Baugrundes gemäß der ÖNORM B 4402 entsprächen. Es werde die Durchführung von Hauptuntersuchungen gemäß dieser ÖNORM empfohlen, weil die Prognosegenauigkeit im Hinblick auf den Schichtverlauf, die Bodeneigenschaften sowie die Grundwasserverhältnisse und die Auswirkungen dadurch naturgemäß steige. Die Verantwortung der Begutachter beschränke sich auf den Informationsstand der Voruntersuchungen.

Sodann heißt es, das Baugrundstück befinde sich einem Nord-Süd geneigten Hang. Zusätzlich liege ein leichtes West-Ost-Gefälle vor. Der Höhenunterschied in der Baufläche betrage ca. 2,5 m. Die Hangneigung betrage im unmittelbaren Bebauungsgebiet ca. 9 Grad - 12 Grad . Im bergseitigen Bereich werde das Grundstück durch eine Stützmauer mit einer Höhe von 1,0 m - 1,5 m begrenzt. Auf dem Grundstück würden insgesamt drei Baukörper errichtet, im nördlichen, bergseitigen Bereich würden die zwei Wohnhäuser situiert, im südlichen Bereich im unmittelbaren Nahbereich zur Zufahrtsstraße werde ein weiterer Baukörper errichtet, der als Abstellraum, Garage sowie Terrasse diene; in dessen rückseitigem (bergseitigen) Bereich werde ein Badeteich mit einer Tiefe von bis zu 2 m errichtet. Wesentliche Geländekorrekturen würden nicht durchgeführt. Grundsätzlich würden eher Geländeabgrabungen vorgenommen. Die maximale Einbindung unter Gelände betrage an der Rückseite des Bauwerks ca. 5,5 m. An der Bauwerksrückseite der Wohnhäuser seien Lichthöfe vorgesehen (Anmerkung: darum geht es insbesondere). Gemäß der derzeitigen Planung erreichten die Lichthöfe eine Tiefe von 5,0 m bis 5,5 m ab dem derzeitigen Urgelände. Seitens "der Architektur" sei vorgesehen, die annähernd senkrechten Böschungen im Fels ohne zusätzliche Sicherung bzw. Verkleidungsmaßnahmen herzustellen.

In einem weiteren Abschnitt der Stellungnahme werden die "Grundlagen und Randbedingungen" dargelegt, danach die "Untergrundverhältnisse". Darin heißt es, auf Grund der Erfahrungen beim Bau benachbarter Objekte in diesem Ortsgebiet könne die generelle geologische Situation für das geplante Bauvorhaben abgeschätzt werden. Zusätzlich sei vereinbart worden, im Zuge der Aushubarbeiten Baustellenbesuche mit einer detaillierten Beurteilung der Baugrundverhältnisse und Böschungsstabilitäten durchzuführen.

Unter einer dünnen Humusschicht dürfte ein feinkörniger, brauner Hanglehm anstehen, wobei die Schichtmächtigkeit zwischen 0,5 m bis 1,5 m liegen werde. Darunter sei Felsgestein zu erwarten (wurde näher beschrieben).

Nach einem Abschnitt "Gründungsvorschlag" folgt ein Abschnitt "Baugrubenböschungen"; dort heißt es, im bergseitigen Bereich seien Böschungen mit einer Höhe von bis zu ca. 5,5 m herzustellen. Der angetroffene Fels weise eine gute Standsicherheit auf. Es könnten Böschungsneigungen im Fels von ca. 65 Grad bis 75 Grad hergestellt werden. Der darüber befindliche Hangschutt bzw. Hanglehm dürfe mit einer maximalen Neigung von 35 Grad zur Horizontalen geböscht werden. Während der Bauphase sei die Lockergesteinsböschung mittels Vlies gegen Oberflächenerosion zu sichern. Da nicht ganz ausgeschlossen werden könne, dass im Felsbereich bzw. über der Felsoberkante Sickerwasserzutritte zur Baugrube auftreten könnten, sei es notwendig, im bergseitigen und im Flankenbereich des Bauwerks eine Dränage auf Höhe der Bodenplatten herzustellen (wurde näher ausgeführt). Anlässlich der Begehung am 27. Juli 2006 hätten auf dem Grundstück bzw. in seinem Umfeld keine rutschgefährdeten Zonen erkannt werden können, ebenso wenig Erosionsflächen. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass in tieferen Felsbereichen Gleithorizonte vorhanden seien. Hiezu sei festzuhalten, dass auf Grund der Aushubarbeiten bzw. Unterkellerung des Neubaus in Summe eine Entlastung des Hanges entstehe. Somit sei auch keine tendenzielle Verschlechterung der Gesamtstabilität des Hanges zu befürchten. Da bis dato die zu erwartenden Baugrundverhältnisse nicht vor Ort beurteilt hätten werden können, sei im Zuge der Aushubarbeiten eine laufende Begutachtung der freigelegten Böschungen zwingend erforderlich. Auf der Grundlage dieser Begehungen werde die bergseitige Böschungsstabilität beurteilt und es würden gegebenenfalls notwendige Sicherungsmaßnahmen festgelegt werden.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich angesichts dieser Stellungnahme ablehnend und legte ihrerseits eine geologischgeotechnische Beurteilung (Privatgutachten) der Y-GmbH vom 5. Dezember 2006 vor, die auch auf die gutachterliche Stellungnahme vom 11. Oktober 2006 eingeht. In dieser Stellungnahme vom 5. Dezember 2006 heißt es unter anderem, im Bereich der zwei geplanten Wohnhäuser stehe der Fels praktisch durchgehend nackt an. Im Gutachten vom 11. Oktober 2006 würden

