TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/22 2007/06/0067

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Veröffentlicht am 22.10.2008
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
BauG Stmk 1995 §29 Abs5;
BauRallg;
ForstG 1975 §59 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der M Privatstiftung in W, vertreten durch Mag. Hermann Stenitzer-Preininger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Raubergasse 27, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 17. Jänner 2007, Zl. 013827/2006/0006, betreffend die Erteilung einer Auflage im Baubewilligungsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Ansuchen vom 27. April 2006 (beim Magistrat G eingelangt am 28. April 2006) die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines unterkellerten Einfamilienhauses mit eingebauter Kleingarage für drei Pkw, mit Terrassen, Swimmingpool, Wasserbecken, Flugdach, Stützmauern und Geländeveränderungen, auf dem Grundstück Nr. 613/12, KG W. In der dem Antrag angeschlossenen Unterlage betreffend die Bauplatzeignung ist als geeignete, rechtlich gesicherte Zufahrt gemäß § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk. Baugesetz 1995 (Stmk. BauG) die Zufahrt vom öffentlichen Gut Nr. 645 über einen vorhandenen Servitutsweg in der Breite von 4,5 m über die Grundstücke Nr. 613/3, 612/3, 613/11 und 613/1, KG W. angeführt.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erteilte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 17. Juni 2006 die baurechtliche Bewilligung für das angeführte Projekt unter Auflagen.

Auflage 39 lautete:

"39) Der gesamte Baustellenverkehr (d.h. Zu- und Abfahrt der Baustellenfahrzeuge) und auch die Zu- und Abfahrten zum gegenständlichen Grundstück haben über den im Einreichplan dargestellten Servitutsweg über das Grundstück mit der Nr.: 613/1 zu erfolgen. Die Nutzung des auf dem Grundstück Nr. 610 befindlichen Forstweges für Zu- und Abfahrten durch Lkw und Pkw zum gegenständlichen Bauplatz ist unzulässig."

Die Beschwerdeführerin erhob allein gegen diese Auflage Nr. 39 Berufung. Die Behörde habe auf den vorhandenen und verbücherten Servitutsvertrag zu Gunsten des Baugrundstückes als herrschendes Gut auf dem Grundstück Nr. 610 als dienendem Grundstück nicht Bedacht genommen. Es sei zu Gunsten des Baugrundstückes auf der Liegenschaft Nr. 610 die Dienstbarkeit der Errichtung einer Zufahrtsstraße sowie das Recht, auf dieser zu gehen und mit Fahrzeugen aller Art zu fahren, grundbücherlich sichergestellt bzw. eingetragen. Die auf der Liegenschaft Nr. 610 bereits in der Natur vorhandene Straße sei rechtlich als Privatstraße zu qualifizieren, auf der zu Gunsten des Baugrundstückes - wie aus dem Grundbuch ersichtlich - die Einräumung des Rechtes der Zufahrt mit Fahrzeugen aller Art bestehe. Die Auflage 39 sei daher gesetzwidrig und greife in unzulässiger Weise in Eigentumsrechte bzw. vertraglich gesicherte Rechte der Beschwerdeführerin ein.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge und änderte den bekämpften Auflagepunkt 39 insofern ab, als er zu lauten habe:

"39) Die Nutzung des auf dem Grundstück Nr. 610 befindlichen Forstweges für Zu- und Abfahrten durch LKW und PKW zum gegenständlichen Bauplatz ist unzulässig."

Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass gemäß § 29 Abs. 5 Stmk. BauG bei Erteilung einer Baubewilligung die Vorschreibung von Auflagen u.a. (auch projektändernder Auflagen) zulässig sei. Die im vorliegenden Fall bekämpfte Auflage stelle keine projektändernde Auflage dar, sondern eine Auflage, damit den von der Behörde zu wahrenden öffentlichen Interessen entsprochen werde. Ob eine Zufahrtsmöglichkeit zu einem Baugrundstück als geeignet zu qualifizieren sei, hänge, wie dies der Gesetzgeber in § 5 leg. cit. zum Ausdruck bringe, von dem beabsichtigten Verwendungszweck ab. Die Zufahrt habe auch rechtlich gesichert zu sein. Die Beschwerdeführerin habe in dem im erstinstanzlichen Bauakt erliegenden Formular zu § 5 - Bauplatzeignung unter Punkt 6.2. angegeben, dass die Zufahrt zum Bauplatz vom öffentlichen Gut Grundstück Nr. 645 über einen vorhandenen Servitutsweg in einer Breite von 4,5 m über die Grundstücke Nr. 613/3, 612/3, 613/11 (EZ 1577) und 613/1 (EZ 2775) erfolge. Diesen Angaben zufolge liege eine der in § 5 Stmk. BauG geforderten Voraussetzung für die Bauplatzeignung, nämlich die rechtlich gesicherte für den Verwendungszweck geeignete Zufahrt für das gegenständliche Bauvorhaben vor.

