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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GGG 1984 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der Dipl. Ing. B S in S, vertreten durch die Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 26. Juli 2006, Zl. Jv 3499-33/2006-3, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erhob zu 13 C 151/01s des BG Salzburg Klage gegen zwei beklagte Parteien, womit sie die Unterlassung zweier in der Klage näher bestimmter Verhaltensweisen begehrte. Der Streitwert war in der Klage mit ATS 100.000,-- angegeben.
Beide beklagten Parteien bemängelten in der Folge rechtzeitig diese Bewertung und stellten den Antrag, den Streitwert gem.
§ 7 RATG mit ATS 3,500.000,-- festzusetzen.
Im Protokoll über die mündliche Streitverhandlung vom
5. März 2001 ist u.a. Folgendes festgehalten:
"...
Nach Erörterung betreffend Streitwert nach RAT, weil ja
diesbezüglich der Streitwert von beiden Beklagten bemängelt wurde,
wirkt der Richter auf eine Einigung hin, wo dann letzten Endes
alle Parteien mit einer Streitwertfestsetzung nach RAT mit
S 300.000,-- einverstanden sind.
B.:
Der Streitwert für die Anwendung des Rechtsanwaltstarifes wird daher mit S 300.000,-- festgesetzt.
Für JN, also für die Anfechtbarkeit und GKM gilt der Streitwert nach wie vor in Höhe von S 100.000,--.
..."
In weiterer Folge wurde die Klage mit Urteil des BG Salzburg vom 5. März 2001 abgewiesen, wogegen die Beschwerdeführerin Berufung erhob und auch darin den Streitwert wie folgt bezifferte:
"Streitwert nach JN und für GKM: S 100.000,-- s.A., RAT S 300.000,-
-".
Auch im Kopf des Berufungsurteiles des LG Salzburg vom 13. Juni 2001, 53 R 161/01k heißt es: "Streitwert S 100.000,--; für RAT S 300.000,--".
Mit Zahlungsauftrag vom 8. Mai 2006 forderte der Kostenbeamte restliche Pauschalgebühr ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von ATS 300.000,-- an.
Dem dagegen mit der Begründung, es sei gar keine Streitwertfestsetzung gem. § 7 RATG erfolgt, sondern nur vom Gericht eine zwischen den Prozessparteien festgelegte Streitwertbemessung festgehalten worden, erhobenen Berichtigungsantrag gab die belangte Behörde keine Folge. Sie vertrat dazu die Meinung, dass ein Beschluss des BG Salzburg gem. § 7 RATG über die Streitwertfestsetzung mit ATS 300.000,-- vorliege, was durch eine Parteienvereinbarung nicht mehr geschmälert werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung weiterer Pauschalgebühr verletzt.
Die belangte Behörde legte den Gerichtsakt und den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühr, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Nach § 56 Abs. 2 JN hat der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben.
§ 7 RATG (in der für den Beschwerdefall noch anwendbaren Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 113/2003) lautet:
"Findet der Beklagte die Bewertung des Streitgegenstandes nach den §§ 56 oder 59 der Jurisdiktionsnorm durch den Kläger zu hoch oder zu niedrig, so kann er spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung die Bewertung bemängeln. Das Gericht hat mangels einer Einigung der Parteien, möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen, den Streitgegenstand für die Anwendung dieses Bundesgesetzes im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Dieser Beschluss kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden."
§ 18 GGG lautet auszugsweise:
"(1) Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich.
(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:
1. Wird der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert, so bildet - unbeschadet des § 16 - der geänderte Streitwert die Bemessungsgrundlage. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen.
..."