Felsböschungsneigungen von 65 Grad bis 75 Grad empfohlen. Diese

Werte seien realistisch. Im Gutachten werde auch ausgeführt, dass die Baugrundverhältnisse nicht vor Ort hätten beurteilt werden können und die eventuell erforderlichen Sicherungsmaßnahmen während der Bauarbeiten festgelegt würden. Dazu sei anzumerken, dass die Baugrundverhältnisse in diesem Fall jedenfalls vor den Baumaßnahmen zu beurteilen seien, weil eine Sicherung der abzutragenden Böschung eventuell zu einer Grundinanspruchnahme bei den Nachbarn führen könnte (beispielsweise zur Herstellung von Ankern). Nach dem Projekt sollten die abzutragenden Böschungen nicht verkleidet werden. Das Gutachten lasse offen, ob das grundsätzlich möglich sei.

Für die Beurteilung der Baugrubenböschungen seien folgende Feststellungen maßgeblich: Die Gesteinsschichten fielen flach nach "SE" aus dem Hang - ein wichtiger Punkt hinsichtlich der Aushubböschungen. Die Gesteine würden generell von festen Kalken gebildet, wobei lokal einzelne Einschaltungen von Kalkmergeln vorkommen könnten. Die Gesteine seien von zahlreichen Kluftflächen durchtrennt. Ungünstige Kluftverschnitte könnten zu lokalen Instabilitäten führen.

Eine Felsböschung aus Schrattenkalk mit einer Neigung von 75 Grad sei generell als standfest zu beurteilen. Da die Schichten aber leicht talfallend ausgebildet seien und ein ausgeprägtes Trennflächengefüge entwickelt sei, seien lokale Instabilitäten zu erwarten. Eine zumindest lokal erforderliche Versiegelung der Aushubböschung mit Spritzbeton erscheine jedenfalls erforderlich, weil die Böschungen dauerhaft freistünden. Dies vor allem deshalb, weil sich auf Grund der Temperatur- und Frosteinwirkung Steine und Blöcke aus der Böschung lösen könnten (Steinschlagschutz, Rückverlegung der Böschung).

Das Trennflächengefüge könne auch zu Instabilitäten führen, bei welchen ein reines Versiegeln mit Spritzbeton und Baustahlgitter nicht ausreichen könnte. Da der in der nordwestlichen Grundstücksecke vorgesehene Lichtschacht ca. 1 m bis 1,40 m vom Grundstück der Beschwerdeführerin entfernt sei (genauere Angaben seien für den Gutachterverfasser nicht zugänglich gewesen), sei eine Sicherung mit Ankern in diesem Bereich schwierig, weil nur Ankerlängen von 1 m bis 2 m möglich wären, wenn der überliegende Grundstückseigentümer mit einer Grundinanspruchnahme nicht einverstanden wäre. Daher sei es wichtig, die Abtragsböschung im Bereich des Lichtschachtes möglichst mit einem Gewölbe auszubilden, um mit seitlich versetzten Ankern diese eventuell möglichen Instabilitäten zu beherrschen. Alternativ wäre auch eine Sicherung mit bis zum Fels zurückspringenden Gebäudewandscheiben möglich (Abklärung mit dem Statiker).

In einem Abschnitt "Bauausführung/Empfehlungen" heißt es weiter, grundsätzlich sei gegen das geplante Bauvorhaben mit Abtragsböschungen von bis zu 6 m aus baugeologischer Sicht nichts einzuwenden, wenn die zumindest lokal erforderlichen Sicherungen auf die vorliegenden geologischen Verhältnisse abgestellt würden. Da der geplante Neubau nahe dem angrenzenden Grundstück der Beschwerdeführerin errichtet werden solle, wäre es sinnvoll und notwendig die geplante Abtragsböschungslinie in einem Plan einzutragen, mit Schnitten die eventuell erforderlichen Sicherungen anzugeben und die Ausführungen der Sprengarbeiten zu erläutern. Es sei jedenfalls nötig, die erforderlichen Maßnahmen vor Baubeginn zu beurteilen. Wenn dies erst im Zuge der Bauausführung gemacht werde, könne dies durchaus zu Beeinträchtigungen des Nachbargrundstückes führen (Ausbrechen bzw. Abgleiten von Felskeilen, Erforderlichkeit von Anker - Es folgen verschiedene Empfehlungen, darunter auch, dass eine Abtragung des Gesteins nur mit Schremmhammer bei dem vorliegenden Fels nicht machbar bzw. nur unter sehr hoher langandauernder Lärmbelästigung möglich sein werde. Durch eine Sprengabtragung könnten wesentlich ebenflächigere Böschungen hergestellt werden, dies mit geringerer Auflockerung).

