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22/01 Jurisdiktionsnorm;Norm
GGG 1984 §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der P GmbH in P, vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 9, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 19. April 2007, Zl. Jv 1228-33/07, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte zu 20 Cg 38/03x des Handelsgerichtes Wien gegen beklagte Parteien Klage auf Zahlung von ATS 1,994.604,--
(= EUR 144.953,53) samt Anhang erhoben und dafür Pauschalgebühr nach TP 1 GGG entrichtet.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. März 2006 schlossen die Streitteile einen prozessbeendenden Vergleich, worin sich eine beklagte Partei zur Bezahlung eines Betrages von EUR 197.500,-- verpflichtete, wobei festgehalten wurde, dass damit "sämtliche Forderungen (Kapital, Zinsen und Kosten) aus dem gegenständlichen Rechtsstreit verglichen" sind.
Mit Zahlungsauftrag vom 16. März 2007 forderte die Kostenbeamtin des Handelsgerichtes Wien von der Beschwerdeführerin restliche Pauschalgebühr im Ausmaß von EUR 989,17 zuzüglich Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 7,-- an.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin einen als "Einspruch" bezeichneten Berichtigungsantrag, worin sie behauptete, in der Vergleichssumme seien von der ursprünglichen Klagssumme nur 70 % (= EUR 85.187,01) enthalten, der Rest belaufe sich auf Zinsen und Prozesskosten.
Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid dem Berichtigungsantrag keine Folge, wobei sie die Meinung vertrat, die Vergleichsparteien hätten den Vergleich (obgleich dies ohne weiters so möglich gewesen wäre) gerade nicht aufgegliedert nach Kapital, Zinsen und Kosten geschlossen, sondern im Wege des Gesamtbetrages von EUR 197.500,--. Daran formal anknüpfend sei aber von einem streitwerterhöhenden Vergleich auszugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, im vorliegenden Fall nicht mit einer höheren (gemeint restlichen) Pauschalgebühr belastet zu werden.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühr, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Nach § 54 Abs. 2 JN bleiben Zuwachs, Früchte, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, bei der Wertberechnung unberücksichtigt.
§ 18 Abs. 2 Z. 2 GGG lautet:
"(2) ...
2. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen."
Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist bei Vergleichen für die Gerichtsgebührenpflicht der Inhalt des tatsächlich geschlossenen Vergleiches maßgebend (vgl. dazu z.B. die bei Stabentheiner, Gerichtsgebühren8, unterE 21, 22 und 44 zu § 18 GGG zitierte hg. Judikatur).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist der Beschwerde entgegenzuhalten, dass die Parteien eines streitbeendenden gerichtlichen Vergleiches bei der Formulierung der im Vergleich begründeten Verpflichtung privatautonom vollkommen freie Hand haben, was sie zum Gegenstand der vergleichsweisen Verpflichtung machen und ob sie dabei überhaupt zwischen Haupt- und Nebenforderungen, also z.B. zwischen Kapital, Zinsen und Kosten differenzieren.
Im vorliegenden Fall haben die vergleichschließenden Streitparteien gegenüber dem ursprünglichen Klagsbetrag, der an Kapital EUR 144.953,53 betrug, im Vergleich die Summe von EUR 197.500,-- zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht und damit den Wert des Vergleiches gegenüber dem des ursprünglichen Streitgegenstandes erhöht, ohne dabei in irgendeiner Weise zwischen Hauptforderung und Nebenforderungen zu differenzieren.
Damit war aber iS der Maßgeblichkeit der Anknüpfung an formale äußere Tatbestände trotz der Formulierung in der Streitbereinigungsklausel kein Raum für irgendwelche Nachforschungen des Kostenbeamten dahin gegeben, in welchem Ausmaß in der Vergleichssumme allenfalls Zinsen und Kosten enthalten sein könnten. Die Vergleichsparteien haben sich im vorliegenden Fall (ganz gleich wie ein Kläger, der z.B. Zinsen kapitalisiert und damit zum Bestandteil der Hauptforderung macht) damit selbst um die Anwendung des § 54 Abs. 2 JN gebracht. Die zitierte Bestimmung wäre nur dann anwendbar, wenn die Parteien den Vergleichsbetrag ziffernmäßig in einen Teil betreffend die Hauptforderung und einen weiteren Teil betreffend Nebenforderungen zergliedert hätten. Gerade das haben sie aber unterlassen.
Dem angefochtenen Bescheid haftet deshalb die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Oktober 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007160099.X00Im RIS seit
19.11.2008Zuletzt aktualisiert am
08.04.2009