Nach ständiger hg. Judikatur sind die das Gerichtsgebührengesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen der Gerichte gebunden, und zwar selbst dann, wenn gerichtliche Entscheidungen offenbar unrichtig sein sollten (vgl. dazu z.B. die bei Stabentheiner, Gerichtsgebühren8, unter E 12 zu § 1 GGG und E 62 bis 64 zu § 7 GEG referierte hg. Rechtsprechung). Das hat aber jeweils nur für den normativen Abspruch zu gelten, den das Gericht trifft, wohingegen den erkennenden Gerichtsorganen (z.B. dem Streitrichter) keine Kompetenz im Bereich der Vollziehung, und damit insbesondere auch nicht im Bereich der Auslegung der Vorschriften des GGG zukommt (vgl. dazu das bei Stabentheiner a.a.O. unter E 16 zu § 1 GGG referierte hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, Zl. 98/16/0088).
Im vorliegenden Fall hat nun das BG Salzburg (wie aus dem Streitverhandlungsprotokoll vom 5. März 2001 eindeutig zu erkennen ist) auf Grund der von den beiden beklagten Parteien gem. § 7 RATG vorgenommenen Streitwertbemängelung und iS des von den Prozessparteien signalisierten Konsenses mit Abs. 1 des Beschlusses vom 5. März 2001 iS des § 7 RATG den Streitwert mit ATS 300.000,-- normativ festgesetzt. Diese bindende Entscheidung erfüllt angesichts des von der Beschwerdeführerin ursprünglich in Anwendung des § 56 Abs. 2 JN bezifferten Streitwertes von ATS 100.000,-- ohne jede weitere Voraussetzung den Erweiterungstatbestand nach § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG. Es kann daher weder der vom BG Salzburg im zweiten Absatz des zitierten Beschlusses vorgenommenen einschränkenden Auslegung der Wirkung dieser Streitwertfestsetzung noch der Formulierung im Rubrum der Berufung gegen das Ersturteil noch der Bezifferung des Streitwertes im Kopf des Berufungsurteiles (die ohnehin keine normative Wirkung hat) eine einschränkende Auslegungswirkung dahin zukommen, dass die vom Erstgericht beschlussmäßig vorgenommene Streitwertfestsetzung mit ATS 300.000,-- keinen Einfluss auf die Gerichtsgebühren hätte.
Die Beschwerdeausführungen gehen in diesem Zusammenhang am Akteninhalt vorbei, weil sie die aus dem in Rede stehenden Streitverhandlungsprotokoll eindeutig ersichtliche, mit Gerichtsbeschluss gem. § 7 RATG vorgenommene Streitwertfestsetzung leugnen. Die "Parteienvereinbarung", von der die Beschwerde ausgeht, besteht nach dem Wortlaut des Verhandlungsprotokolls lediglich darin, dass sich die Prozessparteien mit einer gerichtlichen Streitwertfestsetzung in Höhe von ATS 300.000,-- einverstanden erklärten, die dann unmittelbar darauf beschlussmäßig erfolgte.
Ganz abgesehen davon könnte aber eine Streitwertfestsetzung gemäß § 7 RATG auch im Wege einer Parteienvereinbarung erfolgen (arg.: "... mangels einer Einigung der Parteien ...") und würde auch eine auf diese Weise vorgenommene Streitwerterhöhung den zwingenden Erweiterungstatbestand nach § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG auslösen, weil diese Bestimmung keinen Spielraum der Prozessparteien dahin zulässt, die Wirkungen einer gem. § 7 RATG vereinbarungsmäß vorgenommenen Streitwertfestsetzung auf den Anwendungsbereich des RAT zu beschränken und vom Anwendungsbereich des GGG auszunehmen.
Somit haftet dem angefochtenen Bescheid die von der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nicht an.
Was die weiters ins Treffen geführte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in Gestalt eines von der Beschwerde behaupteten Begründungsmangels anlangt, so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass ein solcher vorläge. Die belangte Behörde hat vielmehr ausreichend und nachvollziehbar dargelegt, warum sie den Erhöhungstatbestand gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG für erfüllt erachtete.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Oktober 2008
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006160143.X00Im RIS seit
21.11.2008Zuletzt aktualisiert am
11.09.2015