Nach verschiedenen Verfahrensschritten (hervorzuheben ist, dass den Bauwerbern mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 19. März 2007 zur Realisierung ihres Vorhabens gemäß § 35 Abs. 2 des Raumplanungsgesetzes eine Ausnahmebewilligung von Bestimmungen des Teilbebauungsplanes erteilt wurde) erteilte der Bürgermeister mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 13. April 2007 die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen, darunter auch solche betreffend die Stabilität des Hanges:

Im Abschnitt A (bautechnische Auflagen) heißt es im Punkt 34., infolge der Steilheit des Baugrundstückes sowie der Beschaffenheit des Untergrundes seien entsprechende Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Die in der beiliegenden "generellen geotechnischen Stellungnahme" angeführten Maßnahmen seien so umzusetzen, dass die Nachbargebäude und die Rechte der Nachbarn in keiner Weise beeinträchtigt würden. Im Punkt 35. heißt es weiter, gegen Hangabrutschungen seien während und nach der Bauführung wirksame Maßnahmen zu treffen. Die Aushub- bzw. Sprengarbeiten dürften nur durch ein befugtes Unternehmen mit einschlägiger Erfahrung vorgenommen werden. Bei eventuellem Vorkommen von Fels bzw. von großen Findlingen seien die Aushubarbeiten felsschonend durchzuführen. Im Punkt 36. wird aufgetragen, bei eventuellen erforderlichen Auflockerungssprengungen das Gelände so abzudecken, dass ein Felsauswurf nicht möglich sei und keine Gefährdung der Nachbarobjekte eintreten könne. Vor Inangriffnahme einer eventuellen Sprengung sei vor der ersten Sprengung ein Sprengsachverständiger beizuziehen und es seien dessen Auflagen im vollen Umfang zu erfüllen.

Im Abschnitt E (geotechnische Auflagen) wurde zu Punkt 1. aufgetragen, der über dem Fels befindliche Hangschutt bzw. Hanglehm dürfe mit einer maximalen Neigung von 35 Grad zur Horizontalen geböscht werden. Während der Bauphase sei die Lockergesteinsböschung mittels Vlieses gegen Oberflächenerosion zu sichern. Punkt 2. betrifft Sickerwasserzutritte; im Punkt 3. heißt es, im Zuge der Aushubarbeiten sei eine laufende Begutachtung der freigelegten Böschungen durch ein geotechnisches Büro zwingend erforderlich. Auf Grundlage dieser Begehungen werde die bergseitige Böschungsstabilität laufend beurteilt und es würden gegebenenfalls notwendige Sicherungsmaßnahmen durch die Behörde vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde das Projekt modifiziert und es wurden hiezu geänderte Pläne vorgelegt; die Beschwerdeführerin äußerte sich weiterhin ablehnend. Mit dem auf Grund des Beschlusses der Berufungskommission vom 22. Jänner 2008 ausgefertigten Berufungsbescheid vom 25. Jänner 2008 wurde die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die baupolizeiliche Bewilligung auf Grundlage des im Berufungsverfahren geänderten Vorhabens erteilt und eine weitere Auflage vorgeschrieben werde, nämlich, dass die Bauwerber vor Baubeginn der Baubehörde nach Durchführung einer Hauptuntersuchung gemäß ÖNORM B 4402 eine geologisch-geotechnische Beurteilung der Baugrundverhältnisse sowie ein von einem staatlich befugten und beeideten Fachmann auf dem Gebiet der Statik bzw. Geologie überprüftes Sicherheits-, Kontroll- und Überwachungskonzept zur Sicherung der Abtragsböschung vorzulegen hätten. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend die behauptete Abstandsverletzung sowie das Vorliegen von Gefahren durch Senkungen und Rutschungen im Hinblick auf Sprengungen und Felsabtragungen wurden gemäß § 26 Abs. 1 BauG als unbegründet abgewiesen, die übrigen Einwendungen als unzulässig zurückgewiesen.