Wenn sich die Beschwerdeführerin auf die zu Gunsten des Bauplatzes grundbücherlich sichergestellte Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art auf dem Grundstück Nr. 610 berufe, sei festzuhalten, dass es sich bei der auf diesem Grundstück bereits vorhandenen Straße um eine Forststraße im Sinn des ForstG handle, die auch von der Forstbehörde genehmigt worden sei. § 59 Abs. 1 ForstG bestimme, dass forstliche Bringungsanlagen Forststraßen im Sinne des Abs. 2 des § 59 seien. Gemäß dieser Bestimmung sei unter einer Forststraße eine für den Verkehr von Kraftfahrzeugen oder Fuhrwerken bestimmte, nicht öffentliche Straße samt den in ihrem Zuge befindlichen dazugehörigen Bauwerken, die der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder sowie deren Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz diene, die für eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt werde und bei der die mit der Errichtung verbundenen Erdbewegungen eine Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter ausmachten oder mehr als ein Drittel der Länge geschottert oder befestigt sei, zu verstehen. Wesentlich sei dabei, dass eine Forststraße der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder sowie der Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz diene. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Zusammenhang schon mehrmals ausgeführt, dass für die Qualifikation eines Verkehrsweges als Forststraße die Zweckwidmung für die Waldbewirtschaftung, nämlich die "Bringung", maßgeblich sei. Das bedeute vor allem, dass eine Forststraße ausschließlich der Bringung im Sinne des ForstG diene. Eine andere Form der Nutzung einer Forststraße, nämlich beispielsweise die Nutzung der selben für Zu- und Abfahrten zu einem Grundstück wie dem verfahrensgegenständlichen, von welchem unzweifelhaft nicht behauptet werden könne, es handle sich dabei um einen Wald im Sinne des ForstG, sei nicht zulässig. Wenn aber die Nutzung der auf dem Grundstück Nr. 610 vorhandenen Forststraße als Zufahrtsweg zum verfahrensgegenständlichen Bauplatz nicht zulässig sei, habe die Behörde selbstverständlich sicherzustellen, dass der verfahrensgegenständliche Bauplatz über eine im Sinne des § 5 Stmk. BauG erforderliche rechtlich gesicherte und für den Verwendungszweck geeignete Zufahrt verfüge. Zu den von der Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen gehöre es auch, sicherzustellen bzw. zu überprüfen, ob ein Bauvorhaben mit den gesetzlichen Bestimmungen übereinstimme. Im Lichte des Erfordernisses einer rechtlich gesicherten und für den Verwendungszweck geeigneten Zufahrt zum Baugrundstück habe die erstinstanzliche Behörde zu Recht mittels Auflage vorschreiben können, dass zur Sicherstellung dieser vom Baugesetz geforderten Zufahrt die Benützung der auf dem Grundstück Nr. 610 befindlichen Forststraße für Zu- und Abfahrten zum verfahrensgegenständlichen Bauplatz unzulässig sei. Diese Auflage stelle keine projektändernde Auflage dar, da die Beschwerdeführerin in ihren Einreichunterlagen angegeben habe, dass die Zufahrt nicht über das Grundstück Nr. 610 bzw. den sich darauf befindlichen Forstweg erfolgen solle.

Selbstverständlich bleibe es der Beschwerdeführerin angesichts der ihr zustehenden Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art auf dem Grundstück Nr. 610 unbenommen, mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstückes Nr. 610 um Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Zufahrtsstraße auf diesem Grundstück anzusuchen. Ebenso könne die Beschwerdeführerin eventuell über andere Grundstücke, so die dort vorhandenen Zufahrtsmöglichkeiten als für den Verwendungszweck geeignet und rechtlich gesichert zu qualifizieren seien, zum Bauplatz zufahren. Aus diesem Grund sei die Auflage 39 insofern abzuändern gewesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und implizit auch Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist das Stmk. Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2003, anzuwenden.

Gemäß § 29 Abs. 1 Stmk. BauG hat die Behörde einem Ansuchen mit schriftlichem Bescheid stattzugeben, wenn die nach diesem Gesetz für die Bewilligung geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung sind bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne der Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes auch alle im Projekt vorgesehenen, im Interesse des Nachbarschaftsschutzes gelegenen Maßnahmen zu berücksichtigen.

Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung ist eine Bewilligung mit Auflagen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, damit den von der Behörde zu wahrenden öffentlichen Interessen sowie den subjektiv öffentlichen Rechten der Nachbarn entsprochen wird.

§ 43 leg. cit. legt die allgemeinen Anforderungen eines Bauvorhabens fest. Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung muss jedes Bauwerk in all seinen Teilen nach den Regeln der Technik und den bautechnischen Vorschriften so geplant und ausgeführt werden, dass es nach seinem Verwendungszweck und den örtlichen Verhältnissen den in Abs. 2 angeführten Anforderungen entspricht. Auf die besonderen Bedürfnisse behinderter und alter Menschen sowie Kleinkinder ist im Rahmen des vorgesehenen Verwendungszweckes in ausreichender Weise Bedacht zu nehmen.

Abs. 2 dieser Bestimmung trifft nähere Regelungen über folgende Anforderungen an Bauwerke: die mechanische Festigkeit und Standsicherheit, den Brandschutz, die Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz, die Nutzungssicherheit, den Schallschutz, die Energieeinsparung und den Wärmeschutz und betreffend das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Erteilung einer Baubewilligung unter Auflagen grundsätzlich eine Einheit dar. Die Erteilung einer Baubewilligung unter einschränkenden Auflagen ist danach einer (teilweisen) Abweisung rechtlich gleichzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1976, VwSlg. Nr. 9041/A). In diesem Erkenntnis beruft sich der Verwaltungsgerichtshof auch auf sein Erkenntnis vom 18. September 1967, Zl. 619/66, nach dem dann, wenn die Baubewilligung ohne Auflagen nicht erteilt worden wäre, die Baubewilligung und die damit verbundenen Auflagen als eine untrennbare Einheit zu behandeln seien, und, wenn die Auflagen durch den Bauwerber mit Berufung bekämpft würden, eine Aufhebung des gesamten angefochtenen Bescheides erfolgen könne.

Die verfahrensgegenständliche Auflage stellt - wie die belangte Behörde dies zutreffend festgestellt hat - keine projektändernde Auflage dar. Sie ist auch keine Auflage, von der gesagt werden könnte, dass die Baubewilligung ohne sie nicht erteilt worden wäre. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides selbst ausgeführt und darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin im Bauansuchen eine geeignete und rechtlich gesicherte Zufahrt zur öffentlichen Verkehrsfläche gemäß § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk. BauG angegeben hat. Die belangte Behörde ist also vom Vorliegen dieser Voraussetzung ausgegangen. Im Lichte des Kriteriums der geeigneten und rechtlich gesicherten Zufahrt gemäß § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk. BauG erweist es sich daher nicht als erforderlich, eine andere mögliche Zufahrt zum Baugrundstück auf Grund des Umstandes, dass es sich dabei um eine Forststraße handelt, deren Benützung nach forstrechtlichen Bestimmungen nur eingeschränkt rechtens ist, in einer baurechtlichen Auflage auszuschließen. Eine Auflage ist gemäß § 29 Abs. 5 Stmk. BauG nur dann gesetzmäßig, wenn sie erforderlich ist, damit den von der Behörde zu wahrenden öffentlichen Interessen sowie den subjektiv-öffentlichen Rechten der Nachbarn entsprochen wird. Zu den von der Baubehörde zu wahrenden öffentlichen Interessen gehört es nicht, der forstrechtlichen Regelung über die zulässige Nutzung von Forststraßen gemäß § 59 Abs. 2 ForstG Rechnung zu tragen. Auch § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk. BauG stellte - wie dargelegt - keine gesetzliche Grundlage für die bekämpfte Auflage Nr. 39 dar.

Die verfahrensgegenständliche Auflage erweist sich daher als rechtswidrig. Sie stand mit der im Bescheidspruch erteilten Baubewilligung nicht in einem untrennbaren Zusammenhang. Sie konnte daher von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren allein bekämpft werden. Die Berufungsbehörde ist auch zu Recht von dieser Auflage als alleinigem Berufungsgegenstand ausgegangen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin (einschließlich der Umsatzsteuer) war im Hinblick auf den in der angeführten Verordnung angeführten Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand, in dem auch Umsatzsteuer enthalten ist, abzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2008

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Inhalt der Berufungsentscheidung KassationBaubewilligung BauRallg6Auflagen BauRallg7Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007060067.X00

Im RIS seit

26.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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