Index
10 VerfassungsrechtNorm
ASVG §11 Abs2Leitsatz
Stattgabe eines Wiedereinsetzungsantrags infolge unrichtiger RechtsmittelbelehrungSpruch
I. Die Behandlung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen wird abgelehnt.
II. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg wird abgewiesen.
Die Behandlung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg wird abgelehnt.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Bescheid vom 4. August 1997 stellte die Salzburger Gebietskrankenkasse fest, daß das Dienstverhältnis zweier Dienstnehmer zum nunmehrigen Beschwerdeführer aufgrund der mit 31. Jänner 1997 ausgesprochenen Kündigung beendet worden sei, daß sich aber die gesetzliche Pflichtversicherung der beiden Dienstnehmer gem. §11 Abs1 ASVG bis zum 31. März 1997 - dem Tag des Endes des Entgeltanspruches - verlängere. Eine Kündigung der beiden Dienstnehmer sei nach dem Angestelltengesetz frühestens zum 31. März 1997 möglich gewesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung an den Landeshauptmann von Salzburg gab dieser mit Bescheid vom 20. März 2001 nicht statt, wobei in der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides ausgesprochen wurde, daß gegen ihn eine binnen zweier Wochen ab Zustellung zu erhebende Berufung zulässig sei.
Die entsprechend der erteilten Rechtsmittelbelehrung fristgerecht eingebrachte Berufung gegen den genannten Bescheid des Landeshauptmannes wurde mit Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 21. März 2003 als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß der Landeshauptmann den Beginn des streitgegenständlichen Pflichtversicherungszeitraumes nicht anführe; es werde lediglich über das Ende der Pflichtversicherung, nämlich, daß sich diese bis zum Ende des Entgeltanspruches verlängere, abgesprochen. Der bekämpfte Bescheid sei daher nicht als solcher gem. §4 Abs1 Z1 und Abs2 ASVG iVm. §1 Abs1 lita AlVG zu beurteilen, sondern als Bescheid, der "gemäß seinem wahren rechtlichen Gehalt" die Beitragspflicht des Dienstgebers für die Zeit bis zum Ende des Entgeltanspruches der Dienstnehmer zum Gegenstand gehabt habe. Die Frage der versicherungspflichtigen Beschäftigung von 23. September 1995 bzw. 1. März 1995 bis jeweils 31. Jänner 1997 gem. §4 Abs1 Z1 und 2 ASVG iVm. §1 Abs1 lita AlVG sei Sache eines anderen Bescheides gewesen, den die Berufung aber nicht bezeichne. Gegen den angefochtenen Bescheid sei eine Berufung an den Bundesminister jedoch unzulässig, weshalb die Berufung zurückzuweisen sei. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26. März 2003 zugestellt.
2. Mit am 9. April 2003 zur Post gegebenen Antrag wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. März 2001, Z3/01-13198/18/2001, begehrt. Zugleich mit diesem Antrag wurde ein Antrag auf Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen den genannten Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg sowie gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen gestellt und ein Vermögensbekenntnis vorgelegt.
3. Mit Beschluß vom 4. Juni 2003 wurde dem Antragsteller die Verfahrenshilfe für die Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen bewilligt. Diese Beschwerde wurde in der Folge eingebracht.
II. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 VfGG).
III. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:
1.1. Im Verfahren über das Ende der Pflichtversicherung eines Dienstnehmers im Falle des Bezuges von Kündigungsentschädigung endet der administrative Instanzenzug gem. §11 Abs2 iVm. §415 Abs1 ASVG bei dem jeweils örtlich zuständigen Landeshauptmann. Das aber heißt, daß die Rechtmittelbelehrung im Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. März 2001 in welcher die Berufung gegen diesen Bescheid für zulässig erklärt wird, unrichtig ist.
1.2. Nach §33 VfGG kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist in den Fällen des Art144 B-VG bewilligt werden. Da das VfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, daß die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung für die Partei ein unvorhergesehenes Ereignis darstellt und daß das Vertrauen auf die Richtigkeit der bekanntgegebenen Rechtsmittelbelehrung der Partei nicht als Verschulden angelastet werden kann. Einer Partei, die im Vertrauen auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung dieser entsprechend rechtzeitig Berufung ergriffen hat und erst durch den ihr Rechtsmittel als unzulässig zurückweisenden Bescheid Kenntnis von der Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erhalten hat, ist - wenn die übrigen Voraussetzungen gegeben sind - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen (vgl. VfSlg. 4536/1963, 8785/1980, 8874/1980, 9143/1981 und 13.341/1993).
1.3. Da dem Antragsteller eine ihn an der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes hindernde, falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde und da er den Wiedereinsetzungsantrag binnen vierzehn Tagen nach Kenntnis der Unzulässigkeit der Berufung eingebracht und die versäumte Handlung - die Einbringung eines Antrages auf Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg sowie eine (wenn auch nicht formgerechte) Beschwerde - nachgeholt hat, war ihm die beantragte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu bewilligen.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag auf Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg sowie über die selbstverfaßte Beschwerde erwogen:
Der Landeshauptmann von Salzburg hat mit Bescheid vom 20. März 2001 aufgrund der von ihm gewürdigten Aktenlage entschieden, daß der Antragsteller die beiden Dienstnehmer gekündigt hat; eine solche Auflösung sei jedoch nach dem Gesetz nur mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres mit einer Kündigungsfrist von 6 Wochen möglich. Eine Auflösung der Dienstverhältnisse durch Kündigung seitens des Dienstgebers sei daher frühestens zum 31. März 1997 möglich gewesen, weshalb die Dienstnehmer bis zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf Kündigungsentschädigung hätten und die Pflichtversicherung erst zu diesem Zeitpunkt ende.
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer - nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen - Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Diese zweite Voraussetzung trifft zu, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Nach dem Beschwerdevorbringen wären die behaupteten Rechtsverletzungen aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen verlangt eine Beurteilung der in diesen Punkten aufgeworfenen Fragen hingegen nicht.
Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
3. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, mußte sein unter einem mit der Beschwerde gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG).
Aus den oa. Gründen wird zugleich gemäß Art144 Abs2 B-VG von einer Behandlung der Beschwerde abgesehen.
4. Diese Beschlüsse konnten ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden (§19 Abs3 Z1 sowie §33 VfGG bzw. §72 Abs1 ZPO iVm. §35 VfGG).
Schlagworte
VfGH / Wiedereinsetzung, Sozialversicherung, Instanzenzug, VfGH / Verfahrenshilfe, Bescheid RechtsmittelbelehrungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B570.2003Dokumentnummer
JFT_09968992_03B00570_00