Zur Begründung heißt es zusammengefasst (der Bescheid umfasst 43 Seiten), was die behauptete Befangenheit des Bürgermeisters anlange, so vermöge der Umstand, dass dieser ein Vereinsfreund und Ringerkollege des Vaters und des Schwiegervaters der Bauwerber sei, für sich allein noch keine Befangenheit nach sich zu ziehen. Es bedürfe keiner näheren Erörterung, dass gerade in ländlichen Gemeinden sehr viele Personen in verschiedenen Vereinen engagiert seien und auch der Bürgermeister hievon nicht ausgenommen sei. Würde man allein auf Grund der Mitgliedschaft im selben Verein eine Befangenheit ableiten, so müsste eine Befangenheit bei Entscheidungsorganen einer Gemeinde in sehr vielen Fällen bejaht werden. Auch dass der Bürgermeister einen freundschaftlichen Umgangston mit den Bauwerbern sowie das "Du-Wort" pflege, sei für sich gesehen gerade in einer Landgemeinde mit etwas mehr als 3000 Einwohnern, in welcher sich die meisten Gemeindebürger persönlich kennen würden, nichts Außergewöhnliches. Was nun ein bestimmtes e-mail eines Bauwerbers an den Bürgermeister anlange, könne dahingestellt bleiben, ob dies eine Befangenheit begründen könnte: Habe in der Berufungsinstanz ein unbefangenes Organ entschieden, so sei ein solcher Verfahrensmangel als geheilt anzusehen. Im Beschwerdefall habe die Berufungskommission in insgesamt sieben Sitzungen nach bestem Wissen und Gewissen die gegenständliche Entscheidung getroffen. Gründe, welche eine Befangenheit der Berufungskommission nach sich ziehen würden, lägen nicht vor und seien auch nicht behauptet worden. Selbst wenn daher der Bürgermeister befangen gewesen wäre, so sei dieser Verfahrensmangel jedenfalls als geheilt anzusehen.

Zur Frage des behaupteten Widerspruches zum Teilbebauungsplan bzw. der erteilten Ausnahmegenehmigung komme der Beschwerdeführerin als Nachbarin kein Mitspracherecht zu. Die Baupläne seien zur Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin in geltend gemachten Nachbarrechten im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG verletzt worden sei, ausreichend.

Für die Frage, ob die geplanten Lichthöfe die Mindestabstände einhielten (insbesondere der nördliche Lichthof des im Westen gelegenen Gebäudes, der nach den vorgelegten Planunterlagen 1,05 m von der Grundstücksgrenze entfernt sei), sei allein maßgeblich, ob diese Lichthöfe als "unterirdisch" im Sinne der Abstandsbestimmungen des BauG zu qualifizieren seien. § 6 Abs. 3 BauG ordne an, dass unterirdische Bauwerke und unterirdische Teile von Bauwerken mindestens 1 m von der Nachbargrenze entfernt sein müssten. Nach dem Motivenbericht zur Regierungsvorlage zum Baugesetz zu § 6 Abs. 3 BauG sei bei der Beurteilung, ob ein Bauwerk unterirdisch sei oder nicht, maßgeblich, ob sich der Bauwerksteil nach der Bauführung unter dem Gelände befinde. Aus den nun maßgeblichen Plänen vom 4. Oktober 2007 ergebe sich, dass die Stützwände der nordseitigen Lichthöfe in einer Weise ausgestaltet werden sollten, dass die Wandoberkante der Geländeoberkante entspreche. Damit werde sichergestellt, dass jene Stützwände rundherum "ebenerdig" verliefen. Für die Beurteilung der Abstandsvorschriften, hier für die Beurteilung der Frage, ob eine bauliche Anlage als unterirdisch oder oberirdisch zu qualifizieren sei, sei im Übrigen stets die der betroffenen Grundstücksgrenze zugewendete Fassade maßgeblich bzw. das nach außen zugekehrte Geländeniveau; im Falle eines steigenden Geländes sei daher nicht von Relevanz, ob die Innenwand von außen hin sichtbar sei. Sollten die Bauwerber im Rahmen der Bauausführung die Lichthöfe bis zu einer Höhe errichten, welche die Geländeoberkante übersteige, so wäre dies nicht von der erteilten Baubewilligung gedeckt. Was schließlich die in den eingereichten Planunterlagen in der Fassung vom 4. Oktober 2007 dargestellten Absturzsicherungen betreffe, so ragten diese selbstverständlich über die Geländeoberkante heraus und seien insofern als "oberirdisch" anzusehen. Diese seien aber im Sinne des § 6 Abs. 4 BauG zulässig.

