TE Vfgh Erkenntnis 2003/10/8 B1323/00

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Veröffentlicht am 08.10.2003
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit 2.143,68 € bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der nunmehrige Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 494/14, KG Kleinedling (Stadtgemeinde Wolfsberg). Auf dem Nachbargrundstück Nr. 495/8 (mit eingeschlossener Baufläche Nr. .321) erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Wolfsberg mit Bescheid vom 18. Februar 2000 die Baubewilligung zur Errichtung einer Terrassenüberdachung beim bestehenden Wohnhaus. Der Beschwerdeführer machte die Gesetzwidrigkeit des Teilbebauungsplans und eine Verletzung der gesetzlichen Abstandsbestimmungen geltend; diesen Einwendungen trat der Bürgermeister mit dem Hinweis auf die Geltung des Teilbebauungsplans entgegen. Der Stadtrat der Stadtgemeinde Wolfsberg wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 25. April 2000 als unbegründet ab. Er führte in seiner Begründung aus, dass dem Bauwerber mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 24. Mai 1995 "die nachträgliche Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses bzw. Abänderungen beim Wohnhaus sowie beim Nebengebäude mit Zwischentrakt auf der Parz. 495/8, KG Kleinedling" unter Anwendung des Teilbebauungsplans der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 29. November 1994 rechtskräftig erteilt worden sei. Diesbezügliche Einwendungen gingen insofern ins Leere. Die eingewendete Abstandsflächenverringerung entspreche den Anforderungen des §9 Abs2 Kärntner Bauvorschriften 1985. Die Kärntner Landesregierung wies die dagegen erhobene Vorstellung mit Bescheid vom 20. Juni 2000 als unbegründet ab. Gemäß §4 Abs2 Kärntner Bauvorschriften 1985 seien, wenn und soweit in einem Bebauungsplan Abstände festgelegt sind, die Bestimmungen des Abs1 letzter Satz und der §§5 bis 10 Kärntner Bauvorschriften 1985 nicht anzuwenden. Der Bebauungsplan lege die Abstände an der Nordgrenze des Baugrundstücks durch eine in der zeichnerischen Darstellung definierte Baulinie fest. Daher finde §9 Abs2 Kärntner Bauvorschriften 1985 keine Anwendung. Eine Rechtsverletzung sei dadurch jedoch nicht eingetreten, da der Spruch des Bescheides durch diese Begründung nicht berührt werde.

2. Gegen diesen Bescheid der Kärntner Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 29. November 1994 geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt. Der Teilbebauungsplan sei gesetzwidrig, da er der Sanierung "konsens- und rechtswidriger Bauzustände auf der Parzelle Nr. 495/8 bzw. 321" diene.

3. Die Kärntner Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Bedenken des Beschwerdeführers gegen den Teilbebauungsplan im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 15.104/1998 teilt.

4. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art139 Abs1 B-VG mit Beschluss vom 11. Juni 2003 ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 29. November 1994, genehmigt durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 31. Jänner 1995 (dieser kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung vom 23. Februar 1995), soweit sie sich auf das Grundstück Nr. 495/8, mit eingeschlossener Baufläche Nr. .321, KG Kleinedling, bezieht, eingeleitet.

Mit Erkenntnis vom 8. Oktober 2003, V83/03, hat der Verfassungsgerichtshof die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 29. November 1994, genehmigt durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 31. Jänner 1995 (dieser kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung vom 23. Februar 1995), soweit sie sich auf das Grundstück Nr. 495/8, mit eingeschlossener Baufläche Nr. .321, KG Kleinedling, bezieht, als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach der Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- und eine Eingabegebühr in der Höhe von € 181,68 enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B1323.2000

Dokumentnummer

JFT_09968992_00B01323_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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