Hinsichtlich der Einwände betreffend die Gefahr von Senkungen und Rutschungen im Hinblick auf Sprengungen und Felsabtragungen (Einwendung im Sinne des § 4 Abs. 3 BauG) sei die Beschwerdeführerin nicht präkludiert (wurde näher dargelegt). Die im Gutachten vom 11. Oktober 2006 vorgenommene geotechnische Beurteilung werde auch von den Sachverständigen der Beschwerdeführerin grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Was die schließlich im letzteren Gutachten (vom 5. Dezember 2006) ausgesprochenen Empfehlungen anlange, so seien die im Zusammenhang mit Sprengabtragungen und Sicherungen empfohlenen Maßnahmen durch die im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen im Wesentlichen umgesetzt. Was das weitere angesprochene Erfordernis, die erforderlichen Maßnahmen vor Baubeginn zu beurteilen, anlange, so sei darauf hingewiesen, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich erst während der Ausgrabungsarbeiten die Notwendigkeit des Setzens eines Ankers ergebe. Sollte dadurch das Nachbargrundstück in Anspruch genommen werden müssen, müsste diesbezüglich eine gesonderte Begutachtung erfolgen und es wäre, sollte die Beschwerdeführerin nicht zustimmen, ein Verfahren gemäß § 14 BauG einzuleiten. Um dem Einwand der Beschwerdeführerin betreffend eine Gefahr der Hangrutschung sowie von Senkungen zu entsprechen, habe sich die Berufungsbehörde im Hinblick auf das Privatgutachten vom 5. Dezember 2006 (in welchem festgehalten werde, es sei notwendig, die erforderlichen Maßnahmen vor Baubeginn zu beurteilen), aber auch im Hinblick auf eine Empfehlung im Gutachten vom 11. Oktober 2006, dazu veranlasst gesehen, durch eine ergänzende Auflage den Bauwerbern vorzuschreiben, vor Baubeginn der Baubehörde nach Durchführung einer Hauptuntersuchung gemäß ÖNORM B 4402 (diese sei in der von den Bauwerbern selbst vorgelegten Stellungnahme vom 11. Oktober 2006 empfohlen worden) eine geologisch-geotechnische Beurteilung der Baugrundverhältnisse sowie ein von einem staatlich befugten und beeideten Fachmann auf dem Gebiet der Statik bzw. Geologie überprüftes Sicherheits-, Kontroll- und Überwachungskonzept zur Sicherung der Abtragsböschung vorzulegen.

Im Hinblick darauf, dass im Beschwerdefall bereits zwei geologisch-geotechnische Stellungnahmen vorlägen (wobei eine von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegt worden sei), vertrete die Berufungsbehörde die Auffassung, dass hinsichtlich der Einwendung gemäß § 4 Abs. 3 BauG die Angelegenheit entscheidungsreif sei, weil genügend Informationsgrundlagen vorlägen, welche eine ausreichende rechtliche Beurteilung der Einwendung zuließen. Die Einholung eines geologischen Gutachtens (gemeint: durch die Berufungsbehörde), wie von der Beschwerdeführerin beantragt, sei daher entbehrlich gewesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, schloss sich die belangte Behörde der Beurteilung der Berufungsbehörde an: Die Lichthöfe seien als unterirdische Bauwerke anzusehen, weil die Wandoberkanten bündig mit den Geländeoberkanten abschlössen. Als unterirdische Teile eines Bauwerkes seien jene Teile anzusehen, die unterhalb der Schnittstelle des Bauwerks mit der Geländeoberkante lägen, wobei maßgeblich sei, ob sich der Bauwerksteil - auf Grund des geplanten oder des von der Behörde verfügten Geländes - nach der Bauführung unter dem Gelände befinde.

§ 4 Abs. 3 BauG regle im Wesentlichen den Schutz vor Naturgefahren bzw. vor elementaren Ereignissen, die Bestimmung sei aber auch so zu verstehen, dass nicht nur durch das Bauwerk selbst (als Endprodukt) sondern auch durch die Bauausführung keine Gefährdungen der dort umschriebenen Art für Nachbargrundstücke entstehen dürften. Der Schutz sei erforderlichenfalls durch Vorschreibungen von Auflagen oder Bedingungen sicherzustellen. Dies sei in den Bescheiden erster und zweiter Instanz erfolgt. Ein Sicherheits-, Kontroll- und Überwachungskonzept, welchem eine Hauptuntersuchung gemäß ÖNORM B 4402 zur genaueren geologischgeotechnischen Beurteilung der Baugrundverhältnisse vorangehen solle, sei von der Berufungsbehörde vorgeschrieben worden, die belangte Behörde habe dagegen keine Bedenken. In den im Bauverfahren von den Antragstellern einerseits und von der Beschwerdeführerin andererseits vorgelegten Stellungnahmen (vom 11. Oktober 2006 und vom 5. Dezember 2006) sei eine laufende geotechnische Begutachtung der freigelegten Böschungen als erforderlich erachtet worden, damit entsprechende Sicherungsmaßnahmen geprüft und erforderlichenfalls gesetzt werden könnten. Es stehe allerdings fest, dass die Arbeiten technisch jedenfalls ohne Gefährdung des Nachbargrundstückes durchgeführt werden könnten. Durch die Vorschreibung von entsprechenden Auflagen sei sichergestellt worden, dass die dazu notwendigen Sicherungsmaßnahmen rechtzeitig getroffen würden. Es wäre unverhältnismäßig und unrechtmäßig schon im Vorfeld konkrete bzw. sehr aufwändige Sicherungstechniken vorzuschreiben, deren Erfordernis zum Zeitpunkt der Baubewilligung noch gar nicht feststehe.

Was die von der Beschwerdeführerin behauptete Befangenheit des Bürgermeisters, aber auch des Vorsitzenden der Berufungskommission (L.), anlange, sei Folgendes auszuführen:

Maßgeblich für eine Befangenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 4 AVG sei, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass habe, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln. Der Beschluss der Berufungskommission vom 22. Jänner 2008 (welcher dem Berufungsbescheid zu Grunde liege) sei einstimmig beschlossen worden. Auch wenn der von der Beschwerdeführerin als befangen angesehene Vorsitzende L. nicht anwesend gewesen wäre, wäre die Berufungskommission beschlussfähig gewesen. Der behauptete Verfahrensmangel sei daher nicht wesentlich. In Gemeinden sei es üblich, dass Mitglieder der Gemeindevertretung auch noch Funktionen in anderen Bereichen, wie im Prüfungsausschuss oder in der Abgabenkommission bekleideten. Die gleichzeitige Mitgliedschaft des Vorsitzenden L. und eines der Bauwerber in einem Verein ließen nach Auffassung der belangten Behörde noch nicht auf eine Befangenheit schließen. Auch aus der Tatsache, dass der Bürgermeister und L. vor Jahren im selben Haus gelebt hätten, sei noch keine Befangenheit abzuleiten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist das Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 44/2007 anzuwenden.

"§ 26

Nachbarrechte, Übereinkommen

(1) Der Nachbar hat im Verfahren über den Bauantrag das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung der folgenden Vorschriften geltend zu machen:

a) § 4 Abs. 3, soweit mit Auswirkungen auf sein Grundstück zu rechnen ist;

b)

§§ 5 bis 7, soweit sie dem Schutz des Nachbarn dienen;

c)

§ 8, soweit mit Immissionen auf seinem Grundstück zu rechnen ist.

(2) Einwendungen des Nachbarn, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen.

(3) ..."

Gemäß § 4 Abs. 3 BauG darf ein Baugrundstück nur so bebaut werden, dass weder das Bauwerk selbst noch Nachbargrundstücke durch Lawinen, Wasser, Vermurungen, Steinschlag, Rutschungen u. dgl. gefährdet werden.

Die §§ 5, 6 und 19 BauG lauten auszugsweise (§ 7 BauG betrifft Abstandsnachsichten):

"§ 5

Abstandsflächen

(1) Oberirdische Gebäude sind so anzuordnen, dass vor jeder Außenwand eine Abstandsfläche liegt, nicht jedoch vor den Ecken. Dasselbe gilt für sonstige oberirdische Bauwerke, soferne sie Wände mit einer Höhe von mehr als 3,5 m über dem Gelände haben oder Flugdächer u.dgl. mit einer solchen Höhe sind. Die Abstandsfläche muss so tief sein, wie sechs Zehntel des Abstandes zwischen der Außenwand und dem Schattenpunkt. Sie muss auf dem Baugrundstück selbst liegen, bis zur Mitte einer angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche darf sie sich jedoch erstrecken.

(2) Als Außenwand nach Abs. 1 gilt eine lotrechte Ebene in der äußersten Begrenzungslinie des Gebäudes oder sonstigen Bauwerkes. Bauteile gemäß Abs. 5 lit. b und c sind nur so weit zu berücksichtigen, als sie das dort genannte Ausmaß überschreiten.

(3) Der Schattenpunkt nach Abs. 1 ergibt sich auf einer Waagrechten, die in der Höhe des jeweiligen Fußpunktes der Außenwand gelegt wird, wenn über das Gebäude oder sonstige Bauwerk Licht unter einem Winkel von 45 Grad einfällt. Bei der Ermittlung des Schattenpunktes sind untergeordnete Bauteile in lotrechter Richtung und untergeordnete Bauteile gemäß Abs. 5 lit. b und c bis zu dem dort genannten Ausmaß in waagrechter Richtung nicht zu berücksichtigen.

(4) Der jeweilige Fußpunkt nach Abs. 3 ergibt sich an der Schnittstelle der Außenwand mit der bestehenden Oberfläche des Geländes. Wurde die Geländeoberfläche durch eine Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist von der Geländeoberfläche vor dieser Veränderung auszugehen. Untergeordnete Geländeerhebungen und -vertiefungen sind nicht zu berücksichtigen. Im Falle einer Verfügung nach den §§ 3 Abs. 5 oder 29 Abs. 2 ist von der verfügten Geländeoberfläche auszugehen.

(5) Innerhalb der Abstandsflächen auf dem Baugrundstück dürfen andere Bauwerke sowie Teile von solchen weder bestehen noch errichtet werden. Ausgenommen sind

a) Bauwerke, die an keiner Stelle eine Höhe von mehr als 3,5 m über dem Gelände haben und selbst nicht dem länger dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, sofern durch sie eine ausreichende Belichtung von Räumen, die zum länger dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, nicht vereitelt wird;

b) Sockel, Gesimse, Tür- und Fensterumrahmungen, Rollladenkästen, u.dgl. bis zu 0,20 m Ausladung;

c) Dachvorsprünge, Sonnenblenden, Windfänge, offene Balkone, Erker, Kamine, Freitreppen, Werbeanlagen u.dgl., sofern es sich bei ihnen um untergeordnete Bauteile handelt, bis zu 1,30 m Ausladung.

(6) Innerhalb desselben Baugrundstückes dürfen Abstandsflächen gegenüberliegender Außenwände einander nicht überdecken. Dies gilt nicht im Falle des Abs. 5 lit. a. Gegenüberliegende Außenwände sind solche, deren Fluchten zueinander parallel verlaufen oder einen kleineren Winkel als 90 Grad einschließen.

(7) Ergeben sich aus einem Bebauungsplan oder einer Verordnung über die Art der Bebauung kleinere Abstandsflächen als nach den Abs. 1 bis 6, gelten diese.

§ 6

Mindestabstände

(1) Oberirdische Gebäude, ausgenommen kleine Gebäude nach § 19 lit. a bis c, müssen von der Nachbargrenze mindestens 3 m entfernt sein. Abweichend davon dürfen Bauteile nach § 5 Abs. 5 lit. b und c bis zu 2 m an die Nachbargrenze heranreichen.

(2) Oberirdische Bauwerke, die keine Gebäude sind, sowie oberirdische kleine Gebäude nach § 19 lit. a bis c müssen mindestens 2 m von der Nachbargrenze entfernt sein.

(3) Unterirdische Bauwerke und unterirdische Teile von Bauwerken müssen mindestens 1 m von der Nachbargrenze entfernt sein; für befestigte Flächen, insbesondere Hauszufahrten und Abstellplätze, gilt jedoch kein Mindestabstand.

(4) Für Einfriedungen oder sonstige Wände oder Geländer bis zu einer Höhe von 1,80 m über dem Nachbargrundstück gilt kein Mindestabstand.

(5) Ergeben sich aus einem Bebauungsplan oder einer Verordnung über die Art der Bebauung kleinere Mindestabstände als nach den Abs. 1 bis 3, gelten diese."

"§ 19

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

Wenn die Abstandsflächen und Mindestabstände eingehalten werden, sind folgende Bauvorhaben anzeigepflichtig:

a) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Nebengebäuden zu Wohngebäuden, wenn das Nebengebäude eine überbaute Fläche von höchstens 25 m2 und eine Höhe von höchstens 3,5 m über dem Gelände hat und in einer Baufläche liegt;

b) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Wartehäuschen bei Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs;

c) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Telefonzellen und ähnlich kleinen Gebäuden;

d) ..."

Im Hinblick auf die taxative Aufzählung der Nachbarrechte im Katalog des § 26 Abs. 1 BauG kommt der Beschwerdeführerin zur Frage, ob die Ausnahmebewilligung gemäß § 35 Abs. 2 des Raumplanungsgesetzes rechtens erteilt wurde oder nicht, kein Mitsprachrecht zu.

Im Beschwerdeverfahren ist weiterhin strittig, welchen Grenzabstand diese oben offenen "Lichthöfe" einzuhalten haben. Es handelt sich dabei um eine Art von großen Schächten jeweils mit einem schmäleren und einem breiteren Teil (Letzterer ist für die Abstandsproblematik relevant), wobei jener breitere Teil, der näher zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin liegt, einen Grundriss innen von rund 3,20 m x 3,50 m aufweist (der andere von 3,65 m x 3,20 m). Diese Schächte reichen von der Geländeoberkante rund 5 m tief bis auf das Fußbodenniveau des Untergeschoßes und dienen zur Belichtung der dort befindlichen Räume.

Das BauG enthält keine Definition der Begriffe "oberirdisch" und "unterirdisch". Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid auf den Motivenbericht zu § 6 Abs. 3 BauG berufen (wiedergegeben in Germann/Hämmerle, Das Vorarlberger Baugesetz, S. 49), wo es heißt, auch für den unterirdischen Teil (z.B. Tiefgarage) eines im Übrigen oberirdischen Gebäudes genüge ein Mindestabstand von 1 m. Als unterirdische Teile im Sinne dieser Bestimmung seien jene Teile eines Bauwerks anzusehen, die unterhalb der Schnittstelle des Bauwerks mit der Geländeoberfläche lägen, wobei maßgeblich sei, ob sich der Bauwerksteil - auf Grund des geplanten oder des von der Behörde verfügten Geländes - nach der Bauführung unter dem Gelände befinde. Daraus ist für den Standpunkt der Behörden des Verwaltungsverfahrens wie auch der Bauwerber nichts zu gewinnen (vielmehr ergibt sich daraus geradezu das Gegenteil ihrer Auffassung): "Unterirdisch" im Sinne des § 6 Abs. 3 BauG bedeutet, dass sich der betreffende Bauteil unter dem Gelände zu befinden hat (siehe den Motivenbericht), was dem Sprachgebrauch entspricht:

Nach der Bedeutung der Worte kann der Begriff "unterirdisch" als "unter der Erde gelegen" (Österreichisches Wörterbuch, 40. Auflage 2006, 699) bzw. "unter der Erde befindlich" (Wahrig, Wörterbuch der deutschen Sprache, 4. Auflage 2000, 965) im Gegensatz zu "oberirdisch" als "über dem Erdboden gelegen" Wahrig, a. a.O., 679) verstanden werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2004/06/0028).

"Unter dem Gelände befindlich" bzw. "unter der Erde gelegen" bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass nur jener Bauteil als unterirdisch anzusehen ist, der sich tatsächlich unter dem Gelände befindet (es reicht daher nicht, dass die Seitenwände das angrenzende Gelände nicht überragen), das heißt auch oben nicht offen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2004/06/0028), was auf diese "Lichthöfe" nicht zutrifft. Die sind vielmehr, weil oben offen, als "oberirdisch" anzusehen. Da sie aber keine "Außenwände" im Sinne des § 5 BauG haben, kommen die Bestimmungen dieses Paragraphen über Abstandsflächen nicht in Betracht. Unter Bedachtnahme auf den Regelungsinhalt der §§ 5 und 6 BauG hat für diese Lichtschächte die Regel des § 6 Abs. 2 BauG zu gelten (vgl. auch § 6 Abs. 1 letzter Satz BauG), d.h., sie haben einen Mindestabstand von 2 m von der Grundgrenze einzuhalten. Das trifft jedenfalls auf den einen "Lichthof" nicht zu, weshalb das Vorhaben (schon) deshalb in dieser Form nicht bewilligungsfähig ist.

Was die angeschnittenen bodenmechanischen Fragen anlangt, teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, dass die nachbarschützende Wirkung (siehe § 26 Abs. 1 lit. a BauG) des § 4 Abs. 3 BauG auch einen Schutz vor den dort bezeichneten Gefahren während der Bauausführung gewährt, weil auf die "Bebauung" abgestellt wird (in diesem Sinne der auch von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Motivenbericht zu § 4 Abs. 3 BauG in Germann/Hämmerle, aaO, S. 37). Ein gewisses Problem besteht nun im Beschwerdefall offensichtlich darin, die Beschaffenheit des felsigen Untergrundes noch vor Baubeginn zu ermitteln (um dann als Ergebnis dieser Ermittlungen weiter beurteilen zu können, welche konkreten Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind). Die Berufungsbehörde hat nun im Lichte der beiden Privatgutachten als zusätzliche Auflage die Durchführung einer "Hauptuntersuchung nach ÖNORM B 4402" aufgetragen sowie (offensichtlich auf Grundlage dieser Hauptuntersuchung) die Vorlage einer geologisch-geotechnischen Beurteilung der Baugrundverhältnisse sowie eines näher umschriebenen Konzeptes zur Sicherung der Böschung. Offen bleibt, warum diese "Hauptuntersuchung" (und die Vorlage der darauf fußenden geologisch-geotechnischen Beurteilung der Baugrundverhältnisse) zwar als erforderlich erachtet wurde, aber erst vor Baubeginn und nicht schon vor der Erteilung der Baubewilligung. Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang darauf, dass damit unklar sei, was zu geschehen hätte, sollte sich auf Grund dieser Untersuchungen etwa ergeben, dass das Vorhaben in der projektierten Form wegen der nun erst ermittelten geologischen Verhältnisse sogar im Grunde des § 4 Abs. 3 BauG nicht bewilligungsfähig sein sollte. Ist diese "Hauptuntersuchung" zur gehörigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes erforderlich, hat dies vor der Erteilung der Baubewilligung zu erfolgen. Diesbezüglich liegt zumindest ein Begründungsmangel des Berufungsbescheides vor, der als wesentlicher Verfahrensmangel auf Gemeindeebene zu qualifizieren ist.

Da die belangte Behörde dies sowie die Rechtslage hinsichtlich der Abstandsfrage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, der Bürgermeister und der Vorsitzende der Berufungskommission seien befangen gewesen (zumal bei der gegebenen Verfahrenslage eine Aufhebung des Berufungsbescheides unvermeidbar erscheint).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Oktober 2008

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Diverses VwRallg9/5Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar Diverses BauRallg5/2Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060103.X00

Im RIS seit

03.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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